Attraktivität der dualen Berufsausbildung in Verbindung

Arbeitsmaterialien aus dem Arbeitsbereich 3.2
Attraktivität der dualen Berufsausbildung in Verbindung mit
der Funktion betrieblichen
Ausbildungspersonals
– eine qualitative empirische Studie
Das vorliegende Dokument gehört zu den Materialien, die im Rahmen der Aktivitäten des
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Bonn, April 2015
Attraktivität der dualen Berufsausbildung in Verbindung
mit der Funktion betrieblichen Ausbildungspersonals
Ergebnisse einer qualitativen Studie
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Hintergrund
2
2
Ergebnisse
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2.1 Die ausbildenden Betriebe
3
2.1.1 Triebkräfte und Hemmnisse der dualen Berufsausbildung
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2.1.2 Innere und äußere Rahmenbedingungen für die duale
Berufsausbildung
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2.1.3 Die Rolle der Ausbilder und Ausbilderinnen im Unternehmen
2.2 Die nicht-ausbildenden Betriebe
3
15
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2.2.1 Triebkräfte und Hemmnisse der dualen Berufsausbildung
22
2.2.2 Innere und äußere Rahmenbedingungen für die duale
Berufsausbildung
30
2.2.3 Anreize für den Wiedereinstieg in die duale Berufsausbildung
38
Zusammenfassung
41
Bildnachweise
45
1
1 Hintergrund
Das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) führte im November /Dezember 2014 im
Rahmen des Projektes „Foraus.de – das Internetforum des BIBB zur Unterstützung des
Bildungspersonals“ eine qualitative empirische Studie zur Attraktivität der dualen
Berufsausbildung in Verbindung mit der Funktion betrieblichen Ausbildungspersonals durch. 1
Dazu wurden 30 leitfadengestützte Experteninterviews in insgesamt 30
ausbildungsberechtigten Betrieben unterschiedlicher Betriebsgrößenklassen und aus
verschiedenen Branchen geführt.
Um einen umfassenden Einblick in die Erfahrungswelt der Unternehmen zu erhalten, wurden
ausbildende und nichtausbildende Betriebe interviewt. Die Gruppen wurden gemischt nach
Kammerzugehörigkeit (Industrie- und Handelskammer bzw. Handwerkskammer) und dabei
verschiedene Betriebsgrößen an Hand der Mitarbeiterzahl im Rahmen der definierten
Größenklassen für Kleinst-, Klein- und Mittelstandsunternehmen berücksichtigt.
Schlussendlich wurden auch drei relativ weit gefasste Branchengruppen
(produzierendes/verarbeitendes Gewerbe, Handel/Reparatur, Dienstleistung) in Anlehnung
an die vom Statistischen Bundesamt definierten Wirtschaftszweige gebildet. Die Studie
wurde in Form einer Klumpenerhebung durchgeführt, dafür wurden die „Metropolregion
Mitteldeutschland“ sowie die „Metropolregion Rhein/Main“ als Rekrutierungsgebiete
ausgewählt. Insgesamt wurden 17 Betriebe in Ostdeutschland und 13 Betriebe in
Westdeutschland rekrutiert und dort auch erfolgreich Interviews durchgeführt. Darunter sind
sieben Handwerksbetriebe. Die übrigen gehören in den Zuständigkeitsbereich der Industrieund Handelskammer. Die Mehrheit der Betriebe (21) sind Kleinst- und Kleinunternehmen mit
weniger als 50 Mitarbeitern, acht sind dem Sektor „produzierendes/verarbeitendes Gewerbe“
sowie jeweils 11 „Handel und Reparatur“ und dem „Dienstleistungssektor“ zuzuordnen.
Die Interviews wurden mit den relevanten Betriebsvertretern wie Betriebsleiter,
Ausbildungsleiter, Personalverantwortliche, etc. geführt und beanspruchten in der Regel
einen Zeitrahmen von etwa 20 bis 40 Minuten, in Ausnahmefällen 60 Minuten. Die
Gespräche wurden nach vorheriger Einwilligung der Probanden digital aufgezeichnet.
Ziel der Studie war es herauszufinden, was die Attraktivität der dualen Berufsausbildung für
die Betriebe ausmacht. Vielfältige quantitative Studien zu diesem Thema legen den Fokus
auf das Kosten-Nutzen-Verhältnis der Berufsausbildung im dualen System. Der thematische
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Mit der Durchführung wurde im Rahmen einer Ausschreibung „aproxima - Gesellschaft für Marktund Sozialforschung Weimar mbH“ (Projektleitung: Dr. Henry Kreikenbom) beauftragt.
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Schwerpunkt in der vorliegenden Studie sollte darauf liegen, welche Aspekte neben der
ökonomischen Sicht für die Betriebe bei der Entscheidung für die duale Berufsausbildung
eine Rolle spielen. Dabei wurde ein besonderes Augenmerk auf das Ausbildungspersonal
gelegt.
2 Ergebnisse
Die Einstellungen und Erfahrungen der Betriebe mit der dualen Berufsausbildung hängen
von verschiedenen Faktoren ab. Ein wesentlicher Faktor scheint allein schon die Tatsache
zu sein, dass sich Unternehmen dazu entschieden haben, sich in der dualen
Berufsausbildung aktiv zu engagieren bzw. davon Abstand zu nehmen. Deshalb werden die
Ergebnisse nach diesen beiden Gruppen von Betrieben unterschieden. Um diese
miteinander vergleichen zu können, wurde bei beiden Gruppen ein weitestgehend gleiches
Fragenschema im Leitfaden verwendet.
2.1 Die ausbildenden Betriebe
Insgesamt wurden 19 Unternehmen befragt, die sich in der dualen Berufsausbildung
engagieren. Im Untersuchungsraum Rhein-Main wurden acht und in der Metropolregion
Mitteldeutschland elf Interviews durchgeführt. Zum produzierenden Gewerbe gehören
insgesamt vier, zum Sektor Handel und Versorgung neun und zum Dienstleistungssektor
sechs Unternehmen. Der größere Teil der Unternehmen firmiert als GmbH (insgesamt 10).
Die meisten Unternehmen sind schon seit mehr als 20 Jahren am Markt, nur vier wurden erst
nach 1995 gegründet. Zu den Kleinstunternehmen (unter 10 Mitarbeitern) zählen vier, zu den
kleinen Mittelstandsunternehmen (10 bis 49 Mitarbeiter) gehören sieben Unternehmen. Von
mittleren bzw. großen Mittelstandsunternehmen mit 50 und mehr Mitarbeitern wurden fünf
befragt. Die meisten Unternehmen bilden schon länger als 15 Jahre aus. Knapp die Hälfte
der befragten Unternehmen haben ein oder zwei Lehrlinge, vier Unternehmen 10 und mehr.
Das durchschnittliche Mitarbeiteralter liegt bei den meisten Betrieben zwischen 40 und 49
Jahren. Zwei Betriebe haben sogar einen Altersdurchschnitt, der über 50 Jahre liegt. Somit
wurde ein guter Querschnitt verschiedener Unternehmenssituationen erfasst. Auf dieser
Basis konnte auch ein breites Erfahrungsspektrum in den Gesprächen erhoben werden.
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2.1.1 Triebkräfte und Hemmnisse der dualen Berufsausbildung
Was verspricht sich Ihr Betrieb davon auszubilden?
Aus den Interviewäußerungen geht hervor, dass es vor allem um zwei Faktoren geht:
Nachwuchssicherung und eine langfristige Bindung von Mitarbeitern an den Betrieb. Die
Strategie der Nachwuchssicherung durch Ausbildung wird z.B. von einem
Interviewpartner so beschrieben:
„Wir rekrutieren (…) unseren Nachwuchs, den wir hier benötigen aus der eigenen
Ausbildung. Wir gehen hier davon aus, wenn ich einen Lehrling drei Jahre hier
ausgebildet habe, dann kennt er sich im Unternehmen aus (…) wenn Sie
Quereinsteiger haben, die von außen kommen, die haben dann schon ihre Probleme,
sich über einen längeren Zeitraum dort hineinzufinden. Ein Lehrling hat das drei
Jahre erlernt. Wenn der aus der Lehre herausgeht, wenn der ausgelernt hat, dann ist
er in der Lage, die Arbeiten auszuführen, die hier anstehen (…) Und er weiß, wie es
im Unternehmen abläuft. Und das ist wichtig.“
Das Bedürfnis, junge Menschen langfristig an den Betrieb zu binden, wird am besten an
Interviewäußerungen wie dieser deutlich, in der ein Ausbilder einen seiner
Auszubildenden beschreibt:
„Der Herr X ist der Erste, der richtig mit Lust und Liebe sich der ganzen Umformung
annimmt. Also, abkanten und runden. Und dort, ich habe also den Eindruck jetzt,
dass es dort jetzt passt. Also, der junge Mann passt zu den älteren Herrschaften, die
also jetzt an den Maschinen stehen. Und ich habe das Gespür, dass er das auch
will.“
Neben den beiden am häufigsten genannten Aspekten Nachwuchssicherung und
langfristige Bindung von Mitarbeitern werden von Interviewpartnern gesellschaftliche
Verantwortung bzw. soziales Prestige, eine Verjüngung der Belegschaft und KostenNutzenaspekte genannt. Zur Rolle der gesellschaftlichen Verantwortung meint einer der
Interviewpartner:
„Weil meins war ja solchen zu helfen, die jetzt keine Chance haben auf dem
Arbeitsmarkt. Solchen zu helfen, das war eigentlich so meins. Es muss ja welche
geben. Ja, da sagen die immer: ‚Ja, warum bildest du denn solche aus? Warum
nimmst du die denn überhaupt?‘ Ich sage: ‚Ich nehme die, weil die woanders keine
Chance haben, weil die anderen Unternehmer so denken, wie Sie jetzt denken.‘"
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Das Motiv von Kosten-Nutzenaspekten wird in einer Interviewäußerung aus einem
jungen Unternehmen am deutlichsten, in der es heißt:
„Wir sind im Durchschnitt ein wahnsinnig junges Team, so dass wir von den
Gehaltsstrukturen von der obersten Stelle bis zur untersten Stelle alle relativ nah
beieinander liegen und ein sehr, sehr geringes Gefüge haben aufgrund von
Erfahrung, Betriebszugehörigkeit (…). Bei uns verdient jeder ab dem ersten Tag
Facharbeiter dasselbe wie er auch nach dem fünfundzwanzigsten Jahr verdient (…).
Das ist so ein gemeinsamer Konsens, um das Unternehmen nach vorne zu bringen,
um zu wachsen. Zu diesem Konsens muss man allerdings auch ein bisschen
unabhängiger sein, also mit Lohnverzicht ein Wachstum eines Unternehmens
voranzubringen für alle, geht nur dann, wenn ich nicht zu Hause schon zwei Kinder
sitzen habe, die auf jeden Fall Essen und Kleidung und Schulgeld wollen. Deswegen
ist es natürlich interessanter, Menschen zu nehmen, die noch vor diesen Schritten
stehen. Zwischen zwanzig und dreißig, oder halt sogar noch jünger, wo man sagt OK,
das ist jetzt noch ein bisschen, bis die in dieser Position sind. Die kommen jetzt noch
mit weniger Geld locker über den Monat und das ist auch noch gut für sie und für uns
und wir können zusammen wachsen. Und wenn die dann in zehn Jahren so viel Geld
brauchen, dann sind wir auch so groß, dass wir so viel Geld zahlen können.“
Warum bilden andere Betriebe nicht aus?
Als Grund für Nicht-Ausbildung wird mit großem Abstand am häufigsten eine als
mangelhaft wahrgenommene Qualität eingehender Bewerbungen genannt. Diese
schrecke Unternehmen von der Ausbildung ab. Ein allgemeiner Mangel an Bewerbern
wird hingegen kaum gesehen. Die meisten Befragten führen die unzureichende Qualität
der Bewerbungen in erster Linie auf eine mangelhafte schulische Vorbildung der
Bewerber zurück. Viele Befragte gehen davon aus, dass die Qualität der schulischen
Ausbildung in den vergangenen Jahren abgenommen hat. So meint ein Interviewpartner
auf die entsprechende Nachfrage:
„Ja, das kann man sagen, das ist so seit der Jahrtausendwende so reingehend also
in den Jahren 2003, 2004, 2005, da hatte man noch sehr viele Bewerbungen, da
waren auch sehr viele dabei mit gutem Notendurchschnitt, aber dann ist es da
sukzessiv nach unten gegangen.“
Beklagt wird von den Befragten z.B., dass der Notendurchschnitt der Bewerber immer
weiter absinkt oder Kenntnisse der Bewerber in Deutsch, Mathematik und den
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Naturwissenschaften als nicht mehr ausreichend empfunden werden. Einer der Befragten
beschreibt das an Hand eines Beispiels aus dem Einzelhandel so:
„Sie kriegen eine Lieferung mit drei Kisten á sechzehn Stück drin und fragen den
Auszubildenden, wie viele da auf dem Lieferschein stehen müssen und der kann das
ohne Taschenrechner nicht ausrechnen. Bei manchen Dingen fängt man bei null an.
