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Greenpeace in Zentral- und Osteuropa
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Rückfragen an: Dagmar Urban
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Ergeht an alle
Landeshauptleute,
Agrar- und UmweltreferentInnen der Länder
Wien, 6. Mai 2015
Offener Brief von Greenpeace zur Implementierung des nationalen
Selbstbestimmungsrechts beim Gentechnik-Anbau in Österreich
Sehr geehrte Damen und Herren!
Greenpeace wendet sich heute zum Thema Gentechnik an Sie, da auf EU-Ebene – auch auf
Initiative Österreichs – die Richtlinie 2015/412 verabschiedet wurde und nun deren nationale
Implementierung erfolgt. Jetzt können Mitgliedsstaaten in einer ersten, freiwilligen Stufe die
Gentechnik-Konzerne auffordern, den Staat vom Zulassungsantrag einzelner gentechnisch
veränderter Organismen (GVO) auszunehmen oder in der zweiten Stufe Gruppen von GVO
oder einzelne GVO auf Basis unterschiedlicher Begründungen wie umweltpolitische Ziele
oder sozio-ökonomische Effekte verbieten. Oft übersehen wird allerdings die Tatsache, dass
schon während des Zulassungsverfahrens Verbote im Rahmen der Stufe zwei an die
Europäische Kommission geschickt werden können, und diese dann gleichzeitig mit der EUweiten Zulassung in Kraft treten. Ebenso ermöglicht die EU-Richtlinie, Gruppen von Pflanzen
zu verbieten. Die Gruppen werden nach Kulturpflanzen (beispielsweise Mais) oder nach
Merkmalen (etwa herbizidresistent oder insektizidproduzierend) definiert. Da alle Pflanzen,
die sich aktuell im Zulassungsverfahren auf EU-Ebene befinden, herbizidresistent und/oder
insektizidproduzierend sind, würden bereits zwei Gruppen-Verbote ausreichen, um all diese
Pflanzen in Österreich gänzlich zu verbieten.
Für eine solche Strategie erweist sich aber die Kombination aus der Novelle des GentechnikGesetzes und des vorgeschlagenen Gentechnik-Anbauverbots-Rahmengesetztes als
denkbar ungeeignet: Anstatt möglichst einfache Verbote zu ermöglichen, entsteht ein
Kompetenzwirrwarr zwischen dem Umwelt- und Gesundheitsministerium auf der einen und
den Ländern auf der anderen Seite.
Die solideste Option für Verbote wären nationale Verbote von Gruppen von GVO, die schon
während des Zulassungsverfahrens an die Europäische Kommission geschickt werden.
Daher muss die Implementierung der Richtlinie aus unserer Sicht solche Verbote unbedingt
ermöglichen.
Aktive Verbote von GVO-Gruppen oder einzelnen GVO brauchen nach der EU-Richtlinie
eine Begründung, die im Sinne solider Verbote auch wissenschaftlich untermauert sein
sollte. Studien auf nationaler Ebene durchzuführen und auf deren Basis nationale Verbote
auszusprechen wäre einfacher, rascher und womöglich auch kostengünstigster – daher ist
die Möglichkeit nationaler Verbote durchaus auch im Interesse der Länder.
Eine freiwillige Koordination der Bundesländer, wie im Gesetzesentwurf vorgeschlagen,
verhindert nicht, dass einzelne Länder sich für unterschiedliche Begründungen oder
Verbotsstrategien entscheiden, verschiedene Landesgesetze erlassen oder Fristen verpasst
werden. Wenn nun auf dieser Ebene Verbote erlassen werden, könnten sich GentechnikKonzerne das Bundesland mit der schwächsten Begründung für ein Anbauverbot
herauspicken und dagegen klagen. Auch für einen solchen Fall hätten einheitliche, nationale
Verbote von Gruppen von GVO große Vorteile: Ein Staat wie Österreich hat einem
Gentechnik-Konzern mehr entgegenzusetzen als einzelne Bundesländer. Österreich hat in
diesem Punkt auch eine Vorbildfunktion gegenüber anderen Ländern wie Deutschland.
Selbstverständlich spielen die Bundesländer auch im Fall der Möglichkeit nationaler Verbote
eine zentrale Rolle in Österreichs Anti-Gentechnik-Politik: Erstens bleiben die GentechnikVorsorgegesetze der Länder ein unverzichtbares Sicherheitsnetz. Zweitens müssen in
Zukunft die Strategien und Begründungen für nationale Gentechnik-Verbote in enger
Absprache mit den Ländern entwickelt werden. Und nicht zuletzt müssen die Länder die
Möglichkeit haben, Gruppen von Gentechnik-Pflanzen oder einzelnen Gentechnik-Pflanzen
in ihrem Bundesland zu verbieten, falls der Bund in Zukunft keine nationalen Verbote erlässt.
Wir fordern Sie daher auf, in den anstehenden Gesprächen und Verhandlungen für die
Möglichkeit nationaler Gentechnik-Verbote einzutreten, beziehungsweise diesbezügliche
Vorschläge nicht zu blockieren. Gerade weil es in Österreich einen sehr starken Konsens
gegen den Anbau von GVO gibt und ohnehin alle Bundesländer vorhaben, GVO auf ihrem
Territorium zu verhindern, sollte die rechtlich solideste und einfachste Möglichkeit gewählt
werden. Die langfristige Sicherstellung der Gentechnikfreiheit Österreichs beim Anbau muss
unbedingt Vorrang vor machtpolitischen Interessen haben.
Für Rückfragen und weitere Diskussionen stehen wir gerne zur Verfügung!
Mit freundlichen Grüßen,
Mag. Alexander Egit,
Geschäftsführer Greenpeace in Zentral- und Osteuropa