Für eine globale, kosmische Religionsauffassung, Toleranz und Konsequenz Geschäftsstelle: Wielandstraße 33, 10629 Berlin (Charlottenburg), Telefon / -fax: 885 16 82, e-mail: [email protected] Bankverbindung: Unitarische Kirche, LBB Berliner Sparkasse, BLZ.: 100 500 00, Konto-Nr. 071 000 8589, IBAN: DE29 1005 0000 0710 0085 89, BIC: BELADEBE JUNI 2015 Anreiz für Greiz Greiz, Unteres und Oberes Schloss Foto: Wolfgang Pehlemann 2009 -2- Liebe Leserin, lieber Leser! die Ferien nahen und mit ihnen unsere Reiselust. Während wir endlich Eis schleckend und Weiße trinkend das Draußen genießen, träumen wir von nahen und fernen Zielen. Da gibt es viel Verlockendes in der näheren Umgebung: die Bundesgartenschau, diesmal an fünf Standorten, die Luther-Ausstellung in Torgau, die Händel-Festspiele in Halle, den Schweriner und den brandenburgischen Musiksommer. Mit den ersten schönen Tagen hat es uns diesmal an einen wenig bekannten thüringischen Ort verschlagen, nach Greiz im Vogtland. Die „Perle des Vogtlandes“ hat nach einem Leipzig-Aufenthalt einfach unsere Neugier nach dem, was da außer der Weißen Elster noch „perlt“, geweckt. Und siehe an, das glich doch eher Sekt als Saft! In einer tiefen Talsenke liegt die ehemals kleinste Residenzstadt Deutschlands vor uns und überwältigt uns mit drei Schlössern, dem Unteren und dem Oberen Schloss und dem Sommerpalais. Sie liegen so eng beieinander, dass man wirklich nicht viel zu laufen hat - zur Not gelangt man ins Obere Schloss auch mit dem Auto. Aber wir laufen nach dem Besuch der Touristeninformation im Unteren Schloss den kurzen Weg an Felsenkellern vorbei ins Obere Schloss und ruhen uns an der Zenta-Eiche aus. Blick über Teile der Stadt Greiz, …wird fortgesetzt Der Blick über die Stadt, das Tal und die sanften Hügel des Vogtlandes ist schon mal nicht schlecht und die Geschichte der Eiche richtig spannend. Sie wurde auf dem Grab des Pferdes gepflanzt, das den verletzten Reusser Fürsten Heinrich VI. 1697 aus der Schlacht von Zenta in Serbien herausgetragen hat und ist ein berührendes Beispiel für die Freundschaft zwischen Mensch und Tier. Dann durchqueren wir die Schlosshöfe und gelangen zum über 100 Meter über dem Tal gelegenen Schloss. Kaum haben wir die Tür geöffnet, stehen wir überwältigt in der Eingangshalle. Vier Etagen, in edelster Weise renoviert, laden uns zu einer ausführlichen Besichtigung ein und darüber hinaus motiviert noch der Einführungsvortrag der lebhaften und charmanten Führerin. Der „sprechende“ Fahrstuhl erklärt in jeder Etage die jeweiligen Themen und singt dazu noch das passende Lied! Im 4. Stock wird ein amüsanter 3DFilm über die Geschichte des kleinen Fürstentums gezeigt, viele Exponate werden interaktiv dargestellt, man kann wackeln, schieben, drehen. Das Ganze ist so kurzweilig, dass man, ehe man es sich versehen hat, dort zwei Stunden verbracht hat. Und zum krönenden Abschluss bekommt man in der Eingangshalle auf sehr schicken modernen Sofas sitzend auch noch einen Kaffee serviert. Foto: André Karwath 2008 GSF -3- Gottesfeier vom 5.April 2015 – Pfingsten – Eingangsspruch: Wenn es wahr ist, dass der Glaube eine Gnade ist, ein Geschenk Gottes, so ist er doch auch eine Tugend und hängt, zu einem Teil, von unserem Wollen ab. François Mauriac Schriftlesung: Unsere Taten müssen vor allem ein Ausdruck der Freiheit sein, sonst gleichen wir Rädern, die sich drehen, weil sie von außen dazu gezwungen werden. Rabindranath Tagore Evangelium: Der Geist ist es, der da lebendig macht; das Fleisch ist zu nichts nütze. Joh 6, 63 Kurzfassung des Predigttextes Meine lieben, andächtigen Mitmenschen! Die Pfingstfeier, die wir jährlich halten, ist eine Feier des Geistes. Die Geschichte Pfingstens ist uns älteren eigentlich allen bekannt. Bei jüngeren Menschen hingegen werden wir bei der Frage