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HAYSWORLD
Das Kundenmagazin für Deutschland,
Österreich und die Schweiz 01/2015
FÜHRUNG
INHALT
HAYSWORLD 01/2015 · FÜHRUNG
04 „Führung sollte in erster Linie funktional sein“
Interview mit Prof. Dr. Eric Lippmann
09 Neue deutsche Lead-Kultur
Manager fordern ein neues Selbstverständnis von Führung
09
12 „Entscheider können nur noch auf Sicht segeln“
Ein Kommentar von Prof. Dr. Peter Kruse
13 Mehr Spielraum, bitte!
Was Manager von Mannschaftskapitänen lernen können
16 Die Ideenmakler
Thought Leadership: Wie Think Tanks arbeiten
18 Blickkontakt statt Ampel
Shared Space: Wenn Rücksichtnahme
die Verkehrsführung ersetzt
20 Ich bin dann mal weg
Warum manche Manager die Vorzüge einer
Führungsposition aufgeben
22 Führung ohne Worte
Tango Argentino lehrt nonverbal zu signalisieren,
wo es langgeht
24 Soziale Laboratorien entfachen innovative Kraft
Interview mit Thomas Sattelberger
28 Hays’ Corner
HR-Report 2014/2015: Führung bewegt Unternehmen
29 Hays’ Corner
Schnelle Märkte – flexible Arbeit
NEUE DEUTSCHE LEAD-KULTUR
Um international mithalten zu können, fordern
Manager hierzulande ein neues Selbstverständnis von Führung.
24
30 HaysWorld online und Gewinnspiel
31 News und Termine
IMPRESSUM
Herausgeber:
Hays AG
Marketing/Corporate Communications, Frank Schabel
Willy-Brandt-Platz 1–3, 68161 Mannheim
Auflage: 24.600
Chefredaktion: Alexandra Maier
Autoren dieser Ausgabe: Kirstin von Elm, Susanne Faschingbauer,
Judith-Maria Gillies, Jana Nolte, Frank Schabel, Michael Vogel
Gestaltung: srg werbeagentur ag, Mannheim
Fotos: getty Images, goenzIcom photography berlin,
Simon Hallström, Gregor Huebl, Horst Hamann, iStockphoto,
Incendo Berlin
Druck: Dinner Druck GmbH, Schlehenweg 6,
77963 Schwanau, Ortsteil Allmannsweier
Kontakt:
HaysWorld-Redaktion
Telefon: +49 621 1788-1490 · E-Mail: [email protected]
Nachdruck: Für den Nachdruck von Beiträgen – auch
auszugsweise – ist die schriftliche Genehmigung der
Redaktion erforderlich. Dies gilt auch für die Aufnahme
in elektronische Datenbanken und für die Vervielfältigung
auf elektronischen Datenträgern.
02 | HaysWorld 01/2015
SOZIALE LABORATORIEN
ENTFACHEN INNOVATIVE
KRAFT
Der ehemalige Telekom-Vorstand und
HR-Vordenker Thomas Sattelberger fordert
Experimentallabore in Unternehmen, um neue
Formen der Führung, der Zusammenarbeit und
der Strategieentwicklung zu testen.
EDITORIAL
„Der Schwerpunkt von Führung
verlagert sich: weg vom Management, hin
zu Leadership und Empowerment.“
LIEBE LESERINNEN
UND LESER,
was ist der wichtigste Erfolgsfaktor eines Unternehmens? „Nicht das Kapital oder die Arbeit, sondern die
Führung“, war sich der deutsche Unternehmer Reinhard
Mohn einst sicher. Eine Einschätzung, die an Aktualität
nichts verloren hat, wie der HR-Report 2014/2015 von
Hays und dem Institut für Beschäftigung und Employability
zeigt: Wichtigstes HR-Thema und zentrales Handlungsfeld in Unternehmen ist die Führung, so das Credo der
befragten Entscheider (S. 28).
Kein Wunder bei dem Spagat, den Führungskräfte derzeit
leisten: Unternehmensleitung und Aktionäre setzen immer
ehrgeizigere Ziele, die Öffentlichkeit erwartet gesellschaftlich verantwortungsvolles Handeln, die Mitarbeiter wünschen sich Autonomie und Freiraum, gleichzeitig aber ständiges Feedback und Anerkennung. Wer kann solchen
Anforderungen noch gerecht werden? Zumal in einer Zeit,
in der „Entscheider oft nur noch auf Sicht segeln“, weil die
globale Vernetzung und die digitale Transformation langfristige Planungen und Zielsetzungen fast unmöglich machen, wie Prof. Dr. Peter Kruse, Geschäftsführer der Marktforschungs- und Beratungsfirma nextpractice, analysiert
(S. 12). Nur eines, so Kruse, ist noch sicher: „Wer in Zukunft
erfolgreich sein will, braucht die Fähigkeit und die Bereitschaft, sich auf ergebnisoffene Prozesse einzulassen.“
Mit der jetzigen Führungskultur ist das nicht zu machen,
wie die Studie „Führungskultur im Wandel“ der Initiative
Neue Qualität der Arbeit belegt. Linienhierarchie und
Kennzahlensteuerung helfen weder Talente zu gewinnen
und zu binden noch im internationalen Wettbewerb mit
agilen Unternehmen zu bestehen. Was es also braucht,
ist eine „neue deutsche Lead-Kultur“ (S. 9 ff.), die auf das
Denken und Handeln in Netzwerken setzt – und auf Freiräume statt auf Gängelung und Kontrolle.
Deshalb fordert der ehemalige Telekom-Vorstand und
HR-Vordenker Thomas Sattelberger auch, Experimentallabore in den Unternehmen einzurichten – keine technischen, sondern soziale, in denen neue Formen der Führung, Zusammenarbeit und Strategieentwicklung erprobt
werden (S. 24 ff.). Denn Innovation, so seine Überzeugung, wird in unserer komplexen Welt nur noch selten
durch den Geistesblitz eines Einzelnen geschaffen, sondern überwiegend durch die Zusammenarbeit vieler in
kollaborativen Netzwerken.
Doch steuern sich solche Systeme nicht selbst? Hat sich die
Führung in der Netzwerkwelt nicht überlebt? Nein, sind sich
die Experten in unserem Magazin einig. Führung hilft, „die
Energien in die gewünschten Richtungen zu bündeln“, sagt
zum Beispiel Prof. Dr. Eric Lippmann, Leiter des Zentrums für
Leadership, Coaching und Change Management an der Züricher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (S. 4 ff.).
Vorausgesetzt, die Führungskräfte haben ihre neue Rolle
verstanden und agieren weniger als Vorgesetzte denn als
Coaches, die ihren Teams Orientierung bieten, sie motivieren
und inspirieren – und dadurch eine Atmosphäre der Hochleistung erzeugen, genau wie moderne Mannschaftskapitäne
im Sport (siehe S. 13 ff.).
Der Schwerpunkt von Führung verlagert sich also: weg
vom Management, hin zu Leadership und Empowerment.
Das schließt den Mut zu Kontrollverlust ein. „Die Führungsrolle ist ganz sicher nichts für Angsthasen“, sagt folgerichtig Sabine Josch, Bereichsleiterin Personalmarketing und
Service Center Personal bei Otto. Daran wird sich auch in
Zukunft nichts ändern.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine informative Lektüre.
Klaus Breitschopf
Vorstandsvorsitzender der Hays AG
HaysWorld 01/2015 | 03
04 | HaysWorld 01/2015
Foto: Simon Hallström / ICONIQ Studio GmbH
Interview mit Prof. Dr. Eric Lippmann
„FÜHRUNG SOLLTE
IN ERSTER LINIE
FUNKTIONAL SEIN“
Prof. Dr. Eric Lippmann leitet das Zentrum für Leadership, Coaching und Change
Management am Institut für Angewandte Psychologie IAP an der Zürcher Hochschule
für Angewandte Wissenschaften. Der Psychologe arbeitet zudem als Berater für Führungsentwicklung, Supervision und Coaching, Konfliktmanagement, Teamentwicklung
und Kommunikation.
Das Interview führte Jana Nolte
Prof. Dr. Lippmann, wie definieren Sie den Begriff Führung?
Führung umschreibe ich als zielorientierte, wechselseitige
und soziale Beeinflussung, um die primären Aufgaben zu
erfüllen, die in einem System, etwa einem Unternehmen
oder einem Team, für dessen Überleben relevant sind. In
der Regel findet Führung zwischen hierarchisch unterschiedlich gestellten Personen statt. Ich behaupte aber,
dass es selbst in nicht hierarchischen Systemen kein Führungsvakuum gibt. Die Definition lässt zu, dass Führung
in alle Richtungen erfolgen kann, also auch „von unten“.
gigkeit und Anpassungsfähigkeit, Flexibilität, Ehrgeiz, Integrität und soziale Kompetenz. Dabei ist zu betonen, dass
Führung ein multifaktorielles Geschehen ist. Ein Ansatz, der
den Schwerpunkt auf Eigenschaften legt, mag verführerisch sein. Es gibt jedoch interessante Untersuchungen, die
zeigen, dass wir uns je nach Kontext ganz anders verhalten
können und es somit relativ ist, welche Eigenschaften wann
zum Tragen kommen.
Lassen sich Führungsqualitäten erlernen und, wenn ja, wie?
Rollenträger der Führung leisten einen wesentlichen Beitrag für ein System, damit gesetzte Ziele erreicht werden
können. Führung hilft gewissermaßen, die Energien in die
gewünschten Richtungen zu bündeln.
Wir am Institut für Angewandte Psychologie sind überzeugt, dass sich Führungsqualitäten bis zu einem gewissen
Grad entwickeln lassen. Dazu gehören zum Beispiel die
Fähigkeit, sich immer wieder kritisch zu reflektieren, die
aktive Gestaltung der eigenen Führungsrolle und der
Beziehung zu den Stakeholdern sowie das Management
komplexer Führungssituationen.
Über welche Eigenschaften muss eine Führungskraft
verfügen?
Welche Qualitäten müssen eigentlich die „Geführten“
mitbringen für ein gutes Führungsgefüge?
Die in empirischen Studien am häufigsten genannten Eigenschaften oder Persönlichkeitsmerkmale erfolgreicher Führungskräfte sind: Intelligenz (IQ und EQ), fachliche Versiertheit, Entscheidungsfreude, Intuition, Kreativität, Unabhän-
Das hängt sehr stark von der Organisationskultur und
der Art der Aufgabenstellung ab, die es zu erfüllen gilt.
Heute hat etwa die Hälfte der Unternehmen den paradoxen
Anspruch, dass Mitarbeitende „Arbeitskraftunternehmer“
Warum ist Führung wichtig?
HaysWorld 01/2015 | 05
sein sollten: möglichst selbstständig, umsichtig, entscheidungsfähig und kundenorientiert. Auf der anderen Seite
sollen sie jedoch so angepasst bleiben, dass sie sich in das
Gesamtsystem einfügen und sich führen lassen. Doch kennen Sie Unternehmer, die sich gerne führen lassen? Für
Organisationen, in denen die Mitarbeitenden stark vorgegebene und vorstrukturierte Tätigkeiten ausführen müssen, stehen wohl herkömmliche Tugenden wie Zuverlässigkeit, Anpassungsfähigkeit, Ausdauer und „Commitment“ an erster Stelle.
Welche Bedeutung kommt dem Begriff Vorbild beim
Thema Führung zu?
Viele Organisationen definieren aus den Leitbildern abgeleitete Führungsgrundsätze, die umschreiben, wie sich eine
Führungskraft vorbildlich verhält. Nicht nur für Nachwuchskräfte bieten solche Führungsgrundsätze eine wertvolle
Orientierung. Und wenn sich alle Hierarchiestufen daran
halten würden, dann wäre das sicher für die Organisation
von Vorteil. Die Vorbildwirkung gerade des ober(st)en
Managements darf nicht unterschätzt werden, wird aber
nicht immer genügend beachtet.
Was sind die neuesten Methoden im
Führungscoaching?
In den letzten Jahren hat sich im Führungscoaching
der sogenannte lösungsorientierte Ansatz stark durch06 | HaysWorld 01/2015
gesetzt, der vor allem auf die Erkenntnisse von Steve de
Shazer zurückzuführen ist. Dieser betonte, dass „Solution Talk“, also das Reden über Lösungen, viel eher Energien zur Zielerreichung freisetzt als die Klage über den
nicht gewünschten Zustand. Der ironische Satz „Gut,
dass wir darüber gesprochen haben“ drückt in pointierter Form die Gefahr des „Problem Talk“ aus. Über den
zu vermeidenden Zustand zu reden führt nicht automatisch zu einer Veränderung. Doch auch der lösungsorientierte Ansatz darf nicht zu doktrinär angewendet werden. Gerade bei Rückfällen in alte Verhaltensmuster
lohnt sich oft der Blick darauf, was diese für Vorteile
mit sich bringen. Der Blick auf das Gute im Schlechten
eröffnet häufig Perspektiven auf Aspekte, die für eine
Lösung mitberücksichtigt werden sollten. In der von
Gunther Schmidt entwickelten Methode der „Problemlösungsgymnastik“ werden sowohl Problem- als auch
Lösungsmuster für nachhaltige Ergebnisse optimal
miteinander verbunden.