Verzeihung, aber es ist so.“
Ein anderer Befragter meint:
„Ja, also, einfach die Allgemeinbildung, wie sich jemand artikuliert, also ob man,
wenn man sich die Schreiben anschaut, oft grammatikalische Fehler findet. Der
Notendurchschnitt ist (…) rapide gesunken, also die Leute sind ja, die finden ihr
Zeugnis ja toll, wenn sie in Mathe oder in Deutsch eine Vier haben, finden sie das
ganz toll und ja, dementsprechend ist auch ja so die Qualifikation nicht besonders.“
Neben der fehlenden fachlichen Kompetenz wird von vielen Befragten auch eine
nachlassende Sozialkompetenz der vorhandenen Bewerber beklagt. So heißt es von
einem der Interviewpartner:
Also früher hatten wir viel mehr Respekt vor Mitarbeitern oder Kollegen, die einem
letztendlich vorgesetzt sind. Heutzutage ist das nicht ganz so. Also da kommen
Antworten, oder ich sage mal, Sachen, wo ich sagen würde, ok, das hätte ich mir
früher nicht erlaubt ja, aber gut, die Zeit wandelt sich, wenn das zu extrem ist,
sprechen wir aber auch darüber. Das geht dann auch nicht alles eins zu eins durch.“
Ein anderer Interviewpartner meint:
„Ich würde mir wünschen, dass (…) die grundlegenden Formen einer harmonischen
Zusammenarbeit wieder aus dem Elternhaus kommen oder aus der Schule. Es gibt
tatsächlich jetzt Leute, die rennen an Ihnen vorbei und sagen noch nicht mal Guten
Morgen. Das musste ich denen erst einmal wieder anerziehen. Das würde ich mir
wünschen, dass die Menschen einfach wieder mehr im Team aufeinander zugehen.“
Als zweiten Grund, warum Betriebe nicht ausbilden, vermuten die Interviewpartner, dass
bei den nichtausbildenden Betrieben zu wenig personelle und zeitliche Ressourcen für
die Berufsausbildung zur Verfügung stehen. Beispielhaft erläutert das einer der
Interviewpartner so:
„Es könnte ein Grund sein, der Aufwand mit dem man sich mit dem Auszubildenden
beschäftigt, (das) sehe ich selbst jetzt aus eigener Erfahrung. Wir hatten jetzt eine
Zeit lang nicht ausgebildet. Man muss sich um die Auszubildenden kümmern und aus
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meiner Sicht auch deutlich mehr als vor dreißig Jahren, wo ich selbst in Ausbildung
gegangen bin.“
Als ein dritter wichtiger Grund für eine mangelnde Ausbildungsmotivation der Betriebe
wird von den Interviewpartnern die Angst vermutet, potenzielle Auszubildende nicht
langfristig an den eigenen Betrieb binden zu können. Als Hintergrund für diese
Entwicklung wird vor allem eine von den Interviewpartnern wahrgenommene immer
höhere Attraktivität des Studiums zu Lasten der beruflichen Ausbildung vermutet. Ein
Interviewpartner beschreibt das an Hand eines Beispiels aus seinem Betrieb:
„Also die Investition, wirklich dort Strukturen zu schaffen, dass man eine Ausbildung
erfolgreich beschreitet und nicht einfach nur, dass die nebenher läuft, sind sehr, sehr
hoch und halten viele davon ab. (Ich) (…) habe eine Auszubildende jetzt im dritten
Lehrjahr, dort sind zwei Jahre lang Wissen, Zeit, Geld reingeflossen, um sie
auszubilden. Die hat heute Fähigkeiten, die einmalig so sind in Deutschland. (Sie)
möchte jetzt aber gerne noch mal durch Amerika reisen und studieren. Und das heißt
für mich zwei Jahre umsonst eigentlich mit der Vollfertigung ihrer Fähigkeiten
beschäftigt und jetzt sind die sofort für das Unternehmen verloren. Das ist eine sehr,
sehr ärgerliche Sache. Und natürlich auch ein preisintensive Sache. Also wir haben
investiert und kriegen jetzt eigentlich (…) sehr, sehr wenig dafür.“
Ist es von Vor- oder von Nachteil, wenn Betriebe nicht ausbilden?
Von den Interviewpartnern aus den ausbildenden Betrieben wird es durchweg als
Nachteil empfunden, wenn Betriebe sich nicht an der Berufsausbildung beteiligen.
Unterschieden wird von den Interviewpartnern zwischen betriebswirtschaftlichen
Nachteilen für die einzelnen Betriebe und allgemeinen volkswirtschaftlichen Nachteilen
für die Gesellschaft. Zu den betriebswirtschaftlichen Nachteilen meint ein
Interviewpartner exemplarisch:
„Ich sehe es als großen Nachteil für die Unternehmen einfach, weil sie sich dann
bestenfalls gar nicht weiterentwickeln, schlechtestenfalls zurückentwickeln. Also
wenn ich mir so vorstelle: ‚Das haben wir schon immer so gemacht und warum sollen
wir uns nach vorne entwickeln?‘ Das sind meistens die Unternehmen, die irgendwann
vom Markt verschwinden.“
Bei den volkswirtschaftlichen Nachteilen wird in einigen Interviewäußerungen im
Zusammenhang eine vermeintlich zu starke gesellschaftliche Orientierung auf das
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Studium zu Lasten des Ansehens der beruflichen Ausbildung beklagt. So heißt es z.B. in
den Äußerungen eines Interviewpartners aus den neuen Bundesländern:
„Generell ist die Ausbildung der Grundpfeiler der Volkswirtschaft. Wir haben viel zu
viele Gymnasiasten und die Mehrzahl will natürlich dann auch studieren. Das
Verhältnis stimmt nicht mehr und das ist (…) eine Fehlentwicklung, die jetzt eigentlich
seit der Wende (…) stattfindet.“
2.1.2 Innere und äußere Rahmenbedingungen für die duale Berufsausbildung
Ansehen und Unterstützung im Betrieb
Nahezu alle Interviewpartner aus den ausbildenden Betrieben berichten von einem
hohen Ansehen bzw. einer hohen Unterstützung der dualen Ausbildung durch die
Geschäftsführung bzw. die Mitarbeiter in den jeweiligen Betrieben.
Was die praktische Unterstützung für die duale Berufsausbildung durch die Betriebe
angeht, so berichten die Interviewpartner von ganz unterschiedlichen Maßnahmen, wie
speziell organisierten Aufbauseminaren durch die Betriebe, regelmäßigen
Azubibesprechungen, Fort- oder Weiterbildungen für die Ausbilder oder ergänzenden
sozialen Unterstützungsmaßnahmen für die Auszubildenden (z.B. die Finanzierung von
Wohnkosten).
Vereinzelt wird von den Interviewpartnern außerdem eine positive Wirkung der
Teilnahme an der dualen Ausbildung für die Außendarstellung der Betriebe gesehen.
Dazu einer der Interviewpartner:
„Ich finde es auch klasse, was die IHKs machen, das ist dann immer so schön. Man
kriegt ja dann immer so einen schönen Aufkleber, den man sich so ja an die Kanzlei
hängen kann quasi, wir bilden aus. Ich finde es schön. Also ich weiß nicht, ob das
jetzt nur eine emotionale Geschichte von mir persönlich ist, aber ich glaube auch
schon, dass die Akzeptanz dann beim Verbraucher draußen auch eine höhere ist.
Wenn man sieht, ‚Ach guck mal, die tun was für ihre Leute.‘, kann ich mir schon
vorstellen."
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Unterstützung durch die Politik
Die Mehrzahl der Interviewpartner geht von einer momentan zu geringen Unterstützung
des dualen Ausbildungssystems durch die Politik in Deutschland aus. Erwähnt wird in
diesem Zusammenhang insbesondere eine von Befragten als mangelhaft
wahrgenommene schulische Ausbildung. Beispielhaft dafür ist folgende Äußerung eines
Interviewpartners:
„Dort hat man auf jeden Fall verpasst, mehr zu tun. Zielgerichteter etwas zu tun, vor
allem zielgerichteter in der Richtung zu tun, was brauchen wir für Leute mit welchen
Qualifikationen, also klassisch die Stärkung der MINT-Fächer im schulischen Bereich,
klassisch die Stärkung von Förderprogrammen für Langzeitarbeitslose, für gering
qualifizierte Schüler. Dort müsste viel, viel mehr passieren, weil wir eigentlich
Potenzial verschenken.“
Neben der Mehrzahl kritischer Äußerungen gibt es jedoch auch eine geringere Anzahl
von Interviewäußerungen, die von einer ausreichenden Unterstützung der dualen
Ausbildung durch die Politik sprechen.
Das Ansehen der dualen Berufsausbildung in der Gesellschaft
Die Interviewpartner aus den ausbildenden Betrieben sind in der Frage, welches
Ansehen das duale Ausbildungssystem in der Gesellschaft genießt, gespalten. In etwas
mehr als der Hälfte der Interviewäußerungen gehen die Befragten von einem nur
geringen gesamtgesellschaftlichen Ansehen der dualen Ausbildung aus. Als wichtigste
Aspekte werden dabei ein geringes Ansehen der Ausbildung im Vergleich mit dem
Universitätsstudium sowie ein generell schlechtes Ansehen der Ausbildung speziell im
Handwerk genannt. Das im Vergleich zum Studium als gering empfundene Ansehen der
Berufsausbildung wird von den Interviewpartnern am besten durch Zitate wie dieses
beschrieben:
„Ich glaube, eins der Grundprobleme liegt in der Schulbildung beziehungsweise in
dem Ansehen dort. Die Meinungen gehen dazu ein wenig auseinander, weil, ich sage
mal, heute gehen alle zu einem Studium mit mehr oder weniger guten Aussichten. Es
ist relativ hoch angesehen, wenn jemand studieren geht, wenn jemand, ich sag
einfach mal Einzelhandelskauffrau lernt, ist das nicht besonders hoch angesehen,
weil meiner Meinung nach die Leistung, die dort gebracht wird, nicht gesellschaftlich
gewürdigt wird.“
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Von einem Teil der Befragten wird das als gesellschaftliche Fehlentwicklung betrachtet.
So meint einer der Interviewpartner:
„Das ist ein grundsätzliches Problem, dass man wieder da einen Schritt zurückgeht
und sagt, ‚Okay, wir brauchen nicht ganz so viele Akademiker.‘ Also so schön das ist,
(…) das wird nicht funktionieren, gesamtwirtschaftlich. (…) Gymnasien gibt es, die
haben natürlich jetzt auch ihre Daseinsberechtigung (…). Insofern müsste man ja
wirklich sagen, halbieren. Also Anforderungen hochschrauben, so dass man weniger
zulässt. Das ist ein Prozess, der sicherlich viele Jahre dauert, um da hinzugehen, das
wird viele Jahre dauern, um da gegenzusteuern, befürchte ich.“
Ein Teil der Befragten geht von einem generell schlechten Image der Ausbildung im
Handwerk im Vergleich zu anderen Ausbildungssektoren aus. So heißt es exemplarisch
in einer der Interviewäußerungen:
„Wie gesagt, wir sind ja Dienstleister und wir reparieren Elektromotoren und
Elektromotoren sind nicht alle, ich sage mal, auf Neukaufstand. Laufen ja Jahre oder
Jahrzehnte im Betrieb. Dann sind ja die Betriebe unsere Kunden. Ich sage mal,
Betriebe, wo es auch nicht so sauber ist, auch von der Herstellung bedingt. Da
kommen natürlich auch die Motoren oder die Getriebemotoren rein, die sind ölig, die
sind fettig, die sind beschmutzt, hatte ich gerade letztes Jahr gehabt. 2013 hatte ich
einen Auszubildenden eingestellt, der war zwei Monate hier und das hat ihm nicht
gefallen, dass die Finger so dreckig werden. Der hat aufgehört. Der will IT machen,
Computer, da macht er sich die Finger nicht dreckig und ist den ganzen Tag im
schönen, warmen Büro. Nur das ist ein Denken, was momentan ist.“
Auf der anderen Seite wird jedoch in etwas weniger als der Hälfte der
Interviewäußerungen von einem durchaus positiven gesellschaftlichen Ansehen der
dualen Ausbildung ausgegangen. Exemplarisch stehen dafür Interviewäußerungen wie
die folgende:
„Ich meine, das Ansehen an sich generell ist gut, man hört es ja auch überall in den
Medien, dass andere Länder versuchen dem nachzueifern. Und wir haben dadurch
natürlich gerade im handwerklichen und kaufmännischen Bereich schon große
Vorteile gegenüber den anderen EU-Ländern oder jetzt, wo man gerade USA oder so
sieht. Da braucht man ja nur mal hinzufahren und zu schauen, was da an Gebäuden
oder so gebaut wird, das würde hier nie durchgehen. Weil einfach diese Facharbeiter
fehlen oder jeder meint, er könnte einfach alles reparieren oder bauen. Und da finde
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ich, dass das auch in der Gesellschaft schon anerkannt ist, die Schule und das
Praktische im Betrieb, dieses beides parallel zu machen.“
Attraktivität des Ausbildungssystems für Schulabgänger
In der Frage, ob das duale Ausbildungssystem (noch) attraktiv für Schulabgänger ist,
sind die Interviewpartner aus den ausbildenden Betrieben in ihrer Haltung gespalten: In
der Hälfte der Meinungsäußerungen wird nach wie vor von einer Attraktivität des
Ausbildungssystems für die Schulabgänger ausgegangen. In der anderen Hälfte der
Äußerungen geht man entweder davon aus, dass das Ausbildungssystem nicht attraktiv
für die Schulabgänger ist oder die Attraktivität branchenabhängig ist. Einer der
Interviewpartner, der das Ausbildungssystem nach wie vor attraktiv für Schulabgänger
sieht, äußert sich so:
„Ja, das ist also so, was ich jetzt an Bewerbungsgesprächen habe und mich mit den
Bewerbern unterhalte. Ich sage mal, auch mit unseren Azubis, das System, das ist in
Ordnung. Wir haben ja auch Blockunterricht. Das heißt, unsere Auszubildenden, die
haben zwei Wochen Schule und dann sind sie vier Wochen im Betrieb. Und das ist/
der Zusammengang von diesen beiden ist sehr gut.“
Im Gegensatz dazu finden sich bei Interviewpartnern, die von einer mangelnden
Attraktivität des Ausbildungssystems ausgehen, Äußerungen wie diese:
„Ich denke, dass die Ausbildung insgesamt als nicht mehr so attraktiv angesehen
wird, wie das vor ein paar Jahren noch war. Der Wunsch ist mehr und mehr dort, das
merke ich auch in Gesprächen mit Auszubildenden oder Bewerbern, sich nicht viel
körperlich anzustrengen, dafür sehr, sehr gut bezahlt zu werden und das alles im
besten Fall bei einer Teilzeitstelle. (…) Die Ansprüche sind deutlich gewachsen,
natürlich auch, weil sie sich mehr und mehr aussuchen können, wo sie hingehen, weil
mehr und mehr große Firmen auch werben über Autos, Handys, Firmenlaptops, was
ich nicht alles schon gehört habe. Dadurch hat der Auszubildende heute schon bei
der Suche eine deutlich höhere Erwartungshaltung.“
Thematisiert werden an dieser Stelle erneut Vergleiche mit der Attraktivität eines
Universitätsstudiums, wie z.B. in dieser Interviewäußerung:
„Ich glaube, dass das duale Ausbildungssystem nicht mehr so ganz angesehen ist
heutzutage, weil man (…) eher darauf hinzielt, ein Studium ist das ein und alles, man
hört es auch immer wieder in den Medien.“
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Eine kleine dritte Gruppe von Interviewpartnern sieht die Attraktivität des
Ausbildungssystems branchenabhängig. Attraktiv sind nach Ihrer Meinung nach wie vor
Ausbildungsplätze in Bereichen mit höherer Vergütung und guten
Übernahmemöglichkeiten nach der Ausbildung. Bereiche, in denen das nicht so ist,
hätten hingegen mit mangelnder Attraktivität zu kämpfen. Dazu ein Interviewpartner:
„Es hängt jetzt noch sehr stark von der Branche ab. (…) wenn ich jetzt eine
Ausbildung zum Gärtner oder Friseur mache, Florist oder so was und dann
hundertfünfzig Euro Lehrlingsgeld bekomme, dann ist das nicht so spannend. Aber
jetzt gerade in den größeren Betrieben, die sich da ein bisschen was leisten können,
wenn ein Lehrling mit achthundert Euro nach Hause geht, das ist ja nicht so übel.