nach dem Pfingstfest oft auf ratlose und staunende Augen stoßen. Aber wenn ich Ihnen jetzt sage, heute ist gar nicht Pfingsten, sondern Schawuot, dann reagieren doch auch einige von Ihnen etwas irritiert. Pessach ist vorbei, was soll denn noch kommen? Wenn wir Unitarier gefragt werden, was wir denn seien? Christen im eigentlichen Sinne wohl nicht, dann kommen wir zu Ostern und Pfingsten zusammen, und tun so, als sei nichts gewesen. Den meisten Menschen ist leider nicht bewusst, wie sich diese Feiertage miteinander verbinden. Ostern ist das jüdische Passahfest, der Beginn der Erntezeit in Israel. Schawuot heißt Wochen und bedeutet, jetzt ist die Erntezeit vorbei. So ist es im Englischen und Italienischen zu dem Begriff Pentecost, fünfzig, gekommen. Es sind genau 49 plus einem Tag, sieben Wo- chen, und der nächste Tag ist Pfingsten. Das Schöne an vielen solcher Feste ist, dass sie religions-übergreifend sind und die Gedanken und Empfindungen der Menschen anderer Kulturkreise miteinbeziehen. Da kommt mir unser Symbol in den Sinn. Immer wieder werde ich nach seiner Bedeutung gefragt, einem lateinischen Kreuz mit einem Kreis. Das Einfachste ist der Hinweis auf das keltische Hochkreuz. Kreis und Kreuz verbinden sich hier zu einer wunderbaren Botschaft, der christlichen und der Botschaft anderer Religionen. Wir können es nicht genau beweisen, weil die keltisch-irische Kultur keine schriftlichen Zeugnisse aufweist. Doch mit allergrößter Wahrscheinlichkeit ist damit das Sonnenrad bzw. der Sonnenkreis symbolisiert. Also auch schon im Keltischen sind zwei Kulturkreise miteinander verschmolzen worden. Pfingsten ist ein ganz besonderer Tag, ein Tag des Geistes, eines geistigen Prozesses, wie ihn jede Hochreligion kennt. Er kennzeichnet einen Weg, den die Menschen gemeinsam gehen -4- und auf dem sie ihre Spiritualität entfalten können. Und so ist Pfingsten auch ein Tag, an dem wir uns unserer geistigen Herkunft bewusst werden. Nach der Überlieferung saßen die Jünger beieinander, ein verlorenes Häuflein; ihr einziger Anführer auf fürchterliche Art hingerichtet. Wann würde der nächste von ihnen ans Kreuz geschlagen werden? Was aus ihnen werden würde, war völlig unklar. Nach ihrem Pfingsterlebnis haben sie deshalb beschlossen, vorwärts zu ziehen, ein Zurück wäre ein Weg in den Untergang, ein Verrat am Meister, ein Verrat an der gemeinsamen Sache. So sind sie jahrelang durchs Land gezogen unter widrigsten Umständen, ohne Unterkunft zu haben, ohne eine sichere Perspektive. Der Bibel nach bestand die Truppe allein aus Männern, wahrscheinlich waren aber auch Frauen dabei. Das hat die Situation sicherlich nicht leichter gemacht; schließlich gab es keine Gleichberechtigung der Geschlechter. Kurzum, ihr Weg war enorm schwer und problembeladen. Aus dieser verzweifelten Lage heraus entschließen sie sich, die Flucht nach vorn anzutreten. 200/300 Jahre später sind sie schon eine entscheidende Macht geworden, die Klammer des Römischen Reiches, die Klammer, die das Auseinanderdriften eines Vielvölkerstaates verhinderte. Keiner der Beteiligten hat das erlebt. Aber relativ bald erkannten sie, dass ihr Weg Erfolg versprechen könnte. Das Resultat haben sie selbst nicht erfahren, das Lebensalter gab es in der damaligen Zeit nicht her. Dieses Pfingsterlebnis, wie es gern genannt wird, dieses Gefühl, gemeinschaftlich zusammen zu sein und spirituell gestärkt zu werden von einer nicht erklärbaren Kraft, erfüllt die Jünger, stärkt sie und gibt ihnen Mut, ihr Leben aktiv in die Hand zu nehmen und nicht abzuwarten, was das Schicksal ihnen antun könnte. Das ist das eigentliche Pfingsterleben, das uns allen etwas geben kann. Denn es heißt, dass wir unser Leben gestalten können und sollen. An dieser Stelle erinnere ich Sie an den Ausspruch von Rabindranath Tagore, den wir