Können Sie das an einem Beispiel konkret machen?
Eine Führungskraft beklagt den mehrmaligen Abgang
guter Fachkräfte, meist nachdem es zu heftigen Auseinandersetzungen gekommen ist. Das Anliegen im Coaching: Mitarbeitende, welche die Vorgaben „gefügiger“
umsetzen. Dieser gewünschte Sollzustand beinhaltet
möglicherweise das Problem. Würden wir nun ausschließlich an diesem Ziel arbeiten, wäre das zu einseitig.
Denn die Führungskraft vermeidet dabei die Auseinan-
„Viele Organisationen definieren aus den Leitbildern
abgeleitete Führungsgrundsätze, die umschreiben, wie
sich eine Führungskraft vorbildlich verhält. Nicht nur für
Nachwuchskräfte bieten solche Führungsgrundsätze eine
wertvolle Orientierung.“ Prof. Dr. Eric Lippmann
dersetzung mit ihren Fachkräften. Das Problemmuster:
Jedes Mal, wenn es zu Konfrontationen kommt, wird
sie autoritär. Im Coaching wird also herausgearbeitet,
welches ein zieldienlicheres Verhalten wäre, ein Lösungsmuster, um die Fluktuation abzuschwächen. Das könnte
in dem Fall eine konstruktive Auseinandersetzung mit
den Mitarbeitenden sein. Dann wird herausgearbeitet,
welche „Schlüsselreize“ bei der Führungskraft das Problemverhalten auslösen. Die entsprechenden Szenen
werden im Detail analysiert und durchgespielt. Dann
lernt die Führungskraft, die „Schlüsselreize“ frühzeitig
zu erkennen und gewissermaßen als Erinnerungsanker zu nutzen, um in Zukunft in einem solchen Fall
das herausgearbeitete konstruktive Verhalten an den
Tag zu legen.
Im Zusammenhang mit dem Thema Führung taucht oft
die viel zitierte „natürliche Autorität“ auf: Gibt es die?
Der Begriff ist etwas zwiespältig. Einerseits suggeriert
er, dass es Personen gibt, die sie besitzen. Führung ist
demnach jemandem gegeben oder eben nicht. Auf
der anderen Seite gibt es eine Fülle sogenannter BestPractice-Bücher, welche die Faktoren erfolgreicher Führungspersonen herausdestillieren. Sie suggerieren, dass
Führung lernbar ist, indem wir einfach von den Erfolgsmodellen oder „natürlichen Autoritäten“ abschauen.
„Wer will, der kann“ – vor allem die Ratgeberliteratur
aus den USA ist voll von diesem Ansatz. Beide Extreme
werden der Komplexität von Führung nicht gerecht.
Wie haben sich die Vorstellungen von Führung in den
vergangenen beiden Jahrzehnten verändert?
Ich möchte zwei Aspekte herausgreifen, die in den letzten
Jahren prägend waren: Die Zunahme und Beschleunigung
von Veränderungen in Organisationen, kombiniert mit der
Digitalisierung und Globalisierung. Führung ist noch komplexer und anspruchsvoller geworden. Veränderungen
nachhaltig zu gestalten bedingt heute vermehrt „organisationale Achtsamkeit“, um einen aktuellen Buchtitel zu
zitieren. Demnach gilt es, Wandel nicht als Ausnahmefall,
sondern als Regel zu sehen und damit als Teil der organisationalen Routine zu verstehen. Wenn ich dann aber
schaue, welche Aspekte betont werden, dann frage ich
mich wiederum, ob sich fundamental wirklich etwas verändert. Marktführer von morgen, so lese ich in einem
anderen aktuellen Buch, befolgen acht Prinzipien: miteinander reden, ehrlich sein, Freude haben, aktiv zuhören
und sich mitteilen, Emotionen verstehen und lenken,
Perspektiven wechseln, Fehler und Schuld als Illusion
erkennen und gerecht sein. Haben wir das nicht alles
schon mal gehört?
Gibt es kulturell geprägt unterschiedliche Führungsstile?
Ich bin kein Spezialist für Interkulturalität und Führung,
aber es liegt auf der Hand, dass die Aufgaben einer Organisation mit Strukturen und entsprechenden Kulturen einhergehen. Ein Gefängnis braucht eine andere Kultur und
andere Führungsstile als die Forschungsabteilung eines
HaysWorld 01/2015 | 07
Pharmaunternehmens. Die jeweiligen Führungsstile sollten
funktional sein bezüglich der zu bewältigenden Aufgaben.
Sie selber müssen bei Ihren Tätigkeiten ja auch „führen“ –
welchen Aspekt daran finden Sie persönlich herausfordernd?
Ich führe ein Team von 18 Personen. Das ist eine recht hohe
Führungsspanne. Zudem handelt es sich sowohl um Projektassistentinnen als auch um Beratende und Dozierende.
Letztere sind also Fachkollegen von mir, die sich alle auch
mit Führungsentwicklung und Coaching beschäftigen. Den
Anspruch, das zu leben, was wir lehren, finde ich sehr herausfordernd, aber auch bereichernd.
fert hat. Zentrale Aspekte sind aus meiner Sicht: eine klare,
transparente und direkte Kommunikation und interessensorientierte Konfliktlösungen, das Beachten von Hierarchien
und möglichst die Vermeidung von intransparenten Koalitionsbildungen. Es besteht allerdings ein wesentlicher Unterschied: In der Familie ist die Hauptwährung die „Liebe“
(was immer das heißt), in den Organisationen steht die
Aufgabenerfüllung (und damit indirekt ökonomische Überlegungen) im Zentrum.
Sie bringen viel Erfahrung aus der Familien-, Kinder- und
Jugendpsychologie mit. Können Sie Aspekte aus diesen
Bereichen bei der Entwicklung von Führungsbegriffen
und beim Führungskräfte-Coaching nutzen?
Viele ursprünglich im Bereich der Familientherapie entwickelten Konzepte wurden in den vergangenen Jahren für
die Anwendung in der Organisationswelt angepasst und
weiterentwickelt. Dazu gehört insbesondere auch der
bereits erwähnte lösungsorientierte Ansatz, der sowohl für
die Führung als auch das Coaching wertvolle Impulse gelie-
Prof. Dr. Eric Lippmann
08 | HaysWorld 01/2015
Neu erschienen: Identität im
Zeitalter des Chamäleons
Zum Weiterlesen
Das Handbuch für Führungskräfte fasst relevantes Wissen aus der Psychologie zusammen und
bereitet es anhand von
Checklisten, Fallbeispielen,
Leitfragen und Arbeitsblättern eingängig auf.
Themen des Buches sind
u. a.: Führung der eigenen
Person, Teamführung, Recruiting, Personalentwicklung, Motivation, Change
Management oder Konfliktmanagement.
Orientierung geben und Freiräume zulassen oder preußische Tugenden
mit Experimentalkultur verbinden: Manche Führungskraft zwingen die
teils diametral entgegengesetzten Ansprüche in einen Spagat.
NEUE DEUTSCHE
LEAD-KULTUR
Um international mithalten zu können,
fordern Manager hierzulande ein neues
Selbstverständnis von Führung. Ohne
einen grundlegenden Wandel der Leadership-Praxis – so der Tenor einer neuen
Studie – wird Deutschland den Anschluss
an den weltweiten Wettbewerb verpassen.
Von Judith-Maria Gillies
Ein Gespenst geht um in der Wirtschaft. Das Gespenst
heißt Verwerfung. Die Welt wird derzeit in ihren Grundfesten erschüttert. Durch Digitalisierung und Datenmassen.
Durch Terrorgefahren und Marktunsicherheiten. Durch
Zinsverfall und Eurokrise. Eine Welt aus Volatilitäten und
Vieldeutigkeiten, auf die Deutschlands Wirtschaftslenker
schlecht vorbereitet sind. Das findet zumindest die deutsche Führungsriege. In der aktuellen Studie „Führungskultur im Wandel“, für die die „Initiative Neue Qualität der
Arbeit“ im Auftrag des Bundesarbeitsministeriums 400
Manager tiefeninterviewt hat, kritisieren die Vorgesetzten
HaysWorld 01/2015 | 09
eine seit Jahren bestehende Fehlentwicklung der Führungskultur hierzulande. Mehr als drei Viertel von ihnen sind
überzeugt, dass der Standort Deutschland ohne eine grundlegende Änderung der aktuellen Führungspraxis weit unter
seinen Möglichkeiten bleibt. Zudem wird der typisch deutsche Führungsstil einer Linienhierarchie und Kennzahlensteuerung als entscheidender Wettbewerbsnachteil bei der
Gewinnung und Bindung von Talenten wahrgenommen.
„Die Umstellung der Führungskultur ist alternativlos“
Zu Recht. „Die traditionell stark hierarchisch geprägten
Unternehmen hierzulande können kaum gegen die agilen
Amazons und Googles dieser Welt ankommen“, weiß Willms
Buhse, Experte für digitale Transformation und Leadership.
Hier gelte es, einen eigenen Weg zu finden, so der Inhaber
der Beratungsfirma doubleYUU in Hamburg. „Denn die
Umstellung der Führungskultur ist alternativlos.“
Das wissen auch die Manager selber – und stellen sich und
ihren Kollegen selbstkritisch ein schlechtes Zeugnis aus. So
beklagen viele der Befragten eine seit Jahren bestehende
Fehlentwicklung der Führungskultur. Die Gefahr, den Anschluss zu verpassen, nimmt ihrer Ansicht nach kontinuierlich zu, so die Studie. Die Kriterien, die aus ihrer Sicht eine
gute Führung ermöglichen, sehen die Führungskräfte hierzulande nicht einmal zur Hälfte verwirklicht (49 %).
Selbsterkenntnis ist der erste Schritt zur Besserung. „Die
deutsche Wirtschaft hat den Startschuss durchaus gehört“,
sagt Stephan Grabmeier, Geschäftsführer der Innovation
Evangelists in Bad Honnef bei Bonn. „Was zu tun ist, ist the-
Wie eine Roadmap für die Entwicklung
guter Führung aussehen kann, erfahren
Sie unter www.haysworld.de
10 | HaysWorld 01/2015
oretisch klar“, so der Experte für digitale Transformation
und New Work. „Nur wie – da herrscht Unsicherheit und
zu wenig Mut bei Führungskräften.“
Dabei wissen die Manager genau, was eine moderne
Führungskultur ausmacht: ein Denken in Netzwerken
statt in Hierarchien. Ein schrittweises Vortasten statt
langfristiger Planungen. Kooperationsfähigkeit statt
alleiniger Renditefixierung. Mitarbeitermotivation durch
Freiräume und Wertschätzung statt fantasieloser
Gehaltserhöhungen.
Die Anforderungen an Führungskräfte sind hochgeschraubt.
„Sie sehen sich der Erwartung ausgesetzt, was in der Wirtschaftswelt an Stabilität verloren gegangen ist, aufzufangen“, erklärt Professor Uta Wilkens, Leiterin des Lehrstuhls
Arbeitsmanagement und Personal am Institut für Arbeitswissenschaft der Ruhr-Universität Bochum. Und der Druck
steigt von allen Seiten. Firmenleitung und Aktionäre rücken
nicht von ihren ehrgeizigen Zielen ab. Medien, soziale Netzwerke und eine kritische Öffentlichkeit legen hohe Maßstäbe
an gesellschaftlich verantwortungsvolles Handeln an. Und
die eigenen Mitarbeiter erwarten von ihren Chefs einerseits
Autonomie und Eigenverantwortung, andererseits aber dauernde Rückkopplung und Anerkennung. „Zwischen diesen
widersprüchlichen Anforderungen gilt es eine dynamische
Balance zu finden“, so Wilkens.
Mission impossible? Möglicherweise. Doch das Festhalten
an alten Verhaltensmustern ist keine Option. „Mit den Führungsregeln von gestern wird man im Wettbewerb von
heute nicht bestehen können – und in dem von morgen
erst recht nicht“, warnt Buhse.
Moderne Führungskräfte agieren als Coach und
fachlicher Inspirator
Führungskräfte sind also in der Pflicht zu liefern. „Eine moderne Führungskultur lässt sich nur durch vorbildliches Handeln
etablieren“, so Professor Wilkens. Agiere die Führungsriege
noch nach alten hierarchischen Mustern, könne sie auch keine
Flexibilität oder Offenheit von ihren Mitarbeitern erwarten.
Wilkens’ Forderung: Moderne Führungskräfte sollten trotz der
um sie herum wirkenden Fliehkräfte Verbindlichkeit symbolisieren. Wer sich als Coach und fachlicher Inspirator versteht,
ist auf dem besten Weg, seine Mannschaft für die gemeinsame Sache zu gewinnen.
