Wiener Festwochen 2015 / Into the City Hotel Metrole. Der Erinnerung eine Zukunft geben 29. Mai bis 21. Juni 2015 Eröffnung 28. Mai Unvergessen. Künstlerische Positionen aus der Sammlung des DÖW Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW) Altes Rathaus, Wipplingerstraße 6–8, 1010 Wien Montag, Dienstag und Mittwoch 9 bis 17 Uhr Donnerstag und Freitag 9 bis 21 Uhr Samstag und Sonntag 14 bis 21 Uhr Eine Ausstellung mit künstlerischen Positionen aus der Sammlung des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstands (DÖW) Kurator: Günther Holler-Schuster Alfons Walde: "Wir klagen an!" Die im DÖW heute aufbewahrten Kunstwerke bilden keine konzipierte und mit System angelegte Kunstsammlung, wie man sie aus anderen institutionellen bzw. musealen Zusammenhängen kennt. Vielmehr handelt es sich dabei im Wesentlichen um eine Ansammlung von im Laufe der Zeit gemachten Geschenken von Künstlerinnen und Künstlern, die ihre Wertschätzung dem 1963 gegründeten Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes zum Ausdruck bringen wollten. Die rund 200 Exponate aus Widerstand, Verfolgung und Exil stellen heute einen besonders wertvollen Teil der Archivbestände des DÖW dar. Es sind keine glanzvollen Hauptwerke, die hier von so namhaften Künstlerinnen und Künstlern wie Oskar Kokoschka, Alfons Walde, Cary Hauser, Otto Rudolf Schatz, Axel Leskoschek, Trude Fleischmann, Trude Wähner, Georg Eisler, Alfred Hrdlicka u. a. zusammengekommen sind. Vielmehr sind es Dokumente des traumatischen Erlebens und des unbändigen Freiheitswillens einer Generation, die sich zweier verheerender Kriege und zweier autoritärer Regime – des Austrofaschismus und des Nationalsozialismus – ausgesetzt sah. Schon die Erlebnisse des Ersten Weltkrieges prägten dabei das Kunstverständnis einiger Künstlerinnen und Künstler. Sie haben sich früh pazifistischen Ideen verschrieben und verstanden Kunst als Instrument der Bewusstmachung und Bewältigung. Die ausgewählten Kunstwerke sind in dieser Ausstellung nicht Gegenstand einer formalen Diskussion um eine allgemeine Kunstentwicklung, sondern sie eröffnen in erster Linie in Bezug auf eine biografische Dimension den Blick auf Schicksale, Lebenswege voller Ängste, Traumata und teilweise heroisches Engagement. Sie sind vielfach direkte Zeugnisse aus KZ-Haft, Kriegsgeschehen, Flucht und Exil. Vieles davon wurde in der Vergangenheit als historisches Quellenmaterial eingestuft und oft nicht als Kunstwerk angesehen. Ein verändertes Rezeptionsverhalten, das heute von der Allgemeinheit des Visuellen ausgeht, ermöglicht es, derlei Unterschiede nicht mehr zu machen. So werden auch Werke von engagierten Laien, die das Grauen zu erfassen suchten, zu wesentlichen künstlerischen Äußerungen, die nachfolgenden Generationen ein Bild vom Unvorstellbaren zu geben im Stande sind. Eine grundlegende Aufarbeitung und publizistische Darstellung der Kunstsammlung des DÖW ist noch ausständig, übersteigt aber derzeit die Mittel und Möglichkeiten des Instituts. Die Sammlung wurde 2011/12 Teil eines wissenschaftlichen Projektes des Instituts für Geschichte an der Universität Wien, dem eine dokumentarische Erfassung sowohl der Werke als auch der Biografien zahlreicher Künstlerinnen und Künstlern zu Grunde lag. Dieser erste Schritt der Aufarbeitung war auch eine Grundlage für dieses im Rahmen der Wiener Festwochen stattfindende Ausstellungsvorhaben, das sich als temporäre Ergänzung der bestehenden Schausammlung des DÖW versteht und als Impuls zu weiteren Aktivitäten in diesem Zusammenhang. Into the City unternimmt mit dem Projekt Hotel Metropole. Der Erinnerung eine Zukunft geben den Versuch, mit der Ausstellung ausgewählter Werke aus dieser Sammlung eine gleichsam historische Ebene für gegenwärtige Kunstäußerungen zu schaffen, die sich explizit mit Strukturen des Erinnerns und mit einer Topografie des Schreckens rund um das ehemalige Gestapo-Hauptquartier