als Schriftlesung hatten, „...Packt euer Leben an, macht etwas daraus, lasst euch nicht drehen“, das möchte er uns damit sagen. Wir sollen nicht Rädern gleichen, die von außen gezwungen werden, sondern selbst unser Leben in die Hand nehmen, es aktiv gestalten. Und wenn wir uns noch einmal den Eingangsspruch von F. Mauriac anschauen, erfahren wir, dass Glauben zwei Quellen hat: glauben zu können ist ein Geschenk Gottes. Gott hat uns dieses kostbarste Geschenk gemacht, dass wir glauben können. Aber es ist doch auch eine Aufgabe zu glauben, eine Tugend, die zum Teil von unsrem Wollen abhängt. Auf das Pfingstfest bezogen bedeutet es, dass das, was wir heute feiern, auch ein Fest des eigenen Willens ist. Es ist ein Fest, indem wir uns durchringen, uns hier zu versammeln und unsere Entscheidungen zu hinterfragen und uns mit ihnen auseinanderzusetzen. Ich als schwacher, fehlerhafter und sündiger Mensch will lernen, lieben, Harmonie verbreiten. Das alles ist in unserem Pfingstfest enthalten, die Klarheit, wie sie über die Jünger kommt, so steht es in der Bibel und die Klarheit, die wir in uns entwickeln und die wir uns an einem solchen Tag ins Bewusstsein rufen. Das ist Pfingsten! -5- So möchte ich meine heutige Ansprache mit einem Gedicht von Friedrich Traub beschließen: Pfingstbitte Sehnend blicke ich nach oben, Komm zu mir mit deinen Freuden, Dürstend wie ein dürres Land; Deinem Frieden, deinem Trost! Halte segnend aufgehoben, Schenke mir Geduld im Leiden, Vater, deine treue Hand! Draus ein ew’ger Segen sprosst! Kehre wieder, Geist der Pfingsten, Komm zu mir mit Kraft und Stärke, Senk dich wieder erdenwärts; Zu besiegen Sünd’ und Welt! Der du kommst zu den Geringsten, Fahre fort in deinem Werke, Komm auch in mein müdes Herz. Schaffe, was dir wohlgefällt. Komm zu mir, mein treuer Leiter! Komm zu mir und lass dein Feuer Zagend, bangend steh ich hier. Mächtig brennen, nie vergehn; Mit dir geh ich stille weiter, Dass ich stets als ein getreuer Folgend Jesu Kreuzpanier. Jünger Jesu mög bestehn. Komm zu mir, du scharfer Prüfer, Komm zu mir, ach komm und bleibe Füll mein Herz mit deinem Licht! Ewiglich mein Morgenstern! Leuchte heller, strahle tiefer, Bis das letzte Dunkel bricht! Friedrich Traub In diesem Sinne wünsche ich Ihnen allen, wünsche ich uns allen gesegnete Feiertage. Amen Pfarrer Martin Schröder -6- Woche der pflegenden Angehörigen Fortsetzung und Schluss Grußwort der Ev. Kirche Berlin-Brandenburg- schlesische Oberlausitz (EKBO) Mein Name ist Kurt Kreibohm. Ich bin als Gemeindepfarrer der Ev. Kirche Berlin-Brandenburgschlesische Oberlausitz (EKBO) seit sechs Jahren im Ruhestand und arbeite seit fünf Jahren als ehrenamtlicher Seelsorger im Diakonie-Hospiz BerlinWannsee mit. Es ist eins der 14 Berliner Hospize; hier werden im Laufe eines Jahres in 14 Zimmern durchschnittlich 120 Menschen im Sterben begleitet. Rund 30 Hauptberufliche (einschließlich TeilzeitBeschäftigten) kümmern sich um das stationäre Hospiz, mehr als 80 Männer und Frauen sind ehrenamtlich tätig, vorwiegend im ambulanten Bereich (jeweils bis zu 100 Menschen, die zu Hause besucht werden). Wenn die Sterbenden zu uns ins Hospiz kommen, haben sie oft schon eine lange Leidenszeit hinter sich, in der auch die Angehörigen bis an die Grenze ihrer Möglichkeiten ihre Schwerkranken versorgt haben. Wenn wir in dieser Woche den pflegenden Angehörigen unsere Anerkennung, Wertschätzung ihres Einsatzes und schlichtweg unseren Dank sagen für das, was sie meist still und wie selbstverständlich Tag für Tag leisten, dann denke als evangelischer Christ an all das, was Jesus uns aufgetragen und vor allem getan hat. Er sagt im Matthäus-Evangelium in Kapitel 25 in einer Bildgeschichte über das, was vor Gott wirklich zählt: „Was ihr einem von meinen geringsten Geschwistern Gutes getan habt, das habt ihr mir getan.