Und er hat damit die Zeichen der Zeit erkannt. Denn in Zukunft werden sich Vorgesetztenaufgaben immer mehr aufsplitten – zwischen Management und Leadership. „Managementaufgaben von der Produktions- bis zur Urlaubsplanung
können auch von Robotern erledigt werden – und zwar sehr
schnell und zuverlässig“, prophezeit Berater Buhse. Gute
Führungskräfte konzentrierten sich daher auf erfolgsentscheidende Leadership-Aufgaben wie die Inspiration und das Einschwören ihres Teams. Denn das, so Buhse, könne selbst der
cleverste Roboter der Welt nicht übernehmen.
„Führung ist nichts für Angsthasen“
Vorreiterfirmen trimmen bereits heute ihre Leute und Strukturen auf Zukunftstauglichkeit. So wie der 1949 gegründete Versandhändler Otto, der sich vom althergebrachten Katalogversand zum modernen E-Commerce-Unternehmen wandelte.
Momentan wird in der Hamburger Firmenzentrale die Mitar-
beiterführung von Grund auf überarbeitet. Alles steht auf
dem Prüfstand: Führungskräfteverständnis, -auswahl und
-training. Im Pilotprojekt „Lhotse“ arbeiteten bereits mehr
als 100 IT-Mitarbeiter in sieben Teams mit neuen agilen
Arbeits- und Führungsmethoden, um inhouse eine neue
Software zu entwickeln. Andere Abteilungen werden
schnell folgen. „Vorgesetzte werden in jeder Situation neu
entscheiden müssen, welche Form der Führung die anstehende Aufgabe gerade verlangt“, sagt Sabine Josch, Bereichsleiterin Personalmarketing und Service Center Personal bei Otto. „Fingerspitzengefühl wird so zu einem der
wichtigsten Leadership Skills.“
Josch fordert die Otto-Vorgesetzten auf, eine neue Rolle
einzunehmen: weg von der Absicherungspolitik, hin zu
mehr Offenheit und Toleranz. Dazu müssten sie bei gegebener Instabilität ihren Leuten Orientierung geben, zugleich
aber auch den Mitarbeitern mehr Freiraum eröffnen und
Querdenker zulassen. „Dies schließt den Mut zum Kontrollverlust ein“, so Josch. Kurzum: „Die Führungsrolle ist ganz
sicher nichts für Angsthasen.“
Keine schlechte Devise für Deutschlands Chefs. „Die Führungskräfte hierzulande mögen momentan vielleicht nicht
die Speerspitze der modernen Führungskultur bilden“,
räumt Berater Grabmeier ein. Doch ihre Chancen stünden
gar nicht mal so schlecht. Er empfiehlt einen modernen Mix
aus alt und neu. „Preußische Tugenden wie Fleiß, Ordnung
und Disziplin können da durchaus hilfreich sein“, so Grabmeier. „Paart man sie mit Kreativität, Innovationsfreude,
Digitalisierung und einer neuen Experimentierkultur, hat
man alle Chancen, in der Liga moderner Manager ganz
oben mitzuspielen.“
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Professor Dr. Peter Kruse ist Leiter der
Studie „Führungskultur im Wandel“
der „Initiative Neue Qualität der Arbeit“
(INQA) sowie Geschäftsführer der
Marktforschungs- und Beratungsfirma
nextpractice in Bremen.
Von Professor Dr. Peter Kruse
„ENTSCHEIDER KÖNNEN
NUR NOCH AUF SICHT SEGELN“
Die Spielregeln in der Wirtschaft wandeln sich zurzeit
so stark, dass keiner der Akteure einfach so weitermachen kann wie bisher. Durch die globale Vernetzung nehmen Volatilität, Unsicherheit, Mehrdeutigkeit und Komplexität in Markt und Gesellschaft in atemberaubendem
Tempo zu. Erfolgreiche Handlungsstrategien von gestern
und heute werden so zusehends zum Risikopotenzial von
morgen. Die Notwendigkeit einer grundlegenden Neuorientierung wird kaum jemand mehr leugnen können.
Mitten in diesem Wandel stehen die Führungskräfte. Ihr
klassisches Selbstverständnis löst sich immer mehr auf.
Ziele zu definieren und auf Basis von Strategie, Kennzahlensteuerung und sparsamem Ressourceneinsatz zu
erreichen – all das muss neu überdacht werden. Heute
können Entscheider oft nur noch auf Sicht segeln. Überraschende Wendungen und disruptive Ereignisse stehen
mittlerweile auf der Tagesordnung von Führungskräften.
Langfristige Prognosen sind so gut wie nicht mehr möglich, und die Planungshorizonte schrumpfen unaufhörlich. Sätze wie „Damit konnte doch keiner rechnen!“ oder
„Worauf kann man sich denn heute noch verlassen?“
hört man immer häufiger – auf den Mitarbeiterfluren
genauso wie in den Vorstandsetagen.
Berater wirken irritiert, und selbst Konsumenten scheinen nicht mehr zu wissen, was sie wollen. Nur eines ist
sicher: Wer in Zukunft erfolgreich sein will, braucht die
Fähigkeit und die Bereitschaft, sich auf ergebnisoffene
Prozesse einzulassen und weit über die eigenen Grenzen hinauszudenken. Iterative Verfahren wie Scrums
oder Design Thinking, bei denen die Teilnehmer schrittweise nach einem festgelegten Muster durch Meetings
bzw. Workshops geführt werden, haben Konjunktur.
12 | HaysWorld 01/2015
Schrittweise sich vortastende Agilität und Neugier sind
gefragt. Um dauerhaft im Markt zu bestehen, wird es
immer wichtiger, zu kooperieren: horizontal, vertikal,
multilateral. Die Idee, dass nur der Stärkere gewinnt,
wird durch den Mehrwert synergetischen Zusammenwirkens widerlegt. An die Stelle von Hierarchie, Steuerung und Regelung tritt die Organisation in eigendynamischen Netzwerken. Individuelle Intelligenz verbindet
sich in freier Interaktion zu sozialen Gehirnen, in denen
das Ganze die Chance hat, mehr zu sein als die Summe
seiner Teile.
Welche Aufgabe hat Führung dann noch? Die typischen
Managementfunktionen treten in den Hintergrund und
der Schwerpunkt verlagert sich auf unternehmerische
Herausforderungen. Führungskräfte brauchen Empathie:
Welche Zusammenhänge im Marktgeschehen erlauben
die Verringerung von Komplexität? Welche Angebote
sind resonanzfähig? Wofür steht das eigene Unternehmen? Ob nach außen oder nach innen: Das Verständnis
für die Wertvorstellungen der Menschen hat höchste Priorität. Das althergebrachte kurzfristige Renditedenken
dagegen wird immer mehr zum Auslaufmodell. Der Interessenausgleich zwischen den gesellschaftlich beteiligten Stakeholdern wird bedeutsamer als die Maximierung
von Shareholder Value.
Je eher Vorgesetzte diese neuen Handlungsmuster
erkennen, desto schneller werden sie ihr Unternehmen
auf Zukunftskurs bringen. Dass das kein Spaziergang
wird, wissen die Entscheider selbst. Aber ein rasches
Umdenken und eine Neuausrichtung ihres Führungshandelns wird belohnt werden. Von Mitarbeitern, Kunden
und Anteilseignern gleichermaßen.
Erfolgreiche Sportler trainieren
nicht nur den Körper, sondern
auch den Geist. Welche Strategien sich Führungskräfte von
ihnen abschauen können, lesen
Sie auf www.haysworld.de
Olympiasiegerin Marion Rodewald
sieht sich auch als Mannschaftskapitän
als normales Mitglied des Teams.
MEHR SPIELRAUM,
BITTE!
Foto: Marion Rodewald
Hierarchien flachen in modernen Unternehmen ab. Trotzdem braucht jedes Team
eine Führung. Manager können dabei von Sportlern lernen: Mannschaftskapitäne
üben Einfluss auf ihr Team aus, ohne es zu kommandieren, und stellen eine
Atmosphäre der Hochleistung her.
13
Kapitän einer Mannschaft wird man nicht nur durch
sportliche Leistung, sondern vor allem durch menschliche Qualitäten wie Zuhören, Empathie sowie die
Fähigkeit, Konflikte zu erkennen und zu lösen.
Von Susanne Faschingbauer
Athen, 26. August 2004, Olympische Sommerspiele.
Gleich passiert das Unglaubliche. Marion Rodewald blickt
auf die Stadionuhr, wenige Sekunden bis Spielende, der
Ball ist vorne im gegnerischen Feld. Sie begreift, dass es
geschafft ist. Die Kapitänin des deutschen Hockeynationalteams reißt die Arme hoch, schmeißt ihren Schläger
weg. Die Silbermedaille wäre für das deutsche Außenseiterteam gigantisch gewesen. Nun wird es Gold! Rodewald
schreit sich die Anspannung der vergangenen Wochen,
Monate, Jahre aus dem Leib. Abpfiff.
Die Olympiasiegerin Marion Rodewald, 38, ist eine von jenen Mannschaftskapitänen, denen es gelungen ist, einen
herausragenden Erfolg mit ihrem Team zu feiern. Die Antwort auf die Frage, wie sie das geschafft hat, dürfte auch
Führungskräfte in Unternehmen interessieren. Deren
„Spielfeld“ wandelt sich nämlich gerade, zumindest in
deutschen Unternehmen. Hierarchien flachen ab, den typischen Vorgesetzten wird es immer weniger geben, denn
Mitarbeiter beanspruchen mehr Freiheit, mehr Flexibilität,
mehr Spielraum. Das besagt der Leadership Report 2015
des deutschen Zukunftsinstituts. Das veränderte Umfeld
verlangt nach neuen Spielregeln: Führungskräfte von
morgen müssen Einfluss ausüben, ohne zu kommandieren. Zugleich sollen sie eine Atmosphäre der Hochleistung
herstellen. Es geht um eine neue Form des Führens.
Führung erfolgt nicht mehr von oben nach unten,
sondern quer auf allen Ebenen
Tanja Gröber nennt diesen neuen Führungsstil „Führen
von der Seite“. Sie ist freie Trainerin bei der Führungsakademie Deutscher Olympischer Sportbund und trainiert
14 | HaysWorld 01/2015
„Das Führungsverständnis wandelt
sich. Führen wird nicht länger von
oben nach unten gehen, sondern
quer auf allen Ebenen.“
Tanja Gröber, Trainerin bei der Führungsakademie Deutscher
Olympischer Sportbund
Manager in Wirtschaftsunternehmen und aus dem Hochleistungssport. „Das Führungsverständnis wandelt sich.
Führen wird nicht länger von oben nach unten gehen,
sondern quer auf allen Ebenen“, sagt Gröber.
In ihren Seminaren zu Führungskompetenz bedient sie
sich gerne an Beispielen aus dem Sport, denn bestimmte
Strategien – wie die von Mannschaftskapitänen – eignen
sich für Führungskräfte in der Wirtschaft: Projektleiter
beispielsweise, die keine Vorgesetzten sind, aber dennoch mit anderen gemeinsam Ziele erreichen wollen. Das
Führen von der Seite gibt es im Mannschaftssport, seit es
Mannschaftskapitäne gibt.
Im Jahr 2003 wurde die Hockeyspielerin Marion Rodewald Kapitänin in der Nationalmannschaft. Das Team
wählte sie. Das, sagt sie, war die Basis für ihren späteren
Erfolg, sie hatte das Vertrauen der Mannschaft, von Beginn an. „Ich war nicht von allen die beste Freundin, bin
aber mit jedem ausgekommen. Das Team hat mir zugetraut, dass ich die Interessen aller vertreten kann. Sport-
Foto: Sascha Klahn/DHB
Im Januar diesen Jahres trat Uwe Gensheimer das
bislang wichtigste Turnier seiner Karriere an: die
Handball-WM 2015 in Katar, erstmals als Kapitän
der deutschen Mannschaft.
lich hätte man sicherlich jemand anderen gewählt.“ Aber
das Team entschied sich in erster Linie für ihren Charakter.
Alles ansprechen, nichts aussitzen
Was Rodewald auszeichnet, ist ihr Talent für Kommunikation. „Dinge, die irgendwie im Raum waren, haben wir sofort angesprochen.“ Bei Olympia 2004, nach einem „dramatisch schlechten Spiel gegen Südafrika“, sprach das
Team offen darüber, dass niemand ausreichend Leistung
gezeigt hatte. „Wir haben es geschafft, den Schalter umzulegen.“ Alles ansprechen, nichts aussitzen – nach diesem Motto führte Rodewald ihr Team. Sie verstand sich
als Sprachrohr, Bindeglied und Motivatorin, gestand sich
aber keinerlei Sonderrechte zu. „Ich habe mich immer
als normales Mitglied der Mannschaft gesehen.“ Diese
Mischung aus selbstbewusstem und subtilem Führen
machte sie in ihrem Amt so erfolgreich.
