MARKT LESERBRIEF Stagniert das Facility Management? Hallo Martin, mit großer Freude habe ich deine Artikel über die Marktanalysen von Dreso und pom+ gelesen. Deine Feststellungen, dass sich im FM nicht mehr viel entwickelt, kann ich bestätigen. Eine Erklärung dazu ist auch relativ simpel: Wer soll denn die Entwicklungen treiben? Die Dienstleister haben sich inzwischen eingeigelt, es gibt keine Treiber mehr im Markt (Innovationstreiber, Kompetenztreiber etc.). Alle Anbieter sind mit ihrem Lamenti zum Thema Preise ganz zufrieden: Der Kunde ist schuld und sie müssen mitmachen. Diese Erklärung dient praktisch für alles, was in den letzten Jahren an Innovationskraft erodiert ist. Ein Auftraggeber hat es so auf den Punkt gebracht: „Wir sind ja schon froh, wenn bei der Wartung nichts kaputt geht!“ Beispiele hierzu gäbe es genügend: Da werden Heizkörper wie Aufbackbrötchen aufgeblasen, weil der Nachspeiseautomat den Systemdruck aufbläst, ohne dass es jemanden kümmert. Da werden Kellergeschosse unter Wasser gesetzt, weil die Verschraubung einer Wasseraufbereitung nicht korrekt angedreht ist. Es werden landauf und landab Wartungstermine verschoben, bis aus zwei Wartungen pro Jahr nur noch eine wird. Es werden Instandsetzungen zu Wartungen umdeklariert, um die Wartungstermine zu halten und keine zusätzlichen Kosten auszulösen. Da werden Mitarbeiter unter dem Vorwand „Wir schulden Leistungen, keine Kapazitäten“ doppelt verrechnet. Da werden Personen für Arbeiten eingesetzt, die diese so noch nie gemacht haben (die Lernkurve zahlt der Auftraggeber), und es werden Fakten verdreht 10 und falsch dargestellt, dass sich die dicksten Balken biegen. x rbo de il :B d Bil Die Auftraggeber haben immer schon ein Problem der Ressourcen und Kompetenzen vor sich hergeschoben. Der Steinbruch FM wurde bereits von den Strategieberatern in den Konzernen dreimal umgegraben, bis auch die letzten Edelmetalle gehoben (= eingespart) wurden. Kompetenzentwicklung bzw. Innovationen treiben die Auftraggeber in ihrem Kerngeschäft, jedoch nicht in den Unterstützungsbereichen wie FM. Hier hat man oft genug auf die Dienstleister gewartet. Aktuell zeigt sich die Lethargie der Auftraggeber ganz deutlich in der Deklarantenrunde, die euphorisch gestartet war und nun sang- und klanglos wieder verschwindet. Das Feindbild des „bösen“ Dienstleisters wird gepflegt, der sich mit seinem Billigangebot einen Auftrag holt und dann versucht mit schlechten Leistungen durchzukommen. Die Pflichten des Auftraggebers – meistens eine Seite im Vertrag – werden jedoch genauso wenig erfüllt, wie die Mitwirkungs- und Steuerungsaufgaben in der Zusammenarbeit mit dem beauftragten Dienstleister wahrgenommen werden. Und die allseits beschworenen CAFM-Systeme liefern zuverlässig nach dem Prinzip „shit in – shit out“ Daten, deren Interpretation mangels Kompetenzen ausbleibt. Januar/Februar 2015 Die Berater sind sich selbst am Atomisieren. Es kommen keine wirklich großen Organisationen zusammen, die eine entsprechende Schlagkraft entwickeln könnten und Konzepte zu einer flächendeckenden Anwendung bringen würden. Selbst bei den großen wie Berger oder Deloitte sind die FMBerater eine Kleinstgruppe, die keine wirkliche Akzeptanz entwickeln kann und die mit dem Ansatz „One fits all“ konzeptionell doch nur über Outsourcing und Bündelung nachdenkt. Weiter geht die Innovationskraft nicht. Die kleineren Berater zünden eine Nebelkerze nach der anderen, was in der Regel keine übergreifenden Impulse erzeugt, sondern die Kluft zwischen Auftraggebern und Anbietern verbreitert, statt sie zu verringern. Die Verbände sind im Rahmen ihrer Möglichkeiten bemüht, ihre Pfründe zu behalten bzw. auszubauen, an die wirklich interessanten Themen geht GEFMA nicht ran. RealFM ist willig, scheitert jedoch an der Finanzierung. Die wenigen Ansätze, die für eine Kompetenzentwicklung dienen könnten, bleiben in den Kinderschuhen, weil die Auftraggeber deren Sinn nicht verstehen. Die anderen Verbände schreiben beflissentlich FM über ihre Richtlinien und Veröffentlichungen, inhaltlich ist es jedoch immer das Gleiche: Wartung, Betrieb, Betreiberverantwortung etc. Allen gemeinsam ist, dass man sich schon schwer tut, das Verständnis von FM www.facility-manager.de M AR K T anzuerkennen und die eigene Positionierung zu kennen. Die Herausgeber von Zeitschriften sind mittlerweile in einem Verbreitungsgrad angekommen, wo es keine Innovationen mehr braucht. Die Abozahlen sind nicht mehr steigerungsfähig, die Anzeigenkunden sind einigermaßen stabil und die Nebengeschäfte haben die prognostizierten Wachstumsraten gerettet. Innovation sieht anders aus. Die Bildungsinstitute und Weiterbildungsträger haben sich an dem ausgerichtet, was die Professoren, Lehrbeauftragten und Trainer vermitteln können. Eine Analyse des Bedarfs findet nicht statt. Daher sind die meisten Curricula auch mit dem immer schon akzeptierten Brei aus allem gefüllt (vom CAFM über GLT zum Flächenmanagement), was auch das Kompetenzniveau der Absolventen widerspiegelt. Einzelne Institute, wie beispielsweise i²fm, verfolgen zwar höhere Ansprüche, die Bereitschaft der potenziellen Kunden, dafür Geld auszugeben, ist jedoch eher übersichtlich. Erschwerend kommt