“ Und er meint mit diesen Geschwistern nicht nur seine eigenen vier leiblichen Brüder und mindestens zwei Schwestern, er meint nicht nur seine Mutter Maria, sondern viel mehr jeden Menschen, der mir und dir begegnet und Hilfe braucht. Damals wie heute gibt es ja auch Menschen, die niemanden mehr als Angehörigen haben. Viele alte Menschen in Heimen bekommen nie Besuch. Wie oft bin ich als Pfarrer allein hinter einem Sarg hergegangen. Aber außer den Angehörigen gibt es den Nächsten oder die Nächsten; und das sind nicht nur Leute aus meiner Nachbarschaft, nicht nur Menschen aus meinem Stamm oder Volk. Nein, wenn Jesus von Nächsten als Brüder und Schwestern spricht, dann meint er grundsätzlich alle Menschen. Vor Gott, den er als unseren Vater in seinem bekanntesten Gebet, dem „Vater unser“, anspricht, sind wir alle gleichermaßen Kinder und als Geschwister füreinander verantwortlich. Für die Nahen und Bekannten, aber auch für die Fernen und die Unbekannten. Darum heißen die Frauen, die sich um Kranke kümmern und sie pflegen, ganz bewusst Kranken-Schwestern. (Es wäre schön, wenn es auch einmal den Begriff „Kranken-Brüder“ geben würde). Jesus will, dass wir die Augen öffnen und da sind, wo und wann immer einem Menschen als geliebtem Geschöpf und Ebenbild Gottes Leid geschieht oder -7- Unrecht zugefügt wird. Jesus will, dass aus allen, den Blutsverwandten, Bekannten, Freunden, aus Inländern und Ausländern ein globales, grenzenloses Netzwerk der Nächstenliebe wird. Jesus zeigt uns, wie wir in der Zuwendung und Liebe zu Anderen Erfüllung, Sinn, ja Glück in unserem Leben finden. Der Apostel Paulus sagt: „Einer trage des anderen Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen.“ Nämlich: Liebe Gott und deinen Nächsten wie dich selbst, denn Gott ist Liebe, und wer Gott begegnen will, wird reich beschenkt, wenn er anderen in Liebe begegnet und viel, viel Liebe zurückbekommt. Wer so lebt und wer so liebt, wird nie einsam sein; wer so aufmerksam um sich schaut und nach Kräften und Möglichkeiten zupackt oder schlicht da ist, darf sich gut fühlen. Die Bibel spricht von den Gerechten, Gotteskindern, den Sanftmütigen, den Nachfolgern und Jüngern und Jüngerinnen Jesu, (auch von den Seligen, Engeln, auch von Friedensstiftern und von Heiligen). Wir nennen sie heute eher nüchtern Vorbilder, Mitmacher, Helfer der Menschheit, oder eben auch – „pflegende Angehörige“. Sie alle dürfen sich angesprochen, gelobt und geliebt fühlen durch den Satz Jesu in der Bergpredigt / Matthäus 5: „Selig sind die Barmherzigen, denn sie werden Barmherzigkeit erlangen.“ Als Segenswort für sie und uns alle habe ich ausgewählt ein Wort von Dietrich Bonhoeffer, der am 9. April 1945 – also vor 70 Jahren – im KZ Flossenbürg von den Nazis im Alter von erst 39 Jahren umgebracht wurde. Von ihm stammen die Worte, die er aus der Haft zu Weihnachten 1944 an seine Braut und Familie schrieb: „Von guten Mächten wunderbar geborgen erwarten wir getrost, was kommen mag; Gott ist bei uns am Abend und am Morgen und ganz gewiss an jedem neuen Tag.“ Bleiben Sie behütet. Pfarrer i.R. Kurt Kreibohm Ev. Kirche Berlin-Brandenburg- schlesische Oberlausitz (EKBO) Grußwort der griechisch-orthodoxen Kirche „Bis in euer Alter bin ich derselbe, und ich will euch tragen, bis ihr grau werdet.