Also ist das selbst von der Vergütung her nicht schlecht und in der Regel, wenn sie
sich gut anstellen, haben die den Job fast automatisch anschließend. Also insofern ist
das eigentlich ein schöner Weg ins Arbeitsleben.“
Der Einfluss der Ausbildungsvergütung auf die Ausbildungsbereitschaft
Generell wird der Höhe der Ausbildungsvergütung von den Interviewpartnern durchaus
Bedeutung beigemessen. Für die Mehrzahl der Interviewpartner ist die Bedeutung
entweder branchenabhängig oder ganz allgemein wichtig. Nur in ganz wenigen
Interviewäußerungen wird die Ausbildungsvergütung für unwichtig bei der Gewinnung
von Auszubildenden erachtet. Interviewpartner, die von einer hohen Bedeutung der
Ausbildungsvergütung ausgehen, thematisieren u.a. auch gestiegene
Lebenshaltungskosten und hohe Wohnkosten für Auszubildende, vor allem in
Großstädten.
Differenzierter äußern sich Interviewpartner, die die Rolle der Ausbildungsvergütung
branchenabhängig sehen:
„Gott sei Dank, in unserer Branche geht es noch, also es ist noch gut angesehen.
Aber wir haben andere Branchen, das ist ja, man muss auch realistisch sein, wie
beim Friseur und solche andere Branchen, wo wirklich, keiner will da eben hin, weil
die Vergütungen nicht so sind. Manchmal habe ich bei einigen gehört, beim Tag der
offenen Tür, wo sie sagen, sie müssen selber ihr eigenes Material kaufen und so
weiter. Das sind für mich solche Hindernisse, wo sich vielleicht auch, nicht in allen
Branchen, aber einige Branchen, wo sie vielleicht nochmal Unterstützung benötigen.
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Bei den wenigen Meinungsäußerungen, die eine geringe Rolle der Ausbildungsvergütung
betonen, wird vor allem darauf verwiesen, dass bei der Abwägungsentscheidung für eine
Ausbildung letztlich andere Aspekte entscheidend seien. So z. B hier:
„Ich glaube gar nicht, dass es (die Ausbildungsvergütung) so relevant ist, vielleicht für
manche schon, aber den größten Teil würde ich sagen nein. Weil sie einfach das
lernen möchten, weil sie denken, dass sie Spaß daran haben.“
Aufwand, geeignete Bewerber für die Ausbildung zu finden
Die große Mehrheit der Gesprächspartner aus den ausbildenden Betrieben geht davon
aus, dass sich der Aufwand, geeignete Bewerber für die Ausbildung zu finden, in den
letzten Jahren vergrößert hat. Verwiesen wird dabei sowohl auf allgemein gesunkene
Bewerberzahlen als auch auf die gesunkene Qualität eingehender Bewerbungen. Durch
beide Gründe habe sich der Aufwand bei der Besetzung von Ausbildungsplätzen für die
Betriebe erheblich vergrößert. Zu den veränderten Bedingungen meint ein
Interviewpartner:
„Ich mache die Geschichte jetzt schon dreißig Jahre hier. (...) Früher hatte ich, was
weiß ich, fünfzig, sechzig Bewerbungen, da konnte man noch aussuchen. Und heute
ist man froh, wenn man drei, vier Bewerbungen bekommt. Also es ist sehr, sehr
schwierig. Obwohl ich telefoniere, ich kenne auch zum Teil die Lehrer, die die
Abschlussklassen betreuen, in Bezug auf Ausbildung. Und selbst die sagen, es wird
immer schwieriger.“
Als Gründe für diese Entwicklung sehen die Interviewpartner neben sich verändernden
Anspruchs- und Erwartungshaltungen der Jugendlichen und einer oft als mangelhaft
wahrgenommenen schulischen Vorbildung der Bewerber auch Veränderungen im
Informations- und Kommunikationsverhalten der Jugendlichen. Dazu ein
Interviewpartner:
„Zum einen wird man als ausbildendes Unternehmen relativ schwer wahrgenommen.
Da muss man also auch neue Wege gehen. Die Jugendlichen heute, die gucken nicht
mehr unbedingt bei der Arbeitsagentur, die gucken auf Facebook. Und es ist halt
schwierig als ausbildendes Unternehmen dann in den entsprechenden Medien
wahrgenommen zu werden. Man muss sich da umstellen. (…) Es wird immer
schnelllebiger, Kommunikation wird immer unterschiedlicher. Welchen Weg geht man
dann? Ich denke, das ist einer der Gründe.“
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Nach Meinung einer kleineren Gruppe von Interviewpartnern hat sich der Aufwand,
geeignete Jugendliche für eine Ausbildung zu gewinnen, hingegen nicht generell
vergrößert. Sie sehen den Aufwand stattdessen branchenabhängig, mit größeren
Schwierigkeiten bei denjenigen Branchen, die bei vielen Jugendlichen auf Grund der
damit verbundenen Tätigkeiten und Arbeitszeiten ein eher schlechtes Image genießen.
Genannt werden von den Befragten z.B. Berufsgruppen wie Fleischer oder Bäcker. Dazu
ein Interviewpartner:
„Dort die Ausbildung möchte halt auch keiner (…) machen. Somit bewerben sich halt
auch wieder nur, ich sag jetzt mal, die Schlechteren auf den Bereich, weil sie sagen
‚Naja, ich möchte/Hauptsache, ich habe eine Ausbildung.‘ Die kommen dann halt,
haben halt nicht dementsprechend das Auftreten und auch nicht das Vorwissen, was
man vielleicht mitbringen sollte dafür und dann fallen die leider halt hinten runter, weil
die Firma dann für sich sagt, ‚Ich kann den halt nicht jetzt ausbilden oder ich kann nur
einen davon ausbilden, aber jetzt nicht zehn von dieser Sorte.‘, weil dann die
Unterstützung im Hintergrund fehlt.“
Davon, dass sich der Suchaufwand bei der Besetzung von Ausbildungsplätzen allgemein
verringert hat bzw. gleich geblieben ist, geht nur eine sehr kleine Minderheit der
Interviewpartner aus.
Praktikanten und die duale Berufsausbildung
Wiederholt berichtet wird von Interviewpartnern über Fälle, bei denen Unternehmen
vermehrt Langzeitpraktikanten beschäftigen statt Ausbildungsplätze anzubieten.
Missbrauch betrieben wird aus Sicht der Interviewpartner aus den ausbildenden
Betrieben vor allem mit Maßnahmen zur Einstiegsqualifikation. Dazu ein Befragter:
„Das genau, das ist (…) ein falscher Ansatz, weil die Betriebe nutzen das tatsächlich
dann mehr oder weniger aus. Und Praktikum soll man vorneweg machen in der
Schule, was ja oftmals gemacht wird, zwei, drei Mal während seiner Schulzeit,
darüber kommen auch meistens ja schon Kontakte in den Betrieb rein. Wir empfehlen
auch den Schülern immer, während der Ferien was zu machen, dadurch, dass sie
mehr Zeit haben oder auch zwei oder drei Mal in den Betrieb zu gehen, und ich finde,
das ist sinnvoller als so ein Langzeitpraktikum. Weil ich finde, da werden die nur
ausgenutzt. Und das ist jetzt nicht nur meine Meinung, das habe ich schon auch von
anderen gehört. Die Betriebe finden das ganz toll, aber ich finde, das ist ein falscher
Weg. Wir müssten einen anderen Weg finden.“
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Ähnlich wie in dieser Interviewäußerung wird die beschriebene Praxis von sämtlichen
anderen Interviewpartnern aus den ausbildenden Betrieben abgelehnt. Man sieht darin
Ausbeutungscharakter statt einer nachhaltigen Unternehmenspolitik. Schülerpraktikanten
für einen kurzen Zeitraum werden von den meisten Befragten akzeptiert,
Langzeitpraktikanten als Ersatz für reguläre Ausbildungsplätze und zur
Kosteneinsparung nicht.
2.1.3 Die Rolle der Ausbilder und Ausbilderinnen im Unternehmen
Ansehen der Ausbilder im Betrieb
Mit dem Ansehen der Ausbilder im eigenen Unternehmen zeigen sich nahezu sämtliche
Interviewpartner zufrieden. Die Ausbilder werden als geachtete Mitarbeiter und
Autoritätspersonen im positiven Sinne beschrieben, deren Leistungen durchaus
gewürdigt werden. Von einigen Interviewpartnern wird auf die zusätzliche Leistung der
Ausbilder hingewiesen, die über ihre normalen Arbeitsaufgaben hinausgehen. Dazu ein
Befragter:
„Ich gehe davon aus, es ist ein sehr hohes Ansehen, weil von der Geschäftsleitung
gibt es ja direkt dazu auch zu entsprechenden Anlässen die Auswertungen
beziehungsweise auch die lobenden Worte für diese Leute, weil es ist ja immerhin
etwas zusätzliches, was sie machen. Es ist ja über ihren normalen Arbeitsrahmen
hinaus. Also ich bin da auch mit viel Tamtam aus der Ausbildung verabschiedet
worden, weil ich ja bald in Rente gehe (lacht) und beim letzten Seminar, die wir ja,
wie ich am Anfang schon sagte, durchführen, bin ich dann entsprechend in würdiger
Form verabschiedet worden, also ich denke schon, dass die Ausbilder selbst hier
eine hohe Verantwortung oder eine hohe Ansprache hier finden.“
Andere Befragte wollen keine Sonderrolle in Anspruch nehmen, sondern sehen sich als
ganz selbstverständlichen Teil des Unternehmens. So z.B. dieser Befragte:
„Man ist halt dafür (für die Ausbildung) zuständig, aber dass man dadurch jemand
besonderes ist, würde ich jetzt nicht sagen. Man macht es halt mit, aber ja. Es muss
halt laufen. Aber jetzt ein besonderes Ansehen eigentlich nicht, eher weniger.“
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Beitrag der Ausbilder für den wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens
Alle Interviewpartner aus den ausbildenden Betrieben gehen von einem hohen Beitrag
aus, den die Ausbilder und Ausbilderinnen für den wirtschaftlichen Erfolg ihres
Unternehmens leisten. Betont wird in diesem Zusammenhang die wichtige Rolle der
Ausbilder für Nachwuchssicherung und Qualifikation der Mitarbeiter. Hingewiesen wird
aber ebenfalls darauf, dass die Ausbilder in vielen Fällen neben dieser Aufgabe eine
reguläre Funktion im Betrieb, z.B. als Abteilungs- oder Schichtleiter ausüben und damit
auch neben ihrer Ausbildungsaufgabe zum wirtschaftlichen Erfolg der Unternehmen
beitragen. Bei manchen ergibt sich durch die Kombination der Ausbildungsaufgaben mit
den regulären Arbeitsaufgaben des betreffenden Mitarbeiters eine Art doppelter Nutzen
für ein Unternehmen. Ein Ausbilder beschreibt das so:
„Also der wirtschaftliche Nutzen aus der ganzen Geschichte besteht ja bei mir ganz
konkret darin, dass ich komplette Schichten fahre. Also wenn drei Mann Nachtschicht
haben, ist garantiert einer davon ein Lehrling. Und wenn die dann achtzehn sind,
dürfen die dann auch in die Nachtschicht mitgehen, sonst ist ja um zehn Schluss mit
der Spätschicht.“
Andere Interviewpartner sehen im Beitrag der Ausbilder sogar einen ganz
unverzichtbaren wirtschaftlichen Nutzen für die Betriebe. So meint ein anderer
Interviewpartner:
„Damit sind sie (die Ausbilder) schon die tragenden Säulen des Unternehmens. Wenn
ich die nicht hätte, dann könnte ich ja die Firma schließen, also das sind schon die
wichtigsten Leute. Aber so gesehen eine kleine Firma, ich habe ja vorhin gesagt, wir
sind nur zehn Leute, da wissen sie, dass ich von jedem erwarte, dass er
kommunizieren und ausbilden kann in Anführungsstrichen. Ich habe einen dabei, der
kann es nicht, der geht auch nicht zum Kunden, aber der ist trotzdem gut. Das sind
eben einfachste Dinge, manche, die kriegen eben die Lippen nicht auseinander.“
Beitrag der Auszubildenden für den wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens
Die meisten Interviewpartner sind der Meinung, dass auch die Auszubildenden selbst
durchaus zum wirtschaftlichen Erfolg der Unternehmen beitragen. Drei Jahre
Ausbildungsvergütung sind, so einer der Befragten wörtlich, „für die Unternehmen in aller
Regel gut investiertes Geld“. Ein wirtschaftlicher Nutzen durch die Auszubildenden selbst
ergibt sich für die Betriebe nach Meinung der Interviewpartner vor allem im zweiten und
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dritten Ausbildungsjahr, wenn die Auszubildenden schon über entsprechende fachliche
Grundlagen verfügen. Exemplarisch dafür ist die Äußerung eines befragten Ausbilders:
„Im dritten Lehrjahr ist so eine Art Spezialisierung, da sind sie schon in die
Abteilungen integriert, in die sie dann mal übernommen werden sollen. Und da
arbeiten die dann schon voll mit. Also da sind sie dann auch schon abrechenbar für
uns. Weil das ist ja ein entscheidendes Leistungskriterium mit für die Übernahme,
packt er es oder packt er es nicht, bringt er was, kann er mit dem Kunden reden,
kann er dem Kunden rüberbringen, das und das Problem, oder die und die Dinge
brauchst du, die musst du kaufen, wenn du irgendetwas bauen willst, das sind schon
entscheidende Fragen. Und im dritten Lehrjahr, wie gesagt, sind die voll integriert.“
Andere Befragte sehen auch einen wirtschaftlichen Nutzen vor allem in Hinblick auf neue
Fähigkeiten und Fertigkeiten, die Azubis selbst in die Firmen tragen. Dazu ein
Interviewpartner:
Sie (die Auszubildenden) bilden halt eine gute Basis. Halten das Unternehmen jung,
halten es frisch, halten es, ich sag mal so, mit frischem Blut am Leben. Dadurch, dass
sie Dinge anders angehen, anders sehen, anders heutzutage tun. Da sie halt mit
gewissen Medien, wo unsere älteren Mitarbeiter komplett neu sind oder bis heute
Schwierigkeiten haben, als Generation ‚Internet‘ aufgewachsen sind. Dort muss ich
über Apps, über Facebooknutzung, über Google etc. muss ich dort halt nichts
erzählen, weil es Gang und Gäbe, tagtägliches Handwerk ist. Wohingegen ich bei
unseren älteren Mitarbeitern wieder sehen muss, ja da muss ich jeden Tag was
machen und für die sind andere Dinge, eine Registrierkasse benutzen und solche
Dinge, Gang und Gäbe, Kopfrechnen. Ist das klassische Beispiel, wo sich die
Generationen unterscheiden. Also die jüngeren haben schwere Probleme, zwanzig
Prozent von dreihundert zu rechnen, das ist für die ältere Generation kein Problem. In
drei, vier Sekunden eine Internetseite zu begreifen und eine Suchfunktion zu finden,
ist für die jüngere Generation fast schon Automatismus, wo die ältere Generation
schon die ganze Sache mit einer Suchfunktion nicht richtig versteht. Das ist so das
klassische Beispiel.“
Beitrag der Ausbilder für die Attraktivität der dualen Berufsausbildung
Die Interviewpartner sehen in erster Linie drei Bereiche, in denen die Ausbilder einen
Beitrag für die Attraktivität der dualen Ausbildung leisten. Genannt werden die
Kontaktpflege mit Schulen, die Rolle der Ausbilder als Ansprechpartner für die
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Jugendlichen sowie die Werbung und Außendarstellung für das System der dualen
Ausbildung ganz allgemein. Am häufigsten angesprochen wird von den Befragten die
Rolle der Ausbilder als Ansprechpartner für die Auszubildenden. Diese Rolle wird von
den Interviewpartnern durchaus breit interpretiert und kann auch eigentlich
sozialpädagogische Aufgaben wie Hilfestellung bei persönlichen Problemen der
Jugendlichen umfassen. Wie wichtig gerade diese Rolle sein kann wird von einem
Interviewpartner ausführlich beschrieben:
„Also das habe ich oft, also ich frage auch unsere Betriebe oft, ‚Habt ihr da mal
miteinander gesprochen über das?‘ – ‚Nein, haben wir nicht.‘ Da sage ich ‚Ja, das
wäre halt vielleicht zu empfehlen, ja, mal darüber einfach zu reden.‘ Aber da tun sich
viele schwer. Die wollen halt, dass das so funktioniert und wenn das halt so nicht
funktioniert, sind sie deprimiert und kommt halt Wut irgendwo auf und Verzweiflung
und die wollen den einfach dann nur noch loswerden, aber die gehen gar nicht mehr
das Problem an, warum ist denn mein Auszubildender so. Und da habe ich halt so
das Gefühl, das wird auch immer mehr. Also von den Anrufen. Aber warum das vor
zehn Jahren anders war wie heute, habe ich mir so auch noch nicht wirklich
Gedanken gemacht, aber das sollte man tatsächlich vielleicht mal machen.“
Dass gerade die „Kümmerfunktion“ auch positive Auswirkungen für die künftige
Rekrutierung von Auszubildenden haben kann, zeigt die Interviewäußerung eines
anderen Befragten:
„Der einfachste Weg ist, indem man sich um die Jugendlichen kümmert. Weil die
Jugendlichen erzählen ja draußen, außerhalb des Betriebs. Wir haben ja auch
Bewerbungen hier gehabt, wo im Bewerbungsgespräch der Jugendliche gesagt hat,
ich bin auf (Ihre Firma) gekommen, weil mir mein Freund, mein Kumpel das gesagt
hat, ‚geh da hin, da macht es Spaß.‘ Also für mich ist das schon entscheidend.“
Mit deutlichem Abstand am zweithäufigsten thematisiert wird von den Interviewpartnern
die klassische Rolle der Ausbilder in der Kontaktpflege mit Schulen. Trotz eines hohen
Aufwands, den die Ausbilder in diesem Bereich betreiben, sehen sie in den Ergebnissen
durchaus auch Probleme. Exemplarisch beschrieben wird das von einem Ausbilder so:
„Wie gesagt, ich schreibe jede Schule selbst an, dass da Aushänge gemacht werden
am schwarzen Brett, oder die Lehrer habe ich auch schon nachgefragt, nehmen das
mit in die Klassen rein, geben das an die Klassen weiter. Nur die Schüler, die müssen
sich dann eben noch bewerben und das ist sehr, sehr mager.“
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Ein anderer Interviewpartner sieht die Gründe für diese Probleme durchaus auch auf
Seiten der Schulen:
„Ich habe auch mal probiert die Schule direkt anzuschreiben und habe mir dann auch
bei meinen E-Mails mal Lesebestätigung geben lassen, einfach um zu wissen:
‚Haben die denn überhaupt meine Information? Ist die angekommen?‘ Es ist
tatsächlich so, diese Informationen kommen an, aber die geben die Schulen nicht
weiter. Und da ist es interessant, die haben zwar alle ihre Berufsberatungslehrer und
so weiter, aber die öffnen sich nicht nach außen. Die haben also/ Ich weiß nicht, ob
das vom Lehrplan her vorgegeben ist oder nicht, die haben also ihre Schiene: ‚Okay,
da kommt der Berufsberater vom Arbeitsamt.‘ Der kommt in die Schule, da setzen die
sich hin, da werden die berieselt, Ende. Also diese relativ vielschichtige
Zusammenarbeit mit mehreren Unternehmen oder so wird da eigentlich schon von
der Schulseite so ein Stück weit eingedämmt. Ich habe denen also richtig offizielle
Ausschreibungen hingeschickt und habe denen auch Flyer vorgedruckt und habe
gesagt: ‚Hier, tut die einfach in die 9. Klassen rein. Ihr braucht nichts weiter machen.