hinzu, dass wir die vorhandenen Facility Manager und Facility-Services-Anbieter, die Berater und die Professoren nicht exportieren können und wir daher mit denen arbeiten müssen, die da sind. Und die sind noch lange da. Somit haben Innovationen und Neuerungen immer das Problem, die vorhandenen Kompetenzträger befruchten und zur Änderung ihrer althergebrachten Ideen überzeugen zu müssen. Bekanntlich wird die Fähigkeit der Menschen, sich zu ändern, jedoch mit dem Alter weniger. Also wird es rein biologisch laufen, was halt einfach dauert. Paul Stadlöder, Geschäftsführer der FMC Facility Management Consulting GmbH, München, und Redaktionsbeirat von „Der Facility Manager“. www.facility-manager.de Hallo Paul, herzlichen Dank für deine ausführliche Betrachtung. Ich bin sicher, dass auch andere Leserinnen und Leser dazu eine Meinung haben. Leserbriefe sind immer willkommen. Einen Punkt will ich selbst kommentieren, da ich davon ausgehe, dass alle brennend interessiert, was wir zu deinen Ausführungen über die Herausgeber von Zeitschriften zu sagen haben. Ganz ehrlich: Da hast du – zumindest was uns betrifft, über andere will ich nicht urteilen – ziemlich ins Schwarze getroffen. Insbesondere das mit den „Nebengeschäften“, die die prognostizierten Wachstumsraten gerettet haben, kann ich eins zu eins unterschreiben. Wobei wir nicht von Neben-, sondern von Zusatzgeschäften sprechen. Gemeint sind damit unter anderem unsere Veranstaltungen und die OnlineJobbörse. Glücklicherweise bringen diese Zusatzgeschäfte wirklich mehr Geschäft und nicht nur mehr Arbeit. Was die Innovationen angeht: Die Zeit der großen Innovationen (falls es die jemals gegeben hat, denn was ist schon wirklich innovativ) ist bei uns in der Tat vorbei. Was glaubst Du, wie viele Pressemitteilungen ich täglich bekomme, in denen Innovationen gepriesen werden. Wenn ich mir die dann durchlese, verbirgt sich dahinter meist recht langweiliger Kram. „Innovativ“ ist neben „nachhaltig“ die am meisten missbrauchte Vokabel unserer Zeit. Deshalb sind wir mit dem Begriff Innovation vorsichtig. Wir sprechen lieber von Veränderungen und (kleinen) Verbesserungen – die gab es und wird es auch weiterhin geben. So kann man „Der Facility Manager“ seit ca. zwei Jahren auch als E-Paper lesen. Innovativ? Nö, nicht wirklich, in der Medienwelt ist das heute Standard und wir haben das bestimmt nicht erfunden. Dann können Unternehmen mittlerweile eine E-Paper-Unternehmenslizenz für eine von ihnen vorgegeJanuar/Februar 2015 bene Anzahl von Arbeitsplätzen erwerben (Fragen dazu beantwortet Andrea SiegmannKowsky unter Tel. 08233/381-361). Ist das innovativ? – Auch nicht wirklich. Dieses Modell haben wir uns von den Softwareanbietern abgeschaut. Aber unsere Online-Stellenbörse unter www.facility-stellenangebote.de? Nun, das resultiert einfach daraus, dass wir das Geschäft mit unserer Klientel nicht Fachfremden wie Stepstone & Co. überlassen wollten, weil wir definitiv näher an den Stellensuchenden und Arbeitgebern dran sind. Aber unsere Fachsymposien, die sind doch wirklich innovativ? – Ehrlich gesagt, sind die sogar ziemlich retro. Viele Menschen haben genug von der Informationsbeschaffung im Internet, weil das Internet häufig mehrdeutige Antworten ausspuckt. Da ist so eine schöne „old schoolige“ Veranstaltung, bei der einer, der Ahnung hat, vorne steht und was erklärt, meist zielführender. Diese Auflistung soll zeigen: Nicht alles, was eine Weiterentwicklung darstellt, muss gleich das Etikett „Innovation“ verpasst bekommen. Unsere Leserinnen und Leser dürfen sich weiterhin auf ein paar kleine Entwicklungen von uns freuen und dürfen gespannt sein auf unsere erste große Innovation, mit der wir ihnen ohne Papier oder digitalen Datenträger unsere Zeitschrift direkt in die Hirnwindungen beamen werden. Martin Gräber, Chefredakteur „Der Facility Manager“ Leserbriefe bitte an: [email protected] 11 MAR K T Leserbriefe Zuschriften zum Leserbrief von Paul Stadlöder in „Der Facility Manager“, Ausgabe 1/2015 Stagnation ist so schön planbar Danke, Herr Stadlöder, das war ein Schuss vor den Bug der Beweihräucherer (FM ist die umsatzstärkere Branche als die Automobilindustrie). Sprachlich brillant haken solche Wortspiele wie „Steinbruch FM“ oder „Verbände sind ... bemüht, ihre Pfründe zu behalten“ im Hinterkopf ein. Eigentlich müssten die „betroffenen Hunde“ bellen. Sollte aber kaum jemand bellen, dann kann dies mehrere Ursachen haben. Ihre symptomatische Beschreibung stimmt mit meiner Erfahrungswelt in vielen Punkten überein. Prägnanter kann man es kaum darstellen, nur darf man dabei nicht stehen bleiben. Die aufgezählten Ursachen für die Symptome sind aus meiner Sicht aber nur Bruchstücke. Etwas Neues ist schwerlich aus Bruchstücken zu bauen. Deshalb regt mich Ihr Beitrag an, mehr über Ursachen nachzudenken, ohne den Anspruch zu erheben, vollständig zu sein. Also liefere ich, wie Sie, ein weiteres Bruchstück, aus dem, hoffentlich mithilfe einiger Gescholtener, vielleicht die Stagnation überwunden wird. Ihre Ursachen haben alle einen gesamtgesellschaftlichen Kontext (Geld regiert die Welt). Ich möchte dies um individuelle Ursachen ergänzen, die durch persönliche Motivation angestoßen werden kann. Veränderungen