Serie zur Video- und Online-Beratung, Teil 1 „Wer jetzt Vertrauen aufbaut, zögert das Ende der menschlichen Beratung hinaus“ Die virtuelle Beratungsbranche boomt kräftig. Kaum eine Versicherung und kaum ein Finanzdienstleister arbeiten nicht daran, ihren Kunden eine hochprofessionelle Beratung von PC zu PC zu bieten. Hat der Mensch in der Beratung also ausgedient? Erstmal nicht, meint Unternehmensberater Jan Helmut Hönle. Wie Makler sich dagegen wappnen können, überflüssig zu werden, erklärt er in seinem Gastbeitrag. Mittlerweile geraten selbst Branchen in den Fokus, die wir bis vor kurzem nicht unbedingt mit der Videound Online-Beratung in einen Zusammenhang gebracht hätten. Nehmen wir den stationären Buchhandel: Dieser lebt nach wie vor von der Beratung im Laden selbst, vom vertraulichen Gespräch zwischen dem Kunden und dem Buchhändler. Mittlerweile ist das folgende Szenario denkbar: Der Kunde informiert sich über interessante Sachbücher, den neuen Brunetti-Krimi und den aktuellen Roman von Ken Follett im Internet. Dann ruft er den Buchhändler seines Vertrauens an und loggt sich auf dessen Homepage ein. Gemeinsam schauen sie auch andere Bücher an, blättern am Bildschirm durch die Seiten. Und schließlich kauft der Kunde, weil ihm über die Grenzen zwischen realer und virtueller Welt hinweg sein befreundeter Buchhändler eine Empfehlung ausspricht. Parallelen zum Buchhändler Das legt den Schluss nahe, dass der professionellen Video- und Online-Beratung die Zukunft gehört. Erst recht im Versicherungsbereich, wo das dargestellte Szenario schon längst zur Realität gehört: Der Versicherungskunde, insbesondere der junge Kunde, erwartet es, dass ihm der Berater die Option anbietet, die Suche nach der optimalen Versicherung (auch) per Bildschirmpräsentation durchzuführen. Aber Achtung: Genau wie es sich die meisten Buchhändler im Moment kaum vorstellen können, das persönliche Gespräch im Buchladen und den direkten Kontakt durch die Beratung per Tastatur, Bildschirm und Kamera zu ersetzen, können es sich die wenigsten Versicherungsmakler zurzeit vorstellen, dass die „Beratung von Mensch zu Mensch“ überflüssig wird – und damit auch sie selbst. Weil der Kunde nämlich gar keinen menschlichen Kontakt mehr wünscht oder braucht. Der Mensch auf dem Rückzug Natürlich: „Prognosen sind schwierig, besonders wenn sie die Zukunft betreffen.“ Dieses Zitat wird unter anderem Niels Bohr, Winston Churchill oder auch Kurt Tucholsky zugeschreiben. Niemand weiß, Der Pfefferminzia Newsletter ‐ für Versicherungsprofis www.pfefferminzia.de was die Zukunft bringen wird. Aber haben Sie schon einmal von der Trendforscherin Faith Popcorn gehört? Sie prägte bereits Mitte der 1980-Jahre den Begriff „Cocooning“: Mit „Cocooning“ ist der Rückzug in die eigene Schutzhülle gemeint. Bereits lange vor dem Siegeszug des Internet prognostizierte Faith Popcorn, dass sich die Menschen immer mehr aus der Gesellschaft zurückzögen, lieber in ihrem Schutz bietenden Schneckenhaus bleiben, sich abgrenzen und sich in einem Kokon einspinnen würden. Das Internet verleiht diesem Lebensgefühl auf kongeniale Art und Weise Ausdruck – und ermöglicht es zugleich: Der Mensch, der Kunde zieht sich in seine eigene Welt und die eigenen vier Wände zurück – und hat die Welt doch bei sich zu Hause im Wohnzimmer. Das Ende der Beratung von Mensch