profil:Grün Agrarwende Wa r u m w i r s i e b r a u c h e n Einwanderung Griechenland mehr Leben ins Parlament März 2015 Profil:GRÜN im März 2015 4Agrarwende 4 Industrialisierung und Exportorientierung der Landwirtschaft haben ein besorgniserregendes Maß erreicht. Anton Hofreiter, Nicole Maisch und Friedrich Ostendorff erörtern, warum wir die Agrarwende so dringend brauchen. 8 Gemeinsam aus der Krise Griechenland braucht die volle Solidarität der EU und eine Investitionsoffensive – wirksame Wege aus der Krise beschreiben Gerhard Schick und Manuel Sarrazin. 10Ein groSSes Tor statt kleiner Türchen 14 10 Deutschland als Einwanderungsland zukunftsfähig zu gestalten, darum geht es bei Katrin Göring-Eckardt, Luise Amtsberg und Volker Beck. 14Mehr Leben ins Parlament Ein leidenschaftliches Plädoyer für mehr Lebendigkeit im Bundestag von Britta Haßelmann. 16Parlament:Grün Unsere parlamentarische Arbeit aus den Arbeitskreisen 20Porträt Dieter Janecek, „Optimist mit Bodenhaftung“ von Susanne Sporrer Herausgeberin: Bündnis 90/Die Grünen Bundestagsfraktion, 11011 Berlin, TEL 030/227 56789, FAX 030/227 56552, [email protected], V.i.S.d.P.: Herta Parchent, Redaktion: Gisela Hüber, Ute Köhler, Sibylle Kraut-Eppich, Gestaltung: Jakina Wesselmann, Stefan Kaminski, Titelbild: Corbis, Druck: Dierichs Druck+Media Kassel, Auflage: 80.000, erscheint auch als Anzeige im „schrägstrich“, Redaktionsschluss: 27.02.2015, Papier: 90 g Revive Pure, profil:GRÜN erscheint vier Mal im Jahr, das Abo kostet 7,50 Euro. 2 Liebe Leserin, lieber Leser, im zweiten Jahr ihrer Amtszeit gehen der großen Koalition die Ideen aus. Diesem politischen Armutszeugnis stellen wir die Zukunftswerkstatt Grün entgegen, denn wir brauchen Antworten auf die großen Herausforderungen unserer Zeit – von den Flüchtlingsströmen über den Klimawandel bis zu sozialer Gerechtigkeit. Drei Schwerpunkte bestimmen unsere Arbeit in diesem Jahr. Viele Menschen und auch wir haben das System der Agrarindustrie satt. Unsere Agrarwende zeigt den Weg zu einer ökologischen Landwirtschaft. Wir wollen den Investi tionsstau in Deutschland auflösen und mit grünen Zukunftsinvestitionen unser Land fit für morgen machen. Wo Union und SPD privaten Investoren ExtraRenditen zuschanzen wollen, finanzieren wir unsere Ideen durch Subventionsabbau und Einnahmeverbesserungen. Die große Koalition verschwendet unser Geld, wir rechnen solide. 2015 ist ein Jahr entscheidender globaler Weichenstellungen. Die Vereinten Nationen beschließen eine neue Nachhaltigkeitsagenda und in Paris soll ein Klimaschutzabkommen entstehen. Wir machen Druck, damit Deutschland wieder Vorreiter bei Klimaschutz und Armutsbekämpfung wird. Die europäische Ordnung steht unter Druck – von innen wie von außen. In schwierigen Verhandlungen ließen sich ein Staatsbankrott Griechenlands und der drohende Austritt aus dem Euro abwenden. Doch gelöst sind die Probleme damit nicht. Griechenland braucht mehr Luft zum Atmen, das muss auch die Bundesregierung endlich einsehen. Ein Grexit würde der EU nicht nur ökonomisch, sondern vor allem politisch schaden. Wenn Europa aber in der Griechenland-Frage scheitert, wer traut uns dann die Lösung großer Probleme zu? Vor genau so einer Aufgabe steht Europa ja derzeit. In der Ukraine herrscht ein höchst brüchiger Waffenstillstand. Ob Russland und die Separatisten besonnen genug sind, von einer weiteren Eskalation abzusehen, ist ungewiss. Von einer echten Lösung der Krise sind wir noch weit entfernt. Waffenlieferungen an die Ukraine helfen jedenfalls nicht weiter, sie könnten eher noch Öl ins Feuer gießen. Für mich gibt es daher zu weiteren Gesprächen keine verantwortliche Alternative. Falls sie scheitern, sind weitere Sanktionen notwendig. Aber so weit sind wir noch nicht. Herzlich Dr. Anton Hofreiter Fraktionsvorsitzender 3 Quelle Foto: Corbis Ackern für die Agrarwende – ackern für gutes Essen Ein Gespräch mit Anton Hofreiter, Nicole Maisch und Friedrich Ostendorff 4 Die grüne Bundestagsfraktion hat sich die Agrar wende zum Schwerpunkt des ersten Halbjahres 2015 gesetzt. Anton Hofreiter, Nicole Maisch und Friedrich Ostendorff erläutern im Gespräch, worauf es dabei ankommt. „Wie sich jemand ernährt, ist seine Sache“, würden Sie dieser Aussage zustimmen, Herr Hofreiter? Hofreiter: Ja, ob ich Fleisch esse, Tiefkühlpizza oder eine vegane Quiche ist meine Entscheidung. Genauso wie es meine Sache ist, ob ich lange Haare trage oder ein goldenes Jackett. Geschmäcker sind halt verschieden. Politik kommt dann ins Spiel, wenn meine Entscheidung Folgen für andere hat. Wie wir derzeit Fleisch produzieren und konsumieren, ist alles andere als nachhaltig. Unsere Fleischproduktion hängt am Tropf von Sojaimporten, dafür wurde massenhaft Regenwald abgeholzt. Immer mehr Land wird für den Anbau von Futtermitteln genutzt, obwohl weltweit 800 Millionen Menschen hungern. Ich finde das skandalös. Deshalb ist es toll, wenn immer mehr Menschen sich bewusst ernähren, auf die Qualität und Herkunft ihres Fleisches achten oder ganz darauf verzichten. Maisch: Ich sehe es auch mit Sorge, wie in der Lebensmittelproduktion Industrialisierung und rücksichtslose Exportorientierung weiter um sich greifen. Die Folgen erleben wir in der Massentierhaltung, aber auch im Verlust von handwerklich und bäuerlich arbeitenden Betrieben. Die Vielfalt und Qualität auf Acker und Teller schwinden zusehends. Hofreiter: Man kann die Verantwortung für eine nachhaltige Landwirtschaft nicht auf die Verbraucherinnen und Verbraucher abwälzen. Es ist Aufgabe der Politik, die Strukturen zu verändern. Der Atomausstieg ist ja auch nicht allein deshalb gelungen, weil immer mehr Menschen Ökostrom gekauft haben. Dafür mussten AKWs abgeschaltet werden. Eine echte Agrarwende setzt da an, wo es der Agroindustrie weh tut. Zum Beispiel bei der Massentierhaltung. Agrarwende und gesunde Ernährung sind Schwerpunkt der grünen Fraktion in diesem Halbjahr, was ist das Ziel? Hofreiter: Unsere Landwirtschaft auf ökologisches Wirtschaften umzustellen, ist eine der größten Herausforderungen unserer Zeit. Unsere konventionelle Landwirt- schaft trägt mit fast einem Drittel zur Klimakrise bei. Und sie ist Hauptursache für das weltweite Artensterben. Während sich im Energiesektor viel getan hat, steuert die Bundesregierung unsere Landwirtschaft aber weiter in die falsche Richtung: Sie unternimmt nichts gegen die Gefahr resistenter Keime im Fleisch. Sie lässt die Lebensmittelindustrie tricksen und täuschen. Sie setzt auf Exporte von Billigfleisch und treibt viele Bauernfamilien in den Ruin. Da bin ich urkonservativ: Ich will Bäuerinnen und Bauern statt Agrarfabriken und Bäckerinnen und Bäcker statt Brotfabriken. Es gibt genug Gründe, um endlich zu handeln. Herr Ostendorff, Sie sind selbst Bauer. Angesichts der fortschreitenden Industrialisierung der Landwirtschaft warnen Sie vor dem vollständigen Verschwinden der bäuerlichen Landwirtschaft in Deutschland. Ist die Lage wirklich so dramatisch? Ostendorff: Die Zahlen sprechen für sich: In den letzten zehn Jahren haben 30 Prozent der Betriebe aufgegeben. 50 Prozent der Milchviehbetriebe haben wir seit 1999 verloren. Wenn das so weitergeht, gibt es bald keine bäuerlichen Betriebe mehr. Agrarwende, Tierschutz, Pflege der Kulturlandschaft sind geknüpft an eine Landwirtschaft mit menschlichem Maß. Wir brauchen Initiativen zum Schutz der bäuerlichen Landwirtschaft, um zu halten, was wir noch haben. Den Bäuerinnen und Bauern müssen wir bessere Angebote machen, damit sie ihre Höfe im Sinne der notwendigen gesellschaftlichen Anforderungen entwickeln. Sie haben die Grünen einmal als die eigentliche Bauernpartei bezeichnet. Das hört man sonst eher selten. Wie kommen Sie zu dieser Einschätzung? Ostendorff: Bäuerinnen und Bauern wählen traditionell CDU. Das bedeutet aber nicht, dass sie mehrheitlich von der Politik der CDU/CSU profitieren. Dass die Gelder aus Brüssel vor allem den ganz großen Betrieben zu Gute kommen, haben ja Unionsminister und Bauernverband gewollt und genauso betrieben wie den Ausbau der Massentierhaltung. Diese Politik dient allein der Agrarindus trie. Fragt mal eine Bäuerin oder einen Bauern in Nordrhein-Westfalen, von wem sie mehr Förderung erhalten haben: Offen wird es kaum einer sagen, aber hinter vorgehaltener Hand erzählen sie dir, dass es ihnen unter Höhn und Remmel wesentlich besser ging und geht als unter dem CDU-Mann Uhlenberg. 