Rede von Andreas Meitzner, stellvertretender Leiter der

Grußwort von Andreas Meitzner
Stellvertretender Leiter der Abteilung Kultur und Kommunikation
im Auswärtigen Amt
anlässlich der Auszeichnungsveranstaltung
zur Aufnahme in das deutsche Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes
am 16. März 2015 in Berlin
Anrede,
ich gratuliere den 27 Trägergruppen, deren Kulturform in das bundesweite Verzeichnis des
immateriellen Kulturerbes aufgenommen wurde, ganz herzlich. Das ist eine interessante
Zusammenstellung von Traditionen in Deutschland – eine erste Bestandsaufnahme unserer Formen
dieser Kategorie kulturellen Erbes.
Staatsministerin Böhmer wäre heute gerne hier gewesen und hätte Ihnen persönlich gratuliert. Mit der
Wahrnehmung der Präsidentschaft Deutschlands im Welterbe-Komitee der UNESCO ist sie derzeit
jedoch sehr beschäftigt und befindet sich auch heute wieder zu einem wichtigen vorbereitenden
Treffen in Paris. Im Juni und Juli werden wir in Bonn zur 11-tägigen Sitzung des
Entscheidungsgremiums der UNESCO-Konvention zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt
rund 1.200 Delegierte und Gäste aus aller Welt empfangen. Das ist natürlich eine große Ehre und wir
wollen dazu beitragen die Rolle Deutschlands in der UNESCO zu stärken. Unser Ziel mit der
Ausrichtung ist aber auch die Zukunft dieser bekanntesten aller UNESCO-Kultur-Konventionen
mitzugestalten und neue Impulse zu initiieren, wie zum Beispiel eine Reform der Evaluation von
Neueinschreibungen. Wir finden zudem, es sollte künftig stärker in den Schutz der Welterbe-Stätten
investiert werden.
Mit der jüngeren Konvention zur Erhaltung des immateriellen Kulturerbes würdigen die UNESCO und
ihre Mitgliedstaaten seit 2003 auch kulturelle Ausdrucksformen, die von menschlichem Wissen und
Können geprägt sind. Überlieferte Traditionen und Alltagskulturen aus aller Welt sollen auf diese
Weise als Teil des Erbes der Menschheit erhalten und gefördert werden.
Der Beitritt Deutschlands zu diesem UNESCO-Übereinkommen 2013 war ein weiterer Schritt zur
internationalen Zusammenarbeit in der Kulturpolitik. Deutschland bekundet durch die Mitwirkung seine
Wertschätzung immaterieller Kulturformen aller Weltregionen – und wir entdecken, was unser Beitrag
dazu ist.
Die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik stellt neben den politischen und wirtschaftlichen
Beziehungen die dritte Säule der Außenpolitik der Bundesrepublik Deutschland dar. Der multilaterale
Kulturaustausch ist ein wesentlicher Bestandteil. Er hilft, Konflikten und Krisen vorzubeugen und dient
damit einem der essentiellen Ziele der deutschen Außenpolitik.
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Die UNESCO-Konvention von 2003 fördert interkulturellen, zwischenstaatlichen Austausch. Wir lernen
die Identität stiftenden Kulturformen unserer Nachbarn und auch weiter entfernter Kulturkreise kennen
und können im Gegenzug die bei uns praktizierten vorstellen.
Mit der ersten internationalen Nominierung aus Deutschland „Idee und Praxis der Organisation von
gemeinsamen Interessen in Genossenschaften“ wollen wir die Vielfalt auf den UNESCO-Listen
bereichern.
Durch diese Kulturform – und die zivilgesellschaftlich autonome Organisation von Interessen ist
durchaus eine Form von Kultur – kommt das große bürgerschaftliche Engagement im sozialen,
wirtschaftlichen und kulturellen Bereich in Deutschland zum Ausdruck.
Genossenschaften orientieren sich an sozialen Werten und bauen auf ideelle Grundsätze wie
Solidarität, Ehrlichkeit, Verantwortung und Demokratie sowie auf Prinzipien des kulturellen
Selbstverständnisses menschlicher Gemeinschaft auf. Sie ermöglichen weniger privilegierten
Bevölkerungsschichten gesellschaftliche Teilhabe. Die Genossenschaftsform ist ein allen
Interessenten offen stehendes, überkonfessionelles Modell der Selbsthilfe, Selbstverwaltung und
Selbstverantwortung und sie prägt damit die deutsche Kultur bis in die Gegenwart hinein. Ein Viertel
aller Deutschen sind Mitglied einer Genossenschaft.
Zugleich ist der Vorschlag durch die nahezu weltweite Verbreitung der Genossenschaftsidee
international gut anschlussfähig; die Bedeutung ist u.a. durch die Ausrufung eines UN-Jahrs 2012
allgemein anerkannt.
Ich möchte auch die Beteiligung Deutschlands an der erweiterten Nominierung der Falknerei
würdigen. Die Falknerei ist bereits ein Element auf der Repräsentativen Liste des immateriellen
Kulturerbes der UNESCO und wird dort gemeinsam von 13 Staaten getragen. Der Eintrag soll nun mit
der Nominierung dieses Jahr um vier weitere Staaten erweitert werden, darunter Deutschland.
Die Nominierung von in mehreren Staaten praktizierten Kulturformen für die UNESCO-Listen
ermöglicht es, bestehende internationale Netzwerke zu stärken oder neue zu schaffen. Es ist
interessant zu sehen, wie gut vernetzt und aktiv die Falkner im internationalen Austausch sind.
Ende kommenden Jahres werden wir wissen, ob die beiden Vorschläge, an deren Einreichung
Deutschland jetzt Ende März beteiligt ist, erfolgreich sein werden. Es ist meines Wissens nach alles
gut vorbereitet – wir dürfen also guter Dinge sein, Ende 2016 die ersten deutschen Einträge auf den
UNESCO-Listen des immateriellen Kulturerbes zu feiern.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!
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