Im Jahr 2009, als Rodewald die Nationalmannschaft verließ, begann ein anderer eben erst seine Karriere: Uwe
Gensheimer, heute 28 Jahre alt und Kapitän der deutschen Handballnationalmannschaft, damals ein 22-Jähriger, der sich in die Herzen der Fans spielte. In den Jahren
2011 bis 2013 wählten sie ihn zum Handballer des Jahres,
„uns Uwe“ jubeln sie ihm heute zu, in Anlehnung an den
Fußballhelden Uwe Seeler. Ein Spieler mit Charakter.
„Ich kann auf und neben dem Feld andere Spieler führen
und mitziehen“, sagt Gensheimer. Zum einen, indem er
sich durch seine eigene gute Leistung und „den Willen, in
jedem Spiel alles zu geben“, Akzeptanz im Team verschafft. Zum anderen, indem er viel Wert auf das zwi-
schenmenschliche Verhalten legt. Der Kapitän geht mit
jedem Spieler respektvoll um, nimmt jeden, wie er ist.
Im Januar diesen Jahres trat Gensheimer das bislang
wichtigste Turnier seiner Karriere an: die Handball-WM
2015 in Katar, erstmals als Kapitän der deutschen Mannschaft. Dort stand er vor der schwierigen Aufgabe, ein
junges Team mit neuen Spielern zu führen. Der Trainer
bestimmte ihn zum Kapitän. Gensheimers Erfahrung war
gefragt, er stand vor seinem 100. Länderspiel. Die Mannschaft überraschte mit ausgezeichneten Spielen, erst im
Viertelfinale schied sie aus.
Die menschlichen Qualitäten zählen
Wie Rodewald ist Gensheimer ein Kommunikationsprofi. Er
präsentiert sein Team in der Öffentlichkeit und versteht sich
als Bindeglied zwischen Mannschaft und Trainer. „Probleme
basieren auf Missverständnissen. Meistens hilft ein offenes
Gespräch.“ Was beim Mannschaftskapitän im Sport zählt, ist
nicht nur Leistung, sondern sind insbesondere menschliche
Qualitäten: das Zuhören, die Empathie sowie die Fähigkeit,
Konflikte zu erkennen und zu lösen. Tanja Gröber macht
aber noch einen anderen Aspekt aus, der entscheidend für
Erfolg sein kann: Wie kam der Kapitän zu seinem Amt? „Wer
gewählt wurde, hat 80 Prozent der Spieler hinter sich, das
macht es oft leichter.“ In einem schlechten Umfeld könne der
beste Kapitän keinen Erfolg haben.
Abschließend wagt die Expertin ein Gedankenexperiment:
Man stelle sich vor, Projektleiter in Unternehmen würden
von Mitarbeitern gewählt und nicht von ihren Vorgesetzten
bestimmt. Hätten deren Teams mehr Erfolg?
HaysWorld 01/2015 | 15
Erfahren Sie mehr über die wichtigsten Think
Tanks der Welt auf www.haysworld.de
DIE IDEENMAKLER
Die Welt vernetzt sich, wird komplexer,
fast undurchschaubar. Dabei sind
Manager und Politiker auf schnelle
Entscheidungen angewiesen. Sie
suchen deshalb Rat bei Leuten, die
sich auf das Denken spezialisiert haben.
16 | HaysWorld 01/2015
Von Susanne Faschingbauer
Entstanden ist der Begriff „Think Tank“ während des
Zweiten Weltkriegs in den Vereinigten Staaten. Er bezeichnete geheime Treffen an abhörsicheren Orten, um
militärische Strategien zu erarbeiten. In den USA etablierte
sich der Name ab den 1960er-Jahren für private Forschungsinstitute. In Deutschland setzte er sich zur Jahrtausendwende durch. Rund 200 Think Tanks gibt es heute in
Deutschland, etwa 7.000 weltweit, knapp 50 Prozent
davon in Nordamerika.
Als Thunert in den 1990er-Jahren begann, die Szene für
seine Habilitation zu beobachten, war er einer der Ersten,
die dieses junge Feld betraten. Bis heute forscht und lehrt
er dazu. Es gab damals einige Denkfabriken in Deutschland – allerdings nannten sie sich nicht so. Sie sahen sich
als Forschungsinstitute, die ihr Fachwissen zu wirtschaftlichen oder politischen Problemen anboten. Eines davon
war das 1914 gegründete Institut für Weltwirtschaft (IfW)
in Kiel, Deutschlands älteste Denkfabrik. Wie wirkt sich
die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank auf
die Wirtschafts- und Finanzpolitik aus? Bauen sich aktuell
auf Märkten Blasen auf? Wie geht Deutschland mit seiner
Exportstärke um? Das sind Fragen, die das Kieler Institut
beantwortet.
Wirtschaft, Wissenschaft und Politik an einen Tisch
bringen
Das IfW arbeitet für Bundes- und Länderministerien, die
EU-Kommission oder im Einzelfall für ausländische Regierungen und verfügt über ein Budget von rund zwölf Millionen Euro. Rund zwei Drittel davon sind die feste Grundfinanzierung von Bund und Ländern. Interne Zentren, wie
das Prognosezentrum oder das Zentrum für Wirtschaftspolitik, konzentrieren sich ausschließlich auf die Beratung,
sprich: die Think-Tank-Arbeit. Zudem veranstaltet das IfW
einmal jährlich das Global Economic Symposium. „Wir
bringen Wirtschaft, Wissenschaft und Politik an einen
Tisch“, sagt IfW-Sprecher Guido Warlimont.
Das Wirtschaftsinstitut beschäftigt 170 Mitarbeiter, 100
davon sind Forscher. „Man nimmt unsere Stimme in Politik und Öffentlichkeit wahr, wir werden oft angefragt und
angehört“, sagt Warlimont. So wenden sich zum Beispiel
Journalisten an das Institut, wenn es um aktuelle, schwer
durchschaubare Wirtschaftsthemen wie die Einschätzung
der Situation in Griechenland geht. Politiker fordern Gutachten zu komplexen Wirtschaftsfragen, die Bundesregierung schrieb zum Beispiel ein Forschungsprojekt zur
Finanzstabilität im Euroraum aus. Doch der Einfluss hat
Grenzen. „Manchmal hören wir: Euer Vorschlag ist sinnvoll, dafür kriegen wir aber keine politische Mehrheit.“
Die hundertjährige Tradition, auf die das IfW zurückblickt,
ist in der deutschen Think-Tank-Szene eine Ausnahme.
Die meisten der Denkfabriken hierzulande entstanden in
den vergangenen 25 Jahren – einer Zeit also, in der sich
unsere Gesellschaft zunehmend vernetzte, komplexer
wurde und die Öffentlichkeit mehr und mehr nach Orientierung verlangt. Manager, Politiker und Journalisten geraten dabei häufig unter Druck, schnell zu reagieren, und
sind deshalb auf Expertenwissen und Ideen von außen
angewiesen. Sie suchen Rat bei Leuten, die sich auf das
Denken spezialisiert haben.
Einer dieser jüngeren Think Tanks, die sich erfolgreich
etabliert haben, ist das Ecologic Institut, mit Hauptsitz in
Berlin. Die Wissenschaftler betreiben Umweltforschung.
Sie verstehen das Institut als Garten, in dem sie Wissen
anpflanzen, das zu guten Ideen für die Umweltpolitik heranreift. Die Denkfabrik unterstützte beispielsweise die
Bundesregierung beim Atomausstieg und entwickelte
das Erneuerbare-Energien-Gesetz mit.
Denkfabriken stehen mit einem Bein in der
Wissenschaft
Auf etwa sieben Millionen Euro beläuft sich der Etat des
Ecologic Instituts, das auf eine Grundfinanzierung aus
öffentlichen oder privaten Mitteln verzichten muss und
sich stattdessen durch das Einwerben von Projektmitteln
finanziert. Förderer sind insbesondere die Europäische
Union, aber auch Ministerien und Behörden auf Bundes-,
Länder- und kommunaler Ebene. Die rund 150 Mitarbeiter
sind Politik- und Sozialwissenschafter, Naturwissenschaftler, Rechtsanwälte, Geographen oder Psychologen und
kommen aus technischen Disziplinen. „Dies ist ein Vorteil
gegenüber der Forschung an Universitäten, wo die Disziplinen strikt voneinander getrennt sind“, sagt Thunert.
Der Politologe beobachtet in Deutschland eine bunte
Think-Tank-Landschaft: Quantitativ sind die Institute besonders gut in der Wirtschafts-, der Entwicklungs- und
der internationalen Politik vertreten, ebenfalls stark aufgestellt sind sie in der Umwelt- und Technikforschung.
Think Tanks, die sich auf Familienpolitik oder bestimmte
Bereiche der Bildungspolitik sowie auf die Themen Minderheiten, Zuwanderung und Integration konzentrieren,
sieht Thunert dagegen als unterrepräsentiert an. Insgesamt, so seine Einschätzung, gestalteten die deutschen
Think Tanks gesellschaftliche Debatten und politische
Entscheidungen aber mit: „Denkfabriken sind Ideenmakler. Sie stehen mit einem Bein in der Wissenschaft und
wollen herausfinden, was die Gesellschaft besser macht.“
Martin Thunert
ist seit 2007 University
Lecturer (Dozent) und
Politikwissenschaftler am
Heidelberg Center for
American Studies (HCA)
der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg.
Thunert ist ferner assoziiertes Mitglied des Zentrums für Nordamerikastudien (ZENAF) der
Universität Frankfurt.
Foto: Universität Heidelberg
Als Martin Thunert noch nicht Politikwissenschaft an der
Universität Heidelberg lehrte, sondern in den 1990erJahren als Praktikant am Kongress in Washington, D. C.,
arbeitete, ist er auf eine Frage gestoßen, die seine Karriere stark beeinflussen sollte: Wie einflussreich sind Think
Tanks? Thunert staunte bei den Anhörungen der Kongressausschüsse darüber, welch große Rolle Think Tanks
im Prozess der politischen Entscheidungsfindung in den
USA spielten. Er wollte wissen, ob es Ähnliches in
Deutschland gab.
HaysWorld 01/2015 | 17
Shared Space ist gar nicht regellos, sagt Jörg
Ortlepp von der Unfallforschung der Versicherer.
Lesen Sie online weiter unter www.haysworld.de
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STATT AMPEL
Was passiert, wenn im Straßenverkehr Führung durch gegenseitige Rücksichtnahme ersetzt wird? Man erhält etwas, was einst heiß diskutiert wurde und heute
pragmatisch umgesetzt wird: den Shared Space.
Von Michael Vogel
Wenige hundert Meter vom Osloer Fähranleger entfernt befindet sich der St.-Olavs-Platz. Kopfsteinpflaster und abgesenkte Bordsteine. In der Mitte eine Skulptur, am Rand Sitzgelegenheiten. Fünf Straßen münden
ein. Ringsum Bürogebäude, ein Hotel, ein Theater,
18 | HaysWorld 01/2015
Schulen. Dieser Platz ist das bevorzugte Studienobjekt
von Sebastian Peters, Forscher an der Norwegischen
Universität für Umwelt- und Biowissenschaften (NMBU).
„Manchmal wimmelt es hier von Fußgängern, etwa
während der Mittagszeit oder wenn viele Touristen da
Foto: Wikimedia Commons, CC BY-SA 3.0, Helge Høifødt
Seit zehn Jahren komplett ohne Ampeln und Fahrbahnmarkierungen:
der St.-Olavs-Platz in Oslo.
sind“, erzählt Peters. „Dann kommt man sich als Autofahrer
richtig fremd vor.“ Und dann gibt es Zeiten, in denen der Autoverkehr dominiert – dann werden Fußgänger und Radfahrer „regelrecht an die Seite gedrängt“. Aus soziologischer
Sicht seien die Verhältnisse auf dem Platz also „extrem instabil“, so der Wissenschaftler. „Manchmal treten Situationen
auf, in denen Kinder über den Platz rennen, obwohl ein Lkw
aus einer der Straßen kommt.“ Hupen, Winken, Rufen gehörten zum Geschehen auf dem Platz dazu wie die Vielfalt auf
ihm. „Oft sorgt bereits die Körpersprache der Verkehrsteilnehmer für ausreichende Klarheit über den intendierten
Weg.“ Klarheit, die anscheinend genügt. Denn seit der Platz
vor knapp einem Jahrzehnt umgebaut worden ist, gibt es
hier weder Ampeln noch Fahrbahnmarkierungen. Trotzdem
kam es noch zu keinen nennenswerten Unfällen.