5 Mit der aktuellen Führung des Bauernverbands ist nicht zu reden. Herr Rukwied kennt leider nur das Ausdrucksmittel der wüsten Beschimpfung. Aber es gibt eben auch sehr viele Bäuerinnen und Bauern, die bereit sind zur Zusammenarbeit. Denen sollten wir die Hand reichen, statt sie anzugreifen und mit der Agrarindustrie in eine Ecke zu stellen. Mit zunehmender Industrialisierung der Landwirtschaft nimmt auch die Artenvielfalt ab, was können wir dagegen tun? Hofreiter: Die Landwirtschaft muss ökologischer werden, um unsere Artenvielfalt zu erhalten. Man muss nicht nach Südamerika fahren, um gefährdete Tierarten zu erleben. Auch in Deutschland ist ein Drittel aller Tierarten stark gefährdet. Schauen Sie sich um: Maismonokulturen, Killerpestizide, Gülleflut – da haben viele Pflanzen und Tiere einfach keine Chance. Wir brauchen wieder mehr Rückzugsräume für Tiere. Und wir müssen Überdüngung und massenhaften PestizidEinsatz begrenzen. Doch die großen Hersteller wie BASF und Bayer verdienen viel Geld mit der konventionellen Landwirtschaft. Mit denen müssen wir uns auseinandersetzen. Hier arbeitet eine sehr mächtige und gut vernetzte Lobby gegen uns Verbraucherinnen und Verbraucher. Eine Lobby, die durch das transatlantische Freihandelsabkommen TTIP noch mächtiger würde? Maisch: Auch wenn Regierung und Europäische Kommission gebetsmühlenartig das Gegenteil behaupten: Unsere Umwelt- und Verbraucherschutzstandards sind bedroht, wenn Konzerne immer größeren Einfluss auf die Gesetzgebung bekommen. Und Instrumente wie die InvestorStaat-Schiedsgerichte oder die sogenannte regulatorische Kooperation sind dafür wie gemacht. In dem Regulatory Cooperation Council RCC (Rat zur regulatorischen Kooperation) sollen Gesetzesvorhaben eng mit Lobbygruppen abgestimmt werden, ohne dass nationale Parlamente rechtzeitig einbezogen werden können. Wer soll dann in Zukunft etwa Monsanto daran hindern, unsere europäischen Regeln zur Gentechnik als Handelshemmnis zu beklagen? Hofreiter: Keine Frage, der gesellschaftliche und politische Druck muss so groß werden, dass Verbesserungen unausweichlich sind. Die große „Wir haben es satt“6 Demo im Januar mit fast 50.000 Menschen war ein klares Signal: Eine Agrarwende ist möglich. Viele Menschen sehen sich als Verbraucherinnen und Verbraucher mit dem Rücken zur Wand. Zum Beispiel bei antibiotikaresistenten Keimen im Essen. Was sind die grünen Forderungen dazu? Ostendorff: Wer die Wirksamkeit von Antibiotika dadurch gefährdet, dass er sie zur Ertragssteigerung in der Massentierhaltung missbraucht, handelt in höchstem Maße unverantwortlich. Diese Leute bedrohen Gesundheit und Leben von Menschen. Mir fehlt jedes Verständnis dafür, dass Bauernverband und Union sich weiterhin hinter diese Methoden stellen und Kritiker und Journalisten beschimpfen. Der Antibiotika-Missbrauch in der Massentierhaltung muss umgehend gestoppt werden. Daneben haben wir Maßnahmen gegen den Ausbau von Tierfabriken vorgelegt, etwa über Änderungen im Baurecht und bei der Investitionsförderung. Das alles liegt fertig auf dem Tisch. Die Regierung müsste es nur umsetzen. Darf gutes Essen vom Geldbeutel abhängen? Hofreiter: Nein. Gutes Essen muss für alle möglich sein, egal wie viel man verdient. Minister Gabriel hat kürzlich in einem Interview gesagt, er kaufe für seine Familie kein Fleisch aus Massentierhaltung. Doch seine SPD unternimmt rein gar nichts gegen die zunehmende Industrialisierung der Tierhaltung. Ich finde das arrogant. Er kann sich ja problemlos eine Bio-Gans leisten. Ich bin davon überzeugt, dass wer Fleisch mag, gerne anständiges Fleisch isst. Und ich glaube auch, dass sie den Landwirt, der diese Tiere aufzieht, vernünftig dafür entlohnen wollen. Doch zurzeit findet ein unsäglicher Preiskampf auf dem Rücken der Bäuerinnen und Bauern statt. Das kann nicht sein. Wie schaffen wir es, dass gute Ernährung in Deutschland schon in der Kita beginnt? Maisch: Das unsinnige Kooperationsverbot im Bildungsbereich macht es dem Bund nicht leicht, direkt in Schulverpflegung zu investieren, aber mit etwas Phantasie geht es trotzdem. Bei den Unmengen an Subventionen, die aus unterschiedlichen Töpfen in den Agrarsektor fließen, muss ein gesundes, bezahlbares Essen für jedes Kindergarten- und Schulkind drin sein. Wir wollen einen Förderschwerpunkt Schulverpflegung in dem Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums und der Gemeinschafts aufgabe Agrar- und Küstenschutz (GAK) verankern. Ziel ist es, die Entwicklung regionaler Verarbeitungs-, Vermarktungs- und Belieferungsstrukturen voranzubringen. Ganz wichtig ist auch, die Schulvernetzungsstellen weiter zu finanzieren und die Schulen und Kommunen beim Aufbau der Gemeinschaftsverpflegung zu beraten. Es heißt: Wer nicht genießt, wird ungenießbar. Wie halten Sie es persönlich damit – Sekt oder Selters? Hofreiter: Wie man sieht, bin ich Genussmensch. Ich mache liebend gern Pralinen selber. Und wenn ich am Wochenende Zeit habe, koche ich mit meiner Freundin zusammen, zum Beispiel einen besonderen Braten mit selbstgemachten Serviettenknödeln. Maisch: Bei uns zu Hause bin ich fürs Essen verantwortlich und das mache ich gerne. Zeit für Schnickschnack und komplizierte Gerichte habe ich mit zwei Kindern natürlich nicht, aber ich bin eine Meisterin im „Verstecken“ von Gemüse. Das kommt bei mir sogar in den Geburtstagskuchen. Ostendorff: Was soll ich als Bauer aus Westfalen sagen? Ich liebe nun einmal unsere Kartoffeln. Ich habe ja sogar mal ein Kartoffel-Kochbuch geschrieben. Das war noch zu Zeiten, als man so was im Eigenverlag machte. Das Buch kann man zwar nicht mehr kaufen, aber es steht auf meiner Homepage und da sind tolle Rezepte drin. Alles, was man dazu braucht, wächst und gedeiht bei uns auf dem Hof. Das ist das Schöne am Bauersein. Dr. Anton Hofreiter MdB Fraktionsvorsitzender Nicole mAisch MdB Sprecherin für Verbraucherpolitik Friedrich Ostendorff MdB Sprecher für Agrarpolitik Gentechnikfreiheit verteidigen Die Gentechnikfreiheit auf unseren Äckern und Tellern ist in Gefahr. Derzeit wachsen in Deutschland keine gentechnisch veränderten Pflanzen, der Anbau ist verboten. Doch schon bald könnten der Genmais 1507 und weitere Laborgewächse für den Anbau in der EU zugelassen werden, weil die in dieser Frage gespaltene Bundesregierung es nicht verhindert hat. Den BürgerInnen schmeckt die Aussicht auf Genmais gar nicht. Nach öffentlichen Protesten versprach die Regierung Merkel flugs neue Möglichkeiten, den Anbau im eigenen Land doch wieder verbieten zu können. Tatsächlich sind diese nationalen Anbauverbote auf EUEbene inzwischen beschlossen. Trotzdem werden sie zu mehr Genpflanzen auf Europas Äckern führen. Monsanto und Konsorten haben das clever eingefädelt. Ihr Kalkül: Wenn man den einzelnen Staaten eine Hintertür öffnet, Genpflanzen anzubauen, werden sie eher einer EUZulassung der Gen-Gewächse zustimmen. Diese Saat scheint aufzugehen. Jetzt gilt es, bei der Umsetzung der neuen EU-Regeln in nationales Recht gut aufzupassen. Denn die große Koalition und Agrarminister Schmidt favorisieren statt einer bundesweiten