Einfach nur den Zettel da rein tun.‘ Selbst das ist nicht passiert, ja? Und ich meine,
ich habe ja dann auch doch mal den einen oder anderen, der in die gleiche Schule
geht und habe dann mal nachgehorcht: ‚Ist denn das passiert? Ist denn das gemacht
worden?‘ - Mhmh (verneinend).“
Als dritter Themenkomplex wird von einigen Interviewpartnern die Außenwerbung für das
Ausbildungssystem genannt, die über die Zusammenarbeit mit den Schulen hinausgeht.
Darunter fällt nach Aussage der Befragten z.B. Marketingarbeit, wie durch Inserate in
lokalen Mitteilungsblättern, oder die Teilnahme an Berufsmessen.
Über die drei genannten Themenkomplexe hinaus wird von einzelnen Interviewpartnern
die Übernahme von gesamtgesellschaftlicher sozialer Verantwortung als Beitrag zur
Stärkung des dualen Ausbildungssystems verstanden. So meint ein Befragter:
„Ja, mein Beitrag ist einfach, dass ich hier ausbilde, dass ich schaue (…) ich hab eine
soziale Verantwortung. Ich finde jeder, der die Schule erfolgreich abgeschlossen hat,
hat auch das Recht auf eine gute Ausbildung. Bildung ist überhaupt das A und O,
also finde ich das ganz wichtig. Und das ist die Zukunft, die Leute, die wir gut
ausbilden und deswegen ist das ganz, ganz wichtig.“
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Einfluss der Ausbilder auf die Ausbildungsstrategie der Betriebe
Die allermeisten Befragten gehen von einem Einfluss der Ausbilder auf die
Ausbildungsstrategie der jeweiligen Unternehmen aus. Wie weit dieser Einfluss geht, ist
von den jeweiligen Betrieben abhängig. Die meisten Befragten berichten von einer engen
Abstimmung zwischen Geschäftsführung und den Ausbildern und Ausbilderinnen. So
z.B. auch über die Anzahl der Auszubildenden in einem Betrieb:
„Da gibt es eine Abstimmung zwischen dem Geschäftsführer hier und mir. Wir reden
darüber, er geht natürlich davon aus und sagt ‚pass auf, perspektivisch brauche ich
so und so viele Leute‘ und dann reden wir darüber. Gut dann würden wir in der
Ausbildung nächstes Jahr drei oder vier Kaufleute oder fünf Kaufleute einstellen, also
da gibt es eine ganz konkrete Abstimmung zwischen dem Geschäftsführer und mir.“
In anderen Fällen berichten die Ausbilder vom konkreten Einfluss auf ergänzende
Ausbildungsinhalte oder die Ausrüstung, die für die Auszubildenden zur Verfügung
gestellt wird. So in diesem Beispiel:
„Die schlagen dann zum Beispiel vor, wenn es so Projekte gibt und sagen, Chef, wir
brauchen mal, was weiß ich, das und das an Mitteln, was weiß ich, wir wollen einen
Server aufbauen. Wir können das aber nicht an unserem eigenen Netz tun, das
wollen wir einfach nicht, da kann ja auch ein Schaden entstehen, und dann sagen sie,
wir brauchen, was weiß ich, die und die Ausstattung, können wir das über den
Einkäufer, können wir das nicht und dann entscheide ich, machen wir oder machen
wir nicht. Also sie beeinflussen schon diese Sachen, also, was wir für Mittel
einsetzen. Sie sagen dann auch, da bietet der und der Hersteller auch mal ein
Bootcamp an, wollen wir ihn da hinschicken. Das tragen sie mir schon zu.“
Einige wenige Interviewpartner berichten jedoch auch von keinem oder einem nur
geringen Einfluss der Ausbilder auf die Ausbildungsstrategie. So meint ein
Interviewpartner:
„Eigentlich nicht, also die Ausbildungsstrategie steht. Die ist jetzt bei uns aber auch
seit Jahren eingeführt, da hat sich jetzt nichts Wesentliches geändert. Also natürlich
muss man ja gucken, wenn sich bei uns die Technologie geändert hat, wir
modernisieren ja auch, dann muss das natürlich irgendwo mit Berücksichtigung
finden. Aber grundsätzlich, Abteilung, Arbeitsschritte, Vorgänge, da ändert sich ja
nichts. Also insofern das stimmt. Also da geht es eigentlich eher darum, dass er dafür
Sorge tragen muss, dass auch wirklich alles durchlaufen wird und nicht irgendwo in
einem Bereich, wo er sich halt besonders wohl fühlt, stecken bleibt.“
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Ein anderer Interviewpartner sieht bei zu viel Einfluss der Ausbilder auf die
Ausbildungsstrategie des Unternehmens auch die Gefahr einer Überforderung und meint:
„Also die Ausbilder sind aber auch ganz dankbar dafür, dass sie da dann schon einen
roten Faden haben, an dem sie sich langhangeln können. Also wenn die dann auch
noch die Ausbildungsinhalte mit konstruieren müssten oder so, dann wären sie
überfordert. Weil das wirklich in diesem Tagesgeschäft so viel ist und auch so
unterschiedlich geschichtet ist.“
In einigen befragten Betrieben liegt die Entscheidung über die Ausbildungsstrategie auch
komplett bei der Geschäftsführung und der Einfluss des Ausbilders bleibt gering. So in
diesem Fall:
„(…) Also der Ausbilder hat sicherlich den Einfluss eher weniger. Ich habe es Ihnen ja
vorher schon gesagt, beim Ausbilder ist der Einfluss eher: nehmen wir den oder
nehmen wir den, aber so jetzt strategisch, den Einfluss hat er nicht. Wissen Sie, hier
muss ich mir schon erst mal klar werden, wo will ich mit meiner Firma hin und es ist
eben so, ich brauche Leute, die an der Laseranlage stehen, an der Abkantpresse, an
der Rundbiegemaschine mit schweißen. Und das finden sie ja in meinen Berufen
wieder. Und aus dem Grund ist die Strategie für mich eigentlich klar, jedes Jahr
mindestens einen, eventuell auch mal zwei auszubilden.“
2.2 Die nicht-ausbildenden Betriebe
Um die Einstellungen und Erfahrungen nicht-ausbildender Unternehmen zum Thema duale
Berufsausbildung zu erfassen, wurden elf derartige Betreibe besucht und dort mit den
Geschäftsführern bzw. Inhabern ein Interview durchgeführt. Fünf der Betriebe sind im
Untersuchungsraum Rhein-Main und sechs in Mitteldeutschland ansässig. Vier davon
gehören zum produzierenden Gewerbe, zwei zum Sektor Handel und Reparatur sowie
weitere fünf Unternehmen zum Dienstleistungssektor. Die Hälfte der Unternehmen sind
Einzelunternehmen. Die meisten sind bereits seit über 20 Jahren am Markt aktiv. In dieser
Untersuchungsgruppe sind relativ viele Kleinstunternehmen (unter 10 Mitarbeiter) vertreten.
Mittlere und große Mittelstandsunternehmen, die nicht ausbilden, wurden nicht interviewt.
Die meisten Betreibe haben ein durchschnittliches Mitarbeiteralter unter 49 Jahren, drei
sogar unter 40 Jahren. Nur eins hat einen Mitarbeiterstamm, der durchschnittlich älter als 50
Jahre ist. Einige der Unternehmen bildeten früher aus, haben das aber zwischenzeitlich
aufgegeben.
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2.2.1 Triebkräfte und Hemmnisse der dualen Berufsausbildung
Was versprechen sich Betriebe von der Teilnahme an der dualen Berufsausbildung?
Die Frage danach, worin ausbildende Betriebe den Nutzen sehen, beantworten die
meisten nichtausbildenden Betriebe mit dem Argument der Fachkräftesicherung, der
Personalentwicklung und der Nachfolgereglung. Ein Befragter bringt es auf den Punkt:
„Aber im Großen und Ganzen, wie ich vorhin schon betonte, irgendwann fehlen mal
für die spätere Generation die Fachkräfte.“
Die derzeit nichtausbildenden Unternehmen haben bezeichnenderweise überwiegend die
Ausbildung für den „Eigenbedarf“ im Sinn, wenn sie über den Nutzen und über einen
eventuellen Wiedereinstieg in die duale Berufsausbildung nachdenken. Die
gesellschaftliche Verantwortung gegenüber den jungen Generationen wird kaum
thematisiert. Das belegt die folgende Meinung eines unserer Interviewpartner.
„Im Prinzip, ich sage mal von meinen Überlegungen her, ich würde nur jemanden
nehmen, wenn ich wüsste, ich brauche dann jemanden in drei Jahren oder so.“
Einige Gesprächspartner erkennen in der dualen Berufsausbildung auch für junge
ausbildungswillige Menschen und für Unternehmen eine Win-Win-Situation. Junge
Menschen können in der dualen Berufsausbildung nach Meinung beispielsweise eines
unserer Befragten besser ihren Weg ins Berufsleben finden als über ein langjähriges
Studium – und Unternehmen gewinnen junge Fachkräfte mit neuen Ideen und neuen
Fähigkeiten. Das bestätigt das folgende Beispiel:
„Ja gut, ich sag mal, es ist/stellt für alle Beteiligten, wenn die/wenn die Personalie
stimmt, sollte das im Idealfall eine Win-Win-Situation sein, ja. Das heißt, junge Leute
haben die Möglichkeit, einfach wirklich in einen Bereich reinzuschnuppern. Ich finde
es wesentlich besser, wenn jemand jetzt jahrelang studiert und dann irgendwann
feststellt, nach dem Arztstudium, er kann kein Blut sehen, das wäre natürlich blöd.
Hier ist dann halt die Theorie und Praxis viel enger miteinander verknüpft und das
halte ich für alle Beteiligten den besseren Weg.“
Nur ein Gesprächspartner wertet die Bereitschaft von Unternehmen, sich an der dualen
Berufsausbildung zu beteiligen, mit der Antwort „billige Arbeitskräfte“ ab. Die Mehrheit
der befragten Führungskräfte kommentiert dieses Thema jedoch positiv.
Sie gewinnen in den meisten Fällen der Berufsausbildung zahlreiche positive Effekte für
ein Unternehmen ab. Zum Teil beziehen sie diese auch auf sich. Womit deutlich wird,
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dass die Tatsache, dass sie nicht ausbilden, nicht als Versperren gegen die Ausbildung
zu deuten ist, sondern eher aus deren Sicht objektiven Gegebenheiten geschuldet ist.