“ Jesaja 46,4 -8- Liebe pflegende Angehörige! Was für ein Versprechen ist das, welches Gott uns selber mit dem eben gehörten Satz gibt!? ER selber kennt die menschlichen Gebrechen nur allzu gut, denn er hat uns so gemacht, wie wir sind. Wir werden geboren, sind frisch und munter, machen unseren Schulabschluss, arbeiten unser Leben lang und am Ende unseres Lebens werden wir schwächer und schwächer, unsere Gelenke schmerzen und unser Geist schwindet auch. Genau dann brauchen wir Menschen, die uns TRAGEN. Aber was bedeutet dies denn für uns Pflegende und unsere Angehörigen? – Das Wort „tragen“ liegt überaus eng mit dem Wort „er-tragen“ zusammen. Sie kennen diese Situationen sicher nur allzu gut, wenn Sie als Pflegende vielleicht genervt, ausgepowert, gestresst sind und kaum einen Ausweg aus der Pflegesituation sehen. Sie haben sich dort einer großen Aufgabe unterstellt, jemanden aus dem engsten Familienkreis zu pflegen, waren sich vielleicht bis dato aber nicht klar über die möglichen Konsequenzen Ihres Versprechens, was es bedeuten könnte. Als ich damals meine an Bauchspeicheldrüsenkrebs erkrankte Mutter bis zum Lebensende gepflegt habe, wusste ich auch nicht genau, was auf mich und meine Familie drauf zukommen würde. Es bedeutet einen „full-time-job“, ständig anwesend zu sein, alles Erdenkliche zu regeln, im Krankenzimmer rund um die Uhr zu sitzen, man ist wachsam und sensibel für jede Bewegung, jeden Atemzug und jedes leicht gehauchte Wort des zu Pflegenden. Man traut sich selber noch nicht einmal auf die Toilette, aus Angst, dass ES gerade dann geschieht und der liebe Mensch genau in diesem Moment zu Gott heimgerufen wird. Wir fühlen uns verpflichtet dabei zu sein, Sie oder Ihn genau in diesem Moment nicht alleine zu lassen. Aber wer trägt uns in diesen oder auch anderen Situationen als pflegende Angehörige?! Als Pflegedienstleiter habe ich jeden Tag mit solchen Problemen zu tun. Es gibt Fragen, wo die Angehörigen unserer Klienten noch Hilfen zur Pflege bekommen können; wo noch Hilfsmittel zur Optimierung der Pflege zu beschaffen sein könnten; was muss ich tun, wenn die Sozialdienste der Bezirksämter die notwendigen und auch essenziellen Leistungen kürzen, ohne sich ein korrektes Bild der pflegerischen Situation in der Häuslichkeit gemacht zu haben?! Diese und weitere Fragen schwirren in den Köpfen von uns allen herum. Es macht mich einerseits froh, dass wir überhaupt in Berlin diverse Möglichkeiten haben, andererseits jedoch auch traurig, das viele Bezirksämter Leistungen kürzen, wo schon nichts mehr zu kürzen ist und wir gezwungenermaßen diese Dinge hinnehmen müssen und es fast sinnlos ist, sich mit den Behörden auseinanderzusetzen, weil es immer dieselben Antworten auf unsere Fragen gibt. – Man stößt auf dicke Mauern! Jedoch möchte ich mit meinen Worten nicht noch mehr Ausweglosigkeit schüren. Nein, keineswegs! Als pflegende Angehörige gehören Sie zum ältesten Unternehmen der Menschheit! Nämlich dem ambulanten Pflegedienst! Durch Ihre Arbeit und Ihre Tätigkeit können Sie dem Ganzen trotzen! Behaupten Sie sich gegenüber unserem Sozialsystem und machen Sie auf sich, an Events wie der -9- „Woche der Pflegenden Angehörigen“ aufmerksam und tanken Sie Kraft und Mut im Austausch mit anderen Pflegenden! Lassen Sie sich „tragen“! Tragen von Gott! – Denn sein Versprechen gibt er uns allen und will uns Stütze, Kraft- und Mutgeber sein. ER allein gibt uns dies alles, wenn wir nicht mehr weiter wissen. Und ER schenkt uns in vielen Situationen auch Menschen, die auch „er-tragen“, wenn wir uns etwas von der Seele reden wollen… Liebe pflegende Angehörige, ich wünsche uns das von ganzem Herzen. Amen! Weihbischof Nikolaos Appel Griechisch-orthodoxe Kirche Grußwort der Neuapostolischen Kirche Berlin-Brandenburg Sehr geehrte Damen und Herren, liebe pflegende Angehörige, was Sie leisten, das ist – ganz kurz gesagt ausgesprochen bewundernswert und großartig! – Zugleich ist es aber im wahrsten Wortsinn auch „unbeschreiblich“, denn es ist nicht einfach so messbar, es gibt keine Skala im herkömmlichen Sinn dafür, keine Maßeinheit. Doch es ist spürbar und tut in vielfacher Hinsicht wohl – nicht nur den pflegebedürftigen Angehörigen. In der Neuapostolischen Kirche sind in den Ländern Berlin und Brandenburg rund 1.100 ehrenamtliche Seelsorger