im Großen gehen häufig Veränderungen im Kleinen – durch Persönlichkeiten – voraus (meine Erfahrungen aus zwei Gesellschaftsmodellen). Wenn FM vom Mitarbeiter nur als ein neuer Hut zu alten Inhalten erlebt wird, 12 dann entsteht daraus wenig Motivation für Änderungen. Richtungsweisende Änderungen sind immer mit Überwindung, Querstellen, Verleumdung und Ausgrenzung verbunden. Andererseits ist Stagnation für die meisten eine komfortable Situation, weil sie so schön planbar ist. Dieser Zustand ist nicht schlechtzureden und sogar der normale. Nach meiner Beobachtung ist meist nur eine Persönlichkeit unter Hunderten Angepassten vorhanden oder notwendig, die den eingefahrenen Trott hinterfragt und gleichzeitig auch Lösungen anbietet. Innovationen kann man nicht verordnen, sie sind in der Persönlichkeit verortet. Rahmenbedingungen ändern und gleichzeitig die Querdenker herausheben und fördern, das könnte ein Nährboden sein, um in allen FM-Spielwiesen (auf der CAFM mehr als nur eine Anmerkung verdient) Fauna und Flora vielfältiger zu erfühlen und tatsächlich zu entwickeln. Joachim Oelschlegel, CAD-Systemhaus Dr. Joachim Oelschlegel, 1.Vorsitzender der GeSIS e.V. (Gesellschaft zur Förderung der Softwareindustrie in Sachsen) Nase voll von den ganzen Theorien Hallo, Herr Gräber, erwarten Sie ernsthaft Innovationen im FM? Innovationen kann ich mir in der Energieeffizienz oder der Elektromobilität vorstellen. Im FM wäre solide und anständige handwerkliche Arbeit angesagt. Dann komApril 2015 men vernünftige Ergebnisse und zufriedene Kunden dabei raus. Ich habe den Eindruck, dass der Markt die Nase voll hat von den ganzen Theorien, die sicher gute und berechtigte Ansätze haben, leider aber nie eingelöst wurden. Gefühlt kommt es mir seit einigen Jahren wieder so vor, die Menschen möchten ihren „Hausmeister“ wieder haben. Arthur Dornburg, Geschäftsführer der m+p E-mobility GmbH und der bluemove consulting GmbH in Berg. Wandel der Innovationskulturen dringend erforderlich Sehr geehrter Herr Stadlöder, mit großer Neugier habe ich Ihren „Einwurf“ aus der Zeitschrift „Der Facility Manager“, Ausgabe Jan./Febr. 2015, gelesen. Da ich seit nunmehr 10 Jahren eine Professur für Betriebswirtschaftslehre und Facility Management an der Westfälischen Hochschule habe und zugleich seit 20 Jahren u.a. mit dem Branchenschwerpunkt „Facility Management“ am Institut für angewandte Innovationsforschung (IAI) e.V. an der RuhrUniversität Bochum und seit 2002 zudem als Partner eines IAI-Spin-offs, der Prof. Staudt Innovation – Consulting GmbH, in den von Ihnen verquirlten Themen „Innovation“ und „Facility Management“ tätig bin, fühle ich mich bewogen, mich an dem Diskurs zu beteiligen. Auch, wenn ich gleich mehreren verunglimpften Protagonistengruppen angehöre, ist es allerdings nicht meine Absicht, dies oberlehrerhaft oder gar nachtragend zu tun ... www.facility-manager.de Bochum, Gelsenkirchen im Februar 2015 Offener (Leser-)Brief als Replik auf einen „Einwurf“ Sehr geehrter Herr Stadlöder, mit großer Neugier habe ich Ihren „Einwurf“ aus der Zeitschrift „Der Facility Manager“, Ausgabe Jan./Febr. 2015, gelesen. Die Redaktion der Zeitschrift betitelt Ihre Ausführungen mit der Frage, ob das Facility Management stagniere. Da ich seit nunmehr 10 Jahren eine Professur für Betriebswirtschaftslehre und Facility Management an der Westfälischen Hochschule (vormals Fachhochschule Gelsenkirchen) habe und zugleich seit 20 Jahren u.a. mit dem Branchenschwerpunkt „Facility Management“ am Institut für angewandte Innovationsforschung (IAI) e.V. an der Ruhr-Universität Bochum und seit 2002 zudem als Partner eines IAI-Spin-Offs, der Prof. Staudt Innovation - Consulting GmbH, in den von Ihnen verquirlten Themen „Innovation“ und „Facility Management“ tätig bin, fühle ich mich bewogen, mich an dem Diskurs zu beteiligen. Auch, wenn ich gleich mehreren verunglimpften Protagonistengruppen angehöre, ist es allerdings nicht meine Absicht, dies oberlehrerhaft oder gar nachtragend zu tun. Ich schreibe diese bescheidene Replik aus rein intrinsischer Motivation: mein Dienstzeitende liegt zumindest an einer meiner Wirkungsstätten im Jahr 2036. Ich werde also - hoffentlich auch „biologisch“ noch mind. 21 Jahre die ein oder andere Entwicklung im Facility Management beobachten und analysieren, diese in Teilen bedauern oder auch mal bejubeln und in anderen Teilen vielleicht sogar zu initiieren oder auch zu verhindern versuchen!? Denn, wie mein Doktorvater und Mentor, Prof. Dr. Dr. Erich Staudt (1942-2002), zu sagen pflegte: „Innovation im Konsens ist Nonsens!