im ehemaligen Hotel Metropole – dem heutigen Leopold-Figl-Hof – auseinandersetzt. (Günther Holler-Schuster) Günther Holler-Schuster Alfons Walde (1891(1891-1958) Der Maler und Architekt Alfons Walde, der mit seinen Bildern des beginnenden Wintertourismus und der idealisierten bäuerlichen Lebenswelt des alpinen Raumes zu enormer Popularität gelangte, ist politisch schwer fassbar. Immer wieder als Freigeist beschrieben, war Walde nicht nur durch persönliche Beziehungen ein vehementer Vertreter eines Österreichpatriotismus wie er im austrofaschistischen Ständestaat formuliert wurde. Aus diesem Antrieb heraus ist seine grundsätzliche Gegnerschaft zum Nationalsozialismus zu verstehen. Im DÖW befindliche Dokumente lassen die Nähe zu einer Kitzbüheler Widerstandsgruppe vermuten. Andererseits hat Walde auch eine Freundschaft mit dem SS-Führer Kajetan Mühlmann gepflegt. Dieser war auch NS-Kunstbeauftragter und als solcher für zahlreiche bedeutende Kunstraubaktivitäten verantwortlich. Diese Ambivalenz dürfte auch dazu geführt haben, dass Alfons Walde 1946 für zwei Monate unter Naziverdacht in Gewahrsam genommen wurde. Alfons Walde hat mit dem Bild „Wir klagen an!“ ein Zeugnis persönlicher Betroffenheit geschaffen, das in seinem Gesamtschaffen singulär blieb. Trude Wähner (1900(1900-1979) Die Malerin und Grafikerin Trude Wähner entstammte einer kunstaffinen Familie. Ihr Vater war einer der ersten Förderer der Wiener Secession die Mutter war Musikerin und malte auch. Wähners Studien führten sie über Wien ans Bauhaus in Dessau, wo sie in die Meisterklasse von Paul Klee aufgenommen wurde. Die antifaschistische Künstlerin verließ Deutschland 1933, als Hitler an die Macht kam, in Richtung Wien, von wo aus sie 1938 nach dem Anschluss Österreichs an das nationalsozialistische Deutschland in die USA emigrierte. 1946 sollte sie wieder nach Wien zurückkehren und musste feststellen, dass andere Künstler sich ihr Atelier aufgeteilt hatten und sie nun prozessieren musste, um es wieder zurückzuerhalten. Sie ging bald erneut aus Wien weg und zog sich in die Provence zurück – letztlich um Abstand zu Wien zu halten. Viktor Matejka schreibt über die kämpferische Antifaschistin: „Sie erkannte frühzeitig den Antisemitismus als Grundübel Österreichs und war somit eine entschiedene Gegnerin jedes Faschismus bis zu ihrem Tod, was auch in vielen ihrer künstlerischen Arbeiten bekennerisch zum Ausdruck kam.“ Ihr Werk wurde lange marginalisiert und erlangte international mehr Aufmerksamkeit als hier in Österreich. Georg Eisler (1928(1928-1998) Georg Eisler, der Sohn des Komponisten Hanns Eisler und der Sängerin Charlotte Eisler, war innerhalb der Kunstlandschaft Österreichs ein Außenseiter. Das liegt sicher daran, dass die Familie ab 1936 immer wieder den Wohnort wechseln musste und sich 1939 in England niederließ. Hanns Eisler war inzwischen in den USA, wohin Georg zwar nachkommen hätte sollen, was sich allerdings zerschlug. Er studierte an der Salford School of Art in London und lernte dort Oskar Kokoschka kennen, woraus sich eine enge Beziehung entwickelte, die für den jungen Künstler prägend werden sollte. In London trat Eisler auch der Organisation „Young Austria“ bei, wo er unter anderen Erich Fried und Herbert Steiner traf. Die Gruppe bezeichnete sich selbst als „unabhängige Organisation der österreichischen Jugend in Großbritannien.“ Die konsequent antinazistische Haltung, die im „Young Austria“ vertreten wurde war im Zusammenhang mit dem Wiederaufbau von Österreich bedeutsam. Eisler, der 1946 nach Wien zurückkommen sollte, fand zunächst schwer in die hiesige Kunstlandschaft Eingang. Er stellte daher auch zu Beginn selten aus. Erst ab den 1950er Jahren sollten sich für ihn erste Erfolge einstellen. Er ist zweifellos einer der bedeutendste Maler Österreichs dessen Werk allerdings das eines Einzelgängers blieb.
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