Inhaltliches Resümee des „Dialogabends Fortschritt“ Hamburg, 24. März 2015 „Dialogabend Fortschritt“ bringt Mittelständler zusammen Am Abend des 26. Februar 2015 trafen sich Norddeutsche Mittelständler, um in hochkarätiger Runde ein – wie sich bald herausstellte – „heißes“ Thema zu diskutieren: Fortschritt im Mittelstand. Durch den Abend führten Dr. H.-W. Kortmann und Astrid Busch - Geschäftsführende Gesellschafter der Hanseatische Mittelstands Treuhand GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. W:\HMT\Marketing\Veranstaltungen\2015\26.02.2015\Nachbearbeitung\Dialogabend bringt Mittelständler zusammen.docx Angeregt durch die Eingangsthesen von Dr. Bernd Buchholz1 „Deutschland ist fortschrittsfeindlich“ (deutlich weniger F&E-Aufwand als in den USA, deutsche Bedenkenträger z.B. gegen das Fracking-Verfahren oder Gentechnik in der Landwirtschaft mit der Gefahr, dass sich diese restriktive Einstellung auf die Einstellung der Unternehmen überträgt) und genauso die These: „Es fehlt der Mut zum Ausprobieren!“ zeigten sich schnell die völlig unterschiedlichen Sichtweisen auf das Thema Fortschritt. Der These der Fortschrittsfeindlichkeit wurde die Antithese eines oft übertriebenen Fortschrittglaubens gegenübergestellt – „Fortschritt mit Augenmaß“ nach den jeweiligen Branchenbedürfnissen sei das Gebot der Stunde (Philip von Loeper2). Daran schloss sich die Debatte nach der Definition von Fortschritt an, insbesondere ob Fortschritt identisch mit „Innovation“ sei. Das wurde als zu eng bezeichnet, jedoch gehörten Fortschritt und Innovation – zumindest bei TechnikUnternehmen – eng zusammen, wobei jedoch Innovation wiederum keinen Widerspruch zur Bewahrung von Traditionen darstellen sollte (Dr. Tarik Vardag3). Das wiederum kam der Definition des Organisationswissenschaftlers sehr nahe, der Fortschritt als „Verbindung von Ausnutzen von Bestehendem mit dem Erkunden von Neuem“ sieht (Dr. Gerhard Schewe 4). Diese Interpretation wurde aus vollem Herzen von dem ältesten der anwesenden Unternehmer gestützt, der im Rückblick auf die letzten 40 Jahre seiner zurückliegenden unternehmerischen Tätigkeit eher die evolutorische Komponente von Fortschritt in den Vordergrund stellte und Fortschritt im Sinne von „Entwicklung“ definieren möchte (Carl Wilhelm Kühne5). Die zweite Eingangsthese von Bernd Buchholz „Es fehlt der Mut zum Ausprobieren“, ausgeführt als Alternative zum strukturierten, gewissermaßen „gelenkten“ Forschen, wurde im Rahmen der Diskussion rasch in die Zustandsbeschreibungen umgesetzt, wonach das natürliche Verlangen nach Fortschritt naturgemäß bei den Menschen eine erhebliche Unsicherheit auslöst („Wie soll ich wissen, was ich nicht weiß?“ – Weert Kramer6). Weitgehende Einigkeit bestand darin, dass ein hohes Maß an Risikobereitschaft eine wichtige Voraussetzung für die Erzielung von Fortschritt ist. Dazu benötige man allerdings in den Unternehmen eine – häufig fehlende - konstruktive „Fehlerkultur“, welche den Lerneffekt aus gemachten Fehlern in den Vordergrund stellt und Menschen zur Fehlerbereitschaft ermutigt (Sönke Tangermann7). Dem Credo zum Ausprobieren Seite 2 von 3 zum Vermerk an und zur Risikobereitschaft wird der Appell gegenübergestellt, die in den Unternehmen unerlässliche Routineorganisation als wirtschaftliche Basis der Unternehmen nicht zu stigmatisieren oder gar zu torpedieren (Gerhard Schewe), hier gelte es, eine gesunde Co-Existenz herbeizuführen. Einen breiten Raum nimmt die Diskussion über die Implementierung von Fortschritt im Unternehmen ein. Eine dominierende Rolle spielt dabei die Schaffung einer „über alle Ebenen hinweg (vom Azubi bis zum Chef) gelebte Kultur“ (Rüdiger Voßhall8); dem wurde noch die Forderung nach Kulturvielfalt im Unternehmen und nach einer Absage an Monokultur hinzugefügt (Gerhard Schewe). Vom Techniker wird strikt eine „geistig und personell ballastfreie, schlanke Organisation“ gefordert, in