Weniger Regeln führen dazu, dass Menschen
umsichtiger handeln
In Norwegen gilt der St.-Olavs-Platz als Beispiel für einen
Shared Space – obwohl kaum jemandem in der Stadt diese
Bezeichnung geläufig sein dürfte, sieht man einmal von Sebastian Peters ab, der, finanziert vom norwegischen Straßenbauamt, über dieses Thema promoviert. Der Begriff des
Shared Space geht auf den britischen Stadtplaner Ben
Hamilton-Baillie zurück und wurde vor etwa einem Jahrzehnt
vor allem durch den Niederländer Hans Monderman bekannt. „Shared Space beruht auf der Interaktion der verschiedenen Verkehrsteilnehmer“, sagt Jörg Thiemann-Linden,
wissenschaftlicher Mitarbeiter am Deutschen Institut für
Urbanistik (DIFU) in Berlin. Blickkontakt statt Ampel. Shared
Space ist der vermeintlich ungeregelte Verkehrsfluss – keine
Schilder, keine Zebrastreifen, keine Fahrbahnmarkierungen,
keine Bordsteine. Weniger Regeln führen dazu, dass Menschen umsichtiger handeln, weil sie in einer unklaren Situation erst einmal sondieren. So weit die reine Lehre. „Diese Idee
stellt das Idealbild der Verkehrsplanung – die räumliche
Trennung der Verkehrsmittel – infrage, das in unseren Städten seit mehr als 80 Jahren vorherrscht“, so Thiemann-Linden.
In den 1930er-Jahren legte der Gesetzgeber fest, dass es
am sichersten sei, wenn sich Fußgänger in separaten Bereichen aufhalten und nur an definierten Stellen die Straße
überqueren können.
Von 2004 bis 2008 war Shared Space der EU ein Kooperationsprojekt wert, das exemplarisch den motorisierten Verkehr mit dem Verweilen an einem Ort in Einklang bringen
sollte. Die Idee dahinter: Ein Ort, der nicht nur nach den
Anforderungen des motorisierten Verkehrs gestaltet ist, ermuntert Passanten, dort länger zu verweilen. Nur so kann
eine Stadt zu einer lebendigen, lebenswerten Stadt werden. Sieben europäische Gemeinden, darunter das niedersächsische Bohmte, nahmen daran teil und gestalteten einen innerstädtischen Raum nach Shared-Space-Prinzipien,
was erbitterte Diskussionen zwischen Gegnern und Befürwortern des Konzepts auslöste. Hier die einen, die die Sorge um die Gefahr des Chaotischen umtrieb, dort die anderen, die die Chance für mehr Aufenthaltsqualität in den Innenstädten sahen. Der Hamburger Koalitionsvertrag sah
2008 in jedem der sieben Stadtbezirke Gemeinschaftsstraßen nach dem Prinzip des Shared Space vor. Umgesetzt
wurde das in dieser Form jedoch nie. In Aachen wiederum
wurde die anfangs offiziell als Shared Space bezeichnete
Umgestaltung einer Straße zwar durchgezogen – um Kritiker zu beruhigen, gilt sie aber offiziell nicht mehr als Beispiel für einen Shared Space.
„Shared Space ist kein klar definierter Begriff und daher
gibt es auch wenig Wirkungsforschung“, sagt DIFU-Wissenschaftler Thiemann-Linden. Privat hat er inzwischen
in ganz Europa rund 150 Beispiele für Shared-Space-ähnliche Gestaltungen dokumentiert, darunter auch viele in
Deutschland. „Frankreich, Belgien, Österreich und die
Schweiz haben in ihre Straßenverkehrsordnungen den
Begriff der Begegnungszone aufgenommen.“ Damit ist
ein verkehrsberuhigter Bereich gemeint, in dem Fußgänger
Vortritt vor dem Autoverkehr haben. Für Kommunen bestehe
somit die Möglichkeit, an zentralen Plätzen und Straßen den
Autoverkehr mit der lebendigen Straßennutzung zu kombinieren. Für Deutschland würde Thiemann-Linden sich diesen Schritt auch wünschen.
HaysWorld 01/2015 | 19
Foto: Jürgen Hutterer
Jürgen Hutterer
ICH BIN DANN MAL WEG
Prestige, Verantwortung, Gestaltungsspielraum und ein attraktives Gehalt gehören
zu den Vorzügen eines Führungspostens. Warum gibt man so etwas freiwillig auf?
Ex-Manager erzählen.
Von Kirstin von Elm
Es ist ein grauer Januartag, als Jürgen Hutterer sich entschließt, zu kündigen. Gerade hat die Firmenleitung dem
Manager aus Österreich eröffnet, dass sein Einsatz in Barcelona beendet wird. Künftig solle er wieder in der Wiener Unternehmenszentrale arbeiten. Die von oben angeordnete
Rückkehr empfindet Hutterer eher als Rückschritt: Zwei Jahre lang hat er für ein österreichisches Medizintechnik- und
Pharmaunternehmen die Neuausrichtung der Geschäfte in
Spanien begleitet. Allem persönlichen Einsatz zum Trotz soll
damit jetzt plötzlich Schluss sein.
Als der Experte für Organisation und Logistik 2011 in Barcelona anfängt, gehört die spanische Niederlassung erst seit
Kurzem zum Unternehmen. Prozesse, Firmenkultur, IT –
nichts passt zusammen. Niemand spricht Deutsch, kaum jemand Englisch. Hutterer soll neu strukturieren und umorganisieren, doch der deutschsprachige Manager mit seinen
Vorgaben aus dem fernen Wien ist zunächst allen suspekt:
„Ich war der Spion aus Österreich, niemand wollte mit mir
zusammenarbeiten“, sagt Hutterer über seinen Einstieg. Um
das Vertrauen seiner spanischen Kollegen und Mitarbeiter zu
gewinnen, paukt er mehrere Stunden täglich Spanisch,
schließt sich dem spanischen Team abends öfter auf ein
Glas Wein an und fliegt als Dankeschön für gute Arbeit
auch schon mal eine Sachertorte ein.
Nach rund einem Jahr hat er sich etabliert und kann erste
Erfolge vorweisen, doch die anhaltende Finanzkrise macht
seinen Einsatz zunichte. Weil die spanischen Kunden – darunter viele öffentliche Krankenhäuser – ihre Rechnungen
nicht mehr bezahlen können, muss auch sein Arbeitgeber
massiv sparen. Viele seiner spanischen Mitarbeiter und Kollegen verlieren ihren Job. Er selbst soll künftig von Wien
20 | HaysWorld 01/2015
aus den spanischen Kundenservice leiten. Hutterer, der zuvor bereits in verschiedenen Managementpositionen erfolgreiche Aufbauarbeit geleistet hat, ist frustriert. Nicht
nur das Wetter, sondern auch das Betriebsklima in Wien
gefällt ihm nicht mehr. Außerdem hat er in Spanien inzwischen seine große Liebe kennengelernt. Noch auf dem Weg
zum Flughafen beschließt er, beruflich eine komplett neue
Richtung einzuschlagen.
Lebensqualität ist heute ein wichtiger Hygienefaktor
Eine mutige Entscheidung, die der heute 38-jährige Ex-Manager inzwischen erfolgreich in die Tat umgesetzt hat. Im
März 2013 hat er in seiner Wahlheimat Barcelona ein kleines,
stilvolles Hotel eröffnet. Anfangs belegte das „Mihlton Barcelona“ nur die erste Etage in dem schönen JugendstilStadthaus, 2014 kam die zweite hinzu, und bis zum Herbst
2015 wird sich die Zimmerzahl von sieben auf 20 fast verdreifachen. Hutterer, der für die erste Saison noch seine
Mutter zur Unterstützung einflog, beschäftigt mittlerweile
sechs Angestellte. Dass sich das junge Hotel so schnell auf
einem Markt mit mehr als 65.000 Hotelbetten durchgesetzt hat, ist nicht zuletzt seiner langjährigen Managementerfahrung zu verdanken: Businessplan erstellen, Kostenrechnung aufbauen, Preise und Auslastung optimieren und
ein multinationales Team führen – das alles sind für ihn vertraute Aufgaben. Auch in Krisensituationen waren seine
Führungsqualitäten schon gefragt: zum Beispiel als zwei
Tage vor der geplanten Eröffnung die Bauaufsicht Wandfarbe und Elektroinstallation nicht abnahm. Die Handwerker hatten gepfuscht, dem Hotelchef blieben 48 Stunden,
um die massiven Mängel zu beheben. „Das hat mich nerv-
Helene Prölß
AUSSTIEG AUF ZEIT
Die gemeinnützige Stiftung „Manager ohne Grenzen“ mit Sitz in
Stuttgart vermittelt Führungskräfte als Spezialisten auf Zeit in
Entwicklungshilfeprojekte. Die ehrenamtlichen Einsätze dauern ab
drei Wochen bis maximal drei Monate. Unterkunft und Verpflegung
vor Ort werden von den jeweiligen Projektträgern gestellt. Für die
Betreuung vor und während des Einsatzes erhebt die Organisation
eine Pauschale, außerdem ist ein zweitägiges Vorbereitungsseminar
für angehende Helfer Pflicht.
lich zehn Jahre meines Lebens gekostet“, sagt er. Trotz
7-Tage-Woche wünscht er sich sein altes Leben nicht zurück: „Heute bin ich für alle Entscheidungen selbst verantwortlich und muss nichts mehr durchsetzen oder ausbügeln, was nicht auf meinem Mist gewachsen ist“, sagt er.
Wenn überhaupt, habe er sich vor 20 Jahren falsch entschieden: „Ich habe gefunden, was ich wirklich gerne tue.“
Prestige, Gehalt und berufliche Sicherheit einer Führungskarriere aufgeben für das private Glück, persönliche Werte
oder einen langgehegten Lebenstraum – eine Frage, die sich
viele Manager irgendwann einmal stellen: „In den beruflichen
Vierzigern denken viele über Veränderungen nach“, sagt
Petra Bock, Coach und Managementberaterin aus Berlin. Bei
ihr lassen sich Führungskräfte beraten, die auf der Suche
nach einer neuen Perspektive sind. Neu sei, dass sich zunehmend auch jüngere sowie deutlich ältere Klienten die
Sinnfrage stellen. Lebensqualität sei heute ein wichtiger Hygienefaktor, so Bock: „Auch im persönlichen Umfeld bringt
es oft keine Anerkennung mehr, sich kaputtzumachen.“
Stattdessen finden sich in den Medien anerkennende Berichte über erfolgreiche und prominente Topmanager, die „ausgestiegen“ sind. Zum Beispiel der ehemalige Escada-Finanzvorstand Michael Börnicke, der sich heute in der Start-upSzene engagiert. Die frühere Kommunikationschefin des
Musiksenders MTV Angie Sebrich, die 2001 ein Leben voller
Partys und Reisen aufgab, um eine Jugendherberge in den
Alpen zu übernehmen. Oder der ehemalige Investmentbanker Stefan Roggenkamp, der 2005 von London zurück nach
Gütersloh zog, um seine demenzkranke Mutter zu pflegen,
und der heute Bio-Suppen produziert.
„Kein Abenteuerurlaub für frustrierte Manager“
Auch Helene Prölß musste sich mit 52 Jahren der Sinnfrage
stellen. Ihr Leben lang hatte die studierte Betriebswirtin
Vollgas gegeben: Jüngste Abteilungsleiterin beim Sparkassenverlag, mit Anfang 30 eine eigene Werbeagentur, außerdem Mutter von vier Kindern. 2003 zwang ihr Körper sie
schließlich zu einer Pause. Die nutzte die Marketing- und
Kommunikationsfachfrau, um zwei Jahre lang „Manager
ohne Grenzen“ zu entwickeln. Die gemeinnützige Organisation vermittelt Führungskräfte zeitlich befristet in Entwicklungshilfeprojekte (siehe Kasten). Im Mittelpunkt steht für
KOPF ODER BAUCH: WAS RATEN SIE
MANAGERN, DIE MIT DEM GEDANKEN
ANS AUSSTEIGEN SPIELEN?
Petra Bock: Nicht jede Unzufriedenheit ist gleich eine Aufforderung
zur Flucht. Eine gründliche, sachliche Abwägung ist immer
angezeigt. Ich habe zu viele Menschen begleitet, um immer und
überall gleich zum ganz großen Schritt zu raten. Viele denken, nur der
ganz große Change würde sich lohnen – das ist aber falsch. Sehr große
Veränderungen kosten viel Energie und sollten deshalb gut vorbereitet
sein. Oft genügt es schon, naheliegende Dinge ohne großes
Aufheben neu zu ordnen: sich besser organisieren, längst fällige
Gespräche führen, sich mehr um die eigene Gesundheit und Fitness
kümmern. Wenn dagegen wirklich der große Wechsel dran ist, kann
ein professioneller Coach Sie als versierter Sparringspartner begleiten.
Niemand muss das alleine durchziehen.
Petra Bock ist Coach und Beraterin für
Veränderungs- und Entwicklungsprozesse
und hat eine eigene Lehr- und
Ausbildungsakademie in Berlin.
Foto: Stefan Maria Rother
Foto: René Mueller Photographie
www.stiftung-managerohnegrenzen.de
www.petrabock.de
Helene Prölß ganz klar der Erfolg der Projekte, deshalb legt
sie strenge Maßstäbe bei der Auswahl der Hilfswilligen an.
