Der Forschungsnewsletter zum Mittelstand – ein kostenloser Service des Instituts für Mittelstandsforschung (IfM) Bonn Ausgabe 1/2015 / 23. März 2015 Inhalt Editorial Mittelstand: Das Zugehörigkeitsgefühl prägt NUI 2013: Offenbach belegt wieder Platz 1 Wann Wissenschaftler zu Gründungen neigen Wie Unternehmertum in der Schule vermittelt werden kann Große Familienunternehmen schneiden im Schnitt besser ab als managergeführte Was Unternehmerinnen in Europa auszeichnet Hürdenreicher Weg zur Digitalisierung Damit CSR nicht zur Opportunismusfalle wird Aktualisierte IfM-Statistiken auf einen Blick Aktuelles aus dem IfM Bonn Editorial Der Mittelstand – ein Phänomen im Wandel Liebe Newsletter-Abonnenten, spricht man vom Mittelstand, denken viele spontan an kleine Unternehmen und den Familienbetrieb. Fragt man jedoch Soloselbstständige und Kleinstunternehmer, ob sie sich zum Mittelstand zählen, werden viele von ihnen dies verneinen. Dagegen fühlen sich viele große Unternehmen, deren Gründerfamilie tatsächlich nur noch (wenige) Anteile besitzt und bei denen häufig familienfremde Manager die Geschäfte lenken, als mittelständisch. Warum dies so ist, erfahren Sie in dieser Ausgabe. Lesen Sie außerdem, wie der Mittelstand aktuell beim Thema "Industrie 4.0" aufgestellt ist, und weshalb eher ausländische Wissenschaftler und solche, die an Fachhochschulen tätig sind, den Weg in die Selbstständigkeit erwägen. Viele interessante Informationen wünscht Ihnen Prof. Dr. Friederike Welter IfM-Präsidentin Mittelstand: Das Zugehörigkeitsgefühl prägt Der Mittelstand ist per se ein Konglomerat von ganz verschiedenartigen Unternehmen: Handwerks-, Handels- und Industriebetriebe gehören ebenso dazu wie beispielsweise wissensorientierte Dienstleister oder Produzenten von Spezialserien. Nun belegen zwei Studien des IfM Bonn, dass sich der Mittelstand noch weiter ausdifferenziert: So hat sich gezeigt, dass sich Unternehmen selbst häufiger als Mittelstand sehen, je größer und je älter sie sind. Der Grund: Diese Unternehmen sind zwar über mehrere Generationen hinweg aus dem Mittelstand herausgewachsen, fühlen sich ihm aber immer noch verbunden. Umgekehrt gilt: Je kleiner und je jünger die Unternehmen sind, desto seltener definieren sie sich selbst als Mittelstand – bei den Kleinstunternehmen sind es gerade einmal 40 %. Fragt man Unternehmer, wodurch sich Mittelstand auszeichnet, bestätigen sie das Leitbild von Ludwig Erhard: Ihrer Ansicht nach gehören nur Unternehmen dazu, die unabhängig agieren, wertorientiert handeln und durch ihre unternehmerische Tätigkeit ihren Lebensunterhalt sichern (können). Zudem gehöre nur derjenige Unternehmer dazu, der mindestens einen Mitarbeiter beschäftigt. Eine Obergrenze bei den Beschäftigten sehen sie hingegen nicht. Die beiden Studien "Mittelstand im Wandel" und "Mittelstand zwischen Fakten und Gefühl" finden Sie auf unserer Homepage. zurück zum Inhaltsverzeichnis NUI 2013: Offenbach belegt wieder Platz 1 In Offenbach ist es weiterhin attraktiv, ein Gewerbe zu eröffnen. Erst mit Abstand folgen der Landkreis München sowie die hessische Landeshauptstadt Wiesbaden. Zu diesem Ergebnis kommt das aktuelle NUI Regionenranking für das Jahr 2013. Die TOP-20 Neu in der Spitzengruppe sind die Landkreise Pinneberg (Schleswig-Holstein) und GarmischPartenkirchen (Bayern). Deutlich verloren hat dagegen im Jahre 2013 die Stadt Frankfurt a. M. – sie rutschte vom 2. Rang auf Platz 10. Auch mussten die Stadt Koblenz und der hessische Landkreis Groß-Gerau – beides Aufsteiger in 2012 – die TOP-20 des NUI-Regionenrankings wieder verlassen. Insgesamt sind 10 Kreise und kreisfreie Städte aus Bayern, 6 aus Hessen, die Bundeshauptstadt Berlin, die nordrhein-westfälische Landeshauptstadt Düsseldorf, Baden-Baden (Baden-Württemberg) und ein Landkreis in Schleswig-Holstein