“ Wir müssen uns auch in der Facility Management-Branche reiben, damit ab und an ein innovativer Funke sprühen kann. Ihr Zeichen Ihr Schreiben vom Unser Zeichen Auskunft erteilt Sitz der Hochschule: Gelsenkirchen USt-ID DE 811 358 679 Doch kommen wir nun zu Ihren Aussagen - und hier zunächst zu Ihrer Dienstleisterschelte: In Teilen habe ich ja bereits an anderer Stelle in dasselbe Horn blasen. In Herrn Psottas Rubrik „Fünf Fragen an…“ durfte ich im Immobilienteil der F.A.Z. vom 1.8.2014 meine Beobachtung skizzieren, dass in Teilen unserer riesigen Facility Management-Branche kein wirklicher Innovationswettbewerb zu herrschen scheint. Wenn wir uns die wenigen Meldungen in den Wirtschaftsteilen überregionaler Zeitungen zu Akteuren der FM-Branche anschauen, könnte man den Eindruck bekommen, da seien ausschließlich Konzernstrategen in der Verantwortung, die als Kinder zu viel Monopoly gespielt haben und das für gute Unternehmensführung halten. Schließlich werden auch in der FM-Branche nicht selten ganze Unternehmen zum Spielball einer M&A-Szene, weil sie nicht mehr zur Konzernstrategie passen oder die Vorgaben zur Konzernrendite nicht (mehr) erfüllen. Dabei kommt dann oft zu kurz, sich dem zugegeben aufwendigeren Prozess der Unternehmensentwicklung zu stellen und mit geänderten oder neuen Konzepten die Kundenprobleme (von morgen) zu lösen. Doch, lieber Herr Stadlöder, auch wenn sich in Teilen auf Seiten der Dienstleister wirklich „doppelt verrechnet“ und „Fakten verdreht und falsch dargestellt“ würden, „dass sich die dicksten Balken biegen“, ich habe auch Seite 1 von 6 Prof. Thomzik - Offener (Leser-)Brief als Replik auf einen „Einwurf“ - Bochum, Gelsenkirchen im Februar 2015 zahlreiche O-Töne von Auftraggebern gehört, die mir ohne Zwang, aber aus freien Stücken berichteten, wie zufrieden sie mit Ihren Facility Service-Anbietern sind. Dabei beschränkt sich diese Kundenzufriedenheit nicht nur auf den vertraglich vereinbarten Regelbetrieb, sondern auch auf die von Ihnen so bezeichneten „Nebengeschäfte“. Zugegeben, diese bescheren dem Dienstleister ein lukratives Zubrot. Aber was soll daran verwerflich sein, wenn es auf der anderen Seite dem Kunden gleichzeitig einen monetär kaum bezifferbaren „Zusatznutzen“ beschert, der Dienstleister - um es mit Herrn Hempels Worten zu sagen - „dient und dabei gleichzeitig leistet“, indem er bspw. während seiner Routinetätigkeit mit geschultem Blick dem Corporate eine Lücke in seinen persönlichen Betreiberpflichten aufzeigt und ihn so vor einem Organisationsverschulden bewahrt, dessen Risiken z.T. gar nicht versicherbar sind. Das ist übrigens durchaus innovativ. Leider beginnen auch bei der Analyse des Innovationsphänomens Missverständnisse über das Innovieren oft schon im Begrifflichen. Denn der Begriff Innovation beschränkt sich nicht nur auf Weltneuheiten, sondern umfasst auch solche subjektiven Neuerungen, inkrementelle Verbesserungen des Status Quo, die vielleicht anderenorts schon Schnee von gestern sind. Wenn man(n) weiß, dass wirklich radikale Innovationen - übrigens auch außerhalb unserer FM-Branche - im Vergleich zu den kleinen Verbesserungen höchst selten sind, so ist zu konstatieren, dass so mancher Facility Service-Anbieter jenseits der Titelseiten von Fachzeitschriften eher durch „Entwicklungen“ im Kleinen auffällt und dabei durchaus im wahrsten Sinne des Wortes Innovationen zur Mehrung des Kundennutzens vorantreibt. Damit sind an dieser Stelle aber genug Blumen für die FM-Dienstleister verteilt. Sicherlich gibt es auch hier noch zahlreiche Entwicklungsreserven in der Professionalisierung ihrer Leistungen. Dazu gehören nach unseren Analysen z.B. interne Potentiale, die in vielen produzierenden Bereichen außerhalb des FM längst gehoben sind: die Vermeidung von Verschwendung in den (internen) Prozessen. Die Frage, welche (Teil-)Prozesse der Facility Services keinen wirklichen Mehrwert bringen, wird im Tagesgeschäft des Regelbetriebes leider allzu oft nicht gestellt. Und mehr noch: auch erkannte Probleme unproduktiven Arbeitens werden häufig nicht abgestellt. „Werte ohne unnötige Verschwendung schaffen“ – welche Leitlinie wirtschaftlichen Handelns könnte besser in unsere Zeit passen, in der der verschwenderische Umgang mit knappen Ressourcen immer häufiger beklagt wird (vgl. hier meinen Kollegen Kerka 2014). So könnte übrigens auch jenseits der „Lamenti“ über die negativen Preisspiralen, lieber Herr Stadlöder, wieder (mehr) Geld verdient werden. Und das ohne beim Auftraggeber „zusätzliche Kosten auszulösen“ und ohne, dass dieser schon froh ist „wenn bei der Wartung nichts kaputt geht“. Kommen wir zu den Auftraggebern und Corporates. Ja, es werden sicher noch immer in Teilen „Probleme der Ressourcen und Kompetenzen vor sich hergeschoben“ und mancherorts ein „Feinbild des bösen Dienstleisters“ kultiviert, um z.T. von den eigenen Defiziten abzulenken. Die empirischen Erfahrungen der Innovationsforschung sagen dazu, das solche Beharrungsresistenzen gegenüber Neuerungen vor allem in saturierten Gesellschaften oder (quasi-)monopolistischen Unternehmen anzutreffen sind, in denen sich lieber jahrzehntelang auf die eigene Schulter geklopft wurde anstatt ernsthaft an der Weiterentwicklung des Geschäftes zu arbeiten. Wenn sich Großkonzerne Seite 2 von 6 Prof. Thomzik - Offener (Leser-)Brief als Replik auf einen „Einwurf“ - Bochum, Gelsenkirchen im Februar 2015 also lange Zeit FM-Spielwiesen ohne Erwartungen und ohne den Hauch von Handlungsdruck gegönnt haben, weil mit dem Kerngeschäft mehr als genug Geld verdient wurde, wenn die internen FM-Abteilungen als Besenkammer für Schonarbeitsplätze eingerichtet wurden, weil den Sekundärprozessen als sogenannte „Eh-da-Kosten“ keine (strategische) Bedeutung beigemessen wurde, dann haben sich dem einen oder anderen FM-Missionar in der Vergangenheit schon