- 42 - Bevor wir uns jedoch mit komplexen Spielarten der Fluoreszenzmikroskopie befassen, sollten wir uns zuerst der klassischen Durchlichtmikroskopie zuwenden. Die klassische Mikroskopie sendet Licht über einen (bei guten Mikroskopen) Köhler‘schen Kondensor und schaut sich das, was das Präparat damit macht, mit der beschriebenen optischen Anordnung an. Das gelingt gut, wenn die Probe farbig ist, wie das z.B. bei roten Blutkörperchen oder grün gefärbten Algen der Fall ist. Solche Objekte nennt man Amplitudenobjekte, weil sie die Lichtintensität (die Anzahl durchgelassener relativ zu den eingestrahlten Photonen) bei bestimmten Wellenlängen (Farben) absorbieren und das Bild somit die komplementäre Farbe besitzt. Ungefärbte Zellen - und das sind die meisten - wenn man sie nicht, wie das der Pathologe gewöhnlich tut - mit Hilfe von Farbstoffen anfärbt, sind dagegen Phasen -objekte und damit quasi unsichtbar. Eine Qualle im Wasser können Sie praktisch nicht sehen, es sei denn, sie hat eine farbige Zeichnung, und dann sehen Sie nur diese, aber nicht den Umriß der Qualle. Wenn die Qualle am Strand liegt, d.h. der Quallenkörper gegen Luft (nL = 1) und nicht gegen Wasser (nW = 1.34) kontrastiert, dann können Sie auch die Umrisse einer Qualle erkennen, obwohl sie ein sog. Phasenobjekt ist. - 43 - Das kann auch im Alltag ein Problem sein! Durch Färben macht man deshalb durch Anfärben aus Phasen- Amplitudenobjekte. Farbstoffe wie Hämatoxilin und Eosin sind in der Mikroskopie weit verbreitet. Hämatoxilin-gefärbte Krebszellen Wo Färben (mit absorbierenden, oder fluoreszierenden Farbstoffen) jedoch nicht erwünscht ist, muß man andere Methoden finden um den Kontrast zu erhöhen, d.h. um Phasenobjekte zu Amplitudenobjekten zu machen! Dabei kommt uns zu Hilfe, dass es - 44 - Wechselwirkungen zwiwschen Licht und Materie gibt, die das Licht - wenn sie es schon nicht absorbieren - so doch wenigstens solcherart beeinflussen, dass man das registrieren kann. Licht wird gebrochen, es wird an Grenzflächen gebeugt und es wird gestreut. Letztlich lassen sich alle diese Effekte auf das Huygens‘sche Prinzip zurückführen: Jedes Molekül, das mit Licht (d.h. einer elektromagnetischen Welle) wechselwirkt, auch wenn es diese nicht zu absorbieren und damit Energie aus dem Strahl zu entnehmen vermag, kann als Ausgangspunkt neuer Elementarwellen angesehen werden, die mit von anderer Stelle kommenden Elementarwellen konstruktiv bzw. destruktiv interferieren. Das Dunkelfeld macht Gebrauch von der Tatsache, dass man das Primärlicht ausblenden und nur das gestreute Licht detektieren kann. Wie würden Sie das mit einem Köhler-Kondensor realisieren? Das Beispiel zeigt Erythrozyten im Hellfeld (bei der kleinen Schichdicke sieht selbst Blut sehr blass aus.....) und im Dunkelfeld. Stark streuende Objekte wie die Luftblase sind optimal erkennbar, außerdem die Membranen, über das Zellinnere erfährt man sehr wenig. Zu anderen Methoden, insbesondere dem Phasenkontrast, finden Sie interaktive Java-Tutorials unter http://www.olympusmicro.com/primer/techniques/phasecontrast/phase.html die detailliertere Darstellung unter http://micro.magnet.fsu.edu/primer/techniques/phasecontrast/phaseindex.html Und allgemeine Information zur Mikroskopie unter