Europäischer Dialog der Böckler Stiftung zu Wohlstand und

24.4.2015
ÖGB­Europabüro ­ Europäischer Dialog der Böckler Stiftung zu Wohlstand und Ungleichheit
ÖGB­Europabüro
Europäischer Dialog der Böckler Stiftung zu Wohlstand und
Ungleichheit
Eröffnungsrede von Starökonom Paul Krugman
Linktipp:
European
Dialogue 2015
"Prosperity in
Europe...only if
we stop the
growing
inequality”
Die Hans Böckler Stiftung lud vergangene Woche wieder zum alljährlichen „Europäischen Dialog“. In
zahlreichen Workshops und Vorträgen wurde das Thema der wachsenden Ungleichheit von prominenten
Vertretern aus Gewerkschaft, Politik und Wissenschaft besprochen. Wirtschaftsnobelpreisträger Paul
Krugman eröffnete vor mehreren hundert TeilnehmerInnen mit dem Vortag „Ungleichheit und Krise“.
Krugman räumte mit der häufig geäußerten Behauptung auf, dass Umverteilungsmaßnahmen wie z.B.
Vermögenssteuern das Wachstum schädigen würden. Dafür gäbe es keinerlei empirische Belege.
Umverteilung muss aktiv Vorangetrieben werden
In einer kurzen historischen Abhandlung verwies Krugman auf das extreme Wohlstandsgefälle zu Anfang
des 20. Jahrhunderts. Die Entspannung nach dem zweiten Weltkrieg sei kein bloßer Zufall gewesen,
sondern war bis in die späten 1970er Jahre aktiv von der Politik vorangetrieben worden. Inzwischen hat die
Ungleichverteilung wieder das Niveau der 1920er Jahre erreicht. Darin sieht Krugman auch eine der
möglichen Ursachen für Wirtschaftskrisen. Die häufige Erklärung, dies bloß auf einen Einbruch der
Nachfrage infolge sinkender mittlerer und niedriger Einkommen zurückzuführen, greife zu kurz. Krugman
hob die steigende Privatverschuldung als wichtigen Faktor hervor, die einen beinahe deckungsgleichen
Verlauf wie das Einkommensgefälle vorweist. Seit Beginn der 1980er Jahre stieg die private Verschuldung
vor allem in Amerika rapide an. Hier zeige sich, wie die Nachfrage künstlich und kreditfinanziert
hochgehalten wurde.
Weitreichende Folgen der Krise
Ein besonderes Augenmerk in Krugmans Vortrag erhielt das Zusammenspiel von ökonomischer
Ungleichheit und Politik. Die steigenden Einkommensunterschiede würden zu einer Polarisierung der
politischen Lager führen. Dies zeige sich insbesondere in den Vereinigten Staaten, aber auch in Europa
reüssierten extremistische Parteien. Die Finanzkrise von 2008 sei das Resultat einer Politik, die die Lehren
der 1930er Jahre vergessen habe. Ein derartiges Versagen der Finanzmärkte wäre unter den starken
Regulierungsmaßnahmen der 1970er Jahre nicht möglich gewesen. Die wirtschaftstheoretischen Modelle
des britischen Ökonomen John Maynard Keynes hätten weiterhin Bestand. In Krisenzeiten müsse die
Nachfrage von öffentlicher Hand gestützt werden um den Krisenverlauf nicht durch Sparmaßnahmen zu
verschärfen.
Kritik an der Krisenpolitik der Europäischen Union
Die Europäische Kommission hat laut Krugman in der Krise eindeutig auf die falschen Rezepte gesetzt.
Auch der nun vorgelegten Investitionsplan sei substanzlos und gehe nicht weit genug. Trotzdem gab sich
Krugman insgesamt optimistisch. Lohnsenkungen und ein Abbau von Standards seien keine zwangsläufige
Folge der Globalisierung. Er plädierte für eine schrittweise, lösungsorientierte Politik. Durchschlagskräftige
Einzelmaßnahmen könnten letztlich eine Kehrtwende einleiten.
Datum:
22.04.2015 14:31
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