mal die Zehennägel gekräuselt. Und womit? Mit Recht! Der Beobachter allerdings erkennt gerade in jüngster Zeit mal wieder, dass der Handlungsdruck (von außen) stets ein großer Treiber für Veränderungen ist, die wir aber in der Konsequenz ohne Probleme als innovative Entwicklungen auf Seiten der Auftraggeber charakterisieren können. Solche Innovationen werden allerdings - wie üblich - nicht per se von allen Beteiligten als positiv angesehen. Auf der einen Seite wird z.B. so mancher (FM-)Einkäufer - einst ein zahnloser Tiger, weil für seinen Vorgesetzten der Angebotspreis in den Ausschreibungsverfahren keine wirklich dominante Rolle gespielt hat - nun aufgewertet, weil er in Zeiten von Existenz bedrohenden Veränderungen der eigenen Wertschöpfungsarchitektur jetzt von „ganz oben“ aufgefordert wird, doch bitte in den Servicebereichen ordentlich nachzuverhandeln. Auf der anderen Seite gibt es aber auch nicht wenige innovative Corporates, die sich von ihren Kompetenzträgern - nicht selten von Quereinsteigern oder Querdenkern im Team mit gut ausgebildeten jungen FM-HochschulabsolventInnen - innovative Konzepte der Dienstleistungsteuerung entwickeln lassen und die unterstützenden Prozesse passgenau(er) an den Anforderungen der primären Aktivitäten des Unternehmens ausrichten. Als nächstes wird schon daran gearbeitet die strategische Relevanz des FM resp. ihren Wertschöpfungsanteil durch aussagefähige KPIs nachzuweisen. Damit würde man vielleicht endlich von dieser unsäglichen, aber dominat kostengetriebenen (Nicht-)Wertschätzung des FM wegkommen. Doch diese Entwicklungen sind noch nicht in (Fach-) Zeitschriften nachzulesen - wie in frühen Phasen des Innovationsprozesses aber üblich! Gestatten Sie mir an dieser Stelle, lieber Herr Stadlöder, dass ich auch kurz auf die Nachhaltigkeitsdebatte eingehe. Bei allen ehrenwerten Bemühungen diesen Megatrend (endlich?) für unsere Branche instrumentell umzusetzen, mache ich folgende (kleine) Anmerkung: Ich bezeichne die Einführung eines Nachhaltigkeitszertifikates - gleich welcher Couleur - an dieser Stelle als Umweltinnovation. Im Unterschied zu „normalen“ Innovationen, die jeweils nur den Bezug zu spezifischen Zielen der innovierenden Akteure aufweisen, tritt bei Umweltinnovationen ergänzend die Bezugnahme zum Leitbild einer nachhaltigen Entwicklung hinzu. Nachhaltige Innovationen enthalten nach diesem Leitbild stets eine ökologische, ökonomische sowie soziale Dimension und tragen in mindestens einem der drei Bereiche zur Verbesserung bei. Meine These ist hier: (Umwelt-)Innovationen für nachhaltiges Wirtschaften setzen sich aber nicht allein schon dadurch durch, weil sie ökologisch sinnvoll und/oder technologisch machbar zu sein scheinen, sondern nur, weil sie zudem ökonomisch tragfähig und/oder zur Erfüllung von gesetzlichen Anforderungen notwendig sind. Zu (Umwelt-)Innovationen für nachhaltiges Wirtschaften kommt es also erst, wenn diese durch „marktseitige Sanktionen“ oder gesetzliche Regelungen „verordnet“ werden; mithin sind sie im Gegensatz zu „normalen“, überwiegend dem Rentabilitätspostulat folgenden Innovationen oft keine Selbstläufer. Eine gesetzliche Verordnung ist in unserem diffusen Fall politisch Seite 3 von 6 Prof. Thomzik - Offener (Leser-)Brief als Replik auf einen „Einwurf“ - Bochum, Gelsenkirchen im Februar 2015 nicht in Sichtweite. Eine „marktseitige Sanktion“ ähnlich der Diffusion eines vermeintlichen Qualitätssicherungssystems mittels DIN ISO 9000 ff. ist grundsätzlich vorstellbar. Im Fall der DIN ISO 9000 ff. bedeutet das Zertifikat aber sehr oft „nur“ (noch?) eine formale Zulassungsbedingung zu Ausschreibungsverfahren. Hier wird also ein faktischer Zwang zur Zertifizierung ausgeübt, ohne damit den originär intendierten Verbesserungsprozess wirklich verfolgen zu wollen oder zu können. In diesem Sinne besteht zumindest die Gefahr, dass ein Nachhaltigkeitszertifikat evtl. nicht zur Problemlösung beiträgt, sondern selber zum Teil eines Zertifizierungs(un)wesens, zu einer schlichten Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für einen neuen Insiderkreis von Auditoren werden könnte und dabei gleichzeitig zu einem „nachhaltigen“ Themenhype in Fachzeitschriften führt. Apropos FM-Zeitschriften und Innovation. Ja, lieber Herr Stadlöder, auch die (Fach-)Zeitschriften sind nicht davor gefeit, bei dem Versuch innovative Entwicklungen voranzutreiben, auch mal zu scheitern. Mehr als 80 Prozent der in Unternehmen gestarteten Innovationsprojekte werden übrigens erfolglos abgebrochen. Darum gilt das Lernen aus Erfahrung hier als eines der Erfolgsmaxime. Und: am Besten lernt man nicht nur aus den wenigen erfolgreichen Projekten; am Besten lernt man aus Fehlern und - so sagt der schlichte Ökonom in mir - am Günstigsten aus den Fehlern anderer! Diese Maxime wird jedoch nicht immer beherzigt: so hat sich schon so mancher Versuch von naiven Banal-Empirikern die „grundlegenden Fragen“ mit eigenen Umfragen klären zu wollen, bereits ex ante als Faustschlag ins Gesicht von Studierenden entpuppt, die für Ihren redlichen Versuch einer Fragebogenentwicklung im Modul „Angewandte Marktforschung“ gezwungen wurden im nächsten Semester wieder anzutreten. Der Beteiligte bezeichnet