unter den TOP-20 zu finden. Am Ende der NUI-Skala stehen 10 Kreise in Sachsen-Anhalt, 6 in Thüringen, 3 in Brandenburg sowie eine niedersächsiche Stadt. Der NUI-Indikator 2013 nach Bundesländern Quelle: Statistische Ämter des Bundes und der Länder, Regionaldatenbank, Stand 25.2.15, eigene Berechnung des IfM Bonn. zurück zum Inhaltsverzeichnis Wann Wissenschaftler zu Gründungen neigen Wissenschaftler, die angewandte Forschung betreiben, und solche, die Erfindungen vorweisen können, sind am ehesten zu einer Unternehmensgründung bereit. Auch aus diesem Grund sind an den Fachhochschulen oftmals mehr Gründungswillige zu finden als in der universitären Grundlagen forschung. Zudem sind ausländische Wissenschaftler eher als deutsche bereit, sich selbstständig zu machen. Vorbilder motivieren Einen besonders hohen Einfluss auf die Gründungsbereitschaft üben die Aktivitäten von Kollegen bzw. Mitarbeitern im näheren Umfeld aus. Ebenso wirken finanzielle Leistungsanreize in Forschung und Lehre gründungsfördernd. Für die Studie "Der Einfluss institutioneller Rahmenbedingungen auf die Gründungsneigung von Wissenschaftlern an deutschen Hochschulen" hatten die IfM-Wissenschaftler rund 6.000 Wissenschaftler der Fächergruppen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik, Kreativwirtschaft, Gesundheit und Soziales sowie Wirtschafts- und Sozialwissenschaften an 73 deutschen Hochschulen befragt. zurück zum Inhaltsverzeichnis Wie Unternehmertum in der Schule vermittelt werden kann Für die OECD-Veröffentlichung "The Missing Entrepreneurs 2014" hat das IfM Bonn dargestellt, wie in der Schule unternehmerisches Denken vermittelt werden kann. Als ein vorbildhaftes Beispiel diente dabei das Schüler-Institut für Technik und angewandte Informatik (SITI) in Havelberg: Seit 1999 werden dort Schülerinnen und Schülern zwischen 10 und 18 Jahren persönliche Kompetenzen und technologische Fähigkeiten vermittelt, die als Grundlage für eine Unternehmensgründung förderlich sind. zurück zum Inhaltsverzeichnis Große Familienunternehmen schneiden im Schnitt besser ab als managergeführte Große Familienunternehmen erzielen in wirtschaftlich schwierigeren Zeiten bessere Ergebnisse als vergleichbare managergeführte. Zu diesem Fazit kommt eine Bilanzdatenanalyse des IfM Bonn für die Jahre 2008 bis 2012. Demnach weisen die untersuchten großen Familienunternehmen sowohl über den gesamten Zeitraum hinweg als auch in den einzelnen Jahren höhere Gesamt- und Eigenkapitalrenditen auf als die Nicht-Familienunternehmen. Große Familienunternehmen erweisen sich als "Jobmotor" Von 2008 auf 2012 erhöhten sie ihren Personalbestand stärker als die großen managergeführten Unternehmen. Nur in den Jahren 2009 und 2010 zeigte sich bei der Beschäftigung kein Unterschied. Dies belegt, dass die großen Familienunternehmen durch den Verzicht auf Personalabbau ganz entscheidend zur Stabilisierung des Arbeitsmarktes in den konjunkturell schwierigen Jahren beigetragen haben. zurück zum Inhaltsverzeichnis Was Unternehmerinnen in Europa auszeichnet Knapp drei von 10 Unternehmern in Europa sind Frauen (29 %). Insgesamt sind rund 11,6 Millionen Europäerinnen selbstständig tätig. Die meisten von ihnen (78 %) arbeiten jedoch alleine – und vor rangig in den Bereichen Gesundheit, Soziales, Dienstleistungen und Erziehung. Für die jüngste Studie "Statistical Data on Women Entrepreneurs in Europe" der Europäischen Kommission hat das IfM Bonn Daten zu den Unternehmerinnen in Deutschland bereitgestellt. zurück zum Inhaltsverzeichnis Hürdenreicher Weg zur Digitalisierung Eine Befragung mittelständischer Unternehmer im Raum Düsseldorf ergab, dass die Sorge vor Industriespionage und die Unübersichtlichkeit der zahlreichen Trends in der Informations- und Kommunikationstechnologie eine schnellere Digitalisierung in