LANDKREIS COBURG Mittwoch, 10. Juni 2015 Verkehrslandeplatz: Bürger befürchten Gesundheitsschäden durch Fluglärm Das Ende der Idylle droht Hausbesitzer i n Neida machen sich Sorgen über Beeinträchtigungen durch das Projekt. Anwohner der Brandensteinsebene sprechen allerdings v o n anderen Erfahrungen. Von Christiane Schult und Steffi Karl Coburg/Neida - 150 Meter trennen das schmucke Einfamilienhaus v o m künftigen Flugplatz i n Neida. Andreas Müller hat es vor 15 Jahren m i t viel Eigenleistung für seine Familie gebaut, idyllisch gelegen am Ortsrand. Wo derzeit sein, Blick noch über Wiesen, Hügel u n d Wälder streift, sollen i n Zukunft drei Landebahnen, ein Tower u n d mehrere Hangars stehen. „Wenn i c h gewusst hätte, dass der Flugplatz hierher kommen soll, hätte ich vielleicht nicht gebaut", sagt er. Der 43-Jährige arbeitet i m Schichtbetrieb bei einem Automobilzulieferer und genießt die Ruhe, die er derzeit noch i n Neida hat. Hier können seine beiden Kinder m i t viel Freiheit aufwachsen, Ausflüge i n den Wald u n d Bürgerentscheid am 14. Juni Eine Serie der Neuen Presse ÜQrltniirDn l i K m * E < ^ 1 H ( K a r l A r P n Ha_ Das Haus von Andreas Müller steht nur wenige Meter von dem Areal des geplanten Verkehrslandeplatzes in Wiesenfeld-Neida entfernt. Er befürchtet schwere Belastungen durch den Flugbetrieb. Foto: Henning Rosenbusch Fluglärm auf Menschen eindeutig durch Studien belegt seien. „Es wurde festgestellt, dass i n betroffenen Gebieten die Rate an Herz-Kreislauferkrankungen wie Bluthochdruck, Schlaganfall u n d Herzinfarkt zun a h m " , so Thomas Kreisler i n einer Resolution gegen den Flugplatzneubau. „Zudem traten Erschöpfungszustände, Depressionen sowie Burnout-Erkrankungen vermehrt auf. U n d bei Kindern lag die Anzahl der Lernu n d Konzentrationsstörungen über dem Durchschnitt." Bereits 2012 habe der Deutsche Ärztetag festgestellt, dass die Grenzwerte zu hoch liegen u n d die Bevölkerung nicht genügend vor vermeidbaren Gefahren geschützt werde. Bei geplanten 10 000 bis 15 000 Flügen pro Jähr sei auf dem Verkehrslandeplatz Neida-Wiesenfeld m i t zwei bis drei Flugbewegungen stündlich zu rechnen. Mehrminütige Belästigungen durch Start- oder Landeanflüge sowie Warteschleifen m i t an- u n d abschwellendem Fluglärm beträfen einen großen Bereich des Landkreises u n d die dort wohnenden Bürger. „Dazu kommen Belastungen durch einzelne Nachtflüge m i t Aufwach-Reaktionen i n Neida, Beiersdorf u n d Wiesenfeld", befürchtet Kreisler. Andere Erfahrungen haben die Anwohner des derzeitigen Flugplatzes auf der Brandensteinsebene gemacht. „Uns hat der Lärm noch nie gestört", erklärt etwa Manfred Hof aus Löbelstein. Vor zwölf Jahren hat er sich zum Kauf des Einfamilienhauses i n Sichtweite der Start- u n d Landebahn HJIU Radtouren über Feldwege gehören dazu. „Meine Kinder wissen, wie eine Kuh aussieht", schildert Andreas Müller. Er hofft, dass der Bürgerentscheid den Bau des Flugplatzes noch verhindern kann. Die Argumente der Befürworter, das Projekt würde Arbeitsplätze sichern, sieht er als nicht haltbar an. „Wir brauchen keinen neuen Flugplatz", ist er überzeugt. Müller fürchtet Gesundheitsschäden durch den Fluglärm. Außerdem schläft er oft tagsüber, was dann seiner Meinung nach unmöglich sein wird. „Gerade am Wochenende werden viele Sportflieger unterwegs sein u n d " , so vermutet er, „dicht über dem Wohngebiet ihre Warte-Runden vor der Landung drehen." Zudem sieht er die Gefahr, dass durch die Versiegelung v o n großen Flächen das Grundwasser ansteigen und sein Haus beschädigen könnte. Sollte der Bürgerentscheid scheitern, so rechnet Andreas Müller m i t Klagen v o n betroffenen Grundstücksbesitzern. Das bringe Zeit, i n der Flugplatzbefürworter vielleicht die Lust verlieren könnten. „Jedes gewonnene Jahr ist ein gutes Jahr für uns", meint der Familienvater. Auch Monika u n d Thomas Schreiner aus Wiesenfeld haben große Bedenken, was den Neubau des geplanten Verkehrslandeplatzes betrifft. Für H L I U U CIIUCIMI. 