tätig, die häufig Begegnungen mit Frauen und Männern haben, die Angehörige pflegen. Zumeist ergeben sich diese Begegnungen im Zusammenhang mit Seelsorgebesuchen bei kranken bzw. betagten Gemeindemitgliedern. Die „Woche der pflegenden Angehörigen“ ist eine schöne Gelegenheit, auch seitens der Seelsorge einmal ganz speziell ein wertschätzendes, anerkennendes und herzliches Dankeschön an alle zu richten, die Angehörige pflegen. Wir sind dankbar, mit Ihnen gemeinsam an dieser Basis der Nächstenliebe tätig sein zu können. Wie wohl tut es einem pflegebedürftigen Menschen – ob jung oder alt –, wenn er nach Leib, Seele und Geist liebevoll und zuwendend umsorgt wird! Ein Dankeschön – so ehrlich und lieb es auch gemeint sein mag – wird rasch wieder verhallen und recht schnell in der Fülle der Aufgaben und Beanspruchungen untergehen, die pflegende Angehörige täglich zu bewältigen haben. Aber wir wünschen Ihnen, dass all ihr Tun und Mühen nachhaltig von Gottes Segen begleitet sei: - 10 - Gott segne Ihre Kraft und Ihre Gesundheit, um anpacken zu können, wo Hilfe gebraucht wird. Gott segne Ihre Zeit, damit Sie diese allen Ihren Angehörigen – auch sich selbst – reichlich schenken können. Gott segne Ihre Gelassenheit, um über gelegentliche Gesten oder Worte der Unzufriedenheit liebevoll hinwegzublicken. Gott segne Ihre Geduld, um nicht aufzugeben, wenn gewisse Schwierigkeiten sich ständig wiederholen. Gott segne Ihre Freundlichkeit, damit Ihr Lächeln Freude und Zuversicht im Herzen des Betrübten auslöst. Der Segen Gottes mache Sie in Ihrem Herzen reich an Frieden und Zufriedenheit. Und Gottes Segen bewahre uns allen die Dankbarkeit, einander zu haben. Karsten Hühn Neuapostolische Kirche Berlin-Brandenburg Schlusswort Frank Schumann, der Leiter der Fachstelle, schrieb uns nach Abschluss der Veranstaltung: Die wesentliche Botschaft ist: Wir wollten mit der Abschlussveranstaltung verbinden – Kultur mit Kultur – Religion mit Religion – pflegende Angehörige mit beruflich Pflegenden. Denn Pflege und die Fürsorge für die Menschen, die wir lieben und die unsere Hilfe brauchen, ist etwas, was uns alle verbindet. Und wir schauen auf eine erfolgreiche Woche zurück. Sie war deshalb erfolgreich, weil wir in viele glückliche Gesichter blicken konnten. Weil wir viele gute Gespräche führen durften und weil viele Menschen gesagt haben: „Jetzt habe ich wieder Kraft…“ Frank Schumann Fachstelle für pflegende Angehörige - 11 - alle Fotos von der Abschlussveranstaltung: Katharina Kühnel Vorwort Liebe Leserin, lieber Leser! Nachstehend finden Sie einen Bericht von unserem Freund Ali Gronner MM, der das Unitarisch-Universalistische Forum (UUF) in Wien leitet. Er hat an dem Kirchentag der „Deutschen Unitarier Religionsgemeinschaft“ in Worms teilgenommen. Dieser Gruppe waren nach dem zweiten Weltkrieg zahlreiche NSDAP-Mitglieder beigetreten, die auch das Gedankengut bestimmten. Im Internet finden Sie deshalb viele entsprechende Vorwürfe. Ich habe unsere Gemeinde deshalb auf Distanz gehalten, damit wir nicht in falschen Verdacht geraten und mehr das persönliche Gespräch gesucht. Denn solche politische Ausrichtung ist für uns Unitarier nun wirklich nicht typisch. Jetzt hat sich auf diesem Kirchentag eine Wende vollzogen. Dazu kann man den Deutschen Unitariern nur gratulieren. Es ist für alle Unitarier in Deutschland der richtige Schritt in die richtige Richtung. Martin Schröder Bericht vom Unitariertag in Worms. Vom 22.