„Das ist kein Abenteuerurlaub für frustrierte Manager“,
stellt sie klar. Nur wer sich ernsthaft auf Armutsthemen einlassen kann und die Menschen vor Ort respektiert, hat bei
ihr eine Chance. Dass umgekehrt auch die Manager vom
Einsatz profitieren, sei ein phantastischer Nebeneffekt:
„Danach brauchen sie nie wieder ein interkulturelles Training“, sagt Prölß. Dass Heimkehrer nach dem Einsatz beruflich neue Schwerpunkte setzen, komme häufiger vor. Auch
Helene Prölß selbst ist wieder im Einklang mit sich und
weiß, wofür sie arbeitet.
So manchem Aussteiger gefallen zwar grundsätzlich seine
Aufgaben, nicht aber das Umfeld: „Die Arbeit in klassisch
strukturierten Linienorganisationen habe ich als ermüdend
und wenig zielführend empfunden“, sagt zum Beispiel
Frank Hoffmann, ehemals Leiter eines europaweit agierenden Logistikzentrums für den Fahrzeugteilehandel. Angetrieben vom Wunsch, sich weiterzuentwickeln, wagte er
2003 den Schritt in die Selbstständigkeit. Als Interimsmanager unterstützt er heute namhafte Unternehmen aus unterschiedlichsten Branchen bei Projekten im Bereich Einkauf und Logistik. Anders als früher könne er sich heute als
Externer ohne Karriereambitionen im Unternehmen ungestört auf die Sache konzentrieren: „Die mir anvertrauten
Mitarbeiter merken schnell, dass es mir darum geht, inhaltlich zu arbeiten“, sagt er. Deutschland- und europaweite
Einsätze verlangen zwar viel Mobilität und lassen ihm wenig Zeit für Familie und Freunde. Doch gerade die Vielseitigkeit seiner Einsätze gefällt ihm: „Ich mag die ständige
Veränderung und kann mir heute nicht mehr vorstellen,
den einen ‚Job fürs Leben‘ auszuüben“, sagt er.
HaysWorld 01/2015 | 21
Von Jana Nolte
Das Paar steht auf der Tanzfläche, eine Insel inmitten von
Bewegung. „Oh, sorry, ich dachte, du wolltest, dass ich seitlich gehe“, sagt die Frau. „Nein, nein, ich wollte dich in den
Ocho führen“, schüttelt der Mann den Kopf. Kurzes Innehalten, dann setzen die beiden erneut an, um ihre frischen
Tango-Kenntnisse umzusetzen und zur Musik von Carlos
Gardel möglichst harmonisch über das Parkett zu gleiten.
Nun ja, harmonisches Gehen tut es fürs Erste auch.
Zwar gibt es beim Tango Argentino eine Anzahl definierter
Formen, ihr Einsatz ist jedoch völlig frei. Jedes Paar entwickelt
seine eigene spontane Choreographie, die zur Musik und nicht
zuletzt zu den Platzverhältnissen im Saal passt. Dass die dabei
entstehenden Missverständnisse fruchtbar sein können, wenn
die Partner konstruktiv damit umgehen, ist nur einer der Gründe, warum Annette Birkholz den Tango ideal findet, um zu zeigen, wie Führung besser gelingen kann. Die Leiterin der Berliner Agentur Incendo, die sich auf Führungskräftetrainings und
Teamentwicklung spezialisiert hat, ist überzeugt: „Im Tango ist
der gesamte Kanon zum Thema Führung verankert – vom Umgang mit Konflikten über die eigene Positionierung bis zur
Synchronisation der Kommunikation mit den Mitarbeitenden.“
22 | HaysWorld 01/2015
Die flotte Sohle ist nicht gefragt
Zunächst geht es für die Teilnehmer darum, ihre Haltung bewusst wahrzunehmen. „Oft wissen die Menschen gar nicht,
wo und wie sie stehen, dabei ist Präsenz ein ganz wesentlicher Faktor der Führung“, erklärt Birkholz. „Danach gilt es zu
erspüren, wer eigentlich das Gegenüber ist. Welche Kompetenzen bringt die Person mit und wie gehe ich auf diese
ein?“ In der zweiten Hälfte des Workshops, nachdem die
Teilnehmer einige Schritte gelernt haben, lässt sich schon erkennen: Klappt das Zusammenspiel von Vorhaben und Wirkung? Wurde eindeutig kommuniziert? Immer wieder wechseln die Teilnehmer die Rollen. „Oft führen diejenigen besonders sicher, die sich auch gut führen lassen“, so Birkholz; eine
Beobachtung, die sie im Berufsleben bestätigt findet. Weibliche Führungskräfte können bei Incendo übrigens je nach
Wunsch die Führungsrolle übernehmen oder sich führen
lassen und die Leaderrolle aus der Position der Geführten
verstehen.
Nun leben nicht alle Unternehmen die gleiche Führungskultur. Annette Birkholz glaubt dennoch, dass die Transferleis-
„Oft führen diejenigen
besonders sicher, die sich
auch gut führen lassen.“
FÜHRUNG
OHNE WORTE
Tango Argentino ist viel Improvisation. Gerade die Freiheit der Form jedoch
verlangt klare Ansagen. Wie sich nonverbal am besten signalisieren lässt, wo
es langgeht, können Führungskräfte, Manager und Teams in speziell auf sie
ausgerichteten Tango-Workshops lernen.
tung aus dem Tango-Workshop für immer mehr Unternehmen sinnvoll ist, denn: „Führen bedeutet heutzutage zunehmend, eher zu managen, als harte Ansagen auszusprechen.“
Aber wie gelingt diese Transferleistung? „90 Prozent unserer
Kommunikation laufen nonverbal ab, ganz intuitiv – und deshalb ist die Herangehensweise mit dem Körper als Medium
sinnvoll“, sagt Birkholz. „Wenn unsere Workshop-Teilnehmer
körperlich fühlen, wie verwirrend eine unklare Führung ist,
bewegt das mehr als der rein kognitive Prozess.“
Kommunikation toppt Perfektion
Inge Nadenau, Leiterin eines Hospizes, hat an einem
Tango-Workshop in Dresden teilgenommen. Nach ersten
Vorbehalten fand sie den neuen Führungsbegriff schlüssig: „Ich docke bei meinen Mitarbeitern an und nehme sie
durch Haltung und Präsenz mit auf den Weg. Ich übe keinen Druck aus, sondern mache Angebote, die ihren Ressourcen entsprechen.“ Hatte sie Bedenken wegen der körperlichen Seite des Tanzes? Annette Birkholz berichtet,
dass sich vielen Personalverantwortlichen „die Nacken-
haare aufstellen“ bei der Vorstellung eines Workshops
„mit Anfassen“. Zu Unrecht, berichtet Nadenau: „Ich habe
gemerkt, dass ich Distanz wahren und dennoch in eine
enge Kommunikation treten kann.“
Auch Nik Nitschmann, Kontaktmanager beim Bundesverband mittelständische Wirtschaft (BVMW), hat gute
Erfahrungen mit Tango-Workshops gemacht und empfiehlt sie seinen Netzwerkunternehmern gerne. „Wie gelingt Führung, wenn der andere sich nicht führen lassen
will? Und wie finde ich heraus, aus welchen Gründen das
so ist?“, waren seine wichtigsten Fragen. Natürlich geht es
in den Workshops nicht darum, perfekte Tangotänzer hervorzubringen – sondern darum, sich solche Fragen bewusst zu machen und nach Antworten zu suchen. Eine
solche könnte etwa sein, mehr Fehlerfreundlichkeit zu zeigen, „sich selbst und anderen gegenüber“, sagt der Kontaktmanager. „Oder dem Gegenüber mehr Freiraum zu
geben, ihm Angebote zu machen und selber flexibler zu
sein.“ Richtig Tango tanzen könne er nach einem einzigen
Workshop nicht, sagt Nitschmann. Gelernt habe er trotzdem viel.
HaysWorld 01/2015 | 23
Foto: Incendo Berlin, www.incendo-berlin.de
Annette Birkholz, Leiterin der Berliner Agentur
Incendo, die sich auf Führungskräftetrainings und
Teamentwicklung spezialisiert hat.
Thomas Sattelberger
Thomas Sattelberger blickt auf fast vier Jahrzehnte Erfahrung in Management und Personalarbeit zurück. Nach fast 20 Jahren Managementtätigkeit bei der damaligen Daimler-Benz
AG führte ihn sein Weg 1999 in den Vorstand
der Lufthansa Passage Airline und anschließend für fünf Jahre als Personalvorstand zur
Continental AG. Bis Mai 2012 war er in gleicher
Position bei der Deutschen Telekom AG tätig.
Nach wie vor gilt er als der führende Personalmanager Deutschlands und ist u. a. tätig als
Vorstandsvorsitzender der BDA/BDI-Initiative
„MINT-Zukunft schaffen“ sowie Sprecher der
„Initiative Neue Qualität der Arbeit“. Darüber
hinaus ist er Fellow der International Academy
of Management sowie Mitglied diverser Aufsichts- und Beiräte.
24 | HaysWorld 01/2015
Welche Rolle spielt Führung in demokratischen
Unternehmen? Und was macht gute Führung
künftig aus? Diese Fragen beantwortet
Thomas Sattelberger im Video-Interview auf
www.haysworld.de
SOZIALE LABORATORIEN
ENTFACHEN INNOVATIVE KRAFT
Wir müssen in Teilen der Organisation wieder Experimentallabore haben. Und zwar
keine technischen, sondern soziale, um neue Formen der Führung, der Zusammenarbeit und der Strategieentwicklung zu testen, so das Credo des ehemaligen TelekomVorstands und HR-Vordenkers Thomas Sattelberger im Interview mit HaysWorld.
Das Interview führte Frank Schabel
Herr Sattelberger, Sie waren jahrelang Führungskraft,
wie haben Sie geführt?
Mein Führungsstil gegenüber meinen Mitarbeitern war
direkt, fordernd, charismatisch, auch impulsiv, manchmal
jäh und ruppig. In der Führung der Organisation war es
mir wichtig, die Hausaufgaben der Gegenwart sauber zu
bewältigen. Auf der anderen Seite habe ich mir immer genügend Zeit für mich selbst, aber auch für meine Organisation gelassen, um über die Zukunft nachzudenken und
vor allem um zu experimentieren.
Was war Ihnen wichtiger, die Führung von Menschen oder
von Organisationen?
Mein Fokus lag sicher auf der Organisation. Ich bin kein
guter Coach von Menschen, wobei ich in meiner Rolle als
direkte Führungskraft immer offen war für Kritik. Der
Schwabe sagt ja, auf einen groben Klotz gehört ein grober Keil. Wenn mir jemand klar und deutlich die Meinung
gesagt hat, egal ob links, rechts, oben oder unten, habe
ich intensiv hingehört und ich konnte mich auch entschuldigen. Aber in meinem eigenen Verständnis war ich eher
der strategische Konzeptionist und Architekt, der auch
selbst mitgebaut und nicht nur Skizzen gemacht hat.
Wie haben Sie das Thema Führung in Ihren Organisationen gestärkt?
Für mich war es immer wichtig, eine hierarchiespezifische
Entwicklung und Förderung von Menschen zugunsten eines breiteren Ansatzes abzuschaffen. Mein zweites wichtiges Thema war die Diagnostik. Wir haben schon bei Lufthansa begonnen, Führungskräfte weit im Vorlauf vor einer
Ernennung in eine Vorstandsposition in sehr solide EinzelAssessments zu senden, die auch in hohem Maße persönlich erhellend waren. Zum Dritten: Ich habe einige harte
Auseinandersetzungen geführt, wie moralische Verfehlungen von Führungskräften geahndet werden. Manche habe
ich gewonnen, andere verloren. Dabei ging es um die Bedeutung der moralischen Integrität in ihrer Kompasswirkung für die Organisation. Dies ist in meinen Augen eine
sehr persönliche Aufgabe eines Personalchefs.
Was macht Führung denn moralisch integer?
Ich gebe Ihnen ein Beispiel. Als ich in den 1980er-Jahren als
junger Personalentwicklungsverantwortlicher bei MTU war,
hatten wir einen externen Trainer, der Vertriebstraining gemacht hat. Er lud mich mit anderen Kunden zu einem Skiwochenende nach Arosa ein, und da ich damals nicht viel Geld
verdient habe, war das sehr verführerisch – vor 30 Jahren
genauso wie heute. Die Frage lautet aber: Wie viel Distanz
halte ich zu den Verführungen von Macht, Geld und Sex. Das
ist aus meiner Sicht ein Schlüsselthema und es taucht bereits
in ganz frühen Karrierejahren auf. Gerade bei klitzekleinen
Unsauberkeiten ist es für einen Führungsverantwortlichen,
der viel mit Talenten zu tun hat, ungeheuer wichtig, dieses
Thema kollegial zu korrigieren und anzusprechen, wenn man
so etwas merkt. Denn unbesprochen entwickelt sich das zu
dem, was man in der Leadership-Forschung den „fatal flaw“,
die fatale Achillesferse, nennt. Man glaubt, wenn man oben
oder fast oben ist, kann man uneingeschränkt herrschen und
alles, was man macht, ist richtig. Früher gab es zu diesem
Thema übrigens eine gute kleine Übung: Führungskräfte
oder Talente schrieben sich ihre eigene Grabrede, um dabei
herauszufiltern, wofür sie wirklich stehen wollen im Leben.