der ganz bewusst ein „Fortschrittsklima durch Ermächtigung der Mitarbeiter zum Ausprobieren“ erzeugt wird (Tarik Vardag). Einige Teilnehmer heben die Bedeutung von Führung und einen - gern auch dominanten, stets auffordernden und niemals Ideen-erstickenden Führungsstil hervor (Rüdiger Voßhall) und reklamieren eine klare, jedem Organisationsteilnehmer bewusste Rollenverteilung bei der Erzeugung von Fortschritt (Weert Kramer). Die Diskussion gipfelt in der These, dass zur Erreichung von Fortschritt allein organisatorische Maßnahmen nicht ausreichen, sondern Leadership zwingend hinzukommen muss (Gerhard Schewe). Weitere wertvolle Facetten waren der Hinweis auf den Anstoß von Fortschritt in Unternehmen dadurch, dass der Unternehmer seine(n) Nachfolger in das Unternehmen hineinholt und damit die notwendigen menschlichen Ressourcen für Fortschritt herstellt (Rüdiger Voßhall). Sönke Tangermann, für den die Erreichung eines Kulturwandels aus einem – oft stark verkrusteten – Stillstand heraus im hohen Maße „Fortschritt“ bedeutet, betont die unbedingte Notwendigkeit, den Menschen eine Strategie und konkrete Ziele vorzugeben, denn es sei ein Kernproblem stagnierender Unternehmen, dass viele Mitarbeiter „das Bild nicht sehen“, das eine kleine Führungsriege vor Augen hat, welches jedoch an die Belegschaft nicht oder nicht verständlich kommuniziert worden ist. In der Schlussmoderation beantwortet Hans-Werner Kortmann die unausgesprochen im Raum stehende Frage, weshalb gerade eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft zum Dialogabend „Fortschritt“ eingeladen hat. Mit dem stark beachteten Hinweis, dass moderne Wirtschaftsprüfung trotz des nicht wegzudenkenden Elements der „Revision“ immer stärker zukunftsorientiert arbeitet, um in Zeiten bewegter Märkte und volatiler Nachfragetrends die Überlebensfähigkeit von Unternehmen beurteilen zu können. Er weist auf die unmittelbare Bedeutung der „Fortschrittsfähigkeit“ eines Unternehmens für den Unternehmenswert hin – bei Anteilsverkäufen, Fusionen oder auch im Rahmen der Unternehmernachfolge. Allein hierfür lohne sich ein gesonderter Dialogabend. Zusammenfassend wird festgehalten, dass es ganz individuell an jedem einzelnen Teilnehmer selbst liegt, ob er aus diesem Dialogabend einen praktischen, sich in seiner Unternehmertätigkeit wertbildend niederschlagen-den Nutzen zieht. Der Abend hat gezeigt, dass der Fortschritt viele Gesichter hat und viele verschiedene Wege zur Erreichung von Fortschritt möglich sind. Wenn es jedem gelingen würde, aus den vielen wertvollen Gedanken dieses Abends den einen Gedanken zu verinnerlichen, der ihm am meisten eingeleuchtet hat, dann hätte sich die Teilnahme an diesem Dialogabend schon gelohnt. Seite 3 von 3 zum Vermerk an Wir danken Dr. Buchholz für seine aufreizenden Keynotes, den mitdiskutierenden Unternehmern für ihre Beiträge und allen Gästen für die stets gespannte Aufmerksamkeit beim Zuhören, was alles zu einem sehr gelungenen Abend beigetragen hat. Wir freuen uns schon jetzt auf den nächsten Dialogabend, sicher wieder zu einem spannenden, den mittelständischen Unternehmer bewegenden Thema. 1 Dr. Bernd Buchholz, Rechtsanwalt, vorm. Vorstandsvorsitzender der Gruner & Jahr AG & Co. KG und Vorstandsmitglied der Bertelsmann AG 2 Philip von Loeper, Geschäftsführer der ATR Landhandel GmbH & Co. KG 3 Dr. Tarik Vardag, Geschäftsführer der KROENERT GmbH & Co. KG 4 Univ. Prof. Dr. Gerhard Schewe, Inhaber des Lehrstuhls für Organisation, Personal & Innovation an der Universität Münster 5 Carl Wilhelm Kühne, Gesellschafter der Carl Kühne KG (GmbH & Co.) und langjähriger persönlich haftender Gesellschafter der Kühne KG 6 Weert Kramer, Inhaber Team Think International Business Consulting 7 Sönke Tangermann, Vorstand der Greenpeace Energy eG 8 Rüdiger Voßhall, Vorstand und Hauptaktionär der Regenbogen AG
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