solche Aktivitäten bisweilen als „Zusatzgeschäft“, der Innovationsforscher nennt diesen eklektischen Aktionismus, neue (Geschäfts-)Felder zu bewirtschaften für die man nicht die nötigen Kompetenzen besitzt, schlicht wahllose Diversifikation. Diese war in der Wirtschaftsgeschichte selten von Erfolg gekrönt. Kommen wir nun zu dem Teil des Systems, bei dem ich wohl am unmittelbarsten angesprochen bin. Dass das „Kompetenzniveau der Absolventen“ die „Curricula der Hochschulen widerspiegelt“, ist kaum verwunderlich, ja sogar beabsichtigt! Aber, lieber Herr Stadlöder, nur im optimalen Fall richten die Bildungsinstitute ihre Studiengänge an dem aus was die Dozenten vermitteln können. Hier gilt der gleiche Rat wie für alle Unternehmen: Nicht was man soll, sondern was man (entwickeln) kann, bestimmt den Erfolg von Morgen! Tatsächlich soll es aber im Gegenteil schon vorgekommen sein, dass Hochschulen ihre Studiengänge an den (Kompetenz-)Bedarfen von Morgen ausrichten und die Dozenten trotzdem noch einige Jahrzehnte das lehren, war Sie Vorgestern zu vermitteln gelernt haben. Wie heißt es so treffend: history matters! So kann man sich leicht erklären, warum so mancher Fachbereich hinter den Überschriften und unter dem Label des FM sehr unterschiedliche Inhalte anbietet, obwohl ihre akkreditierten Curricula beinahe wie eine Blaupause wirken. Vielleicht gehören Teile der staatlichen Hochschulen also wirklich systembedingt zu einem innovationsfeindlichen Establishment. Aber ich kann Sie, lieber Herr Stadlöder, beruhigen: auch hier gibt es einen dynamischen Rand. Und dem Rest droht am Horizont der durchweg wirksamste Treiber, der wieder einmal Entwicklung Seite 4 von 6 Prof. Thomzik - Offener (Leser-)Brief als Replik auf einen „Einwurf“ - Bochum, Gelsenkirchen im Februar 2015 verspricht: der Handlungsdruck von Außen. Wenn in einigen Jahren der demographische Faktor vollends durchschlägt und sich nur noch Mindermengen von Studierenden einschreiben, wird sich wohl auch in einer dann dezimierten Hochschullandschaft ein (Innovations-)Wettbewerb eingestellt haben müssen. Und nun abschließend einige grundsätzliche Worte zu Innovationen im FM mit Randbemerkungen zu den Beratern: Es scheint zur Zeit in unserem Bereich modern zu sein, über Innovationen zu reden. Berater aber auch Manager, Chefredakteure, Verbandsvertreter und Veranstalter von Messen und Fachtagungen beschwören Innovationen als Garanten für die Entwicklung unserer Branche. Innovation - was immer darunter verstanden wird - wird zur Pflicht. Und selbst der Facility Service-Anbieter, der in einem als „nicht innovativ“ bezeichneten Feld erfolgreich ist und Arbeitsplätze schafft, gerät scheinbar unter Rechtfertigungszwang. Wenn aber „echte“ Innovationen anstehen, weichen die Bekenntnisse zur Veränderung allzu oft der Angst um die eigene Position (vgl. hier auch Kerka/Kriegesmann 2007). Denn beim Innovieren wird sehr schnell klar, dass man bestehende Strukturen und Prozesse in Frage stellt, dass der Verlust lieb gewordener Privilegien droht, dass Bereiche aufgegeben werden müssen, in denen man kompetent war. Das ist ein schmerzhafter Prozess, den viele meiden und die kurzfristig bequemere Alternative der Besitzstandswahrung vorziehen. Echte Innovationen werden verschoben, solange es nur geht. Diese Besitzstandswahrung und eine oft über Benchmarking angesteuerte kurzsichtige Kostenorientierung drohen indes zu Lasten notwendiger Entwicklungen für die Zukunft zu gehen. Unter dem Druck von Downsizing oder Outsourcing laufen Unternehmen dabei Gefahr, sich in einen Zustand höchster Effizienz, aber auch höchster innovatorischer Inkompetenz hineinzumanövrieren. Eine „Schlankheitskur“ im Routinebereich droht in eine krankhafte „Magersucht“ im Innovationsbereich umzuschlagen. Wenn Fach- und Führungskräfte nämlich ihrer letzten innovatorischen Freiräume beraubt werden, fehlt die Zeit, „über den Tellerrand“ eines Regelbetriebes zu schauen und Wege zu Neuem vorzubereiten. Wer aber, um im Preiswettbewerb der FM-Branche zu bestehen, im Innovationswettbewerb gar nicht an den Start geht, wird in Zukunft kaum erfolgreich sein können. Auf der Suche nach einem Ausweg aus diesem Innovationsdilemma und in der Hoffnung auf Patentrezepte für Innovationen wenden sich viele Unternehmen an Berater, geben Trendstudien und Benchmarkingprojekte (z.T. an Masterstudierende) in Auftrag – aber laufen doch nur im „Innovationskreis“. Denn wenn alle aufgrund der gleichen Datenlage den gleichen Modeströmungen folgen, dann führt dieser (auch methodische) Konsens nicht zu der angestrebten Innovationsführerschaft, sondern in Bereiche höchster Wettbewerbsintensität, für die in Teilen noch nicht einmal die erforderlichen Kompetenzen verfügbar sind und dann aufwändig durch externes Wachstum beschafft werden müssen. Unternehmensleitungen, die sich dem Mainstream verschreiben, machen aus ihrer Sicht zwar nichts falsch oder zumindest nichts, was nicht als durch Stäbe oder Berater abgesichert gilt, aber echte Innovationen und Differenzierung von der Konkurrenz schaffen sie nicht. Wer weder im „Zug der Lemminge“ den z.T. ahnungslosen Trendsettern hinterherlaufen noch in klassischen Anbieterpositionen verharren will, ist