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Banken müssen nachbessern
Viel zu selten richten Finanzinstitute ihr Onlinebanking konsequent auf den
Kundennutzen aus. Dabei werden virtuelle Finanzdienste in Zukunft immer
wichtiger und sollten sich ständig weiterentwickeln.
Oliver Mihm, Bettina Jacobs
Eigentlich könnte der Online-Nachrichtendienst Skype das
Vorbild sein für modernes Banking über Internet- und
Videochat. Doch bislang bleibt der Erfolg aus. Die deutschen
Kunden nehmen das virtuelle Angebot ihrer Bank oder Sparkasse viel zu selten in Anspruch. Seit dem Jahr 2013 arbeiten
die Finanzinstitute an neuen, innovativen und vermeintlich
anwenderfreundlichen Kontaktkanälen.
Kunden kommunizieren kaum
über interaktive Online-Kanäle
Nur drei Prozent der Privatkunden chatten mit ihrem Geldhaus. Das ergab die „Privatkundenstudie 2014“ von Investors
Marketing (IM). Weniger als ein Prozent bevorzugen das
Video zur Kontaktaufnahme. Tatsächlich liegt die absolute
Zahl der Chatanfragen per Text- und Videonachricht bei
Deutschlands Regionalbanken zwischen wenigen Hundert
bis einigen Tausend pro Monat. Hingegen kommen auf 100
Kunden pro Monat weit über 1.000 Kontakte im Onlinebanking, etwa 70 Filialkontakte und 20 Anrufe. So ist es auch
46 BANKMAGAZIN 5 | 2015
kein Wunder, dass bislang nur wenige Kunden konkrete Erfahrungen mit Finanzberatung via Chat oder Videokonferenz gesammelt haben – oder sich auch nur etwas darunter
vorstellen können. Immerhin 13 Prozent der Kunden geben
an, die neuen Beratungstools zumindest gelegentlich zu nutzen (siehe Grafik Seite 47). Dabei sind die Meinungen von
Kunden über Online-Beratungsangebote durchaus positiv:
Kompakt
■ Wenige Bankkunden nutzen zur Bankberatung
■
■
Online-Kanäle wie Chat oder Video.
Die Umsetzung von internetbasierten Dienstleistungen ist vielfach zu kompliziert.
Finanzinstitute müssen die Komplexität bei
der Online-Beratung verringern und dabei den
Kundennutzen im Auge behalten.
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IT | Online-Beratung
„Ich bin zu Hause, habe keine Fahrerei und kann trotzdem
mit meinem Berater reden“, so eine Antwort. Weitere typische Befragungsergebnisse sind: „spart die Anfahrt“, „schnell
und effektiv“, „als Berufspendler erreiche ich die Bank so
deutlich besser“.
Bankkunden, die per Chat oder Video mit ihrem Finanzinstitut Kontakt aufnehmen wollen, landen in der Regel in einem Servicecenter, wo grundlegende Fragen beantwortet werden. Bei einigen Häusern, zum Beispiel bei der Kreissparkasse Köln, können Kunden zudem ihren Berater per Chat kontaktieren.
Mit der Verbreitung von Bankingchats sind die Sparkassen schon weiter als die Genossenschaftsbanken und andere
große Geldhäuser. Die Deutsche Bank bietet ihren Kunden
weder einen Text- noch einen Videochat an. Die Commerzbank führte diese Kontaktmöglichkeiten vorerst nur bei ihrer Direktbanktochter Comdirect ein. Seit März 2015 ist erstmals auch beim Mutterinstitut die Interaktion per Videochat
möglich, allerdings nur zur Eröffnung eines Girokontos. In
Zukunft soll der Service auf weitere Finanzprodukte ausgeweitet werden. Die Hypovereinsbank dagegen bewirbt ihre
Online-Filiale schon länger als vollwertige Alternative zur
physischen Geschäftsstelle. Bei der österreichischen Schwester Bank Austria heißt das Angebot Smart Banking, ist jedoch nur eine Ergänzung zur direkten Betreuung vor Ort.
Persönliche Beratung kommt
im direkten Gespräch besser an
Die Zahl der vorhandenen Angebote wird noch geringer,
wenn zum Onlinebanking auch Gespräche zur persönlichen
Finanzplanung, Wertpapierberatung oder Baufinanzierung
gezählt und entsprechende Produkte verkauft werden sollen.
Für solche Dienstleistungen verweist die Online-Beratung
der Sparkasse Hanau lieber gleich auf die Geschäftsstelle.
Auch die Sparkasse Niederrhein, die zu den Pionieren der
Videoberatung gehört, führt komplexe Beratungsgespräche
lieber in der Filiale. Da sei es doch viel persönlicher, so die
Auskunft im Chat. Die Sparkasse Köln-Bonn bietet hingegen neben dem Chat eine Videoberatung durch qualifizierte Berater an. Auch die Sparkassen in Celle und Nürnberg
haben Beratungsangebote geschaffen, deren Leistungen mit
denen in der Filiale mithalten können.