Gemeint damit sind zum Beispiel die nicht hinreichende kritische Unternehmensgröße,
betriebswirtschaftliche Gründe oder die Tatsache, dass die Altersstruktur der Belegschaft
derart günstig ist, dass der demographische Wandel hier keine Not zur
Belegschaftsverjüngung mit sich bringt. Für die Kommunikation mit dem Kunden ist es
positiv, wenn man damit wirbt, auszubilden. Darüber hinaus sind einige
Gesprächsteilnehmer, wie bereits dargestellt, auch der Meinung, dass die
Berufsausbildung verschiedene positive Effekte in die Unternehmen hinein bewirkt.
Warum bilden Betreibe nicht aus?
In erster Linie argumentieren die Unternehmer (hier handelt es sich in den meisten Fällen
um Kleinstunternehmen unter 10 Mitarbeiter) aus der Kostenperspektive. Aus ihrer Sicht
müssten verhältnismäßig hohe Ausbildungsvergütungen gezahlt werden, die sich viele
Kleinbetriebe nicht leisten können. Betriebswirtschaftlich tragbare Vergütungen sind im
Gegenzug wiederum für Auszubildende nicht attraktiv. Deshalb orientieren sich
potenzielle Bewerber häufiger auf Großunternehmen, und somit bleiben die Bewerber für
die Kleinunternehmen aus. Ein Interviewpartner schildert das konkret:
„Das ist jetzt so, es ist branchenunterschiedlich. In manchen Branchen, wo größere
Betriebe oder Großbetriebe, die können richtige gute Lehrlingsvergütung bezahlen,
das geht ja schon teilweise bis tausend Euro. In unserer Branche sind die/ist die
Vergütung nicht so hoch, das ist wahrscheinlich auch ein Grund, warum die Lehrlinge
sich in eine andere Richtung orientieren. Aber man muss dazu sagen, auch das, was
bei uns bezahlt wird, das müsste jetzt auch bei fünf-, sechshundert Euro liegen, ich
kann es nicht genau sagen, ist für jeden Bäcker oder kleinen Handwerksbetrieb jede
Menge Geld. Und wenn man die nicht unbedingt ausgeben muss, dann macht man
das nicht.“
Quasi zwangsläufig machen somit einige Unternehmen die Erfahrung, dass ihre
Ausbildungsstellen nur als „Durchlaufstation“ von den Auszubildenden genutzt werden.
Diese absolvieren dort die Ausbildung und orientieren sich dann, wenn sie diese
abgeschlossen haben, auf Facharbeiterstellen in Großunternehmen. Dort erwartet sie
eine bessere Entlohnung. Da die Bindekraft dieser Kleinunternehmen nicht gegeben ist,
demotiviert das Ausbildungsplätze anzubieten. Diese scheinbare Abwärtsspirale
beschreibt ein Interviewpartner mit folgenden Worten:
23
„Für uns ist immer das Problem, wir bilden aus und wenn die fertig sind, wandern sie
eben, wenn es einigermaßen von ihrer Seite aus geht, ab in die Industrie irgendwie.“
Zusätzlich zu den Kosten des Ausbildungsentgelts werden noch weitere direkte und
indirekte Ausbildungskosten angeführt, die im Zusammenhang mit der Ausbildung
entstehen (Ausfallzeiten wegen Berufsschule/Urlaub, Ausfallzeiten wegen
überbetrieblicher Ausbildung, Kosten der überbetrieblichen Ausbildung, Kosten für die
Ausstattung des Ausbildungsarbeitsplatzes). Da im Gegenzug, so mehrere
Gesprächspartner, die Auszubildenden zumindest im ersten Lehrjahr und bei einigen
auch bis ins 3. Lehrjahr hinein keinen eigenen Beitrag zur Kostendeckung erbringen,
würden diese Ausgaben auch nicht wieder eingespielt.
„Gut, man muss das Ganze auch noch als zusätzliche Kostenstelle sehen, weil die
Bereitstellung der Hilfsmittel oder Arbeitsmittel ja für einen Auszubildenden anders zu
bewerten sind wie die für eine normale Fachkraft. Da ja ganz einfach der
Auszubildende nur bedingt im normalen Auftragsgeschäft mitarbeitet und
dementsprechend von der Rentabilität her anders auszahlt.“
Auch der Aufwand des Ausbilders wird bei mehreren Unternehmern als
betriebswirtschaftlich problematisch empfunden. Da die Ausbilder insbesondere in den
Kleinunternehmen meist auch tragende Säulen in der Auftragsbearbeitung oder in der
Geschäftsführung sind (meist sind die Geschäftsführer auch Ausbilder in Personalunion),
wird der Aufwand für die Ausbildertätigkeit als umsatzfeindlich empfunden. Das
beschreibt ein Gesprächsteilnehmer so:
„…was wir hier nicht können, weil bei uns einfach jetzt im Vordergrund stehen muss,
zwangsläufig: Umsatz. (…) Und dann machst du als Ausbilder eigentlich viel mehr in
der Kabine, als du früher gemacht hast. Ist so.“
Neben den wirtschaftlichen Beweggründen, nicht auszubilden ist ein weiterer wichtiger
Grund dafür, dass einige der nichtausbildenden Unternehmen keine expansive
Personalentwicklung betreiben bzw. auch demographische Effekte dort nicht wirken und
somit keine perspektivische Fachkräfteersatzstrategie verfolgt wird. Sofern die
Unternehmen keine betriebsinterne Notwendigkeit sehen, wird nicht ausgebildet. Ein
Gesprächspartner beschreibt das in kurzen Sätzen so:
„Zum einen bilde ich nicht aus, weil ich zurzeit, weil ich ein kleiner Betrieb bin. Ich
habe Fachkräfte, die bei mir langfristig arbeiten. (…) Wer nicht dringend Nachwuchs
braucht, der bildet nicht aus.“
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Dies hat zur Folge, dass in diesen Unternehmen keine zusätzlichen Fachkräfte oder ein
potenzieller Fachkräfteersatz aufgebaut werden. Somit würde den Auszubildenden eine
innerbetriebliche Perspektive nach der Ausbildung fehlen, was bei diesen Betrieben zur
Entscheidung führt, nicht auszubilden. Der gleiche Gesprächspartner stellt dies wie folgt
dar:
„Wenn ich ausbilden würde, könnte ich ihn danach nicht weiterbeschäftigen. Insofern
hat das für mich keinen Sinn, einen Lehrling auszubilden, der den Betrieb viel Geld
kostet und auch viel Zeit und man muss auch sagen, es macht auch viel Arbeit, einen
Lehrling auszubilden, ordentlich auszubilden.“
Ein weiterer Aspekt leitet sich aus wirtschaftlichen Schrumpfungsprozessen einiger
Unternehmen ab. Hier ist aus betriebswirtschaftlichen Entwicklungsprozessen heraus in
den zurückliegenden Jahren Personal abgebaut worden. Dadurch fehlen die personellen
und zeitlichen Ressourcen für die Berufsausbildung, wie uns ein Interviewpartner
berichtet:
„Nein, das ist dann auch die Zeitfrage, wenn du so ein kleines Unternehmen hast.
Früher waren wir mehr Kollegen, jetzt haben wir uns reduziert. Und jetzt sind wir nur
noch so wenig und da habe ich, weil ich voll mitarbeite, auch einfach keine Zeit mehr
dafür.“
An zweiter Stelle in der Argumentationskette bei Unternehmen, die sich gegen eine
Ausbildung von Jugendlichen entschieden haben, folgt eine Reihe von Argumenten, die
Motivationsdefizite bei Jugendlichen thematisieren. Ein Interviewpartner kleidet das in die
Worte:
„Also, die Kids heutzutage haben von Null und Nichts keinen Plan.“
Grundlegende fachliche und soziale Kompetenzen seien oft bei den jugendlichen
Bewerbern nicht genügend ausgeprägt. Genannt werden Lesen, Schreiben und Rechnen
sowie Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit und Arbeitsmotivation. Hier wird vor allem die
Schulausbildung und schulische Erziehung dafür verantwortlich gemacht. Die
wahrgenommenen Defizite beschreiben vier unserer Interviewpartner wie folgt:
„Ja. Wenn man hier schon teilweise sieht, wie die zum Bewerbungsgespräch
erscheinen, erschreckend.“
„Wir hatten zum Beispiel zwei Auszubildende gehabt, die mussten wir mit der Polizei
sogar in die Schule holen lassen und lauter solche Sachen. Da sagst du dann
irgendwann mal: ‚Schluss‘.“
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„… Die Qualität derer, die dann am Ende hier kommen und sich vorstellen, die ist so
schlecht, dass wir häufig sagen müssen, wenn es schon an der Schrift und an der
Grundrechenart scheitert, brauchen wir nicht uns noch für die vorhergegangen zehn
Jahre Pädagogikarbeit (…) verantwortlich machen.“
„Also, ich bin der Meinung, dass sagen wir mal die jetzigen Schulabgänger oder in
der letzten Zeit die Schulabgänger, dass die Ausbildung in der Schule mangelhaft
war. Dass die nicht richtig lesen und schreiben können. Das erschwert natürlich eine
Lehrlingsausbildung.“
Aber auch das Elternhaus steht für einige Gesprächspartner hier in der Verantwortung,
insbesondere wenn es um das Vermitteln von sozialen Kompetenzen geht.
Ein Ausbildungshemmnis ist im Zusammenhang mit der schulischen Bildungs- und
Erziehungsarbeit aus Sicht der Gesprächspartner auch die mangelnde Qualität der
Bewerbungen. Schlechte Bewerbungen schrecken einige Unternehmen ab,
Ausbildungsbewerber unter Vertrag zu nehmen, wie die folgende Meinung eines unserer
Interviewpartner zum Ausdruck bringt:
„Aufgrund dessen, dass wir keine gescheite Bewerbung bekamen. Liegt aber meines
Erachtens auch daran, dass die Schulen einfach gerade bei Abiturienten, die Lehrer,
es steht zwar im Lehrplan drin, dass die den Schülern zeigen sollen, wie schreibe ich
eine richtige Bewerbung. Was darf in der Bewerbung drin sein, was nicht? Das lernen
die heute teilweise gar nicht mehr und dementsprechend haben aber die
Unternehmen halt, die, wie soll ich sagen, die erwarten dann aber, dass die
Bewerbung richtig geschrieben ist, perfekt aussieht, dass es eben alles passt und das
funktioniert halt einfach nicht“
Fehlende Motivation für eine Berufsausbildung wird auch aus anderen Beweggründen in
den Interviews abgeleitet. Jugendliche, die ihre Wunschausbildung nicht antreten
können, weil sie in diesem Bereich keinen Ausbildungsplatz erhalten konnten und dann
in eine Berufsausbildung „zweiter Wahl“ umschwenken oder umgelenkt werden, sind aus
den Erfahrungen der Gesprächspartner heraus oft schlecht motiviert.
Überhaupt eine Facharbeiterausbildung zu absolvieren, um eine Facharbeiterlaufbahn
einzuschlagen, sei für viele Jugendliche nicht mehr erstrebenswert, beklagen einige
Gesprächspartner:
„…die empfundene Inattraktivität unserer Ausbildungsplätze. Die jungen Leute stellen
sich häufig Dinge vor, wir im Besonderen bilden in metallbearbeitenden Berufen aus
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und das ist schlicht nicht mehr attraktiv. Das Berufsbild ist hundert Jahre alt, ist auf
einmal nicht mehr attraktiv.“
Obwohl die Wirtschaft nach Ansicht der interviewten Führungskräfte dringend gute
Facharbeiter braucht, besitzen die Facharbeiterberufe und damit auch die Ausbildung
unter den jungen Generationen einen schlechten Ruf. Zum allgemeinen Trend unter
Jugendlichen gehöre, den beruflichen Entwicklungspfad über eine Fachschul-,
Fachhochschul- bzw. Hochschulqualifikation einzuschlagen, berichten einige
Interviewpartner.
Kritisiert wird in diesem Zusammenhang auch die fehlende mediale Unterstützung. Die
positive Darstellung der Arbeitswelt, insbesondere der Facharbeiterberufe in Rundfunk
und Fernsehen fehle. Prinzipiell wird über die Medien zu viel über Freizeitkultur und zu
wenig über Arbeitskultur kommuniziert. Das stellt sich aus Sicht eines Interviewpartners
so dar:
„Ja, gut, das liegt meines Erachtens auch sehr stark an den Medien. Die jungen
Leute werden auch durch die Medien verrückt gemacht, durch Fernsehen zwischen
18 und 20 Uhr, da kommen viele Sendungen für junge Leute, da arbeitet kaum noch
ein Lehrling produktiv, da fahren sie gleich alle mit einem großen Auto rum, haben da
Managerjobs und machen keine/also machen sich nicht mehr die Hände schmutzig
und arbeiten nicht mehr produktiv. Und das ist eigentlich so das größte Problem, dass
die Jugend eigentlich nicht mehr produktiv arbeiten will. Die möchte gleich einen
Managerjob haben.“
In sechs der elf Gespräche geben die Gesprächspartner auch erschwerte
Kündigungsmöglichkeiten als Hinderungsgrund, sich nicht an der dualen
Berufsausbildung zu beteiligen an. Gerade in Zusammenhang mit der Qualität der
Vorkenntnisse und Kompetenzen der jugendlichen Bewerber und der beobachteten
Motivationsdefizite würde die Eignung oder Nichteignung mitunter auch erst nach der
Probezeit erkennbar. Dann jedoch gäbe es kaum noch Möglichkeiten, das
Ausbildungsverhältnis zu lösen. Hier fehle den Interviewpartnern genügend Zeit zur
Beobachtung und Eignungsbewertung und gegebenenfalls zur Lösung des Vertrags, wie
das folgende Zitat zeigt:
„… Wenn ich jetzt nach einem halben, dreiviertel Jahr feststelle, das macht eigentlich
gar keinen Sinn, den auszubilden, den dann loszuwerden?“
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Weitere Argumente, die gegen die Beteiligung an der dualen Berufsausbildung sprechen
und vereinzelt genannt wurden, beziehen sich auf verschiedene Facetten, die vor allem
für Kleinunternehmen relevant sind.
So können Kleinunternehmen oft den Ausbildungskanon nicht hinreichend im eigenen
Unternehmen abbilden und somit den Ausbildungsanforderungen aus Ihrer Sicht nicht
gerecht werden. Hier berichtet ein Gesprächspartner:
„Bei uns ist es so, dass sich die Ausbildung in dem Sinne nicht lohnt, dass wir nicht
umfassend die Leute ausbilden können. Also wir haben einen sehr beschränkten
Bereich von dem, was wir hier als Berufsausbildung anbieten könnten und das würde
einfach nicht ausreichen, Auszubildende aufzunehmen.“
Ein anderer Gesprächspartner spricht die seiner Auffassung nach nicht hinreichende
Unternehmensgröße sowie die fehlende Beschäftigungsperspektive für den
Auszubildenden nach dem Ausbildungsabschluss und die damit zusammenhängenden
fehlenden Voraussetzungen direkt an.