daher gut beraten, sich selbst zu orientieren und Entwicklungspfade zu erschließen, die mit den aktuell verfügbaren oder entwickelbaren Kompetenzen des UnterSeite 5 von 6 Prof. Thomzik - Offener (Leser-)Brief als Replik auf einen „Einwurf“ - Bochum, Gelsenkirchen im Februar 2015 nehmens beschritten werden können. Doch Innovationen fallen nicht vom Himmel, sondern werden von Menschen gemacht. Erfahrungsgemäß sind es nicht mehr als 10-15% der Fach- und Führungskräfte, die Innovationen jenseits des Mainstreams auch gegen Widerstände vorantreiben. Viele Manager tun sich aber schwer, dem innovatorischen Potenzial der eigenen Belegschaft zur Entfaltung zu verhelfen. Daran gewöhnt, das Bestehende zu optimieren, haben sie offenbar verlernt, wie man kreatives Engagement fördert und für die Unternehmensentwicklung nutzbar macht. Hier ist auch in unserer FM-Branche der Wandel der „Innovationskulturen“ in den Unternehmen dringend erforderlich. Was zeichnet aber solche Innovationskulturen für den Aufbruch zu Neuem aus? Und noch viel entscheidender, wie ist der Wandel zu einer Innovationen fördernden Organisation zu gestalten? An diesen Fragen ist aus unserer Sicht (auch im FM-Bereich) endlich anzusetzen. Sehr geehrter Herr Stadlöder, lassen Sie uns in diesem Sinne Ihren Einwurf als ersten Aufschlag für weitere Entwicklungen nutzen, um weiter im Diskurs zu bleiben und nicht in einen FM-Defätismus zu verfallen. Gelegenheit ergibt sich dazu zum einen auf dem Nutzerkongress des I2FM in Oberhausen, auf dem der dynamische Rand unserer Branche wieder einige innovative Ideen aufgreifen wird, die dann hoffentlich irgendwann einmal zu Innovationen reifen. Zum anderen werden Ihre Thesen sicher auch auf der FM-Messe in Frankfurt diskutiert, wenn sich die Branche u.a. am zweiten Tag zu dem von mir moderierten Impulsgespräch „15 Jahre Kompetenz - Innovation - Trends“ trifft. Für Anmerkungen und Rückfragen stehe ich gerne zur Verfügung und verbleibe mit besten Grüßen aus dem Ruhrgebiet Prof. Dr. rer. oec. Markus Thomzik Seite 6 von 6 MARKT Leserbriefe Zum Leserbrief von Paul Stadlöder in „Der Facility Manager“, Ausgabe 1/2015 Bil d: Bil de nicht generell stagniert und dass es seit 20 Jahren sehr wohl nachhaltig wirkende Innovationen im FM gab und gibt. Wem dies zu wenig ist, der soll seinen Standpunkt gerne vertreten, idealerweise verbunden mit einer Darlegung eigener Innovationsbeiträge im FM. Sollte sich dabei jemand finden, der mich übertrifft, bekommt er von mir wahlweise eine Freikarte für die nächste Bundesfachtagung Betreiberverantwortung oder einen Kasten eines Getränks seiner Wahl. ;-) rbo x Von Stagnation im FM kann in meinem persönlichen FM-Umfeld keine Rede sein Hallo, die Herren Stadlöder und Gräber, der Aufmacher „Stagniert das FM?“ in Der Facility Manager, Ausgabe 1/2015 erscheint mir zugespitzt vom Zaun gebrochen und als Leserbrief verpackt zu sein, um die sonst eher passive Leserschaft von Der Facility Manager zu einer Reaktion zu motivieren, aber das Thema „Innovationen im FM“ ist es natürlich wert, sich intensiv damit zu beschäftigen und es in der DFM-Leserschaft (auch kontrovers) zu diskutieren. Also möchte ich gerne meine eigenen ganz persönlichen Erfahrungen in den bisherigen Diskurs einbringen. Ich spreche dabei nur für mich als Person, mein eigenes berufliches FM-Umfeld als Berater, Fachautor und Mitwirkender in diversen Gremien (DIN, VDI, GEFMA, RealFM). Ich spreche ausdrücklich nicht über die Vereine/Verbände, meinen Arbeitgeber oder andere Marktbeteiligte. von anderen einfordere, sondern ich setze mich selbst hin, analysiere Probleme, suche Lösungen, überwinde Widerstände und veröffentliche Ergebnisse meiner Arbeit. Manches davon erweist sich als Flop und verschwindet sang- und klanglos wieder unterhalb der Wahrnehmbarkeitsschwelle. Manches aber bleibt und erweist sich als nachhaltig. Beispiele aus meiner persönlichen FMInnovations-Chronik finden sich in beigefügter Grafik. Die nachhaltigen(!) Erfolge können sich sowohl für meine Kunden und Geschäftspartner, meinen Arbeitgeber und Arbeitskollegen sowie die Verbände, in denen ich mitwirke, durchaus sehen lassen. Damit trete ich zunächst den Beweis an, dass FM Wenn die Frage aber lautet „Gibt es genügend Innovationen im FM?“ würde ich mich dem Tenor der bisher im Diskurs veröffentlichten Leserbriefe anschließen und mit einem klaren Nein antworten. Woran es liegt? Einige Gründe wurden bereits genannt, erscheinen mir aber noch nicht hinreichend fundiert und sollten weiter diskutiert werden. Eine Frage von Forschungsgeldern ist es sicher nicht. Bei den von mir beispielhaft o.g. Innovationen wurde nicht ein einziger Euro an Forschungsförderung oder Fremdkapital aufgewandt. Ebenso wenig brauchte ich dazu eine Gesellschaft zur Förderung der Softwareindustrie oder ein Institut für Innovationsforschung. (Sorry für den Seitenhieb.) Die eingangs von Paul Stadlöder gestellte Frage „Wer soll denn die Entwicklungen treiben?