Regelung Anbauverbote auf Länderebene. Doch Pollen, Insekten, Ernte und auch Saatgut machen nicht an Ländergrenzen halt. Wir setzen uns daher für rechtssichere, deutschlandweite Genpflanzen-Verbote ein. Die Bundesregierung fordern wir auf, endlich entschlossen gegen die immer neuen Zulassungsanträge der Konzerne zu stimmen, statt sie wie bisher klammheimlich in Brüsseler Hinterzimmern passieren zu lassen. Gefahr für die Gentechnikfreiheit droht auch durch die geplanten Freihandelsabkommen CETA und TTIP: Internationale Konzerne wollen ihr Genfood ohne Kennzeichnung auf Europas Märkte bringen. Wohin die Reise geht, zeigt der US-Vorschlag, Informationen über gentechnisch manipulierte Inhaltsstoffe im Strichcode zu verstecken. Bei künftigen Gesetzen wollen die Konzerne gleich im Vorfeld mitreden. Neue nationale oder europäische Vorschriften wie die Kennzeichnung von Milch, Fleisch und Eiern wären dann nicht mehr zu machen. Für uns ist klar: CETA und TTIP sind unter diesen Bedingungen nicht zu verantworten. Harald Ebner MdB Sprecher für Gentechnik- und Bioökonomiepolitik 7 Die Wahl in Griechenland hat die politischen Verhältnisse dort auf den Kopf gestellt und ganz Europa aufgeschreckt. Das ändert nichts daran, dass Europa und Griechenland eine gemeinsame Lösung der fortwährenden Krise finden müssen. Die Bundesregierung muss sich dazu durch ringen, nicht weiter die Investitionen zu blockieren, die Europa so dringend braucht. Gemeins m aus der Krise Von Gerhard Schick und Manuel Sarrazin Die Griechen haben bei der Wahl im Februar die politischen Verhältnisse umgekrempelt. Den beiden Staatsparteien, die sich über lange Zeit in Alleinregierung abwechselten, erteilten sie eine deutliche Absage. Diese können nicht einmal mehr gemeinsam eine Mehrheit stellen. Syriza gibt jetzt den Ton an, von einer Fünf-Prozent-Partei ist sie innerhalb weniger Jahre zur stärksten politischen Kraft herangewachsen. Die Partei wurde zur Alternative für viele Menschen, die die bisherige Krisenpolitik leid waren und nicht minder die als herabwürdigend empfundenen Debatten, die gerade auch in Deutschland geschürt wurden. Zugleich haben die Griechen das alte System einer Vetternwirtschaft nach Parteibuch bis in die untersten Posten des öffentlichen Dienstes abgewählt. Allerdings wird Syriza von Teilen genau dieses Systems auch unterstützt. Wie zuletzt sind nun aber Koalitionen zur Regierungsbildung notwendig. Das könnte die politische Kultur positiv verändern – hin zu gesundem Pragmatismus und erhöhter Kompromissfähigkeit. Umso bedauerlicher, dass Syriza sich direkt nach gewonnener Wahl für eine Koalition mit den rechtspopulistischen Unabhängigen Griechen entschieden hat. Dabei hätte es mit der deutlich stärker europaorientierten Partei To Potami eine Alternative gegeben. Griechenland muss im Euro bleiben Nach dem Machtwechsel in Griechenland weht ein neuer Wind. So groß die Unsicherheit über die konkrete wirtschaftspolitische Strategie der neuen Regierung auch ist, Debatten über einen Euro-Austritt Griechenlands können 8 dem Vertrauen in das Land – und am Ende allen – nur schaden. Es darf keinen Zweifel daran geben, dass Europa und Griechenland auch in Zukunft zusammenstehen und eine gemeinsame Lösung finden müssen. Für uns ist klar: Griechenland hat eine Zukunft in der europäischen Währungsunion. Das Gebot der Stunde ist, für alle Seiten tragbare und vernünftige Kompromisse zu verhandeln. Dazu gehört, dass die griechische Regierung neue Wege zur Haushaltskonsolidierung geht. Dringend notwendige Strukturreformen muss sie gegen einflussreiche Klientelgruppen durchsetzen: Sie ist in der Pflicht, die Steuerverwaltung weiter zu reformieren, um die Einnahmen zu erhöhen und Steuerhinterziehung zu vermeiden. Sie muss Reformen bei der Effizienz der Verwaltung und Rechtsstaatlichkeit in Angriff nehmen. Die Korruptionsbekämpfung bleibt eine zentrale Aufgabe. Maßnahmen gegen Armut und Arbeitslosigkeit stehen ebenso auf ihrer Agenda. Geht sie diese Aufgaben entschlossen an, sollte die EuroZone ihren Weg mit Erleichterungen bei Zinsen und Kreditlaufzeiten unterstützen. Auch weitere Schuldenerleichterungen dürfen mittelfristig kein Tabu sein. Griechenland braucht zudem dringend mehr Investitionen in die Zukunft und muss sich dabei auf die Unterstützung der EU verlassen können. Die grüne Bundestagsfraktion wird sich dafür einsetzen, dass europäische Investitionen vor allem den am stärksten betroffenen Krisenländern zukommen. Dazu bedarf es jedoch sinnvoller Projektvorschläge. Griechenland hat enormes Investitionspoten zial, beispielsweise im Ausbau erneuerbarer Energien oder in nachhaltiger Landwirtschaft und im Öko-Tourismus. Doch die Rahmenbedingungen sind weiterhin schwierig. Europa ist wirtschaftlich in einer gefährlichen Lage. Die Krise ist noch nicht vorbei. Die Schuldenquoten der Krisenländer sind weiter angestiegen, ihre Wirtschaftsleistung stagniert oder ist eingebrochen, die Arbeitslosigkeit ist besorgniserregend hoch, besonders unter Jugendlichen. Einige Länder wie Spanien und Griechenland, aber neuerdings auch Deutschland, haben negative Inflationsraten. Dadurch steigt die Schuldenlast weiter an. Die Deflationsgefahr nimmt seit Monaten zu. Wenn aber die Preise auf breiter Front stagnieren oder gar verfallen, lähmt das die Bereitschaft zu Investitionen und führt direkt in eine Abwärtsspirale. Der Internationale Währungsfonds (IWF) schätzt das Risiko, dass es so kommen könnte, derzeit auf 30 Prozent. Die wirtschaftliche Entwicklung Europas driftet immer mehr auseinander, statt zu gemeinsamer Wohlfahrt beizutragen. In dieser Situation gibt es zwei Optionen: Entweder nur die Europäische Zentralbank (EZB) handelt und ergreift geldpolitische Maßnahmen. Das geschieht im Moment. Oder auch die europäischen Regierungen übernehmen Verantwortung und ermöglichen realwirtschaftliche Investitionen. Mit der Investitionsoffensive von Kommissionspräsident Juncker liegt ein erster Vorschlag auf dem Tisch. Doch die Bundesregierung steht auf der Bremse. Anstatt mit einem finanziellen Beitrag Deutschlands aktiv dazu beizutragen, dass der geplante EU-Investitionsfonds zum Erfolg wird, bleibt sie passiv. Merkel bleibt passiv, die EZB handelt Die EZB ist also gezwungen zu handeln und für billiges Geld zu sorgen. Doch ihr Instrumentarium konventioneller geldpolitischer Maßnahmen, zum Beispiel Leitzinssenkungen, ist längst ausgereizt. Daher geht sie unkonventionell vor und kauft Unternehmens- und Staatsanleihen auf, was als quantitative Lockerung bezeichnet wird. Die englische und die US-amerikanische Zentralbank haben Ähnliches bereits vor Jahren praktiziert. Wie gut das jedoch wirkt, ist fraglich. Die stark überschuldeten Haushalte und Unternehmen, gerade im Süden Europas, bauen eher weiter Schulden ab, als neue aufzunehmen. Das billige Geld regt also nicht unbedingt produktive Investitionen an, sondern erhöht die Gefahr spekulativer Blasen, so im Immobiliensektor. Auch die Verteilungswirkungen dieser Entwicklung sind problematisch. Eine weitere Folge ist die Abwertung des Euros – Exporte werden billiger, Importe teurer. Auch das hat unerwünschte Nebenwirkungen, denn Länder wie Deutschland mit einem ausgeprägten Exportsektor profitieren davon viel stärker als die Krisenländer. Zeit für einen Green New Deal Wir wollen die Krise als Chance nutzen. Aus unserer Sicht ist es falsch, die Stabilisierung der europäischen Wirtschaft allein der EZB aufzubürden. Vielmehr sollten auch die EU und die Mitgliedstaaten ihren Teil dazu beitragen. Dazu braucht es so viele zusätzliche öffentliche und private Investitionen, dass die daraus entstehende zusätzliche Nachfrage den Abwärtstrend bei Preisen und Beschäftigung stoppt. Unser Vorschlag ist ein Green New