„Zum einen die Unternehmensgröße, zum zweiten räumliche Beschränkungen. Und
ja, das ist eigentlich so das Entscheidende und natürlich auch ein stückweit, das darf
man nicht vergessen, ich kann nicht wirklich jemandem eine Perspektive dann
anschließend bieten. Also eine Ausbildung ja, aber einen daraufhin folgenden
Arbeitsplatz nein. Da hätte ich selber so ein bisschen Gewissensprobleme auch.“
Ein weiterer Interviewpartner ergänzt, dass auch in kleinen Unternehmen der
Arbeitsaufwand der Betreuung von Auszubildenden nicht zu leisten sei, indem er
ausführt:
„Der wichtigste Punkt wäre, dass der normale Arbeitsablauf irgendwo, zum einen bei
dem Ausbilder selbst eingeschränkt ist, zum anderen betrifft es ja auch die anderen
Mitarbeiter. Einen Auszubildenden muss man normalerweise über den ganzen
Zeitraum der Ausbildung begleiten. Sei es schulischerseits, sei es innerbetrieblich.
Und das ist für mich ein Handicap, wo ich sage, ok, wir müssen schon so viel Zeit
investieren, weil wir es ja auch, wenn man es machen würde, gut machen wollen.
Damit am Ende der Ausbildung auch was dabei rumkommt. Und das sind Punkte, wo
mich momentan davon noch abhalten.“
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Das bestätigt ein weiterer Befragter mit den Worten:
„Zu viel Aufwand einfach, weil ein Azubi halt sehr aufwendig ist. Ich muss ihm ja alles
von vorne bis hinten erklären und muss mir dann halt dementsprechend über zwei bis
drei Jahre ja auch die Zeit dafür nehmen.“
Aber auch die formalen Anforderungen an die Ausbildungsbefähigung eines
Unternehmens schrecken in einem Beispiel den Unternehmer ab, selbst auszubilden.
„Da muss ein Ausbilder da sein, der muss gewisse Lehrgänge gemacht haben,
absolviert haben und so weiter. Also, das ist dann schon, ja ich sage mal, ein
bisschen überzogen.“
Ist es von Vor- oder von Nachteil, wenn Betriebe nicht ausbilden?
Insgesamt sehen sieben von elf Unternehmen, die derzeit nicht ausbilden, tatsächlich
Nachteile darin, nicht auszubilden. Alle begründen diese mit zukünftigen Schwierigkeiten
in der Personalentwicklungspolitik. Im Gespräch erkennt einer der Interviewpartner den
strategischen Nutzen, also Vorteile der Berufsausbildung für die langfristige
Personaleinsatzplanung.
„Ich meine, die Gefahr ist natürlich, dass der überaltert (der Mitarbeiterstamm)
irgendwann mal. Das ist ja auch ein Gedanke, den ich mir ja auch schon gestellt
habe. Weil wir hatten die ganze Zeit ein recht hohes Altersniveau, haben aber jetzt
zwei Berater, die jetzt, gut, der eine wird jetzt kurzfristig aussteigen mit 63, weil er
gesundheitlich nicht mehr kann, wird der andere noch ein, zwei Jahre, denke ich,
erfolgreich hier tätig sein können, ist auch schon 63. Gut, ich bin auch schon 53, Herr
X ist 55. Also da muss man da schon mal gucken, dass da auch ja, ein bisschen
wieder frisches Blut reinkommt.“
In einigen Bereichen, in denen neben der dualen Berufsausbildung auch die
Berufsausbildung in Fachschulen möglich ist, werden diese als eine Alternative zur dualen
Berufsausbildung für die Gewinnung von qualifiziertem Nachwuchs gesehen. Konkret stellte
ein Gesprächspartner den Nutzen der dualen Berufsausbildung in dieser Hinsicht in Frage:
„Nein, weil eigentlich ist immer noch genug, wie soll ich sagen, Nachschub da, klingt
ein bisschen komisch, aber es ist einfach so, weil es auch viele gerade im Bereich
Kosmetik, Fachschulen, also Privatschulen gibt, die ja gleich Massen ausbilden und
dadurch ist es ja nie so, dass jetzt die Kosmetikerin aussterben würde oder der
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Friseur. Also, es gibt eine Alternative und dann sagst du dir als kleines Unternehmen.
‚Gut‘.“
2.2.2 Innere und äußere Rahmenbedingungen für die duale Berufsausbildung
Unterstützung durch die Politik
Die Rolle der Politik bei der Gestaltung der Rahmenbedingungen für die duale
Berufsausbildung wird von den Gesprächspartnern ambivalent gesehen. Ein Teil ist
damit zufrieden, weil er der Politik keine besonderen Einflussmöglichkeiten zuschreibt
und der Meinung ist, dass das deutsche Modell der dualen Berufsausbildung ohnehin
vorbildhaft für Europa sei. Das zeigt das folgende Beispiel:
„Innerhalb von Deutschland denke ich schon ein großes (das Ansehen der
Berufsausbildung). Und mittlerweile auch ein gewachsenes Ansehen im Ausland. Wir
sehen es ja anhand der Krise, die wir ja seit ein paar Jahren damit rumschlagen.
Warum kommen ausländische junge Leute nach Deutschland, um eine
Berufsausbildung zu machen? Weil dieses Ausbildungssystem, denke ich, auf gut
Deutsch Hand und Fuß hat.“
Der andere Teil der Unternehmensvertreter übt Kritik und fordert mehr Unterstützung,
insbesondere mehr Engagement des Staats dafür, die Ausbildungsberufe in der
Gesellschaft attraktiver zu machen.
Der kritische Teil der Gesprächspartner schlägt vor, mehr ausbildungsspezifische
Fördermöglichkeiten für kleine Unternehmen einzurichten, zum Beispiel für
Ausbilderlehrgänge oder um die Ausbildungskosten abzufedern. Dazu zwei Meinungen
aus den Interviews:
„Es gibt ja zum Teil schon, wenn du welche nimmst, die etwas älter sind, die
meinetwegen jetzt in der zweiten Berufsausbildung sind oder so, da gibt es ja
Fördermittel, das ist ja klar, das/solche hatten wir auch schon, aber wie gesagt, von
der Politik her kann sicher da noch einiges gemacht werden, würde ich denken.“
„Ich sage mal so, vielleicht würde das dem einen oder anderen Ausbildungsbetrieb
leichter fallen, wenn vom Staat her da so ein kleines finanzielles Bonbon mit an die
Hand gegeben würde. Und man sagt, ok, die Einbuße, die man mit der Ausbildung
hat, kann man durch so eine kleine Förderung wieder ein bisschen auffangen. Ich
denke, das würde dem Ganzen noch ein bisschen mehr Elan verleihen“
30
Aber auch eine nichtausbildungsbezogene Wirtschaftsförderung der Kleinbetriebe,
insbesondere im Handwerk, würde zur Stabilisierung vieler Betriebe beitragen, was zum
indirekten Effekt der Steigerung der Ausbildungsfreudigkeit führen würde, meint einer
unserer Interviewpartner:
„Das hängt auch mit der Branchenentwicklung zusammen, ja ja. Da brauche ich nur
zu gucken, wie viele kleine Handwerksbetriebe oder kleine Bäckereien gerade vor
zwanzig Jahren, wie viele sind jetzt noch auf dem Markt und wie viele gehen in zehn
Jahren in den Ruhestand, haben keinen Nachfolger. Das wird ja auch politisch nicht
unterstützt, solche Geschichten.“
Die Rolle der Kammern wird dabei unterschiedlich beurteilt. Ein Teil der Unternehmen ist
mit den Aktivitäten der Kammern zufrieden und beurteilt diese als ausreichend in Hinsicht
auf die Unterstützung der ausbildenden Unternehmen, wenngleich auch hier der
Mitteleinsatz ausgeweitet werden sollte. Ein weiterer Teil erwartet mehr und wirksamere
Aktivitäten insbesondere bei der Ausbildungsvermittlung. Diese Ambivalenz zeigen die
folgenden beiden Zitate:
„Die Handwerkskammern machen eigentlich, also in unserem Bereich, Dienstleistung
und so, kümmern die sich schon, aber da fehlen dann immer die Mittel. Wenn du jetzt
welche zum Beispiel als Ausbilder ausbilden lassen willst, musst du als Privater ja
den Lehrgang dann bezahlen. Da sind wir wieder beim Bezahlen, ist wieder ein
Kostenpunkt.“
Das Ansehen der dualen Berufsausbildung in der Gesellschaft
Obwohl die meisten Gesprächspartner die duale Berufsausbildung positiv einschätzen,
glauben einige, dass sich die Attraktivität der Berufsausbildung unter den
Schulabgängern in Grenzen hält. Ein starker Konkurrenzdruck geht vom Studium als
Bildungslaufbahn mit in der Öffentlichkeit als attraktiver wahrgenommenen
Karriereperspektiven aus. Darunter werden in unseren Interviews alle
Studienmöglichkeiten (Hochschule, Fachhochschule, Fachschule oder Berufsakademie)
gefasst. Die folgenden Meinungen aus unseren Interviews dokumentieren das:
„Es ist halt schlicht spannender, in einem etwas besseren Anzug irgendwelche
Bankbelege abzustempeln den ganzen Tag, als hier wissenschaftlich-technische
Dinge zu ergründen, wo man vielleicht im Kittel rumlaufen muss.“
31
„Wir haben hier hochkomplexe, auch sehr intelligente Arbeitsplätze, mit tollen
Inhalten. Da fallen die weg, die hier kommen und sagen, ich hatte in Mathe und
Physik gerade so eine 4, die können das hier nicht erbringen. Und die anderen, die
hier kommen und wir sagen, das könnte etwas werden, die kommen entweder in
einem Vierteljahr und sagen, ich bewerbe mich doch nicht bei Ihnen, ich fange mit
studieren an, und das ist sehr hinderlich.“
Entscheidend für die Aufwertung der dualen Berufsausbildung sei nach Ansicht einiger
Gesprächspartner auch, wenn die Berufseinstiegschancen nach der Ausbildung sichtbar
verbessert würden und die jungen Fachkräfte eine klare berufliche Perspektive nach der
Ausbildung hätten.
„Eine Ausbildung als solches, ja ist gut, aber mit den meisten Ausbildungen kann man
draußen hinterher gar nichts anfangen, denn in jeder Ausschreibung, wo man sich
bewerben darf oder soll, wird die eierlegende Wollmilchsau verlangt, die nicht älter
als zwanzig Jahre ist, aber schon über dreißig Jahre Berufserfahrung verfügen muss
etc. pp, also das ist auch eine ordentliche Doppelmoral der ausbildenden
Unternehmen. (…) Es lohnt sich nicht, es ist uninteressant, es ist unattraktiv, als auch
für die oder gerade für die Azubis, für die Teenager, sich in eine Ausbildung zu
begeben, weil eben hinterher nicht gesichert ist, dass er einen halbwegs vernünftigen
Job da auch bekommt.“
Die Gesprächsergebnisse zeigen, dass die Berufsausbildung von den Jugendlichen
unterschiedlich bewertet wird. Die Gesprächspartner machen darauf aufmerksam, dass
die Wertschätzung der Berufsausbildung von der Motivation der Schulabgänger abhängt.
Das wird am folgenden Beispiel deutlich:
„Das sind drei Jahre, dreieinhalb Jahre. Allein die körperliche Entwicklungsphase/ gibt
halt so einen Zwiespalt, weil sie jetzt mehr gefordert werden. Zum einen müssen sie
auf die Arbeit gehen, also sprich in den Ausbildungsbetrieb. Zum anderen müssen sie
die theoretische Geschichte machen mit Berufsschule und gleichzeitig ja auch noch
mehr oder weniger daheim Hausaufgaben. Diejenigen, die das wollen, die haben
damit kein Problem, denk ich mal, aber es wird mit Sicherheit, kann ich mir vorstellen,
auch junge Leute geben, die das ein wenig abschreckt.“
Die Frage nach der Attraktivität der dualen Berufsausbildung beantworten die meisten
Unternehmensvertreter aber eher aus ihrer Perspektive. Diese ist in der Mehrheit positiv
konnotiert. Einer unserer Gesprächspartner bringt das deutlich zum Ausdruck:
32
„Also ich muss jetzt durchweg sagen, egal ob das jetzt der Facharbeiter als Bäcker
ist, als Konditor, als Dachdecker, oder egal in welcher Handwerksrichtung, ein
Facharbeiter hat ein hohes Ansehen. Auf alle Fälle. Wer ein Facharbeiterzeugnis
vorlegen kann/ich kann auch jedem Jugendlichen nur empfehlen, egal in welche
Richtung er geht, erst mal einen Abschluss in einem Beruf zu erwerben, dass er erst
mal was vorzuzeigen hat, wenn er sich irgendwo bewirbt.“
Mehrere Gesprächspartner thematisieren, dass die Attraktivität der dualen
Berufsausbildung auch vom Niveau des berufsschulischen Teils beeinflusst wird. Hier
sehen diese Interviewteilnehmer Reserven in Bezug auf Aktualität und Umfang des
Berufsschulteils, wie das folgende Beispiel zeigt:
„Ich will mal sagen, wenn sich ein Betrieb einen Lehrling leistet, dann sollte der auch
im größten Teil im Betrieb sein und nicht in der Berufsschule. Und man sollte
vielleicht mal den Stoff, den man in der Berufsschule beigebracht kriegt, mal
überlegen, ob das alles so noch nötig ist oder in der Größenordnung in den
Betrieben.“
Der Einfluss der Ausbildungsvergütung auf die Ausbildungsbereitschaft
Die Ausbildungsvergütung und vor allem die spätere Facharbeiterentlohnung spielen bei
der Wahl der Berufsausbildung für Jugendliche (und ihre Eltern) eine wichtige Rolle, da
sind sich die meisten Gesprächsteilnehmer einig. Dieses Phänomen ist allerdings
abhängig vom jeweiligen Beruf, meint ein Interviewpartner:
„Ja, es spielt schon bestimmt eine Rolle. Also, es gibt schon attraktivere Berufe. Also,
das hört man immer heraus. Genauso wie, wie kaum jemand Bäcker werden will, weil
er eben weiß, da muss ich eben um zwei oder drei aufstehen und habe trotzdem
nicht so viel Geld als Angestellter und dann später mal, oder und dass das genauso
ist, fehlt dort die Attraktivität. Das will keiner mehr.“
Beispielsweise besteht in einem von uns untersuchten Betrieb die Möglichkeit eines
Zusatzverdienstes schon während der Ausbildung. Das macht die Ausbildung dort nach
Aussagen des Gesprächspartners für die Auszubildenden attraktiv.
„Die haben ja hier über ihr normales Azubisalär hinaus die Möglichkeiten, selbst
während der Ausbildung schon Geld zu verdienen, wo andere davon träumen. Ja,
also das ist ein ganz spezielles Vergütungssystem, gerade für Azubis, auch
Führungskräfte, die auch für diese Ausbildung bekommen dieselbe Vergütung, als
33
würden sie selber Mandanten beraten. Ich denke, so was ist auch sehr wenig am
Markt.“
Die zwischen den Unternehmen - insbesondere zwischen großen und kleinen variierenden Verdienstmöglichkeiten stimulieren die Konkurrenz um die Auszubildenden
und um die jungen ausgebildeten Fachkräfte. Das ist insbesondere für die kleinen
Unternehmen eine prekäre Situation. Sie können oft mit den Angeboten von
Ausbildungsentgelten und von Facharbeitergehältern nicht mithalten, berichten mehrere
Befragte: Ein Gesprächspartner betont, dass deshalb andere Werte in den Vordergrund
gerückt werden müssen, wie z.B. das gute Betriebsklima.