den Unternehmen verhindern. Infolge dessen fällt es den betroffenen Unternehmern auch schwer, wichtige Trends auf dem Weg zu Industrie 4.0 zu identifizieren oder eine sachgerechte Abwägung von Nutzen und Kosten einer entsprechenden Investition vorzunehmen. Wert der Internetkommunikation ist erkannt – aber noch nicht genutzt Auch wenn nahezu jedes Unternehmen inzwischen einen eigenen Internetauftritt besitzt, wird dennoch das Potenzial, das sich daraus ergibt, noch nicht durchweg konsequent genutzt. Insbesondere der Einsatz von Social Media ist noch ausbaufähig: Vielen mittelständischen Unternehmen ist nicht ausreichend bewusst, dass sie junge Menschen insbesondere über diesen Weg auf ihr Unternehmen bzw. ihre eigenen Produkte aufmerksam machen können. In den kommenden Monaten wird das IfM Bonn weitere Forschungsergebnisse zum Thema "Industrie 4.0 und Mittelstand" veröffentlichen. zurück zum Inhaltsverzeichnis Damit CSR nicht zur Opportunismusfalle wird Corporate Social Responsibility (CSR) ist für mittelständische Unternehmen nicht nur mit Chancen verbunden, die etwa mit einem Zugewinn an Reputation und Wissen einhergehen. CSR kann – neben den allgemeinen Investitionsrisiken – auch mit dem Risiko opportunistischen Verhaltens beispielsweise seitens eines unkooperativen Marktpartners behaftet sein. Selbst integre CSR-Unter nehmen können dann öffentlich in Misskredit geraten. Ein Beispiel hierfür ist das sogenannte "Greenwashing", das eine ganze Branche in Verruf bringen kann. Um diese negativen Effekte zu verhindern, setzt ein Teil der mittelständischen Unternehmen auf Zertifikate oder begutachtete Nachhaltigkeitsberichte. Andere kooperieren mit Unternehmen, um selbst gesetzte Standards durchzusetzen. Dritte wiederum wählen ihre Geschäftspartner aus schließlich unter den Mitgliedern eines Verbandes aus, der konkrete CSR-Standards vorschreibt. Wie mittelständische Unternehmen im Detail den CSR-Risiken begegnen, lesen Sie hier. zurück zum Inhaltsverzeichnis Aktualisierte IfM-Statistiken auf einen Blick In den vergangenen Wochen wurden folgende Statistiken auf der Homepage des IfM Bonn aktualisiert: Handwerksbetriebe (Anzahl, Beschäftigte und Umsätze) Freie Berufe zurück zum Inhaltsverzeichnis Vorschau: Im Forschungs-Newsletter 2/2015 können Sie u. a. lesen, wie die industriellen Mittelständler ihre aktuelle Wirtschaftssituation sowie die politischen Rahmenbedingungen einschätzen, mit welchen Risiken sich die großen Familienunternehmen konfrontiert sehen und wie sich die größeren Mittelständler in den vergangenen Monaten im europäischen Vergleich entwickelt haben. Der Newsletter wird im Juni 2015 versandt. Aktuelles aus dem IfM Bonn Crowdfunding-Konferenz im IfM Bonn Immer mehr Existenzgründer erwägen ihre Unternehmung mit Hilfe von Crowdfunding zu finanzieren. Ob und inwieweit sich diese Finanzierungsform zu einer ernsthaften Finanzierungsalternative entwickeln kann, wird aktuell wissenschaftlich diskutiert. Einen Überblick über die aktuellen Trends und Entwicklungen wird am 15. April 2015 die Crowdfunding-Konferenz geben, die das IfM Bonn gemeinsam mit dem Arbeitskreis Gründungs- und Mittelstandsfinanzierung des Förderkreis Gründungs-Forschung e.V. (FGF) in Bonn veranstaltet. Zwei weitere Auszeichnungen für IfM-Präsidentin Prof. Dr. Friederike Welter ist im Januar 2015 in das leitende Redaktionskomitee der Zeitschrift "Entrepreneurship Theory and Practice" aufgenommen worden. Zudem wurde sie in das Gutachtergremium der Babson Konferenz berufen. Die nächste Veranstaltung des Babson College (USA), die weltweit als eine der renommiertesten EntrepreneurshipKonferenzen gilt, findet vom 10. bis 13. Juni 2015 in Boston (USA) statt. Prof. Dr. Friederike Welter wird dort gemeinsam mit Dr. Kerstin Ettl (Universität Siegen) und Dr. Laura Black (Montana