Deal – eine gezielte staatliche und private Investitions offensive für die Lösung unserer ökologischen und ökonomischen Zukunftsaufgaben. Damit erreichen wir einen doppelten Nutzen: Die europäische Wirtschaft profitiert von neuen Technologien und die soziale Krise kann entschärft werden. Zugleich senken wir den CO2-Ausstoß und reduzieren unseren ökologischen Fußabdruck. Auch die Digitalisierung und der Erhalt öffentlicher Infrastrukturen gehören hierhin. Das alles blockiert Angela Merkel, beharrt auf ihrer kurzsichtigen Sparpolitik, und – schlimmer noch – treibt ein doppeltes Spiel: Immer wieder ist aus ihrer Partei Kritik an der EZB zu hören. Dabei hätte es die Bundesregierung selbst in der Hand, die problematischen Maßnahmen überflüssig zu machen. Die richtige Adresse für Protestbriefe ist daher nicht Frankfurt, sondern das Bundeskanzleramt. Manuel Sarrazin MdB Sprecher für Europapolitik Dr. Gerhard Schick MdB Sprecher für Finanzpolitik 9 Deutschland braucht Einwande rung. Es gilt, sie zu gestalten. Wir Grüne im Bundestag haben deshalb einen Antrag für ein modernes Einwanderungsgesetz in den Bun destag eingebracht. Gleichberech tigte Teilhabe und Integration aller zu einem neuen Wir, das ist die große Aufgabe der Zukunft. Ein groSSes Tor statt kleiner Türchen für eine moderne Einwanderungs- und Flüchtlingspolitik 10 Quelle Collage: P. Beerhalter, motorradcbr, Kumbabali/fotolia, dpa Wir sind Deutschland Von Katrin Göring-Eckardt „Deutschland ist kein Einwanderungsland“, sagte Helmut Kohl in einer Regierungserklärung 1991. Ein Satz, der Millionen Einwanderer ausgrenzte und das politische Klima nachhaltig vergiftete. Es wäre schon damals an der Zeit gewesen, darüber nachzudenken, wie wir Zuwanderung und eine offene Gesellschaft auf dem Boden unseres Grundgesetzes organisieren könnten. Stattdessen klammerten Union wie auch Teile der SPD diese Frage aus der Debatte aus. Dabei war Deutschland seit 1945 bereits ein Einwanderungsland. Nach Kriegsende waren es Flüchtlinge und Vertriebene aus den Ostgebieten, nach 1949 die Flüchtlinge aus der DDR und die Spätaussiedler. Seit 1955 kamen dann die „Gastarbeiter“ aus Südeuropa, die im großen Stil angeworben wurden. Auch der Anwerbestopp von 1973 war nur ein Zwischenhalt. Heute, in einem Europa ohne Grenzen, können die EU-Bürger schließlich gehen, wohin sie wollen. Diese fortwährende Entwicklung zu ignorieren, hatte und hat Konsequenzen. In den 90er-Jahren ist es in der Frage der Migration deshalb zu einer Polarisierung, zu Hass und Gewalt gekommen. Heute zeigt sich in den enormen Verkaufszahlen von Thilo Sarrazins Büchern und den Pegida-Demonstrationen eine verspätete Sumpfblüte der gleichen Ignoranz und Feindschaft gegenüber einer offenen, modernen Gesellschaft. Es gibt aber auch gute Nachrichten. Deutschland ist heute viel offener und einladender als vor 25 Jahren. Wir Grüne im Bundestag haben von Anfang an diesen Weg eingeschlagen und konsequent verfolgt. Doch auch wir haben ein paar Jahre gebraucht, um offen zu vertreten, dass zur Integration alle Seiten beitragen müssen. In der Politik reicht es nicht, Realitäten bloß anzuerkennen. Man muss ihnen eine Form geben. Wir haben deshalb in diesem Februar im Bundestag ein Konzept vorgelegt, das den Rahmen für ein Einwanderungsgesetz absteckt. Alle gesellschaftlichen und politischen Kräfte sind aufgefordert, gemeinsam daran zu arbeiten, die Einwanderung und das Zusammenleben in einer offenen Gesellschaft zu gestalten. Es gilt, Kriterien dafür zu entwickeln. Auch das Recht auf Staatsbürgerschaft für Menschen, die in Deutschland geboren werden, gehört für uns dazu. Wir müssen unseren Arbeitsmarkt neu einstellen, denn immer mehr Menschen arbeiten heute hier und morgen irgendwo in der Welt. Ein Einwanderungsgesetz hat eine doppelte Verpflichtung: Es muss die bei uns lebenden Migranten im Blick haben und die noch kommenden. Zentral ist, ihnen Zugang zu guter Bildung und Arbeit zu ermöglichen. Deutschland steht derzeit an zweiter Stelle auf der Liste der beliebtesten Einwanderungsländer. Doch bürokratische Hürden machen das deutsche Zuwanderungssystem laut OECD zu einem „Anwerbestopp mit Ausnahmen“. Wir wollen ein Einwanderungsgesetz, das Zuwanderern statt vieler kleiner Türchen ein großes Tor öffnet, über dem steht: „Herzlich willkommen!“ Katrin Göring-Eckardt MdB Fraktionsvorsitzende 11 Einwanderungsland Deutschland Von Luise Amtsberg und Volker Beck Deutschland für Flüchtlinge und Migranten öffnen Wohin wir schauen, nimmt die Zahl der bewaffneten Konflikte und anhaltenden Menschenrechtsverletzungen zu. Repression und Verfolgung sind allgegenwärtig. Laut dem Hohen Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR) waren Mitte 2014 weltweit 56,7 Millionen Menschen auf der Flucht. Auch in Deutschland und der EU suchen mehr Menschen Sicherheit. Im vergangenen Jahr wurden rund 203.000 Asylanträge, einschließlich der sogenannten Asylfolgeanträge, gestellt, das sind knapp 60 Prozent mehr als im Vorjahr. Dabei wurde jeder zweite Schutzsuchende anerkannt und erhielt ein Aufenthaltsrecht. Auch in diesem Jahr werden die Flüchtlingszahlen weiter steigen, vor allem durch den Bürgerkrieg in Syrien und die Gewalt der Terrormiliz IS im Irak. Vor diesem Hintergrund haben wir die Bundes regierung aufgefordert, weit mehr Menschen Zuflucht zu gewähren als vorgesehen. Die bisherigen drei humanitären Aufnahmekontingente des Bundes und der Länder waren auf nur insgesamt 30.000 Flüchtlinge begrenzt. Auch in den anderen Hauptherkunftsländern wie Eritrea oder Afghanistan ist eine Verbesserung der Menschenrechtssituation in naher Zukunft nicht in Sicht. Deshalb fordern wir die Bundesregierung auf, endlich ein Gesamtkonzept für Asylsuchende vorzulegen. Zum einen muss die Dauer der Asylverfahren verkürzt werden, die die Unsicherheit und Perspektivlosigkeit der Antragstellerinnen und Antragsteller verstärkt. Im vergangenen Jahr dauerte ein Asylverfahren durchschnittlich immer noch sieben Monate, obwohl das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge sein Personal aufgestockt hat. Die im Koalitionsvertrag versprochene Verkürzung der Bearbeitungszeit lässt weiter auf sich warten. Zum anderen darf die Bundesregierung die Kommunen mit der Versorgung und Unterbringung von Flüchtlingen nicht weiter allein lassen, sondern muss sie finanziell unterstützen. ihnen von Beginn an ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. Die deutsche Asylpolitik ist immer noch eher von einer Abschreckungs- statt von einer Willkommenskultur geprägt. Das zeigt sich zum Beispiel an der mangelnden Unterstützung beim Spracherwerb. Deshalb setzt sich die grüne Bundestagsfraktion – übrigens im Einklang mit Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften – dafür ein, Asylsuchenden schneller einen Zugang zu Integrationskursen zu ermöglichen und Beratungsangebote flächendeckend auszubauen. Ein groSSes Integrationshindernis sind die Ausbildungs- und Arbeitsverbote sowie sozial rechtliche Leistungseinschränkungen für AsylbewerberInnen und -bewerber. Mit der weitgehenden Abschaffung des teuren und entwürdigenden Sachleistungsprinzips hat sich zwar eine unserer langjährigen Forderungen erfüllt. Die Leistungen wurden – zwei Jahre nach einem entsprechenden Urteil des Bundesverfassungsgerichts – angehoben. Doch das diskriminierende Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbG) besteht weiterhin und muss durch neue gesetzliche Regelungen ersetzt werden. Anlass dafür bietet die Umsetzung der EU-Flüchtlingsaufnahmerichtlinie bis Juli 2015. Sie sieht unter anderem ein Screening-Verfahren für besonders schutzbedürftige Flüchtlinge vor. Einen wichtigen Fortschritt gibt es immerhin. Seit Anfang 2015 haben Asylsuchende bereits nach