Helfen da Leitbilder und Werte weiter?
In der heutigen brüchigen Zeit haben Leitbilder manchmal
die Lebensdauer eines Salatkopfs. Ich halte ihren Wert daher für sehr relativ. Vielmehr glaube ich, dass es für Unternehmen wichtig ist, über einen „code of conduct“ oder
HaysWorld 01/2015 | 25
„Persönlich finde ich es ein
spannendes biologisches
Phänomen, nur bin ich mir
keineswegs sicher, inwiefern wir
Schwarmintelligenz für das
Organisieren nutzen können.“
einige real gelebte Verhaltensweisen als ungeschriebenes
oder geschriebenes Gesetz zu verfügen. Aber das stellt
nur einen formalen Rahmen dar. Die entscheidende Frage
ist daher, wie die konkrete Führungsarbeit aussieht: Bringen Menschen in ihrem Stil sichtbar rüber, wo sie stehen
und dass sie auf der richtigen Seite stehen?
Führung der Organisation ist eines Ihrer zentralen
Themen. Wie sieht hier eine zeitgemäße Führung aus?
Organisationen sind gegenwärtig in einer Phase des VersuchIrrtums-Lernens. Denn die Umweltkomplexität ist so hoch,
dass eine lineare Betrachtung der Zukunft nicht mehr greift.
Daher müssen wir experimentelles Handeln fördern. Macht
was, schmeißt es ins Wasser, seht, was passiert, und geht
schnell mit dem Ergebnis um. Egal, ob es ein Scheitern, ein
Fehlschlag oder ein Erfolg ist. Deshalb plädiere ich nicht für
wenige große, bombastische Würfe, sondern für die vielen
kleinen Applikationen in der Realität. Wir müssen in Teilen der
Organisation wieder Experimentallabore haben. Und zwar
nicht technische, sondern soziale Laboratorien, in denen neue
Formen der Führung, der Zusammenarbeit, der Strategieentwicklung, der Nutzung von Schwarmintelligenz und vieles andere getestet werden und wir sensibel beobachten, was das
auslöst. Ich bin überzeugt, dass die Qualität der Arbeitswelt
und der Arbeitskultur signifikant darüber entscheidet, wie innovationsfähig ein Unternehmen ist. Weil die Innovationen
von heute nicht mehr die Gedankenblitze des Erfinders sind,
sondern meist das Ergebnis von kollaborativen Prozessen.
Also Mut zur Unsicherheit, zum Risiko. Begegnen aber
nicht viele Unternehmensführer dieser Welt mit noch
mehr Effizienzlogik?
26 | HaysWorld 01/2015
Das ist das, was sie gelernt haben. Das sind die klassischen
Muster des Erfolgs, mehr vom Gleichen. Wie wir aus dieser
Logik aussteigen können? Nehmen Sie einen Gorbatschow
oder einen Mohn bei Bertelsmann, die in der tiefen individuellen Reflexion ihrer Situation gemerkt haben, dass sie den
falschen Weg gehen. Ich glaube daher schon, dass es eine
Art „armchair theorizing“ über die Welt gibt, aber das ist
eher die Ausnahme. Ich setze stattdessen auf ein zweites
Modell: auf die Rolle von guter Governance. Sie hat dafür
zu sorgen, dass die Strukturen innerhalb einer Organisation
regelmäßig kritisch durchleuchtet und geändert werden.
Was heißt dies konkret?
In diesem Kontext möchte ich an einen Edzard Reuter von
Daimler-Benz mit seiner Vision eines integrierten Technologiekonzerns erinnern. Klar ist er als Unternehmer damit
grandios gescheitert, aber er hat dabei etwas gewagt. Er
wollte die digitale Welt, die damals noch gar nicht so richtig
digital war, mit dem Auto verbinden – die Elektronikwelt einer Telefunken und die Hightech-Welt einer Luft- und Raumfahrt, eingebunden in Fahrzeuge. Das wäre unter heutigen
Maßstäben vielleicht ein Erfolgsmodell der Zukunft. Mir geht
es in erster Linie um die mutigen, von einer guten Governance zugelassenen Entscheidungen. Dagegen ist Totalumbau meistens das Ergebnis eines langen Nichthandelns. Frühes Handeln erlaubt uns, in einer varianten Bandbreite zu experimentieren. Dann haben Unternehmen noch genügend
Mittel aus ihrem Effizienzgeschäft, um das neue ein Stückchen zu finanzieren. Wenn man sieht, wie lange das Pkwund das Lkw-Geschäft von Daimler das Modell des integrierten Technologiekonzerns finanziert haben, war dies enorm.
Je früher Unternehmen mit einem Umbau starten und zum
Teil ihr eigenes Geschäft kannibalisieren, umso besser.
Ist es hier nicht sinnvoller, Schnellboote ins Wasser zu
setzen, die Innovation treiben?
Nehmen Sie das i3-Elektroauto. BMW-Chef Reithofer hatte starken Gegenwind von seinen eigenen Vorstandskollegen, von seiner Ingenieurmannschaft, vom Betriebsrat
und von der Presse. Aber er hat Budgets und eigenes
Territorium für den i3 weiter gehalten, als 2008 und 2009
die Weltwirtschaftskrise tobte und sein Unternehmen auf
Kurzarbeit war. Das ist genau so ein Beispiel, wo exterritoriale Räume geschaffen werden. Das ist – wenn man die
Innovationsfähigkeit im eigenen Organismus behalten
möchte – fast die klügere Lösung, als mit Start-ups zu flirten und zu hoffen, dass darüber eine große disruptive
Innovation entsteht. Denn eigentlich ist dieser Weg für
große Firmen fast ein Eingeständnis eigener Innovationsschwäche. Für mich heißt das Modell einer hybriden Organisation, dass ich zu einem frühen Zeitpunkt Raum für
Experimente schaffe. Was nicht heißt, dass ich mich nicht
öffne für Innovationsformen, die von außen kommen, um
die Grenzen der Unternehmung flüssig zu machen. Das
wäre ein gangbarer Weg, genauso wie das Flirten mit
Start-ups, wobei zumindest in Deutschland die Geduld
der Konzerne beim Wachsenlassen der innovativen
Kleinen begrenzt ist.
Sich selbst steuernde Systeme – bieten sie einen passenden Ansatz, um Menschen in Organisationen neuen
Spielraum zu eröffnen?
In bestimmten Feldern der Wissens- und Kreativarbeit ja,
aber Sie haben es in der Summe größerer Unternehmen
mit Millionen von abhängig Beschäftigten zu tun, deren
große Herausforderung es ist, das Alte und Bekannte zu
verlernen. Da gibt es dann in aller Regel das Phänomen
der gelernten Hilflosigkeit. Wenn ich da Räume schaffe
und sage, bewege dich, führt das folglich eher zu Lähmung denn zu Aktivität. Wir müssen also schon genau
hinschauen, welche Prägungen und Sozialisationsprozesse Belegschaften oder Teams oder Menschen durchlaufen
haben, bevor wir solche Arrangements einführen. Etliche
Unternehmen verfahren hier mit der bekannten Lesart
„Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass“. Sie leben in ihren alten Strukturen neue Formen des Designs,
bewegen sich also noch in der alten Hierarchiewelt, aber
mit agilen Arbeitsprozessen und Arbeitsformen, die genau dieser hierarchischen Logik widersprechen, wie z. B.
die Projektmanagementansätze Scrum oder Design Thinking. Das ist dann fast wie eine Parallelwelt im gleichen
Raum. Trotzdem scheint es oft so zu sein, dass Organisationen dadurch vorankommen. Es ist ein Modell für Unternehmen, die weniger die Kreation gewohnt sind und mehr
die Disziplin. Über das Prozedere bleibt die Disziplin gewahrt, aber durch andere Formen werden Menschen zu
neuen Wegen befähigt.
Stichwort Schwarmintelligenz, wo ist da die Führung
bzw. wer gibt die Richtung vor?
Persönlich finde ich es ein spannendes biologisches Phänomen, nur bin ich mir keineswegs sicher, inwiefern wir
Schwarmintelligenz für das Organisieren nutzen können.
Ich sage bewusst nicht Organisation, sondern Organisieren. Ich würde einen Teil davon aufgreifen, die Weisheit
der Masse, denn da steckt viel Wahrheit drin. Aber das
ist nur ein Urteilen, nicht ein Organisieren, Bewegen und
Handeln. Dafür braucht man Führung, nicht nur Selbstführung. Vor allem, wenn es um viele Menschen geht.
Das, was früher die Arbeitsteilung war, muss in neuen
Kulturen neu entwickelt werden: als eine Form von Netzwerkkoordination mit kritischen Knotenpunkten und in
hohem Maße temporär.
„Ich setze stattdessen auf ein zweites
Modell: auf die Rolle von guter Governance. Sie hat dafür zu sorgen, dass die
Strukturen innerhalb einer Organisation
regelmäßig kritisch durchleuchtet und
geändert werden.“
HaysWorld 01/2015 | 27
HR-Report 2014/2015
FÜHRUNG BEWEGT
UNTERNEHMEN
Zum vierten Mal in Folge greift der von Hays und dem Institut für Beschäftigung
und Employability (IBE) herausgegebene HR-Report zentrale HR-Fragestellungen
in Unternehmen und Organisationen auf. Den Schwerpunkt des aktuellen
HR-Reports bildet das Thema Führung.
In der immer komplexer werdenden Wirtschaftswelt
ist Führung ein, wenn nicht der stabilisierende Faktor.
Nicht von ungefähr nennen die von uns befragten Entscheider im aktuellen HR-Report 2014/2015 Führung
als Topthema. Und es überrascht im Zuge der schnelllebigen Märkte nicht, dass das Managen von Veränderungen, wie die digitale Transformation und interne
Restrukturierungen, für Führungskräfte (72 %) die größte
Herausforderung darstellt. Auf Platz zwei der Herausforderungen steht ein inhaltliches Thema, der Umgang mit
der steigenden Komplexität in Unternehmen (52 %).
Aus Sicht der Befragten bestehen die wesentlichen
Aufgaben einer Führungskraft darin, eine FeedbackKultur zu etablieren (71 %), Mitarbeiter zu motivieren
(69 %) und ihnen Entwicklungsmöglichkeiten aufzuzeigen (66 %). Umgesetzt sind diese Anforderungen an Führungskräfte aber noch bei Weitem nicht.
Aus einem wesentlichen Grund: Führungskräften
fehlt die Zeit für ihre Führungsaufgaben (79 %).
Bei ihnen ist es der Faktor Zufall, zur richtigen Zeit am
richtigen Ort zu sein, der Führungskarrieren gestaltet. Als zweitwichtigsten Punkt nennen sie, die richtigen Netzwerke zu haben. Es scheinen also zwei
verschiedene Stücke zu sein, die in Unternehmen
gespielt werden, wenn Führungskräfte ernannt werden – das eine findet auf der inszenierten Bühne der
internen Unternehmensöffentlichkeit statt, während das
eigentliche Stück hinter den Kulissen gespielt wird.
Detaillierte Charts
zu den wichtigsten
Ergebnissen des
HR-Reports
finden Sie auf
www.haysworld.de
Führungskräften fällt es nach wie vor schwer,
eine Ergebniskultur zu etablieren
Das liegt vor allem daran, dass sich Manager noch zu
sehr in der alten Welt bewegen, wie der empirische
Befund aufzeigt. So fällt es Führungskräften nach wie
vor schwer, ihre Kontrollfunktion zugunsten von mehr
Eigenverantwortung (55 %) zu reduzieren und eine
Ergebnis- statt einer Anwesenheitsorientierung (48 %)
zu etablieren. Auf den Punkt gebracht: Zu viele Führungskräfte führen nicht, sondern beschäftigen sich zu sehr mit
den Inhalten und der Form der Arbeit ihrer Geführten.
Ein interessantes empirisches Ergebnis erbrachte auch
die Frage, wie in Unternehmen Führungskarrieren gemacht werden. Sowohl für die befragten Topmanager
als auch für die HR-Verantwortlichen fallen die Antworten eindeutig aus: Auf den beiden ersten Plätzen stehen
hier mit weitem Abstand die strategische Nachfolgeplanung und das systematische Talentmanagement.
Dagegen beantworten die befragten Führungskräfte
aus den Fachbereichen und die Mitarbeiter ohne Führungsaufgaben die gleiche Frage komplett anders.