zu Mensch? Derzeit entstehen über die räumlichen Grenzen hinweg so etwas wie virtuelle Freundschaften zwischen Kunde und Versicherungsmakler. Konsequent zu Ende gedacht, könnte die Cocooning-Entwicklung aber auch dazu führen, dass der Kunde irgendwann die menschliche Beratung nicht mehr wünscht und sich vollends in seinem Kokon einspinnt. Wir wären dann alle Nerds, die lieber mit ihrem PC oder Smartphone kommunizieren als mit anderen Menschen. Und Hand aufs Herz: Sind solche Entwicklungstendenzen nicht schon jetzt zu beobachten? Ein weiteres Cocooning-Indiz liefert der Spiegel: In dem Artikel „Der Superliefermarkt“ (39/2015, S. 64-66) wird beschrieben, dass die Deutschen zwar fast alles über das World Wide Web kaufen, aber zumindest bei Lebensmitteln „bislang“ gewisse Hemmschwellen haben. „Bislang“ – bislang scheitert der Run auf den virtuellen Speiseneinkauf vor allem am Preis. Das Ganze gestaltet sich noch recht teuer. Aber demnächst brauchen vielleicht immer weniger Menschen jemanden, der Lebensmittel liebt und leibhaftig vor ihnen steht, um ihnen zu erklären, woher welches Lebensmittel stammt, weil diese Fragen virtuell per Empfehlungen, Likes und Bewertungen oder auch per Shitstorm geklärt werden. Wege aus der Überflüssigkeits-Falle Zurück zur Versicherungsbranche. Die Frage lautet, ob der Kunde irgendwann ohne menschliche Kommunikation auskommt. Noch ist es nicht so weit. Und wie gesagt: „Prognosen sind schwierig, besonders wenn sie die Zukunft betreffen.“ Das wirft trotzdem die Frage auf, wie sich Versicherungsmakler dagegen wappnen, überflüssig zu werden. Eine mögliche Antwort: Der Makler versteht es, in den entscheidenden Momenten der Wahrheit Vertrauen aufzubauen. Wenn der Kunde sich ein Urteil über das Unternehmen, den Makler, die Der Pfefferminzia Newsletter ‐ für Versicherungsprofis www.pfefferminzia.de Produkte und Dienstleistungen bildet, muss der Berater den Kokon durchstoßen. Der Hintergedanke: Wenn der Kunde erst einmal eine vertrauliche Beziehung zum Berater etabliert hat, wird er diese nicht so leicht aufgeben. Pointiert ausgedrückt: Wer jetzt Vertrauen aufbaut, zögert den Moment hinaus, in dem der Kunde auf die menschliche Beratung verzichten kann und will. Das hoffe ich jedenfalls. Im zweiten Teil zeigt Jan Helmut Hönle, wie es gelingt, menschliche, emotionale, technische und methodische Beratungskompetenz aufzubauen – und was dabei alles schief laufen kann. Der Autor Jan Helmut Hönle hat sich darauf spezialisiert, Unternehmer und Entscheider dabei zu unterstützen, die Video- und Online-Beratung in ihre Unternehmens- und Vertriebsstruktur zu integrieren. Der Spezialist für Online- und Internetmarketing ist Begründer der Kokon-Strategie und Autor des Buches „Online beraten und verkaufen“ (Springer Gabler 2013). Weitere Informationen zu Umsetzungs-Coachings, Tagesseminaren und Webinaren zum Thema „Video- und Online-Beratung“ unter www.kokon-strategie.de oder [email protected]. Dieser Artikel erschien am 19.10.2015 unter folgendem Link: http://www.pfefferminzia.de/serie-zur-video--und-online-beratung-teil-1-wer-jetzt-vertrauen-aufbaut-zoegert-das-ende-der-menschlichen-beratung-hin aus-1445255344/ Der Pfefferminzia Newsletter ‐ für Versicherungsprofis www.pfefferminzia.de Powered by TCPDF (www.tcpdf.org)
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