drei Monaten schrittweise einen deutlich verbesserten Zugang zum Arbeitsmarkt. Doch sind die Jobcenter und Arbeitsagenturen auf den damit verbundenen Beratungsaufwand und die Unterstützungsleistungen kaum vorbereitet. Für diese Aufgaben muss die Bundesarbeitsagentur mehr qualifiziertes Personal einstellen. Ein Beitrag zur schnelleren Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt ist, die im Herkunftsland erworbenen Studien- und Berufsabschlüsse zügig anzuerkennen und notwendige Qualifikationsmaßnahmen zu finanzieren. Dafür wollen wir mehr Mittel bereitstellen. Integration vorantreiben Arbeitsmigration und demografischen Wandel gestalten Die gesellschaftliche Integration von Flüchtlingen muss unser Ziel sein. Verstärkte Anstrengungen sind nötig, um Zunehmende Internationalisierung prägt unser Leben. Mobilität gilt es zu fördern, anstatt bürokratisch zu 12 behindern. Auch der demografische Wandel muss gemeistert werden, der Fachkräftemangel in deutschen Unternehmen ist bereits sprichwörtlich. Das bestehende System wird die Einwanderung von qualifizierten und hochqualifizierten Menschen nicht nachhaltig sichern. Wir brauchen daher einen Neustart bei den Einwanderungsregeln. Die meisten, die heute nach Deutschland kommen, stammen aus Mitgliedsstaaten der Europäischen Union. Der Einwanderungssaldo wird so nicht auf Dauer positiv bleiben – dafür wird schon der demografische Wandel in diesen Ländern sorgen. Wir wollen daher ein System der kriteriengesteuerten Arbeitsmigration im Einwanderungsrecht verankern, das dem Bedarf unseres Arbeitsmarktes Rechnung trägt. Qualifizierte und Hochqualifizierte sollen sich um eine dauerhafte Perspektive in Deutschland bewerben können. Auch die Potenziale der Menschen, die bereits hier leben, sollen besser zur Geltung kommen. Wir wollen Studierenden, Auszubildenden, Asylbewerbern und Geduldeten die Möglichkeit eröffnen, ihren aufenthaltsrechtlichen Status zu wechseln, sofern sie die Einwanderungskriterien erfüllen. Damit stünde ihnen der Zugang zum Arbeitsmarkt ohne weitere Voraussetzungen offen. Allerdings darf ein solches System nicht zu einer Beeinträchtigung des Flüchtlingsschutzes führen. Eine Einwanderungspolitik nach grünem MaSSstab rückt die Menschenrechte in den Mittel punkt. In regelmäßigen Abständen rügt der Europäische Gerichtshof, dass das deutsche Aufenthaltsrecht grundrechtliche Positionen von Ausländerinnen und Ausländern beeinträchtigt. Zuletzt stand der Sprachnachweis beim Ehegattennachzug in der Kritik: Von den Ehegatten vieler türkischer Staatsangehöriger darf er nicht mehr verlangt werden. Doch statt nun den integrationsfeindlichen Nachweis ganz aus dem Gesetz zu streichen, verrenkt sich die Bundesregierung, um dem Flickenteppich an Ausnahmen weitere hinzuzufügen. Die Verlobte eines deutschen Staatsangehörigen muss Deutschkenntnisse nachweisen; die Verlobte eines hier lebenden Franzosen nicht. Von der Ehefrau eines türkischen Arbeitnehmers wird der Nachweis verlangt, von der Ehefrau eines türkischen Selbstständigen nicht. Das ist grober Unfug. Wir Grüne haben einen Gesetzentwurf in den Bundestag eingebracht, der damit Schluss macht und dem Schutz von Ehe und Familie Rechnung trägt. Integration und Partizipation fördern Willkommenskultur beginnt im Kreißsaal, deshalb wollen wir das Staatsangehörigkeitsrecht modernisieren. Wer in Deutschland geboren wird, gehört von Anfang an dazu und soll die deutsche Staatsangehörigkeit bekommen. Bedingung ist, dass ein Elternteil sich rechtmäßig in Deutschland aufhält. Damit vereinfachen wir die bisherige Praxis. Wir wollen mehr gesellschaftlichen Zusammenhalt und eine Abkehr von der konservativen Ideologie, die Staatsangehörigkeit von der Abstammung abhängig macht. Heute erwirbt nur jedes zweite Kind ausländischer Eltern mit Geburt in Deutschland die deutsche Staatsangehörigkeit. Da die Einbürgerung weiterhin hohen Anforderungen unterliegt, können diese Kinder unter Umständen abgeschoben werden. Auch eine berufliche Laufbahn bei der Polizei, als Abgeordnete oder Beamte bleibt ihnen verwehrt. Wir müssen uns verstärkt darum kümmern, Einwandererinnen und Einwanderer wirksam zu integrieren. Integrationskurse müssen auch Asylsuchenden, Geduldeten, Unionsbürgerinnen und -bürgern offenstehen. Sie sind die Voraussetzung für eine aktive Teilhabe am Berufsleben und am Bildungserfolg. Wir müssen Geld in die Hand nehmen und gute Rahmenbedingungen schaffen. Die Einbürgerung soll schneller und unbürokratischer vonstatten gehen, die doppelte Staatsangehörigkeit soll allgemein akzeptiert werden. Auch wenn die CDU/CSU unüberwindbare Probleme heraufbeschwört, leben wir bereits damit. Denn jedes Kind mit einem deutschen und einem ausländischen Elternteil hat schon jetzt die doppelte Staatsangehörigkeit. Unsere Gesellschaft ist daran nicht zerbrochen – im Gegenteil: Sie profitiert von dieser Vielfalt. Mehrsprachigkeit und interkulturelle Kompetenz sind aus dem kulturellen, wirtschaftlichen und sozialen Leben kaum noch wegzudenken. Luise Amtsberg MdB Sprecherin für Flüchtlingspolitik Sprecherin für Bürgeranliegen Volker Beck MdB Sprecher für Innenpolitik Sprecher für Religionspolitik 13 mehr Leben ins Parlament! Foto: St.Kaminski Von Britta Haßelmann MdB 14 Vor 50 Jahren führte der Deutsche Bundestag die Aktuelle Stunde als neues parlamentarisches Instrument ein. Dort redete der Kanzler „live“ und Manuskripte vorzulesen war tabu. Ein früher Versuch, die Debattenkultur des Parlaments zu beleben und den Bundestag für Öffentlichkeit und Medien attraktiver zu machen. Diese Aufgabe stellt sich heute mehr denn je. Eine kürzlich veröffentlichte Studie der Bertelsmann Stiftung kam zu einem ernüchternden Ergebnis: Das öffentliche Interesse an der Arbeit des Deutschen Bundestages ist sehr überschaubar. Nur wenige Menschen nehmen Bundestagsdebatten wirklich wahr. Eine Mehrheit klagt über die Vorhersehbarkeit. Auch die Berichterstattung ist in den letzten Jahren deutlich zurückgegangen. Dabei sollte das Parlament als Zentrum unserer Demokratie doch mehr Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Hier ist der Ort, sich über Konzepte, Ideen und politische Weichenstellungen auseinanderzusetzen. Hier fallen wichtige Entscheidungen für unsere Zukunft, werden Gesetze beschlossen, die uns alle angehen. Es ist sicher richtig, dass auch der Bundestag in der Mediengesellschaft gegen viele konkurrierende Angebote bestehen muss. Richtig ist auch, dass sich viele Bürgerinnen und Bürger von der Politik abwenden oder lieber dort engagieren, wo die Zusammenhänge direkter sind: lokal, regional, vor Ort. Doch sollte gerade das Ansporn sein, das Geschehen im Deutschen Bundestag für sie interessanter, verständlicher und transparenter zu machen. Eingefahrene Rituale und stundenlange Selbstgespräche der großen Koalition sind das Gegenteil dessen, was wir von einer konstruktiven Streitkultur erwarten. Die grüne Bundestagsfraktion hat die Initiative ergriffen und Vorschläge für mehr Transparenz und Lebendigkeit der Parlamentsdebatten gemacht. Mehr Transparenz und Öffentlichkeit im Parlament Wenn wir den Parlamentsalltag interessanter machen wollen, kann es nicht sein, dass wichtige Entscheidungen hinter verschlossenen Türen fallen. Zum Beispiel in den Ausschüssen des Deutschen Bundestages, dort, wo die Sacharbeit erledigt wird. Deshalb haben wir kürzlich unsere Initiative zur Öffentlichkeit von Ausschusssitzungen vorgelegt. Unser Antrag zur Änderung der Geschäftsordnung sieht vor, dass jeder via Internet Einsicht in Ausschussprotokolle, Ausschussdrucksachen und sonstige Beratungsunterlagen erhält. Die Sitzungen sollen per Livestream übertragen werden. Nur in Ausnahmefällen soll die Öffentlichkeit ausgeschlossen werden dürfen. Doch die