Grund für die vielfach zögerliche Umsetzung von Chatund Videoangeboten in Banken ist die Komplexität der
Dienstleistungen. Ein Beratungsgespräch, in dem die finanzielle Situation und die Ziele eines Kunden erfasst und daraus Empfehlungen abgeleitet werden, stößt per Video, Chat
oder Telefon schnell an seine Grenzen. Auch braucht die Online-Beratung eine für beide Gesprächspartner nachvollziehwww.springerprofessional.de Nutzung von Beratungsdienstleistungen
auf verschiedenen Kanälen
„Für ein ausführliches Beratungsgespräch
nutze ich meistens/gelegentlich …“
Filiale oder Geschäftsstelle
Telefon
78 %
22 %
Internet (Chat, Skype)
13 %
Berater bei mir zu Hause
12 %
Quelle: Privatkundenstudie 2014, Investors Marketing;
N = 2.000, Mehrfachnennungen möglich
bare Struktur und eine Beratungsunterlage, auf deren Basis
die Inhalte des Gesprächs visualisiert, diskutiert und dokumentiert werden können. Die Beratungsunterstützung ist die
wohl größte Herausforderung für die Institute. Denn die Systeme, mit denen Bankberater aktuell arbeiten, sind oft zu
technisch und bilden den Gesprächsverlauf nicht optimal ab.
Neuere Beratungsoberflächen, wie sie zum Beispiel die
Volks- und Raiffeisenbanken im Rahmen des Projekts Beratungsqualität entwickelt haben oder die Sparkassen mit OS
Plus Neo, eignen sich eher für eine Online-Beratung. Diese
Lösungen sind noch nicht flächendeckend und für alle Gesprächssituationen verfügbar.
Demgegenüber ist die Frage der Technik für virtuelle Beratungsgespräche recht einfach zu lösen. Dank Desktop-Sharing oder Co-Browsing können Bankmitarbeiter und Kunde
heute problemlos gemeinsam in einem virtuellen Dokument
arbeiten und interagieren. Der Kunde kann dabei alles sehen,
was der Berater auf seinem Bildschirm sieht, und auch eigenständig Eingaben machen. Erforderlich ist nur ein Internetzugang per PC oder Tablet. Die technischen Möglichkeiten
sind in vielen Finanzinstituten bereits vorhanden, werden jedoch meist nur für die technische Unterstützung im Onlinebanking genutzt.
Wenn die Technik steht, kommt die Frage nach dem Ablauf: Beratungsgespräche, die am Telefon oder über einen
Bildschirm geführt werden, sind deutlich kürzer als in der
Filiale; meist dauern sie weniger als eine Stunde. Ein modularer Gesprächsaufbau ist daher unerlässlich, um schnell und
flexibel auf Kundenwünsche eingehen zu können. Die Angaben des Kunden müssen erfasst, Lösungen aufgezeigt und
Berechnungen durchgeführt werden. Am Ende des Gesprächs erwartet der Kunde noch eine Dokumentation in
elektronischer Form für seine Unterlagen und als Grundlage
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IT | Online-Beratung
eigenen Teams in der Bank. Die Online-Beratung kann in
einem eigenen Servicecenter angegliedert sein oder eine
separate, virtuelle Filiale bilden. Bei der Hypovereinsbank
etwa wird man Kunde der Online-Filiale, während in der
Sparkasse Nürnberg die Online-Beratung allen Kunden
offen steht.
Kundennutzen sollte auch
online im Vordergrund stehen
für Maßnahmen und Folgegespräche. Pragmatische und
kurzfristig umsetzbare Dokumentlösungen basieren etwa auf
der Präsentationssoftware Power-Point, beschreibbaren PDFoder HTML-Dateien.
Bankmitarbeiter müssen Vertrauen
herstellen können
Die Gesprächsführung in der Online-Beratung stellt ganz
neue Anforderungen an die Mitarbeiter einer Bank. Sie müssen bei ihren Kunden in kurzer Zeit so viel Verbindlichkeit
erzeugen, dass sich Kunden nach der Beratung auch für einen Vertragsabschluss entscheiden. Zudem geht die Einführung einer echten Online-Beratung oft mit erweiterten Arbeitszeiten einher. So sind die frühen Abendstunden bei berufstätigen Kunden besonders gefragt, reguläre Filialen
haben dann aber schon geschlossen. Das erfordert Mitarbeiter, die erfahren in der Kundenberatung sind und sich zudem
auf flexible Gesprächszeiten einlassen. Hierzu ist ein neuer
Beratertypus mit eigenem Anforderungsprofil gefordert, der
vielfach erst ausgebildet werden muss.
Wegen der spezifischen personellen und organisatorischen Voraussetzungen empfiehlt sich die Bildung eines
Noch ist die ganzheitliche Online-Beratung in der deutschen
Bankenlandschaft die Ausnahme. Es zeichnen sich jedoch
Varianten ab, die einen echten Kundennutzen bieten und auf
Akzeptanz bei den Kunden stoßen. Vor allem, wenn im Hintergrund immer noch die Filiale und der persönliche Ansprechpartner stehen.
Online-Beratung sollte daher nicht isoliert betrachtet werden, sondern mit anderen Dienstleistungen einer Bank verbunden werden. So ist der Einsatz innovativer, internetbasierter Techniken im Firmenkundengeschäft oder im Private Banking denkbar. Auch kann die Zusammenarbeit mit
Verbundpartnern oder internen Spezialisten effizienter werden, etwa auch wenn die Baufinanzierung online abgeschlossen werden kann. Das Beratungsangebot muss für den Kunden nur nachvollziehbar und stimmig sein. Eine solche
Dienstleistung via Internet bringt echten Nutzen für die
Bank und kann der Diskussion über innovative Filialstrukturen neue Impulse geben.
■
Autoren: Oliver Mihm ist Vorstandsvorsitzender der Investors Marketing
AG. Bettina Jacobs ist Senior Manager
bei der Unternehmensberatung.
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Stand: April 2015
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in: BANKFACHKLASSE 03/2015, Wiesbaden 2015
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