-25.Mai 2015 fand in Worms der 29. Unitariertag statt, der diesmal von den Deutschen Unitariern gemeinsam mit den European Unitarian Universalists veranstaltet wurde. Die Nibelungenstadt am Rhein war nicht zufällig als Tagungsort bestimmt worden. Worms liegt nur wenige Kilometer von Alzey entfernt. Die Freie Religionsgemeinschaft Alzey war die historische Muttergemeinde der Freien Protestanten, der Keimzelle des deutschen Unitarismus. Sie verließ die mittler- - 12 - weile zur „Deutsche Unitarier Religionsgemeinschaft“ mutierte Organisation Anfang der 1950-Jahre in Unfrieden und hält sich seither auf größtmöglichster Distanz. Worms als Austragungsort war also durchaus als Versuch zu sehen, die Hand zur Versöhnung auszustrecken. Diese Geste wurde ignoriert. Alzey nahm den Unitariertag nicht zur Kenntnis. Dem Unitariertag ging – wie üblich – die Hauptversammlung der Religionsgemeinschaft bevor. Und auf dieser Hauptversammlung wurden Beschlüsse von weitreichender Bedeutung gefasst. So wurde auf Antrag des Vorstandes eine Umbenennung vorgenommen. Die Deutschen Unitarier heißen nunmehr Unitarier – Religionsgemeinschaft Freien Glaubens. Die Umbenennung sollte zweierlei zum Ausdruck bringen: Die Einsicht, dass Deutsch in der Vergangenheit nicht bloß ein geographischer Hinweis war, sondern auf eine völkische Ideologie hinwies, die in der Vergangenheit ihre Spuren bei den Deutschen Unitariern hinterlassen hatte. Zum anderen soll damit die Einbindung in die internationale unitarische und universalistische Bewegung betont werden – ein Ende des deutschen Sonderwegs bei Aufrechterhaltung der eigenen Identität. Ebenfalls bemerkenswert war die Entscheidung, durch Streichung eines Passus im Statut künftig Doppelmitgliedschaften zuzulassen. Man kann nunmehr auch Mitglied bei diesen Unitariern sein, ohne z.B. aus seiner Kirche austreten zu müssen. Ein deutliches Signal der Offenheit. Beide Beschlüsse wurden übrigens mit überwältigender Mehrheit angenommen! Wenden wir uns dem Unitariertag selbst zu. Der Unitariertag stand unter dem Motto Spuren lesen – Wege bahnen und fand im Parkhotel Prinz Carl statt, einer ehemaligen Kaserne, die zu einem komfortablen Hotel in einer schönen Parklandschaft ausgebaut wurde. Veranstaltungsort war meist die ehemalige Kapelle, ein Ambiente, das dem neuen Stil der deutschen Unitarier/innen gerecht wird... Eingefunden hatten sich etwa 180 Personen, darunter auch eine Schar von Kindern und Jugendlichen, die – im wahrsten Sinne des Wortes – ihre Zelte im Parkgelände aufgeschlagen hatten. Bemerkenswert auch die Zahl der internationalen Gäste: aus den Niederlanden Wytske Dijkstra, Präsidentin der International Association for Religious Freedom und Annelies Trenning (ebenfalls IARF), aus dem UK John Clifford, ehemaliger executive secretary des ICUU mit seiner Frau Barbara, Bonnie Friedman und Marrhew Gilsenan von den European Unitarian Universalists, Bela Botond Jakabhazi aus Transsilvanien, Sofia Kucerova von den tschechischen Unitarier/inne/n und ich selbst. Die Eröffnungsveranstaltung Zeigt her eure Schuhe bot auf originelle Weise Gelegenheit, Bezüge zur Vergangenheit – sowohl der individuellen als auch der gemeinschaftlichen – herzustellen. Das Impulsreferat hielt Gabriele Berger. Jörg Last nahm mit seinen Ausführungen unter dem Titel Von deutschen Wegen in unitarischer Geschichte den Faden auf und zeigte in klaren und eindringlichen Worten die unseligen Einflüsse völkischen Gedankengutes in der deutsch-unitarischen Geschichte auf. Er setzte sich dabei besonders mit Rudolf Walbaum auseinander und arbeitete die Ambivalenz dieser bedeutenden Gestalt des deutschen - 13 - Unitarismus heraus – neben seinen Verdiensten um die unitarische Sache auch seine Verstrickung in den braunen Sumpf seiner Zeit. Ein emotionaler Höhepunkt seiner Ausführungen war der Moment, als er den erschrocken-betroffenen Anwesenden das Emblem des Kampfbundes Deutschen Glaubens, die Hagalrune zeigte, die dem Symbol der Deutschen Unitarier gleicht wie ein Zwillingsbruder dem anderen. Vielleicht wird diese eindrucksvolle Demonstration die nun schon so lange andauernde Diskussion um das Symbol endlich