Koalition setzt weiter auf verschlossene Türen und hat die Nichtöffentlichkeit sogar vorangetrieben. Ausschüsse, die jahrelang öffentlich tagten, sind jetzt wieder intern. Durch die Öffentlichkeit der Sitzungen – so das Argument der Geheimniskrämer – würden die Arbeitsprozesse des Parlamentes gestört. Dabei ist auch lebendige und transparente Demokratie ein Kriterium für mehr Fachlichkeit. Direkter Austausch zwischen Regierung und Opposition Eine zentrale Rolle kommt in einer funktionierenden Demokratie dem direkten Schlagabtausch zwischen Regierung und Parlament zu. Nehmen wir uns ein Vorbild an Ländern wie Frankreich, Großbritannien oder Spanien: Dort stellen sich die Regierungschefs in regelmäßigen Abständen persönlich den Fragen der Abgeordneten. Ganz im Gegensatz dazu der Deutsche Bundestag: Hier ähneln Regierungsbefragung und Fragestunde einer langatmigen Vorlesung. Die Kanzlerin und viele Bundesministerinnen und -minister sind im Normalfall nicht anwesend. Dagegen hat die Bundeskanzlerin kein Problem, sich in der Bundespressekonferenz direkt den Fragen der Journalisten zu stellen. Warum stellt sie sich dann nicht auch den Fragen der Bundestagsabgeordneten im Parlament? Wir halten es auch für widersinnig, dass das Kabinett und nicht das Parlament selbst das Thema der jeweiligen Regierungsbefragung festlegt. Die Regierungsbefragung verschenkt viel Potenzial, spannend und informativ zu sein. Deshalb haben wir dem Präsidenten und den anderen Fraktionen eine ganze Reihe von Eckpunkten zur Belebung der Regierungsbefragung unterbreitet. Union und SPD blockieren und scheuen vor kleinsten Änderung zurück. Selbst der Versuch von Bundestagspräsident Norbert Lammert, Bewegung und Veränderung in die Regierungsbefragung zu bringen, wurde abgelehnt. Das ist eine vertane Chance. Es ist keine Zumutung, wenn Minister mittwochs für eine Stunde dem Parlament Rede und Antwort stehen. Das Parlament braucht hier mehr Selbstbewusstsein. Britta Haßelmann MdB Erste Parlamentarische Geschäftsführerin 15 parlament:Grün Hier berichten wir über unsere parlamentarische Arbeit in den Arbeitskreisen. Weitere Informationen und Themen bietet unsere Website » gruene-bun destag.de » Themen. In der Rubrik » Parlament » Initiativen finden Sie unsere aktuellen Bundestags drucksachen. »»Koalition beschädigt Menschen Foto: picture alliance rechtsinstitut Seit Jahren setzt sich die grüne Bundestagsfraktion für eine Stärkung des Deutschen Instituts für Menschenrechte (DIMR) ein. Eben so lange verweigert die Bundesregierung dem Institut die gesetzliche Grundlage. Womöglich gerade weil es seit fast 14 Jahren erfolgreich für den Schutz der Menschenrechte in und durch Deutschland arbeitet. Das Institut nimmt Stellung zu Flüchtlingsfragen, zur Umsetzung der Behindertenrechtskonvention und ist in vielen UN-Gremien aktiv. Weil es auch darauf hinweist, was in Deutschland aus menschenrechtlicher Sicht verbesserungswürdig ist, ist das DIMR besonders der CDU/CSU ein Dorn im Auge. Im Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe nutzte die Koalition ihre Mehrheit, um eine Debatte über unseren Antrag (BT-Drs. 18/2618) zu verhindern. Ohne eine gesetzliche Grundlage, die die Unabhängigkeit des DIMR festschreibt, verliert das Institut seinen A-Status und damit seine Mitwirkungsrechte auf UN-Ebene. Um das zu verhindern, hatte Justizminister Maas einen Gesetzentwurf vorgelegt. Trotz drohender internationaler Blamage einigte sich die Koalition bislang nicht, diesen dem Bundestag vorzulegen. Deshalb haben wir nun einen Gesetzentwurf eingebracht. Denn das DIMR darf seine Unabhängigkeit und den internationalen A-Status nicht verlieren. »»Quote für Deutschland Deutschland bekommt eine FrauenQuote für Aufsichtsräte. Sie gilt für 108 Unternehmen, für Neubesetzungen ab 2016 und fordert einen Anteil von 30 Prozent. Damit hat sich die jahrelange inner- und außerparlamentarische Solidarität der Frauen ausgezahlt – auch wenn 16 »» Zivile Krisenprävention stärken 2014 startete die große Koalition eine medienwirksame Debatte über die internationale Verantwortung Deutschlands. Dabei wurde suggeriert, dass es um mehr Auslandseinsätze der Bundeswehr gehe. Dem haben die Grünen im Bundestag vehement widersprochen und betont, dass sich Deutschland international vor allem zivil stärker engagieren müsse. Kürzlich fand im Bundestag – erstmals zur besten Tageszeit – eine Debatte zur zivilen Krisenprävention statt. Darauf haben nicht zuletzt alle Mitglieder des Unterausschusses Zivile Krisenprävention inklusive der bündnisgrünen Vorsitzenden, Franziska Brantner, lange hingewirkt. Das gab endlich die Gelegenheit, in der Auseinandersetzung um „mehr Verantwortung“ zivile Beiträge zu benennen und auf notwendige Aufgaben und bestehende Schwachstellen hinzuweisen. Unser Antrag (BT-Drs. 18/3928) fordert, finanzielle Lücken zu schließen und deutlich mehr ziviles Fachpersonal, zum Beispiel in UN-Missionen. Und auch beim Bundespräsidenten wurde im Februar über Deutschlands zivilen Beitrag zur internationalen Konfliktlösung diskutiert. Die Debatte machte nicht nur die Arbeit vor Ort anschaulich, sondern endete mit konkretem Regelungsbedarf zu Hause. Auch Bundespräsident Gauck musste zur Kenntnis nehmen, dass die Rahmenbedingungen und Fähigkeiten zur zivilen Krisenprävention und Konfliktlösung verbessert werden müssen. Dafür werden wir uns nicht nur im entsprechenden Unterausschuss einsetzen, sondern auch im Rahmen der Erarbeitung eines neuen Weißbuchs der Bundesregierung. Fragen zu Internationaler Politik & Menschenrechten? [email protected] es zunächst nur ein kleiner Schritt ist. Wirklich effektive und engagierte Gleichstellungspolitik sieht anders aus. Dennoch ist dieses Gesetz ein Erfolg. Es wird mehr Frauen in Aufsichtsräte bringen. Es wird normaler werden, dass Frauen mit am Tisch sitzen, wenn wichtige Entscheidungen für Unternehmen fallen. Ohne den jahrelangen Einsatz vieler Frauen (und Männer) wäre das nicht möglich gewesen. Die grüne Bundestagsfraktion forderte die Quote erstmals 2007 in einem Antrag, legte 2010 einen Gesetzentwurf vor und unterschrieb 2011 mit Abgeordneten aller Fraktionen und Vertreterinnen und Vertre- Quelle Collage: H.Félix, C. Schwier, K. Schneider/fotolia tern von NGOs die „Berliner Erklärung“ für eine gesetzliche Quote für Frauen. Im März 2012 sah es kurz so aus, als ob ein Gesetzentwurf des Bundesrates auch die Zustimmung einiger Unionsabgeordneter erhalten würde. Doch dieses Kräftespiel war nicht von Dauer, die notwendigen Stimmen verschwanden, der Antrag wurde abgelehnt. Ob das jetzt vorgelegte Gesetz die Machtgefüge in und die Kultur von Unternehmen verändern wird, ob weitere Frauen in Führungspositionen nachrücken, werden wir aufmerksam beobachten. Darüber hinaus haben wir inzwischen einen neuen Gesetzentwurf vorgelegt, der in zwei Stufen eine 40-Prozent-Quote für mitbestimmte oder börsennotierte Unternehmen vorschlägt, das sind rund 3.500 Unternehmen. 