„Und die anderen, die hier kommen und wir sagen, das könnte etwas werden, die
kommen entweder in einem Vierteljahr und sagen, ich bewerbe mich doch nicht bei
Ihnen, ich fange mit studieren an, und das ist sehr hinderlich, oder sie sagen, ich
habe bei der großen Firma Zeiss etwas gefunden, da fühle ich mich sicherer, das ist
eine größere Struktur, da habe ich die Vision, wenn ich eingestellt werde, werde ich
sofort ordentlich bezahlt. Was wir Kleinen/worum wir kämpfen, aber was wir nicht
immer erbringen können.“
„Hier in A sind es dann X, Y, Z. Da gehen sie dann ran ans Band, verdienen aber auf
einen Schlag mehr. Der letzte Lehrling ist bei uns fort, der ist zu einer
kunststoffverarbeitenden Fabrik, also so eine Kunststofffabrik. Da kriegt er halt zwei
Euro mehr und dann aber Schichtzulage. Da schafft er zwei Schichten. Da können
wir halt nicht mehr mithalten. (…) Solange wir halt bei den Löhnen halt nicht so
einigermaßen an die Industrie, die hier beherbergt ist, drankommen, klar ist die
Gefahr immer groß, dass die, die ein bisschen etwas drauf haben, wegziehen. Das
war schon immer so. Wir müssen halt gucken, dass wir die Leute dann halt halten
über andere Sachen und auch über das Betriebsklima, Zusammenhalt und so weiter.“
Der Aufwand, geeignete Jugendliche zu finden
Die meisten Unternehmen (7 von 11) haben in den letzten Jahren einen
Bewerberrückgang für Ausbildungsberufe wahrgenommen. Abgesehen von der
Betriebsgröße, die – sofern die Unternehmen sehr klein sind – die
Beteiligungsbereitschaft an der Berufsausbildung vermindert, wird auch der
Rekrutierungsaufwand geeigneter Bewerber als Verhinderungsgrund in mehreren
Gesprächen thematisiert, wie die folgende Einschätzung eines unserer Gesprächspartner
exemplarisch zeigt:
34
„Wer Lehrlinge finden will, größere Betriebe, ich kenne das von manchen
Berufskollegen, die machen auch Werbung an Schulen, es gibt über das Arbeitsamt
kann man Werbung machen, kann ins Internet, kann man Werbung machen. Also
wer Lehrlinge sucht, der kann auch, ich sag mal, durch einen gewissen Aufwand,
über Praktikum, ich kenne eine Bäckerei, die bilden auch aus, der macht über
Praktikum, findet der seine Lehrlinge. Das ist auch nicht schlecht, der sieht schon
mal, was haben die für eine Einstellung, wie sind die drauf, eignen die sich oder
eignen die sich nicht, also der kriegt seine meisten Lehrlinge auch über Praktikum.
Die der an Schulen anbietet. Also man kann schon mit einem gewissen Aufwand,
kann man Lehrlinge finden, bloß man muss überlegen, lohnt sich das für einen selbst
oder lohnt sich das nicht.“
Einfluss auf die Berufswahl haben auch die Eltern, berichtet eine Gesprächspartnerin.
Das verhältnismäßig geringe Gehaltsniveau in ihrer Branche veranlasst die Eltern, ihren
Kindern heutzutage davon abzuraten, eine Ausbildung in ihrer Branche zu absolvieren:
„Ja, also jetzt in letzter Zeit. Früher war es so, also sagen wir mal vor fünfzehn Jahren
war es so, wollte jede, was weiß ich, vierte Friseur oder Kosmetiker werden. Ist schon
lange nicht mehr, weil die Attraktivität ja auch von zu Hause schon, wie soll ich
sagen, niedergeredet wird, weil die Eltern ja schon sagen: ‚In dem Beruf kannst du
nie gut verdienen. Überlege dir, was du lernst.‘ Solche Diskussionen hören wir hier.
Wenn wir darüber reden, sagen die: ‚Nein. Dienstleistung wird ja schlecht bezahlt.‘ Ist
so. Lässt die Attraktivität schon für die Berufswahl nach.“
Wer heute ausbilden will, muss in den meisten Fällen sehr verschiedene Kanäle
verwenden, um an geeignete Bewerber zu kommen, was den Aufwand der Rekrutierung
durchaus erhöht hat. Wichtige Zugangswege sind die Schule, Ausbildungsgesellschaften,
Messen und die Medien, insbesondere die Online-Medien, wie die folgenden Meinungen
eines Interviewpartners belegen, dessen Betrieb bis vor kurzem ausgebildet hat:
„Wir müssen uns ständig bemühen, wenn wir das vorhaben, über die
überbetrieblichen Ausbildungsgesellschaften und über die Schulen da an Leute ran
zu kommen.“
„Stellenausschreibung (…). Was haben wir noch gemacht? Ja, Lehrer, die ich kenne
angesprochen bzw. auf den Schulen, auf denen ich war. Auf Ausbildungsmessen
gewesen, mit Radio Sunshine gesprochen, auf denen ihrer Internet-Homepage war
es gewesen, Facebook natürlich, spielt mittlerweile auch eine sehr große Rolle. Ja,
das waren so die Sachen, und teilweise auch noch Kunden angesprochen.“
35
„Okay, deswegen sind jetzt unsere aktuellen Kontakte mehr aufgrund unserer
geleisteten Arbeit, weil die Leute halt hier begeistert draußen offensichtlich berichten,
dass es eine tolle Tätigkeit hier ist, dass es Spaß macht, dass die Leute hier alle gut
sind und fit sind. Das ist eigentlich jetzt eher so der Zugangsweg geworden.“
Praktikanten und die duale Berufsausbildung
Ein Unternehmer berichtete von positiven Erfahrungen mit dem berufsvorbereitenden
Praktikum (EQJ). Es bot ihm die Möglichkeit, die jugendlichen Bewerber gut kennen zu
lernen, und auch die Bewerber konnten sich selbst ausreichend im Berufsfeld erproben.
Somit hatten beide Seiten eine Gewissheit, ob eine Berufsausbildung erfolgreich sein
würde. Die Fortführung dieser von der Agentur für Arbeit geförderten Maßnahme hält er
für wünschenswert:
„Was ich toll fand, vor etlichen Jahren gab es sogenannte EQJ-Maßnahmen durch
die Bundesagentur für Arbeit. Das war quasi eine Einstiegsqualifikation für junge
Menschen, das heißt, ich konnte mir da einige reinholen, hab die mir ein halbes,
dreiviertel Jahr angeguckt und wenn das okay war, konnte ich sie in die Ausbildung
übernehmen. (…) Weil ich sage, es ist nicht jeder für jeden Job geeignet. So und das
wissen ja die jungen Leute teilweise selbst gar nicht, selbst wenn gewisse Interessen
da sind, können die ja nachher sich auf einmal in die Praxis, wie es ist, Theorie und
Praxis, zwei Welten prallen aufeinander (lacht), da kann es auch sein, dass dann
jemand sagt, ‚Ja, um Gottes Willen, das ist ja überhaupt nichts für mich.‘"
Ein weiterer Vorteil, den das EQJ nach seiner Ansicht bietet, besteht darin, das Risiko
einer erschwerten Kündigung im Ausbildungsfalle für das Ausbildungsunternehmen zu
reduzieren.
„… wenn er Unsinn macht, kriege ich ihn (im Ausbildungsverhältnis) nur sehr schwer
wieder los. Das ist beim Jahrespraktikanten anders. Wenn er nicht spurt, ist er eine
Woche später weg, ganz einfach.“
Dieses Argument ist aber unter den befragten Unternehmen umstritten.
Ein anderer Gesprächspartner berichtet von schlechten Erfahrungen mit Praktikanten,
die aus einer Umschulungsmaßnahme gekommen waren. Wenig Motivation und geringe
Bereitschaft, die im Rahmen des Berufsfeldes anfallenden Arbeiten anzunehmen, haben
ihn bewogen solche Praktikanten nicht mehr zu beschäftigen, wie er nachfolgend erklärt:
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„Wir haben damals sogar das Gespräch mit seinem Lehrer, Berufsschullehrer, oder
Berufsförderungswerk war das damals, mit so einem Lehrer gesucht, um solche
Dinge abzustellen oder zu verbessern. Und da wurde uns zum Beispiel, wie der
Lehrer dann bei uns war, mehr oder weniger auch gesagt, dass er generell in seiner
Klasse, von der Bereitschaft her nicht viel mehr Leute hat, die, selbst obwohl es eine
Umschulung ist, da mehr Zeit und mehr Engagement rein investieren. Er hat zum
Beispiel, wir haben ihm Prüfungsaufgaben hingelegt von der normalen
Gesellenprüfung und da wurden bestimmte Bereiche von ihm persönlich schon mal
komplett abgelehnt. Die hat er gar nicht gemacht. Und das sind so Punkte, wenn ich
das jetzt sehe, wenn wir selber ausbilden würden, gut man hat, wenn es der eigene
Lehrling ist, ein bisschen eine andere Macht, das ist ganz klar. Aber das sind so
Sachen, wo ich dann gesagt habe, wenn ich mich dann drei oder dreieinhalb Jahre
mit einem Menschen dahingehend beschäftigen muss, dann sehe ich da momentan
noch nicht den Nutzen für mich.“
Schulpraktika können zwar dazu dienen, geeignete Ausbildungsbewerber zu
identifizieren, jedoch berichtet einer der Gesprächspartner auch hier, dass diese
Maßnahme für ihn wenig ergiebig ist. Ein anderer wiederum hat damit gute Erfahrungen
gemacht:
„Wir hatten mal Praktikanten gehabt, zwei bis drei, aber aufgrund dessen, dass dann,
warum auch immer, sage ich mal, so ein Fluch auf denen lag, die das immer nach,
der eine nach einer Woche, der andere nach zwei, drei Tagen abgebrochen hat,
machen wir es einfach nicht mehr, weil das ist einfach viel zu zeitaufwendig gewesen.
(…) Weil, sage ich mal, ein Praktikant bringt mir ja als Firma nichts und ein
Auszubildender bringt ja etwas und der will sich ja, der interessiert sich ja auch dafür,
der hat sich ja meistens dann auch die Stelle selbst ausgesucht. Praktika, viele gehen
ja ins Unternehmen, damit sie etwas gegenüber der Schule nachweisen können.“
„Wir haben auch schon, ich habe von mir zwei Bekannte, junge Leute gehabt, die
wollten mal in diesen Beruf rein schnuppern, die haben freiwillig von sich aus bei mir
mal eine Woche gemacht. Gut, denen hast du Übungsaufgaben hingelegt, damit sie
halt mit dem 3D-Zeichnen mal in Berührung kommen und dass sie ungefähr wissen,
um was das geht. Das könnte ich mir vorstellen, das kann man mal machen. Also da
sehe ich jetzt kein großes Nein dahinter. Über so Kurzzeitpraktika zum Schnuppern.“
In einem Fall wurden Schülerpraktika als Weg zur Bewerberrekrutierung verfolgt. Hier
blieb aber der Erfolg aus, da der Kontakt zu den Schülerpraktikanten nicht gepflegt
wurde, wie die folgende Beschreibung offen legt:
37
„Nein, bei uns haben sich also schon Jungs vorgestellt, die also ein Praktikum
machen wollten. Einige hatten auch ein Praktikum bei uns gemacht, aber ich sage
mal, das hat eigentlich nichts gebracht. (…) Ich meine, das ist dann im Sande
verlaufen, der hat dann weiter seine Schule gemacht und hat dann irgendwann einen
Ausbildungsplatz gesucht irgendwo und ja, also ich sage mal, also für die
Berufsausbildung war das nicht unbedingt ja maßgebend.“
Die meisten Unternehmen lehnen Praktika als kostengünstige Alternative zur Ausbildung
oder gar als Ersatz zur Facharbeiterarbeit ab. Hierin sind sie sich mit den ausbildenden
Unternehmen einig.
„Da habe ich auch schon in der Handwerkskammer darüber so mich geäußert, weil
ich finde das auch, dass das Ausbeutung ist und ich finde, dort sind wir wieder bei
dem Punkt, ist die Politik wieder gefragt, so etwas dürfte es nicht geben, weil wir
haben viele so, gerade in der Handwerkskammer Leute bei Weiterbildung kennen
gelernt, die dann gesagt haben: "Ich mache das nur so, ist doch für mich günstig". Ich
habe/die haben einen Sam für ein Jahr, wird alles bezahlt und dann nehmen sie den
nächsten. Und da habe ich auch gesagt, dort muss die Politik wieder einhaken, dort
müssen ganz andere Gesetze her.“
„Da hätte ich jetzt aber auch ein Problem mit, weil das finde ich ein bisschen
Ausbeutung. Weil wenn ich einen jungen Mann ein Jahr lang als Praktikant laufen
lasse, ich sage jetzt mal für einen Apfel und ein Ei, und nach einem Jahre sage, ich
brauche ihn nicht mehr, dann hat er ein Jahr verloren. Und der gibt sich vielleicht
noch Mühe und alles. Das finde ich dann nicht in Ordnung. Also das würde mir auch
gegen den Strich gehen. Das würde ich nicht machen. Ich würde den dann auch
schon versuchen auszubilden. Fände ich auch zu lang. Also ein Jahr Praktikum und
dann noch mal eine Lehre hinten dran. Dann muss der viereinhalb Jahre lernen. Also
das finde ich ein bisschen überrissen.“
2.2.3 Anreize für den Wiedereinstieg in die duale Berufsausbildung
Vier der elf derzeit nicht ausbildenden Unternehmen schließen es nicht aus, sich wieder in
der dualen Berufsausbildung zu engagieren. Eines davon hat bereits die Absicht, im
kommenden Jahr einen Auszubildenden aufzunehmen. Hier hat ein vom Unternehmen
initiiertes Jahrespraktikum eines Jugendlichen zur Überzeugung geführt, wieder auszubilden.
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Andere vorher eingeschlagene Wege hatten keinen Erfolg erbracht, geeignete Interessenten
zu finden, berichtet uns die Führungskraft im Interview:
„Deswegen sind wir jetzt eigentlich einen anderen Weg gegangen, dass wir gesagt
haben, weil wir haben jetzt hier einen Jahrespraktikanten gehabt, der wirklich auch
einen tollen Job gemacht hat, und den nehmen wir jetzt ab nächstes Jahr in die
Ausbildung. Weil das habe ich mir ein Jahr angeguckt, habe jetzt mittlerweile seine
Schwester kennengelernt, beziehungsweise die sind jetzt noch gar nicht grün, jetzt
fängt vielleicht die Schwester noch hier mit an, weil die haben ein ganz tolles
Elternhaus, mittlerweile haben wir auch die Eltern kennengelernt. Die sind ganz
anders eingestellt, haben ganz andere Auffassungsgabe und haben auch einen ganz
anderen Willen, wirklich auch etwas zu erreichen im Leben.“
Neben den betriebswirtschaftlichen Aspekten der nötigen Liquidität und der Rentabilität
spielen bei dieser Entscheidung vor allem auch Fragen der Eignung der Bewerber eine
Rolle.