beenden... Nach diesem Höhepunkt der Tagung ging es weiter mit den Arbeitsgruppen. Aus dem vielfältigen Angebot suchte ich mir zwei heraus: Vielfalt bedeutet uns Reichtum, geleitet von Inga Brandes sowie Menschenrechte: eine Möglichkeit sich zu engagieren (Leitung Annelies Trenning/Wytske Dijkstra). Die erstere ging aus Anlass ‚20 Jahre ICUU‘ auf Geschichte und Gegenwart dieser unserer internationalen Organisation ein, zweitere legte u.a. dar, wie die IARF die verschiedenen Mechanismen der Vereinten Nationen nutzt, um das Grundrecht der Freiheit der Religion und des Glaubens zu fördern Am Abend genoss ich in der Vorhalle des Hotels einen Teil des Kulturprogramms, nämlich Heiter bis wolkig, Lieder vorgetragen von Petra Köller-Last sowie das Gespräch mit Sofia Kucerova, Pfarrerin der unitarischen Gemeinde Liberec und mit Annelies Trenning, die mir schon von früheren Treffen bekannt war. Die sonntägliche Stunde der Besinnung, gestaltet von Gunde Hartmann, fand ich sehr anregend, was auch für den ‚touristischen‘ Teil der Veranstaltung gilt, den geführten Spaziergang durch das jüdische Worms. Den bunten Abend habe ich für Gespräche mit alten und neuen Freund/inn/en genutzt, was ja immer ein wichtiger und erfreulicher Aspekt all dieser Veranstaltungen ist. Nach der Abschlussveranstaltung, dem Mittagessen und einem längeren Plausch mit Inga Brandes und Bela Botond Jakabhazi ging es dann nach Hause. Alles in allem war es ein wirklich geglückter Unitariertag in einer fröhlichen, freundschaftlichen Atmosphäre. Die Empfehlung, die vier Jahre zuvor der scheidende Mentor der deutschen Unitarier Eric Hausman in seiner Abschiedspredigt gegeben hatte, wurde vom Vorstand und der Redaktion der unitarischen blätter in eindrucksvoller Weise umgesetzt: Aufarbeitung der eigenen Geschichte und Internationalisierung. Solcherart neu aufgestellt könnten sich in den kommenden Jahren für die deutschen Unitarier/innen große Möglichkeiten ergeben. Wie die bisherigen Überregionalen Treffen von Unitarier/inne/n und Freireligiösen zeigen, ist Bewegung in diese Szene gekommen. Das ist auch dringend notwendig, denn alle leiden an Überalterung und Mitgliederschwund. Dazu laufen die Freireligiösen Gefahr, von den hard-core-Säkular-Atheisten aufgesogen zu werden, wenn sie nicht lernen, ihre religiöse Komponente stärker zu betonen. Für regionale Selbstzufriedenheit und sektiererische Abschottung ist da kein Platz. Nach diesem Unitariertag ist die Unitarier-Religionsgemeinschaft freien Glaubens gut gerüstet, in den Umgruppierungsprozessen, die hoffentlich bevorstehen, eine positive Rolle zu spielen. Auf Wiedersehen beim Europäischen Unitariertag 2017 in Ulm! Ali Gronner - 14 - ANZEIGE FÜR JUNI 2015 04.06.2015, Donnerstag, 18.00 Uhr Filmreihe „Spirituelle Filme“ Film „Orphée“ (Orpheus) Lesestube Alextreff, Rosa-Luxemburg-Str. 18, 10178 Berlin Der Eintritt ist frei 07.06.2015, Sonntag, 6.56 Uhr Das Wort zum Tage im Deutschlandradio Kultur auf UKW 89,6 MHz es spricht Pfr. Martin Schröder 21.06.2015, Sonntag, 10.30 Uhr Gottesfeier im Nachbarschaftsheim „Mittelhof“, Königstraße 42-43, 14163 Berlin (Zehlendorf) (letzte Gottesfeier vor der Sommerpause) VORANZEIGE FÜR DEN JULI, AUGUST UND SEPTEMBER 2015 Juli Sommerpause 20.08.2015, Donnerstag, 15.00 Uhr Sommertreffen St.-Michaels-Heim Bismarckallee 23, 14193 Berlin-Grunewald Busse: M19, M29, 110 Wir wollen die alte Tradition wieder aufleben lassen, uns im Sommer zu einem gemeinsamen Kaffeetrinken zu treffen. Bitte rufen Sie vorher an, damit wir wissen, wie viele Plätze wir gegebenenfalls reservieren müssen! 06.09.2015, Sonntag, 10.30 Uhr Gottesfeier im Nachbarschaftsheim „Mittelhof“, Königstraße 42-43, 14163 Berlin (Zehlendorf) Blumenuhr im Greizer Park Foto: Michael Sander 2007
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