99 Den aktuellen Flugplatzbetrieb bekommen wir überhaupt nicht mit. Der Straßenlärm ist schlimmer. 66 Florian Garhammer, Anwohner in Löbelstein 99In den betroffenen Gebieten nimmt die Rate an Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Bluthochdruck, Schlaganfall und Herzinfarkt zu. 66 Thomas Kreisler, Hausarzt in Bad Rodach Naturschützer Ralf Wielgosch befürchtet „Katastrophe für Natur und Umwelt' Negative Auswirkungen durch den geplanten Neubau des Veikehrslandeplatzes befürchtet Ralf Wielgosch aus Neida für Pflanzen- und Tierarten. Der Naturschützer hat sich die Gutachten zum Artenschutz in den Unterlagen des Planfeststellungsverfahrens genau angeschaut. „Der Flugplatzbau ist eine einzigartige Katastrophe für Natur und Umwelt", die Landwirtsfamilie geht es u m Wirtschaftlichkeit u n d Existenz. Sie kritisieren, dass die Geschäftsleute den neuen Verkehrslandeplatz wollen, u m Zeit zu sparen. „Für uns aber wird die Zeit immer knapper, wir müssen längere Anfahrtswege zu den Feldern i n Kauf nehmen. Denn die angebotenen Ausgleichsflächen liegen sonst w o " , sagt Monika Schreiner. U n d : so sein Fazit. Rot- und Schwarzmilan, Schwarzstörche und Silberreiher - all diese Vögel leben in dem betroffenen Areal, gleichzeitig sind sie in der Europäischen Vogelschutzrichtlinie/Anhang 1 gelistet und stehen damit unter der höchstmöglichen Schutzstufe in Europa. „Wegen der Nähe zur ehemaligen DDR hatten wir hier kaum Flugverkehr, es hat Werden die Flächen knapper, dann steigen die Pachtpreise. „Das ist oft nicht mehr tragbar, wir hier i n Wiesenfeld bekommen auch nicht mehr Geld für unser Getreide als andere Landwirte." Wie es nach dem Neubau weitergehen soll, wissen die Schreiners noch nicht. Die erst i m Jahr 2008 errichtete Schweinemastanlage der Familie liegt direkt am unmittelbaren sich ein wunderbarer Bestand an seltenen Vogelarten angesiedelt", erläutert Ralf Wielgosch. „Zukünftig wird es massive Probleme bei der Aufzucht der Jungtiere geben. Die Vögel suchen auf den versiegelten Flächen Futter, kommen mit den Landebahnen nicht klar", schildert er. Dabei sehe das europäische Recht eindeutig einen Schutzauftrag vor. Rand des Planbereiches. „Kommt es z u m Bau des Flugplatzes, werden uns die Flächen für die ursprünglich geplante Erweiterung unseres Stalles gen o m m e n " , stellen sie fest. Thomas Kreisler ist Hausarzt i n Bad Rodach u n d Mitglied der Ärzteinitiative gegen Fluglärm Coburg. Er weist darauf h i n , dass die negativen gesundheitlichen Auswirkungen v o n Sichtweite der Start- u n d Landebahn entschieden. Kurz überlegt habe seine Familie schon, ob sich die Anschaffung i n unmittelbarer Nähe des Flugplatzes lohne. „Vor dem Hauserwerb haben wir deshalb geprobt u n d uns auf die Terrasse gesetzt." Der Fluglärm wurde nicht als störend empfunden, dem Erwerb der Immobilie stand nichts mehr i m Weg. Ein paar hundert Meter weiter hat Florian Garhammer sein neues Haus errichtet, die Nähe zur Brandensteinsebene stört die junge Familie ebenfalls nicht. „Den aktuellen Flugplatzbetrieb bekommen w i r überhaupt nicht m i t , tatsächlich ist auch nicht viel Flugbetrieb. Der Straßenlärm von der Löbelsteiner Straße ist eigentlich viel schlimmer", sagt der Familienvater. Panikverkäufe betroffener A n wohner i n Neida oder aber eine Scheu vor Neuansiedlungen kann auch der Bad Rodacher Immobilienmakler Robert Pohl nicht feststellen: „Dazu ist w o h l alles noch zu sehr i n der Schwebe." Allerdings gab es bereits Anfragen v o n Anwohnern aus Wiesenfeld, die sich angesichts des geplanten Flugplatzes nach einem neuen Anwesen umsehen wollen. „Das war jedoch ein Einzelfall", so der Immobilienfachmann. Morgen: Interview mit Sprechern des Bürgerbegehrens
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