Die wichtigste Voraussetzung, in die duale Berufsausbildung (wieder) einzusteigen, ist aus
Sicht der Befragten die betriebswirtschaftliche Situation der Unternehmen. Sichere
Auftragslage, adäquater Umsatz und Gewinn und stetige Liquidität werden hier als
Voraussetzungen in den Gesprächen genannt, wie die folgenden Einschätzungen einiger
Interviewpartner belegen.
„Solange der Umsatz stimmt und der Ertrag der Firma stimmt, sehe ich da kein
Problem.“
„Aber das sind ja teilweise auch wirtschaftliche Erwägungen. Ich meine, wir haben ja
hier/manche Räumlichkeiten haben wir jetzt gerade Anfang des Jahres hier bezogen.
Das haben Sie ja wahrscheinlich gemerkt, es ist noch nicht alles fertig, also die
Außenwerbung stimmt noch nicht. Das kostet natürlich auch alles richtig Geld und
dann überlege ich mir schon, wenn ich/weil so was ist ja schon seit 2012 im Fokus
gewesen, wie ich es auch von der Wirtschaftlichkeit her gestalte, wenn ich weiß, ich
habe durch neue Kanzleien fast doppelt so viel Fläche, einfach auch einen anderen
Kostenapparat, da muss man schon mal gucken, was rechnet sich denn da am
besten.“
„Es müsste so sein, dass ich zum Beispiel auch die Auftragslage ganzjährig
überblicken kann. Das ist Punkt eins. Unsere Branche ist sehr großen
Konjunkturschwankungen unterworfen oder mit großen Konjunkturschwankungen
verbunden. So dass die Vorausplanung relativ schwierig ist. Das ist ein Punkt. Also
39
wenn dies zum Beispiel überschaubar wäre, dementsprechend der finanzielle Bereich
überschaubar wäre, könnte man darüber nachdenken, zu sagen, ok man tut vielleicht
noch jemanden einstellen und tut den Ausbilder wirklich dazu bewegen, wenn man
sagt, man holt einen Lehrling und er kümmert sich drum. Weil man kann es ja auch
nicht über kurze Zeit sehen, sondern man muss es ja über die ganze Dauer der
Ausbildung sehen. Und wenn man da einen Weitblick hätte, was die Auftragslage, die
Finanzlage, die Unterstützungslage wäre, dann wäre die Entscheidung mit Sicherheit
leichter, zu sagen man bildet aus.“
Dabei spielt auch eine kritische Größe der Belegschaft eine Rolle. Zum einen ist sie
Ausdruck der wirtschaftlichen Prosperität des Unternehmens, und zum anderen bietet sie
genügend personelles Potenzial für die Betreuung der Auszubildenden. Das zeigen die
folgenden Zitate:
„Da müsste ich erst einmal aufstocken. Weil wir können einen Lehrling, wenn wir
wieder auf unserer normalen Stärke von sechs Mann draußen sind, ist ein Lehrling in
Ordnung. Denn dann kann man auch gucken, dass der abwechselnd mit den Leuten
mitgeht und dass er auch so ausgebildet wird, wie wir uns das vorstellen.“
„Ja, bei uns ist das immer so ein bisschen abhängig, was wir für Arbeitskräfte im
Betrieb haben. Wie gesagt, wir sind ein kleiner Betrieb und wenn wir voll besetzt sind
mit Mitarbeitern, haben wir dann die Notwendigkeit nicht unbedingt gesehen einen
Lehrling auszubilden, aber im Moment könnten wir wieder einen Lehrling
gebrauchen.“
Wohlwissend, dass die Kleinunternehmen Nachteile im Wettbewerb mit den
Großunternehmen um die besten Auszubildenden haben, wenn sie geringere
Ausbildungsentgelte anbieten, sehen einige darin einen gangbaren Weg, um die
wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Ausbildung in ihrem Betrieb zu schaffen. Dieser im
Folgenden von einigen Gesprächspartnern beschriebene Spannungsbogen kann in den
Gesprächen auch nicht aufgelöst werden.
„Ja, dass man einfach sagt, die Lehrlinge haben hier netto ungefähr 400 Euro rum,
ja? Und brutto 700. Die zahlen Krankenkassenbeiträge und und und. Klar, für uns
wäre es halt wesentlich besser, wenn die, sagen wir mal 300 Euro Taschengeld
bekämen, ja? Und von mir aus etwas in die Sozialkasse bezahlt von uns. Dass das
Ding einfach nicht so teuer wird. Weil ich sehe 700, 750, 800 Euro glaube ich im
vierten Lehrjahr, oder dreieinhalb lernen die ja. Das ist dann einfach ein Kostenfaktor,
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der dann zu hoch ist. Oder im letzten Lehrjahr mag es ja noch in Ordnung sein, aber
im ersten dann schon.“
„Ja, die Ausbildungsvergütung muss im Rahmen des Möglichen sein für die Betriebe.
Also, ich kann nur immer von uns als kleinen Betrieb ausgehen, wir können nicht
irgendwelche Phantasievergütungen dann den Lehrlingen zahlen. Das muss
irgendwie einen Bezug haben, zu den wirtschaftlichen Möglichkeiten.“
Dabei wären finanzielle Anreize für Kleinunternehmen aus Sicht der Gesprächspartner
wünschenswert und ein möglicher Weg zur Reduzierung der wirtschaftlichen Belastungen für
Kleinunternehmen. Das können neue Förderprogramme für die Berufsausbildung sein oder
die Kostenübernahme für Aus- und Weiterbildungen der Ausbilder und Ausbilderinnen.
Ebenso attraktiv wären finanzielle Anreizsysteme, die den Kleinunternehmen die
wirtschaftlichen Kosten der Ausbildung abfedern.
„… und dann eben sicherlich gewisse Anreize zu bieten, vor allem in finanzieller Art
für Unternehmen, die ausbilden wollen.“
„Naja, eine gewisse Förderung für die kleinen und Mittelbetriebe, sage ich mal. Weil
für die ist es ja nun schon ein ziemlicher Aufwand so einen Ausbilder zur Verfügung
zu stellen. Also, bei großen Betrieben ist das so drin, dass ein Ausbilder bereit
gestellt wird, aber bei kleinen und mittleren Betrieben, sagen wir mal, bis zwanzig
Beschäftigte, da ist es wohl dann schon eng.“
3 Zusammenfassung
Ausbildende Unternehmen schreiben der dualen Berufsausbildung einen hohen Stellenwert
zu. Sie sehen neben dem betrieblichen Eigennutzen (Nachwuchssicherung, langfristige
Bindung von Mitarbeitern und Verjüngung der Belegschaft, Implementation neuer Ideen im
Unternehmen) auch viel stärker als nicht ausbildende Betriebe die gesellschaftliche
Verantwortung gegenüber den jungen Generationen und der Volkswirtschaft, deren
Zukunftsperspektive vom Fachkräftenachwuchs wesentlich abhängt. Nichtausbildende
Betriebe betrachten die Bedeutung der dualen Berufsausbildung eher aus der
Unternehmensinnenperspektive und erkennen in vielen Fällen durchaus an, dass die
Berufsausbildung Chancen für die Fachkräftegewinnung, die Personalentwicklung und die
Nachfolgereglung (insbesondere bei Kleinstunternehmen) bietet. Nur sind das bei vielen
dieser befragten Unternehmen zurzeit keine drängenden Themen. Die gesellschaftliche
41
Verantwortung wird in diesen Interviews kaum thematisiert. Somit erwächst auch daraus
keine Motivation auszubilden.
Die ausbildenden Unternehmen schreiben ihren Ausbilderinnen und Ausbildern eine hohe
Bedeutung im Unternehmen zu. Sie werden als geachtete Mitarbeiter und
Autoritätspersonen im positiven Sinne beschrieben. Ausbilderinnen und Ausbilder leisten
einen strategischen Nutzen für den wirtschaftlichen Erfolg ihres Unternehmens. Betont wird
in diesem Zusammenhang die wichtige Rolle der Ausbilder für Nachwuchssicherung und
Qualifikation der Mitarbeiter. Dem gegenüber erbringen die Auszubildenden nicht sofort,
sondern vor allem im zweiten und dritten Ausbildungsjahr, wenn sie schon über
entsprechende fachliche Grundlagen verfügen, durch ihre Arbeit einen direkten
wirtschaftlichen Nutzen. Nichtausbildende Betriebe bezweifeln das generell.
Durch ihre Tätigkeit fördern die Ausbilderinnen und Ausbilder die Attraktivität der dualen
Berufsausbildung, das geschieht vor allem durch die Kontaktpflege mit Schulen, ihr Wirken
als Ansprechpartner für die Jugendlichen. Ausbilderinnen und Ausbilder sind somit auch
Werbeträger, die eine positive Außendarstellung für das System der dualen
Berufsausbildung und für ihr Unternehmen bewirken. Sofern sie nicht gleichzeitig
Betriebsinhaber oder Geschäftsführer sind (das ist meistens in den Kleinstunternehmen der
Fall), findet durch die Ausbilderinnen und Ausbilder in den meisten Fällen eine enge
Abstimmung mit der Geschäftsführung statt. Sie nehmen Einfluss auf die Organisation und
Ausstattung der Ausbildungsplätze und ergänzende Ausbildungsinhalte.
Die Attraktivität der dualen Berufsausbildung wird aus gesellschaftlicher Perspektive
grundsätzlich positiv beurteilt, da sind sich ausbildende und nichtausbildende Betriebe
nahezu einig. Vor allem im internationalen Vergleich sei das deutsche System wegweisend.
Innerhalb der deutschen Gesellschaft genießt aber der Facharbeiterberuf ein
eingeschränktes Ansehen. Insbesondere nichtausbildende Betriebe beklagen, dass in der
öffentlichen medialen Kommunikation mehr Freizeitkultur als Arbeitskultur dargestellt würde,
was den Fokus junger Menschen von einer positiven Wertung der Facharbeiterkarriere
ablenkt. Facharbeiterberufe genießen gegenüber Studienabschlüssen in der Öffentlichkeit
eine geringere Wertschätzung. Auch wenn dies branchenabhängig sei, ist ein genereller
abwertender Meinungstrend zu erkennen. Das beeinträchtige die Nachfrage nach
Facharbeiterausbildungen unter den Jugendlichen. Verbesserte Berufseinstiegschancen
könnten die Attraktivität der Facharbeiterberufe wieder erhöhen.
Dabei spielen die Ausbildungsvergütung und die später zu erwartenden
Facharbeiterentlohnung eine wesentliche Rolle. Das ist Konsens zwischen ausbildenden und
nichtausbildenden Unternehmen. Letztere fühlen sich dadurch in ihren Möglichkeiten dual
42
auszubilden eingeschränkt. Sie unterliegen hier im Konkurrenzkampf um gute Bewerber den
großen Unternehmen, weil sie beim Vergütungsniveau nach eigenen Einschätzungen nicht
mithalten können. In dieser Frage wirkt sich auch ein nicht unwesentlicher Einfluss der Eltern
auf die jugendlichen Bewerber aus. Sie würden ihre Kinder eher auf Berufe orientieren, in
denen gute Ausbildungsentgelte und später gute Facharbeiterlöhne zu erwarten sind. Somit
hat sich auch die Erwartungshaltung der Jugendlichen an die Ausbildung und den späteren
Beruf verändert. Einige Interviewpartner interpretieren das in Richtung einer gesunkenen
Motivation junger Menschen für eine Facharbeiterausbildung und späteren Tätigkeit in
diesem Beruf.
Ausbildende und nichtausbildende Betriebe sind sich weitestgehend darin einig, dass der
Aufwand der Bewerbersuche gestiegen ist. Zum einen sanken nach ihrer Ansicht in den
letzten Jahren die Bewerberzahlen und auch die Qualität der Bewerber. Auch das schreckt
nichtausbildende Betriebe ab, zukünftig auszubilden.
In erster Linie argumentieren die Gesprächspartner aus den nichtausbildenden Unternehmen
mit den für sie betriebswirtschaftlich nicht vertretbaren direkten und indirekten
Ausbildungskosten, Sie seien der Hauptgrund, nicht auszubilden. Das korreliert mit der
Betriebsgröße. Je kleiner die Betriebe, desto häufiger dieses Argument. Es wird flankiert
durch Argumente fehlender personeller Ressourcen zur Betreuung von Auszubildenden,
fehlender Möglichkeiten den Lehrkanon abdecken zu können und der Feststellung, dass den
jungen Menschen nach der Ausbildung keine berufliche Perspektive geboten werden kann.
Angemerkt werden von ausbildenden und nichtausbildenden Unternehmen auch die
motivationalen und fachlichen Defizite junger Bewerber. Dafür wird das Schulsystem in die
Verantwortung genommen.
Insbesondere kleinere Betriebe bemängeln, dass die Ausgestaltung der Ausbildungsverträge
nicht genügend Möglichkeiten biete, sich von ungeeigneten Auszubilden wieder trennen zu
können. Längere Probezeiten werden befürwortet. Als positives Beispiel wurde hier das EQJ
genannt. Allerdings ist die Nutzung von Praktika für den Ausbildungseinstieg unter den
Gesprächspartnern umstritten. Praktika als „kostengünstiger Ersatz“ für Auszubildende oder
gar für die Beschäftigung von Facharbeitern/Facharbeiterinnen wird von fast allen Befragten
abgelehnt.
Ausbildende Betriebe kennen mehr staatliche Fördermöglichkeiten als nichtausbildende
Betriebe. Diese fordern folgerichtig in den Gesprächen auch den Ausbau der Förderpolitik.
Dabei geht es sowohl um ausbildungsspezifische Fördermaßnahmen (z.B.
Kostenübernahme der Ausbilderschulungen) als auch um eine nichtausbildungsbezogene
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Wirtschaftsförderung vor allem der Kleinunternehmen. Deren wirtschaftliche Stabilität hätte
positive Wirkungen auf die Ausbildungsbereitschaft.
Nichtausbildende Unternehmen würden motiviert auszubilden, wenn eine kritische
Unternehmensgröße und Belegschaftsgröße erreicht ist, wirtschaftliche Prosperität langfristig
einsetzt, die Ausbildungsentgelte den betriebswirtschaftlichen Rahmenbedingungen
angepasst sind und die berufsschulische Ausbildung auf die berufsrelevanten Themen
fokussiert würde und somit die Auszubildenden mehr Ausbildungszeiten im Unternehmen
absolvieren würden.
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Bildnachweise Deckblatt (von links nach rechts):
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© Thinkstock / Plumber at work: ovro77
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© Thinkstock / Mature man working with son: David Sacks
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© Thinkstock / Portrait of woman carpenter or cabinetmaker: Comstock
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© Thinkstock / Carpenter equipment: Sabino Parente
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