3.500 statt 108? Diese Quote könnte eine wirkliche Veränderung herbeiführen. Im Zuge der Quote werden auch die Gesetze zur Gremienbesetzung und Gleichstellung überarbeitet. Allerdings verfehlt die Bundesregierung dabei das selbst gesteckte Ziel einer „gezielten Gleichstellungspolitik“. Selbst die Gleichstellungsbeauftragten – also das Herz und die Seele des Bundesgleichstellungsgesetzes – »»Zukunft für Deutschland & Europa Foto:Peter Beck/Corbis Die grüne Bundestagsfraktion versteht sich als Werkstatt für eine lebenswerte Welt von morgen. Wir erarbeiten ganz konkrete Vorschläge, die uns einer solchen Zukunft näher bringen können. Aktuell rücken wir die Frage nach den Zukunftsinvestitionen in Deutschland und Europa in den Fokus unserer Arbeit (Antrag BT-Drs. 18/3841). Deutschland investiert zu wenig. Das gilt für den Staat und für private Unternehmen. Eine Koalition aus Union und SPD hat versäumt, die Wirtschaftskrise vor sechs Jahren zum Umsteuern zu nutzen. Die damalige Bundesregierung unter Kanzlerin Merkel und Umweltminister haben sich deutlich gegen diese Novellierung ausgesprochen. Wir haben beantragt, die Passagen zum Bundesgleichstellungsgesetz zu streichen. Fragen zu Wissen, Generationen & Gesundheit? [email protected] Gabriel vergeudete die Chance, in die Zukunft unseres Landes zu investieren. Damals hieß es Abwrackprämie statt Aufbruchprogramm. Auch heute vergeudet die Bundesregierung die Chance für einen Aufbruch in eine sozialere und ökologischere Gesellschaft. Statt mit Tatkraft eine bessere Zukunft zu gestalten, gibt es Rentengeschenke an Stammwähler, Strompreisgeschenke an die Industrie und FremdenMaut für die Fans im Bierzelt. Statt für den demografischen Wandel vorzusorgen und die Armut zu bekämpfen, werden die Sozialkassen geplündert. Statt massiv in frühkindliche Bildung und Kitaplätze zu investieren, wird am unsinnigen Betreuungsgeld festgehalten. Es wird verteilt, ohne dass die Bundesregierung die wachsende Vermögensungleichheit angeht und ohne zu investieren. Die große Koalition verweigert hier die Arbeit: Sie ist einer symbolfixierten Haushaltspolitik verhaftet, statt durch Entrümpeln, Umschichten, Subventionsabbau und höhere Einnahmen Spielräume für kluge Investitionen in die Zukunft zu schaffen. Die vom Finanzminister bisher 17 parlament:Grün angekündigten zusätzlichen Investitionen von 3,3 Mrd. Euro pro Jahr reichen nicht. Allein das „Rentenpaket“ kostet 2015 10 Mrd. Euro – ohne die Probleme der Altersarmut zu lösen. Es ist Zeit für einen Aufbruch. Nie hatten wir so viel Wissen, nie waren wir weltweit so gut vernetzt, nie hatten wir so viele Chancen. Auf die zweifellos gewaltigen sozialen und ökologischen Herausforderungen müssen wir mit Tatkraft reagieren. Für eine bessere Zukunft wollen wir: »» die unzureichenden Fördermittel für Energieeffizienz auf 6 Mrd. Euro aufstocken; davon sollen 3 Mrd. Euro in einen neuen Energiesparfonds zur Förderung des Energiesparens fließen. »» uns mit 12 Mrd. Euro am geplanten EU-Investitionsfonds beteiligen. »» gezielt in ein fortschrittliches Betreuungs- und Bildungssystem, in die Infrastrukturen des Wissens und in moderne Mobilität investieren. »» für kleine und mittlere Unternehmen bis 250 Mitarbeiter eine Steuergutschrift für alle Forschungs- und Entwicklungsausgaben einführen. »» moderne Einwanderungsbedingungen für den weltoffenen, innovativen Standort Deutschland schaffen. Fragen zu Wirtschaft, Finanzen & Sozialem? [email protected] Alle sprechen über Elektroautos, doch auf Deutschlands Straßen sieht man sie nur selten. Unter drei Millionen Neuwagen fanden sich 2014 gerade einmal 8.522 Elek trofahrzeuge. Wir fragen uns: Wann fährt Deutschland in Richtung Zukunft? Denn während Schwarz-Rot den Status quo konserviert, etwa mit Milliardensubventionen für spritfressende Dienstwagen, kommt die Mobilität ohne Benzin und Diesel nicht in Fahrt. Für uns Grüne im Bundestag ist klar: Wer Elektromobilität will, muss sie fördern. Die richtige Fahrzeugwahl wollen wir beispielsweise prämieren mit 5.000 Euro für Elektroautos und mit 2.000 Euro für verbrauchsarme Plug-In-Hybride. Gegenfinanzieren soll dieses Programm eine Umlage der Kfz-Steuer für Pkw, deren CO2-Ausstoß oberhalb der europäischen Grenzwerte liegt. Die Zukunft fährt grün: mit grünem Strom aus öffentlichen Ladesäulen und mehr Carsharing! (BT-Drs. 18/3912) »»Plastik aus der Tube Nicht nur die Tube ist aus Plastik, auch der Inhalt in der Tube. Peelings, Duschgel und Cremes enthalten kleine Plastikkügelchen, die die Haut glatter und den Lippenstift haltbarer machen sollen. Abgespült von unserer Haut, landet das Mikroplastik im Abwasser. Und da Kläranlagen es oft nicht herausfiltern, schwimmen die Minikugeln danach in unseren Flüssen und Meeren, werden erst von Fischen gefressen, und später essen wir diese Fische. 13.000 Plastikpartikel treiben auf jedem 18 Quadratkilometer Meeresoberfläche. Plastikfasern wurden in 250 Tierarten gefunden. Allein in Deutschland werden jährlich etwa 500 Tonnen Mikroplastik in Kosmetika verwendet. Mit unserem Antrag „Freisetzung von Mikroplastik beenden“ (BT-Drs. 18/3734) wollen wir verhindern, dass noch mehr Plastik aus Kosmetika in unsere Umwelt gelangt. Alternativen sind bereits erprobt. Wir Grüne im Bundestag fordern: endlich überall Sande, Salze oder Walnussschalen verwenden! Daneben fordern wir, dass die Auswirkungen von Mikroplastik auf die Gesundheit der Menschen weiter erforscht werden, denn von Tieren wissen wir schon, dass sie daran qualvoll zu Grunde gehen können. »»Energiesparen: Genug gelabert! Alle reden vom Energiesparen – aber wer hört eigentlich noch hin? Die grüne Bundestagsfraktion hat genug Foto: picture alliance »»Ja, wo fahren sie denn? der Strecke? Der internationale, organisierte Sport steckt in einer tiefen – und vor allem selbstgemachten – Glaubwürdigkeitskrise: die Winterolympiade in Sotschi überteuert, umweltschädlich und ein politisches Propaganda-Fest für Putin; die vom Weltfußballverband FIFA gesteuerte WM in Brasilien ein Desaster für den brasilianischen Staatshaushalt; die Fußball-WM in Katar korruptionsverdächtig und in menschenverachtender Weise errichtet auf dem Rücken ausländi- gehört. Seit Jahrzehnten wird lamentiert. Und was hat sich geändert? Bis heute viel zu wenig. Die Bundesregierung scheitert zusehends mit ihrer Verdämmungsstrategie. Denn trotz der vielen Milliarden Euro wird pro Jahr nicht einmal eines von hundert Gebäuden saniert. Wir brauchen endlich ein breit aufgestelltes Investitionsprogramm Energieeffizienz und eine politische Neuausrichtung. Der Bund muss Energiespar-Investitionen in Kommunen und Unternehmen anreizen. Das geht mit zielgenauen Förderprogrammen, einem dynamischen Energiesparmarkt und einer neuen Kompetenzstelle, die Interessenten berät und die Förderung weiterentwickelt. Insgesamt sechs Milliarden Euro wollen wir Grüne im Bundestag dafür bereitstellen. Fragen zu Umwelt, Energie, Landwirtschaft & Verkehr? [email protected] scher Arbeiter. Und auch die deutsche Olympiabewerbung um Sommerspiele 2024/2028 jongliert bereits jetzt mit Milliardenbeträgen, die in Anbetracht maroder Schulen und klammer Haushalte Zweifel an dem Vorhaben aufkommen lassen. Wir fragen uns: Wo bleibt der Sport? Auf der Strecke? Wir wollen den Sport wieder in den Vordergrund rücken. Die Vergabekriterien für Sportgroßveranstaltungen müssen reformiert und die Korruption in den internationalen Sportverbänden konsequent bekämpft werden. In unserem Antrag „Verbindliche politische Regeln im internationalen Sport“ (BT-Drs. 18/3556) machen wir dafür Vorschläge. Eine stärkere Rolle der Politik könnte Fehlentwicklungen im autonom verfassten Sport entgegenwirken. Deshalb fordern wir verbindliche Monitoring-Prozesse bei Vergabeentscheidungen sowie die Beteiligung von Menschen-, Bürgerrechtsund Umweltorganisationen. Sport hat eine menschenrechtliche Verantwortung. Die Demokratisierung von Sportverbänden und -organisationen sowie die Aufdeckung und Bekämpfung von Sportkorruption muss endlich auf den Weg gebracht werden. Nur so ist der Sport glaubwürdig und förderungswürdig. »»Facebooks Diktate Ein US-Unternehmen hat 25 Millionen deutsche Kunden und verstößt permanent gegen deutsches Datenschutzrecht. Und die Regierung unternimmt nichts. Facebook hat seine Allgemeinen Geschäftsbedingungen geändert. Wer Facebook weiter nutzt, muss automatisch die neuen Bedingungen akzeptieren, die mehrere tausend Zeichen lang sind. Foto: picture alliance »»Bleibt der Sport auf Eine verbrauchergerechte Einwilligung