http://www.olympusmicro.com/primer/java/index.html Im Rahmen der Vorlesung werden Fluoreszenzverfahren, die sich zum wichtigsten Werkzeug des Zellbiologen entwickelt haben, immer wieder einmal auftauchen. Nach- - 45 - folgend drum noch einmal der grundsätzliche Strahlengang eines Fluoreszenzmikroskops mit dem zentralen Element, dem Filterwürfel, der dafür sorgt, dass nur passendes Anregungslicht auf die Probe gelangt und nur emittiertes Licht durchgelassen wird (aber kein Anregungslicht), damit es mit Auge oder Kamera angesehen werden kann. Das Verfahren, bei dem das Anregungslicht den gleichen Lichtpfad nimmt wie das Emissionslicht, nennt man „Auflicht-Fluoreszenz. Präparat Objektiv von der Lichtquelle Farbteiler! (Dichroit) zum Detektor Sehvorgang Wir haben nun verstanden, wie das zu registrierende Licht auf die Netzhaut im Auge gelangt. Die Netzhaut ist ein Biodetektor, der aus vielen kleinen lichtempfindlichen Elemente zusammengesetzt ist, wobei die Größe eines "Detektorelements" der eine "Beugungsscheibchens" entspricht, d.h. der minimalen Spotgröße bei der Abbildung eines parallelen Strahlbündels durch die Linse des Auges bei maximal geweiteter Pupille. Eine kleinere Sehzelle würde somit keine gesteigerte Auflösung ergeben. Die Größe der Sehzellen (Zapfen und Stäbchen) entsprechen der Korngröße beim Film. In der Retina findet wiederum eine Wechselwirkung von Licht und Materie statt. Der erste Schritt besteht darin, dass das Licht absorbiert wird, denn nur Licht, das absorbiert wird, kann auch gesehen werden! Eine einfache Konsequenz dieser Aussage ist die, dass die Tarnkappenträger aus der Welt der Sagen und Märchen nicht nur unsichtbar, sondern auch blind gewesen wären..... Bei normalen chemischen Einfachbindungen, wie sie bisher beschrieben wurden, ist die Energie, die erforderlich ist, um Moleküle vom elektronischen Grund- in den ersten angeregten Übergang Zustand zu überführen, beträchtlich, d.h man benötigen sehr - 46 - kurzwelliges (UV-) Licht von λ < 200nm. Es gibt in der Chemie jedoch nicht nur Einfachbindung, die aus einem (was ihren Spin angeht gepaarten) Elektronenpaar bestehen, sondern auch sog. Doppel- und Dreifachbindungen. Bei diesen „sitzen die Elektronen wesentlich lockerer", d.h. die Energie zum Erreichen des ersten angeregten elektronischen Zustands ist geringer. Ist eine Mehrfachbindung "delokalisiert“, d.h. werden die bindenden Elektronen von mehr als 2 Kernen geteilt (Beispiel Butadien, Benzol), verringert sich die erforderliche Anregungs-Energie noch weiter und kann, ab einer gewissen Delokalisierung, bereits von sichtbarem Licht aufgebracht werden. Man nennt solche Moleküle, die im sichtbaren Spektralbereich absorbieren und deren Eigenfarbe deshalb komplementär zur absorbierten Farbe ist, "Chromophore" (Farbträger). Das Tetrapyrrol im Chlorophyll ist so ein Chromophor, oder aber das Retinal im Sehpigment Rhodopsin. Im Vertebratenauge handelt es sich um ein Retinal in der 11-cis-Konfiguration (s.u.). Retinal absorbiert für sich alleine genommen bei 380nm. Wenn es jedoch in sein „ApoProtein“, das Opsin eingebaut ist (man nennt das Produkt Rhodopsin), verschiebt sich durch die Wechselwirkung (WW) zwischen delokalisierten Elektronen und den Ladungen im Protein die Absorption ins langwellige, beim