State University) ihre Studie "Listen to how women entrepreneurs view success – a contextual explanation of entrepreneurial behavior" vorstellen. Externe Veröffentlichungen von IfM-Wissenschaftlern Die familieninterne Unternehmensübertragung ist nach wie vor die am häufigste praktizierte Form der Nachfolgeregelung in Familienunternehmen. Nach Untersuchungen von Dr. Nadine Schlömer-Laufen und Dr. Rosemarie Kay ziehen Männer dabei eher einen Sohn vor – Frauen hingegen eine Tochter. Ihr Beitrag "Zum Einfluss des Geschlechts des Übergebenden auf die Wahl des familieninternen Nachfolgenden" ist in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift für KMU und Entrepreneurship (ZFKE, Vol. 63, No. 1) erschienen. ? http://ejournals.duncker-humblot.de/toc/zfke/63/1 Die Forschungsergebnisse des IfM Bonn – (inter-)national präsent Über die Frage, vor welchen Herausforderungen das Unternehmertum – und damit auch die Politik – angesichts der aktuellen wirtschaftlichen Entwicklungen stehen, referierte Prof. Dr. Friederike Welter auf der Konferenz des britischen Enterprise Research Centre in Birmingham (Großbritannien). Zudem diskutierte sie zu Jahresbeginn unter der Leitung des F.A.Z.-Herausgebers Holger Steltzner mit Michael Breuer (Rheinischer Sparkassen- und Giroverband), Dr. Jörg Dittrich (Handwerkskammer Dresden), Ulrich Leitermann (Signal Iduna Gruppe) und Prof. Dr. Henning Vöpel (Hamburgisches Weltwirtschaftsinstitut) auf dem Dreikönigstreffen des nordrhein-westfälischen Handwerks in Düsseldorf über die Folgen der niedrigen Zinsen. Im Rahmen einer Multiplikatorenschulung der Offensive Mittelstand informierte Dr. Annette Icks in München Mitte März zahlreiche Interessierte des Landesverbandes der steuerberatenden und wirtschaftsprüfenden Berufe in Bayern über die Initiative. Anfang Februar stellte sie beim Treffen des NRW Regionalnetzwerkes Rhein-Ruhr Forschungsergebnisse des IfM Bonn vor. Die bundesweiten Regionalnetzwerke der Offensive Mittelstand bieten kleinen und mittleren Unternehmen Unterstützung bei ihren alltäglichen Problemen an. Auf den Osnabrücker Baubetriebstagen 2015 gab Dr. Rosemarie Kay einen Überblick über die kurz- und mittelfristige Entwicklung des Nachfolgegeschehens und zeigte Alternativen zur familieninternen Nachfolge auf. Dr. André Pahnke erläuterte auf dem Vierten Forum Mittelstandsforschung in Chur/Schweiz die Gründe, warum Kleinstbetriebe schwieriger Auszubildende finden als große Betriebe. Auf der Konferenz der deutschsprachigen Forschungszentren und Institute für Familien unternehmen 2015 in Friedrichshafen stellte Dr. Nadine Schlömer-Laufen die Performance unterschiede von Nichtfamilienunternehmen im Vergleich zu verschiedenen Typen von Familienunternehmen vor. PD Dr. Arndt Werner referierte auf der 13. Interdisciplinary Conference on Entrepreneurship Research in Montpellier (Frankreich) über den Einfluss institutioneller Rahmenbeding ungen auf die Gründungsneigung von Wissenschaftlern an deutschen Hochschulen. zurück zum Inhaltsverzeichnis Im Newsletter des IfM Bonn werden vierteljährlich die neuesten Forschungsergebnisse veröffentlicht. Fragen/Anregungen an die Redaktion? Bitte schreiben Sie uns: [email protected] Falls Sie die Forschungsnews abbestellen oder unser Newsletter-Archiv besuchen möchten, klicken Sie bitte hier: http://www.ifm-bonn.org/meta/news/newsletter This e-mail is being sent to you courtesy of the Newsletter Service of the Institut für Mittelstandsforschung (IfM) Bonn. You can manage your account or cancel your subscription at http://www.ifm-bonn.org/meta/news/newsletter Redaktionsanschrift/Impressum/Imprint Institut für Mittelstandsforschung (IfM) Bonn Maximilianstraße 20 D-53111 Bonn Redaktion/Editorial Team: Dr. Jutta Gröschl (V.i.S.d.P.) 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