“ würde ich also beantworten mit: Jeder einzelne Marktteilnehmer kann und Das Fazit vorneweg: Von Stagnation im FM kann in meinem persönlichen FM-Umfeld nun gar keine Rede sein! Dies mag damit zu tun haben, dass ich nicht Stagnation beklage und Innovation 8 Mai 2015 www.facility-manager.de M AR K T sollte in seinem jeweiligen Arbeitsumfeld positive Entwicklungen vorantreiben. Schon jeder Einzelne kann etwas erreichen (siehe oben), mehrere gemeinsam umso mehr. Für eine FM-Innovations-Offensive bin ich gerne zu gewinnen. Für heute herzlichst Ihr Ulrich Glauche Dipl.-Ing. (FH), Leiter FM-Beratung bei Rödl & Partner, Leiter des GEFMA-Richtlinienwesens, Vorsitzender des Fachbeirats FM im DIN e.V., stellv. Vorsitzender des Fachbeirats FM im VDI e.V., Mitarbeiter in Arbeitskreisen von RealFM, Leiter der Bundesfachtagungen Betreiberverantwortung, Dozent für FM an der TH Nürnberg, Autor zahlreicher Fachartikel, Buchbeiträge und GEFMA-Richtlinien, Referent bei öffentlichen und privaten Bildungsträgern, QM-Auditor ... sen endlich auf eine stärkere Integration zwischen Bau und Betrieb hoffen. Aber neben diesen großen Würfen sind es vor allem die Erhaltungsinnovation und Effizienzinnovation, die eine Branche wettbewerbsfähig halten. In diesem Sinne sind also auch all jene neuartigen Produkte innovativ, die von Martin Gräber in seiner Stellungnahme in der Januar/Februar 2015Ausgabe von „Der Facility Manager“ genannt wurden (E-paper, Online-Stellenbörse, Fachsymposien). Ein Kundenbedarf wurde erkannt und konsequent erfüllt. Es spricht nichts dagegen, bewährte Ansätze aus anderen Branchen zu übernehmen und in der eigenen Branche erfolgreich zu machen. B R A N C H E N T I C K E R Die CBRE Group wird für 1,475 Mrd. US-Dollar den Geschäftsbereich Global WorkPlace Solutions (GWS) von Johnson Controls übernehmen und in ihren Geschäftsbereich Global Corporate Services (GCS) integrieren. Im Zusammenhang mit der Transaktion wechselt GWS-Präsident John Murphy als Global Chief Operating Officer zu CBRE. nnn Die zur Cofely-Gruppe gehörige H.G.S. GmbH & Co. KG (HGS) hat die Servicesparte des BHKW-Anbieters SEVA Energie AG (SEVA) erworben. Die SEVA mit Hauptsitz in Emstek (Cloppenburg) ist Neuartige Geschäftsmodelle wird es auch im Facility Management geben Gerne möchte ich einen positiven Kontrapunkt zur aktuellen Diskussion und zu den Kommentaren über Innovation in der Branche einbringen. Wir übersehen oft, dass Innovation nicht immer nur die bahnbrechende, noch nie dagewesene, marktverändernde Idee ist, die schnell reich macht. Aber selbst in diesen Fällen steckt immer harte Arbeit und vor allem kundenorientierte Produktentwicklung dahinter. Natürlich: Spannend und öffentlichkeitswirksam sind sie, die sogenannten „disruptive innovations“ – also neuartige Geschäftsmodelle, die althergebrachte Wertschöpfungsketten aufbrechen und durcheinanderwirbeln. Was Amazon für den Buchhandel, AirBnB für das Hotelgewerbe oder Car2Go für die Automobilindustrie ist, wird es auch in der Immobilienwirtschaft und im Facility Management geben. Erste Entwicklungen gibt es bereits. Die „sharing economy“ bietet flexiblen Büroraum mittlerweile auch auf Stundenbasis an, Smart Home und Smart Metering ermöglichen neuartige Steuerungen der Energieversorgung, Google kann bereits Flächenmanagement à la CAFM (siehe Central Station in New York) und die aktuellen Entwicklungen rund um BIM laswww.facility-manager.de Auch mein Beratungsunternehmen, Reality Consult, arbeitet heute völlig anders als noch vor zwei Jahren. Wir wickeln 100 Prozent unserer Projekte online bzw. virtuell ab, unsere Klienten haben zu jedem Zeitpunkt Einblick in unseren Produktionsprozess. Wir berichten fortlaufend, regelmäßig und unaufgefordert über Projektfortschritt, Ergebnisse und Aufwände und fordern von unseren Klienten aktiv die Beurteilung unserer Berater- und Beratungsqualität. Wir haben all diese Ansätze wahrscheinlich nicht erfunden, aber wir versuchen diese bestmöglich in unserer Branche umzusetzen. Ist das innovativ? Ich denke ja! Auch Apple hat das Smartphone nicht erfunden. Aber eben erfolgreich gemacht, indem konsequent Usability und Kundenerlebnis optimiert wurden. ein auf die Herstellung und den Vertrieb von Biogas- und Erdgas-BHKW spezialisierter Anlagenbauer und befindet sich seit Ende 2014 in Insolvenz. Die H.G.S. wird rund 50 Mitarbeiter aus dem Servicebereich der SEVA übernehmen. nnn CWS-boco hat den Fullservice-Dienstleister für Reinraumwäsche Zahn-Hitex übernommen. Das seit 1948 bestehende Familienunternehmen im bayerischen Mühldorf ist auf die Aufbereitung von Reinraumkleidung für die Chemie- und Pharmabranche spezialisiert. nnn Die mfi management für immobilien AG hat die Wisag Gebäudetechnik Georg Stadlhofer Prokurist, Partner und Consulting Manager, Reality Consult Holding GmbH & Co. KG mit dem technischen Gebäudemanagement in den Shopping-Centern Minto in Mönchengladbach (42.000 m²) und Palais Vest in Den Leserbrief von Paul Stadlöder inkl. sämtlicher Zuschriften finden Sie zum kostenlosen Download unter: www.facility-manager.de/downloads Leserbriefe bitte als solche gekennzeichnet an: [email protected] Mai 2015 Recklinghausen (41.700 m²) beauftragt. nnn Der Paket- und Expressdienstleister DPD hat Piepenbrock mit der Unterhaltsund Glasreinigung in 51 Paketdepots mit einer Fläche von zusammen 54.000 m² beauftragt. Das Volumen beträgt rund 1,3 Mio. Euro pro Jahr. 9
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