Vertebraten- rhodopsin nach 500 nm. Durch leichte Veränderung der WW kann diese Zentral- wellenlänge "getuned" werden, so dass Wellenlängen zwischen 380 und 650 nm resultieren. Davon macht die Natur beim Farbensehen Gebrauch (die Zapfen haben unterschiedliche Sehpigmente). Verschiedene Organismen unterscheiden sich durch ihre Rhodopsine, deren Maximum der Absorption zwischen 350 und 670 nm liegen kann. Wie funktioniert nun das "Sehen"? Im Protein ist das Retinal quasi mechanisch mit Nachbargruppen verknüpft und wird durch seine eigenen Doppelbindungen, um die gewöhnlich (siehe später) keine Rotation möglich ist, und durch die stabilisierende - 47 - Wirkung der in der Nachbarschaft befindlichen Ladungen des Proteins, in einer bestimmten Form festgehalten. Die energetisch ähnlich bevorzugte all-trans-Form kann nur erreicht werden, wenn eine hohe Energiebarriere überschritten wird. So wie eine Kugel, die in den Alpen in einem tiefen Tal liegt und die nur dann ins gleich tiefe Nachbartal gelangt, wenn man sie vorher über einen hohen Bergrücken rollt. Bei der Isomerisierung des Retinals muß diese Energie aufgebracht werden, bevor es auch zu einer Konformationsänderungen im Protein kommen kann. Diese Konformationsänderung überführt die inaktive Form des Rhodopsins (R) in eine aktive Form (R*), welche in der Folge mit G-Proteinen interagieren kann. Bevor wir die Reaktionskaskade besprechen, die sich daran anschließt, soll zuerst einmal diskutiert werden, welche Rolle das Licht bei dieser Isomerisierung spielt: Während sich bei einer Einfachbindung die beteiligten Atome leicht um die Bindungsachse drehen können, ist diese Drehung bei der Doppelbindung nur schwer möglich. Man sagt, dass die Aktivierungsenergie sehr hoch ist. Sie liegt in unserem Fall bei ca. 200 kJ/mol. Bei Zimmertemperatur kommt es daher fast nicht vor, dass ein Molekül freiwillig (d.h. ohne Licht) über diese Barriere kommt. Auf Ludwig Boltzmann geht die Formel zurück, die uns berechnen lässt, wie hoch die Wahrscheinlichkeit P2 ist, dass sich ein Teilchen im energiereicheren Zustand 2 befindet, verglichen mit der Wahrscheinlichkeit P1, dass es sich im energieärmeren Zustand 1 befindet. Diese Wahrscheinlichkeit hängt nur vom Energieunterschied der beiden Zustände (E2-E1) ab und von der absoluten Temperatur T: P2/P1 = e-(E2-E1)/kT Bei der hohen Aktivierungsenergie ist nur ein äußerst geringer Prozentsatz aller Moleküle bereits im Dunkeln „auf dem Aktivierungsenergie-Berg“, d.h. er kann isomerisieren. Das ist gut so, sonst würden wir laufend Lichtblitze sehen, ohne dass Licht - 48 - da ist. Im elektronisch angeregten Zustand dagegen ist die Aktivierungsenergie so stark reduziert, dass es praktisch immer zu einer Isomerisierung kommt. Die hohe Schwelle, die zum Schutze von Fehlauslösungen eingebaut ist, erfordert jedoch, dass das Retinal zur Wiederherstellung seiner 11-cis Form aus dem Rhodopsin ausgebaut, ins Pigment-Epithel gebracht, dort reisomerisiert und danach wieder ins Opsin eingebaut wird. Niedere Organismen (Algen, Bakterien) besitzen ebenfalls ein Rhodopsin, doch bei ihnen ist die Aktivierungsenergie (Schwelle) deutlich geringer und die Reisomerisierung wird vor Ort vorgenommen. Ende Kapitel 5
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