28 | HaysWorld 01/2015
Zum vierten Mal in Folge greift der jährlich erscheinende HR-Report zentrale HR-Fragestellungen in Organisationen auf. Er basiert auf einer Onlinebefragung von
665 Entscheidern und Mitarbeitern aus Unternehmen
und Organisationen in Deutschland, Österreich und
der Schweiz. Befragt wurden von Juli bis September
2014 sowohl Geschäftsführer sowie HR- und Fachbereichsleiter als auch Mitarbeiter ohne Personalverantwortung aus Unternehmen unterschiedlicher Größe
und verschiedener Branchen.
Download: www.hays.de/studien
SCHNELLE MÄRKTE –
FLEXIBLE ARBEIT
Arbeit durch und durch zu regulieren, nimmt den Unternehmen in unserer temporeichen
Welt die Chance, agil und innovativ zu handeln – meinen die beiden Hays-Vorstände
Dirk Hahn und Christoph Niewerth.
Von Dirk Hahn und Christoph Niewerth
Unsere globalisierten Märkte geben ein hohes Tempo vor: Die Produkt- und Servicezyklen verkürzen
sich immer häufiger, da Wettbewerber aus anderen
Kontinenten den Druck erhöhen. Ganz zu schweigen
von den digitalen und technischen Veränderungsprozessen, die binnen Wochen bis dahin bewährte
Geschäftsmodelle ad absurdum führen. Disruptionen werden in der ökonomischen Welt zum Alltag.
Mit ihren starren und strikt geregelten Strukturen stoßen Unternehmen in dieser sich so rasant wandelnden
Welt mehr und mehr an ihre Grenzen, um sich auf diesen
Wandel einzustellen. Wenn es gelingt, auf den digitalisierten Märkten erfolgreich zu agieren, liegt dies vor allem
an der großen Flexibilität einer atmenden Organisation,
die sich ständig an veränderte Märkte anpasst und im
Einklang mit neu entstandenen Bedingungen taktet.
Konkret bedeutet Flexibilität zum Beispiel, anstehende Aufgaben über Projekte anzugehen statt
über die alte Linienorganisation – unter Nutzung
des Know-hows externer Spezialisten. Sie bedeutet
auch, dass sich etliche Unternehmen nur noch auf
ihre Kernkompetenzen fokussieren und Wertschöpfungsnetzwerke die weiteren Aufgaben übernehmen.
Im Januar 2012 wurde Christoph Niewerth als Chief Operating Officer
in den Vorstand der Hays AG berufen und verantwortet den Vertrieb
in den Geschäftsfeldern IT, Finance und Sales & Marketing in Deutschland, den Bereich Talent Solutions sowie unsere Landesgesellschaft
in Dänemark.
Und: Dass wir nicht mehr an einem festen Arbeitsplatz
von neun bis 17 Uhr arbeiten, sondern von zuhause
aus, in einem Café oder in einem Coworking Space.
Denn Flexibilität ist keine Einbahnstraße, in der Unternehmen die Richtung vorgeben, wie sie zu laufen hat. Sie
funktioniert nur, wenn sie sich positiv mit den lebensphasenabhängigen Bedürfnissen der Mitarbeiter verbindet.
Auch diese wünschen sich in hohem Maße Flexibilität – um
Kinder oder Eltern zu betreuen bzw. zu pflegen oder um
ihren Wunsch nach Selbstständigkeit zu realisieren und
Unternehmen als Externe zu unterstützen. Hier gilt es also,
die subjektiven Interessen der Menschen mit den ökonomischen Notwendigkeiten eines Unternehmens zu verbinden.
Im Januar 2008 wurde Dirk Hahn als Chief Operating Officer in den Vorstand
der Hays AG berufen und verantwortet den Vertrieb in den Geschäftsfeldern
Engineering, Construction & Property, Healthcare, Legal, Life Sciences und
Retail in Deutschland, den Bereich Rekrutierungsmanagement sowie
unsere Landesgesellschaften in der Schweiz und in Österreich.
Kein leichtes Unterfangen! Erst recht nicht, wenn von
Seiten der Politik Signale gesendet werden, die Flexibilität der Arbeitswelt einzuschränken. Das hilft keinem, weder den Menschen noch den Unternehmen.
Vielmehr benötigen wir eine bunte Welt mit viel Platz
für Heterogenität – gerade über sie entsteht Innovation. Das Modell einer bis ins kleinste geregelten Arbeit
schnürt das Korsett in unserer temporeichen Welt zu
eng und nimmt allen Akteuren die Luft, agil zu handeln. Daher engagieren wir uns in Richtung Politik,
um hier unseren Standpunkt zu vertreten. Wenn Sie
dazu mehr wissen möchten, kommen Sie auf uns zu.
HaysWorld 01/2015 | 29
HAYSWORLD
ONLINE
Sie würden die HaysWorld unterwegs gerne auch mal
online lesen? Oder fanden einen Artikel besonders inter­
essant und würden ihn gerne weiterempfehlen? Oder Sie
möchten noch mehr zum Thema erfahren? Dann gehen Sie
auf www.haysworld.de. Denn dort finden Sie ungekürzte
Texte, multimedial aufbereitet und teilweise um Bilder­galerien
und Videos ergänzt. Sie erhalten Hintergrund­informatio­nen
und die Möglichkeit, einzelne Artikel zu kommen­tieren
oder mit anderen zu teilen.
Über www.haysworld.de können Sie außerdem kostenlos
die Printausgabe unseres Magazins abonnieren, einzelne
Ausgaben nachbestellen und am Gewinnspiel teilnehmen.
Oder uns einfach mal Ihre Meinung sagen – zum Beispiel,
ob Ihnen das Onlineformat gefällt. Wir freuen uns auf einen
regen Austausch und wünschen weiterhin eine anregende
Lektüre.
Ihre HaysWorld-Redaktion
Foto: www.celluon.com
GEWINNSPIEL
Hays verlost eine Celluon-Laser-Tastatur
Das kleine Gerät projiziert eine bedienbare Tastatur auf fast jede Oberfläche – eine platzsparende Alternative für
den Schreibtisch und eine praktische Ergänzung für alle Mobilgeräte. Alles, was Sie tun müssen, um die Tastatur
zu gewinnen: unser Magazin aufmerksam lesen, die drei Fragen beantworten und das Lösungswort mit neun
Buchstaben bis 15. Mai 2015 online unter www.haysworld.de eingeben. Der Gewinner wird schriftlich benachrichtigt.
Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Viel Glück!
Wie heißt die Studie der „Initiative Neue Qualität der Arbeit“,
die Prof. Dr. Peter Kruse leitet?
(Vierter, fünfter und achter Buchstabe)
Wen oder was soll der Blickkontakt in unserem Artikel über
Shared Space ersetzen?
(Erster, zweiter und dritter Buchstabe)
Was ist heutzutage laut Coach und Managementberaterin Petra Bock
ein wichtiger Hygienefaktor?
(Erster, zweiter und elfter Buchstabe)
In der richtigen Reihenfolge ergeben
die Buchstaben das Lösungswort.
Kleiner Tipp: Mannschaftskapitäne
wie Marion Rodewald gewähren es
ihren Kollegen und schaffen so eine
gute Führungskultur.
30 | HaysWorld 01/2015
NEWS UND TERMINE
Externe Ingenieure sind immer
stärker gefragt
Externe Ingenieure sind immer stärker gefragt: Während
sie noch 2010 von knapp der Hälfte der Unternehmen genutzt wurden, setzen sie derzeit schon 64 Prozent der Unternehmen ein. Für ihren Einsatz spricht vor allem, dass
Unternehmen mit ihnen Auftragsspitzen und Ressourcenengpässe überbrücken können (77 %). Außerdem bietet
ihr Einsatz Unternehmen die Option, künftige Mitarbeiter
kennenzulernen (63 %). Das zeigt die neue Studie „Flexible Arbeitswelten für Ingenieure?!“, für die Hays 150 Unternehmen und 918 Ingenieure befragte. Trotz der wachsenden Bedeutung externer Ingenieure
plant nur ein Drittel der Unternehmen
ihren Einsatz unter strategischen
Aspekten. Stattdessen reagiert die
Mehrheit spontan auf aktuelle Marktentwicklungen oder gleicht Engpässe
bei Personalkapazitäten und Know-how
aus. Initiiert wird ihr Einsatz daher
größtenteils direkt von den Fachabteilungen (85 %).
Die kompletten Ergebnisse der Studie finden Sie unter:
www.hays.de/studien
Uneinheitlicher Arbeitsmarkt
für Spezialisten
Die positive Stimmung der deutschen Wirtschaft in den
letzten Monaten hat sich nicht auf dem Arbeitsmarkt für
hoch qualifizierte Spezialisten bemerkbar gemacht. Dies
zeigt der Hays-Fachkräfte-Index, der ein uneinheitliches
Bild des Arbeitsmarktes für Spezialisten im 4. Quartal
2014 zeichnet: Während die Zahl der Stellenangebote für
Ingenieure, Finance- sowie Sales & Marketing-Fachkräfte
im letzten Quartal 2014 im Vergleich zum Vorquartal gesunken ist, stieg der Bedarf an Life-Sciences-Spezialisten.
Nahezu konstant mit leicht steigender Tendenz verhielt
sich der Arbeitsmarkt für IT-Experten. Im Vergleich zum
Vorjahresquartal hat sich der Stellenmarkt für Spezialisten
positiv entwickelt und um 13 Punkte erhöht. Am stärksten
gesucht werden nach wie vor IT-Spezialisten. Im Vergleich
zu Ingenieuren werden sie doppelt so häufig gesucht.
Absolut sind zudem auch Fachkräfte für Sales & Marketing stärker gefragt als Ingenieure. Signifikant verringert
hat sich vor allem die Zahl der Stellenangebote für Konstrukteure und Verfahrensingenieure, für Controller und
Auditoren sowie für Online Marketing Manager. Stärker
gesucht wurden im letzten Quartal unter anderem Tax
Manager, Qualitätsmanager für Life Sciences sowie Projektleiter (IT und Engineering), Anwendungsentwickler
und SAP-Berater. Der Hays-Fachkräfte-Index basiert auf
einer Auswertung aller Stellenanzeigen in überregionalen
und regionalen Tageszeitungen sowie den meistfrequentierten Onlinejobbörsen.
LERNEN SIE HAYS BEI
FOLGENDEN VERANSTALTUNGEN
PERSÖNLICH KENNEN
13. – 17. April 2015
HANNOVER MESSE
job & career at HANNOVER MESSE
Die weltweit wichtigste Industriemesse
Messegelände; Halle 17, Stand B52
15. – 19. Juni 2015
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31. Internationale Leitmesse der Prozessindustrie
Halle 9.2, Stand E9; Messe Frankfurt am Main
18. Juni 2015
VDI nachrichten Recruiting Tag
Karrieremesse für Ingenieure
Schiff „MS Sonnenkönigin“; Bodensee
18./19. Juni 2015
Personalmanagementkongress
Deutschlands größter Fachkongress für
Personalverantwortliche
Estrel Convention Center; Berlin
25. Juni 2015
Karrieretag Lemgo
Karrieretag für Studierende, Absolventen sowie
Young Professionals
Hochschule Ostwestfalen-Lippe; Lemgo
9. September 2015
VDI nachrichten Recruiting Tag
Karrieremesse für Ingenieure
Estrel Hotel; Berlin
11. September 2015
VDI nachrichten Recruiting Tag
Karrieremesse für Ingenieure
Kongresszentrum Westfalenhallen; Dortmund
16./17. September 2015
Fachtagung IT-Beschaffung
Fachtagung für Einkäufer und Beschaffer
der öffentlichen Hand
Presse- und Besucherzentrum des Presse- und
Informationsamtes der Bundesregierung; Berlin
8./9. Oktober 2015
Österreichisches EinkaufsForum 2015
Größte Veranstaltung mit der Zielgruppe
Einkäufer in Österreich
Haus der Industrie; Wien
Mehr Informationen zum Hays-Fachkräfte-Index unter:
www.hays.de/index
HaysWorld 01/2015 | 31
Hays
Willy-Brandt-Platz 1–3
68161 Mannheim
T: +49 621 1788 0
F: +49 621 1788 1299
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www.hays.de
Hays (Schweiz) AG
Nüschelerstrasse 32
8001 Zürich
T: +41 44 225 50 00
F: +41 44 225 52 99
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www.hays.ch
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finden Sie unter
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Unsere Niederlassungen
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F: +43 1 5353443 299
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© Copyright Hays plc, 2015. HAYS, die H-Symbole für das Unternehmen und die jeweilige Branche,
Recruiting Experts Worldwide, das Logo Hays Recruiting Experts Worldwide und Powering the
World of Work sind eingetragene Markenzeichen der Hays plc. Die H-Symbole für das Unternehmen
und die jeweilige Branche sind Originaldesigns, die in vielen Ländern geschützt sind. Alle Rechte
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