Konzept der Ausstellung und einige Werke

Sogar der Tod hat Angst vor Auschwitz
Ausstellung mit Werken von Ceija Stojka
27. Mai 2015 bis 10. Juli 2015
Galerie 44er Haus, Leonding
Der Hintergrund
Ceija Stojka wurde 1933 in Kraubath in der Steiermark geboren. Kurz vor ihrem
zehnten Geburtstag deportierten die Nazis sie zusammen mit ihrer Mutter und den
Geschwistern aus Wien zuerst in das KZ- und Vernichtungslager AuschwitzBirkenau, dann nach Ravensbrück und schließlich nach Bergen-Belsen, wo sie am
15. April 1945 von der britischen Armee befreit wurde. Wie ihr Vater Wackar und
der jüngste Bruder Ossi waren die meisten von den 200 Angehörigen ihrer
Großfamilie ermordet worden. Nach der Befreiung fanden die wenigen
Überlebenden in Wien wieder zusammen und versuchten, an ihr altes Leben
anzuknüpfen. Konfrontiert waren sie u.a. mit dem damaligen Innenminister Oskar
Helmer, der mit seiner offenkundigen antisemitischen Gesinnung nicht nur die
Verschleppung der Entschädigungszahlungen für die Opfer des NS-Terrors betrieb,
sondern 1948 einen Erlass „gegen das Zigeunerwesen“ herausgab, in dem die
Abschiebung von staatenlosen Roma angeordnet wurde. Die meisten Überlebenden
gaben sich deshalb nicht als „Zigeuner“ zu erkennen, wie sie weiterhin pejorativ
genannt wurden.
Die schrecklichen Bilder der Erinnerungen an die Lager prägten nicht nur die
Träume von Ceija Stojka, sondern ihr ganzes Leben. Erst Ende der 1980er Jahre
entdeckte sie ihr Talent als Erzählerin und bildende Künstlerin. Beide Kunstformen
dienten ihr als Ventil für die aufgestauten Geschichten und Bilder der
Vergangenheit. Als eine der ersten outete sie sich als überlebende Romni und
verabschiedete sich damit endgültig aus dem „Leben im Verborgenen“, wie der Titel
ihres ersten Buches die Existenz der Roma und Sinti in Österreich beschreibt. Mit
unbändiger Energie erzählte sie von der Verfolgung und der Vernichtung der Roma
und Sinti und schuf den Zyklus „Sogar der Tod hat Angst vor Auschwitz“ sowie eine
Vielzahl weiterer Werke.
Darin stellte sie vorwiegend die allmähliche Faschisierung Österreichs, die
zunehmende Kontrolle, Degradierung, Kasernierung und die Deportation dar. Die
tägliche Tortur, die Schläge der SS-Männer, KZ-Wärter_innen und Kapos, die
Reduktion auf eine Nummer und die ständige Todesangst sind wiederkehrende
Motive in ihrem Schaffen. Die ihr in den linken Unterarm tätowierte Nummer Z
6399 versteckte sie nie, im Gegenteil. Dieses Zeichen der Entmenschlichung nutzte
sie als Symbol ihrer Geschichte und integrierte es in ihre Bilder. Auch mit bunten
Acrylfarben bannte sie die schrecklichen Szenen aus der Erinnerung auf die
Leinwand. Ihre Kunst, ihr Mut und ihre charismatische Persönlichkeit machten sie
weit über die Landesgrenzen hinaus als Künstlerin und Aktivistin bekannt. Es
existiert immer noch eine große Unkenntnis über den Genozid an den Roma und
Sinti. Ceija Stojka entreißt mit ihrer Kunst dieses Kapitel dem Vergessen.
In einer mehrjährigen Arbeit haben Lith Bahlmann und Matthias Reichelt einen
Großteil der Werke Ceija Stojkas in einer Monographie zusammengefasst und
mehrere Ausstellungen in Deutschland organisiert.
Etwa zwei Jahre nach dem Tod Ceija Stojkas werden ihre Werke in Leonding gezeigt.
An diesem Ort, an dem Adolf Hitler aufgewachsen ist und zur Schule ging, wurde
2007 das Klangdenkmal Nachklang-Widerhall errichtet, das an die Opfer des
Nationalsozialismus erinnert.
Ceija Stojka rezitiert dort „Ein Lied, das in Auschwitz entstanden ist“:
Angekommen sind wir im Auschwitz-Paradies,
Kinder lasst Euch sagen,
Die Gegend hier ist mies.
Nirgends ist ein Haus zu sehen
Wir müssen durch den Schornstein geh’n,
Oh weh, Lili Marleen, oh weh, Lili Marleen.
In uns’rem Lager gibt’s ein Krankenhaus,
ach, wer da reinkommt, der kommt nicht mehr heraus.
Woll’n wir uns einmal wiedersehn,
Dann müssen wir durch den Schornstein geh’n,
Oh weh, Lili Marleen, oh weh, Lili Marleen.
Die Ausstellung
Gezeigt werden von Mai bis Juli 2015 (Eröffnung: 27.5.2015; Finissage: 10.7.2015)
etwa 60 Werke von Ceija Stojka, die eindrücklich die Tortur in den Lagern, die
Erniedrigungen, die Todesangst und die Degradierung zu einer Nummer schildern,
sowie Bilder aus dem Leben vor und nach dem Nationalsozialismus. Ausgewählt
wurden die Bilder in Zusammenarbeit mit Ceija Stojkas Sohn Hojda und seiner Frau
Nuna Stojka.
Während die ersten beiden Stockwerke der Galerie 44er Haus der Präsentation der
Werke Ceija Stojkas gewidmet sind, werden im Dachgeschoss
Hintergrundmaterialien zur Künstlerin und zu Geschichte und Leben der Roma und
Sinti (insbesondere nach dem Nationalsozialismus) gezeigt.
Die Vermittlung
Auf die Vermittlung wird im Rahmen der Ausstellung besonderes Augenmerk gelegt.
Es wird ein Vermittlungskonzept beauftragt (z.B. trafo.K) und Vermittler_innen
entlang dieses Konzepts eingeschult. Dabei wird besonders auf eine wesentliche
Zielgruppe der Ausstellung, die Schüler_innen eingegangen.
Ohne Titel
Acryl auf Karton
65 x 50 cm
Die 3 letzten Luftballons. In Auschwitz ist noch Platz.
Acryl auf Leinwand
60 x 80 cm
Ohne Titel
Acryl auf Leinwand
120 x 100 cm