ist das nicht. Der Konzern wird dann noch mehr Daten der Nutzerinnen und Nutzer auswerten. Unter anderem werden Standortdaten der Smartphones erfasst. Diese Änderungen sind von der Qualität und ihrer Bedeutung für den Grundrechtsschutz hoch relevant. Anstatt sich um einen effektiven Grundrechtsschutz zu kümmern, schreibt die Bundesregierung wirkungslose offene Briefe. Anstatt die Europäische Datenschutzreform voranzutreiben, die ein effektives Gegengewicht zur Macht internationaler Unternehmen bilden würde, spielt Schwarz-Rot in Brüssel das Spiel von Schwarz-Gelb weiter, bremst und blockiert, wo es nur geht. Je länger die Reform ausgebremst wird, desto mehr ist die Bundesregierung aber in der Bringschuld für nationale Reformen beim Datenschutz. Wir Grüne im Bundestag werden weiter Druck machen. Fragen zu Bürgerrechten & Demokratie, Rechts- & Gesellschaftspolitik? [email protected] 19 Optimist mit Bodenhaftung Ökologie und Ökonomie gehen zusammen, lautet Dieter Janeceks Credo. Den Schlüssel sieht der Wirtschaftspolitiker auch in der Digitalisierung. Von Susanne Sporrer Dosenbier statt Latte Macchiato, Fladenbrot statt Dinkelbrötchen – der Leopoldplatz im Wedding hat so gar nichts vom hippen Berlin, in das alle Welt strömt. Aber genau deshalb ist der Münchner Dieter Janecek, der vor eineinhalb Jahren in den Bundestag gewählt wurde, nun dorthin gezogen. Beim Ortstermin in seinem Büro sitzt er mir entspannt im eleganten schwarzen Anzug gegenüber und spricht über seine Zukunftsvisionen. Grüne Städte zum Beispiel, in denen die Menschen mit dem E-Bike fahren und wieder Platz für Kinder ist. „Wir leben in einer Zeit, in der wir das schaffen können“, ist er überzeugt. Auf dem Boden bleiben und die Realität im Blick behalten, ist sein Kompass im Berliner Politikbetrieb. Dennoch hat der wirtschaftspolitische Sprecher der grünen Fraktion Großes vor: „Ich will Ökologie und Ökonomie konsequent zusammenbringen.“ Die ökologische Transformation ist Janeceks Herzensthema. Seit Jahren spricht er mit Unternehmen und Verbänden über Chancen und Hindernisse für nachhaltiges und ressourceneffizientes Wirtschaften. Und er sieht, dass sich derzeit wichtige Türen öffnen: Die Digitalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft wird traditionelle Produktionsmuster, Dienstleistungsangebote und unser Konsumverhalten revolutionieren – eine einmalige Chance, diesen Prozess konsequent unter ökologischen Gesichtspunkten mitzugestalten. Wer diese Entwicklung nicht verschläft, wird auch ökonomisch aus einer Vorreiterrolle in den Bereichen Technik und Umweltschutz profitieren. Wir können Wohlstand erhalten, ohne Menschen und Natur auszubeuten, glaubt Janecek. Der 39-Jährige hat bereits bewiesen, dass Projekte Realität werden können, die kaum einer für möglich hält. Mit einer Klage beim Bundesverfassungsgericht zwang er die Stadt München, eine Umweltzone einzurichten. Ein paar Jahre später initiierte „Mister Feinstaub“ – mittlerweile Landesvorsitzender der bayerischen Grünen – das erfolg20 reiche Bürgerbegehren gegen den Ausbau des Münchner Flughafens. Dieter Janecek fühlt sich als Bayer. Er spielt Schafkopf, liebt Biergärten und ist Mitglied im Münchner Verein gegen betrügerisches Einschenken. Bis vor Kurzem besaß er sogar eine Lederhose – doch die wurde dem heute schlaksigen 1,90-Meter-Mann zu weit, also verkaufte er sie an einen Brasilianer. Als sich seine Eltern, beide Österreicher, im niederbayerischen Eggenfelden niederlassen, ist Janecek 15, mit 28 nimmt er die deutsche Staatsbürgerschaft an. Die Familie ist konservativ und Niederbayern erst recht. „Wenn ich mich da als Grüner geoutet habe, wurde ich schief angeschaut“, erzählt er und lacht schelmisch in seinen Bart. Trotzdem ist der Abiturient dabei, als sich 1995 der grüne Ortsverband Eggenfelden gründet. Er lässt sich beschimpfen, als die Partei im Wahlkampf fünf Mark für den Liter Benzin fordert. „Da war ich sauer auf die Grünen, man hätte die gleiche Idee auch anders verkaufen können“, erinnert er sich. Sein Weg führt vom Vorstand der Grünen Jugend in Bayern ins Büro des damaligen Landesvorsitzenden Sepp Daxenberger, dessen Nachfolger er 2008 wird. Janecek nimmt sich die Freiheit, auch mal quer zu denken. Nicht nur beim FC Bundestag hat er Kontakt mit anderen Fraktionen. Der politischen Karriere des Politologen und PR-Beraters hat das nicht geschadet. „Ich kann mir gut ein Ziel setzen und dann konsequent daran arbeiten“, sagt Janecek. Ein Workaholic ist er trotzdem nicht. Er nimmt sich Zeit für seine beiden Kinder, für Freunde und den FC Bayern. An der Bürowand lehnt die Gitarre, auf Youtube ist zu sehen, wie gut Dieter Janecek spielt – am liebsten eifert er seinem Idol Keith Richards nach. Und sein Vorbild in der Politik? „Winfried Kretschmann finde ich toll, der ist gelassen, mit sich im Reinen und hat einen klaren inneren Kompass“, sagt er und setzt schmunzelnd hinzu: „Ein bisschen wie Keith Richards.“ Dieter Janecek 1995 Gründung des Ortsverbandes Eggenfelden von Bündnis 90/ Die Grünen 2001 – 2003 Vorsitzender Grüne Jugend München 2005 – 2008 Landesgeschäftsführer von Bündnis 90/Die Grünen in Bayern 2008 – 2013 Mitglied im Bezirkstag von Oberbayern 2008 – 2014 Landesvorsitzender seit 2013 Foto: St. Kaminski Abgeordneter im Deutschen Bundestag, Sprecher für Wirtschaftspolitik 21 Grün und grüner »»Jede Menge Suppe Für unsere Abgeordneten bedeutet die Internationale Grüne Woche in Berlin ein Wochenende voller Termine. Am Samstag Demo, Agrarkonferenz und parlamentarischer Abend der Bundestagsfraktion, am Sonntag, Montag, Dienstag und über die Woche verteilt Messebesuche. Toni Hofreiter startete am Freitagabend mit der Schnippeldisko. Dort zerkleinerte der Fraktionsvorsitzende Gemüse, aus dem anschließend eine Suppe für Demonstrantinnen und Demonstranten gekocht wurde. Denn unter dem Motto „Wir haben es satt!“ gingen am 17. Januar 50.000 Menschen in Berlin auf die Straße. Für alle reichte die Suppe vom Toni nicht. Und auch er konnte sie zu seinem Leidwesen nicht selbst probieren, weil er gleich nach der Demo die Konferenz „Fleisch für die Welt? Sackgasse Agrarexporte“ der Bundestagsfraktion eröffnete. Und am Sonntag ging es dann auf die Grüne Woche, wo sich Hobbykoch Hofreiter mit einem Apfelessig aus seiner bayerischen Heimat fürs Kochen zuhause versorgte. „Aber gute Produkte gibt es natürlich nicht nur in Bayern, sondern überall in Deutschland. Diese Vielfalt wollen wir erhalten und fördern“, mit diesem Fazit schloss der Fraktionschef seinen Messerundgang. 22 Fotos: Bundestagsfraktion und St. Kaminski »»Die Uhr läuft! Höchstens 62,4 Millionen Tonnen CO2 dürfen wir 2050 in Deutschland noch ausstoßen. Das wäre unser fairer Anteil, um die Klimakrise zu bewältigen und die Erderwärmung auf höchstens zwei Grad zu begrenzen. Gemessen an unseren heutigen Emissionen hätten wir dieses Budget bereits im Januar überschritten. »»Fair ist beautiful Ökologische Dreiteiler, Handtaschen aus LKW-Schläuchen oder kompostierbare Schuhe? Und alles in „echt schick“! Die Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt stattete dem Greenshowroom einen Besuch ab, der im Rahmen der Berliner Fashionweek stattfand: „Das Image von ökologischer Mode hat sich enorm gewandelt und ist auf dem Weg, ein wichtiger Wirtschaftsfaktor in der Branche zu werden. Es bleibt aber noch viel zu tun, um die Produktionsbedingungen in der Textilbranche weiter zu verbessern und soziale und ökologische Mindeststandards einzuführen.“ Und genau dafür setzen sich die Bündnisgrünen im Bundestag weiter ein: für klare und verbindliche Mindeststandards und dafür, dass Unternehmen EU-weit verpflichtet werden, ihre Produktionsbedingungen für die gesamte Lieferkette offenzulegen. Mit der Kampagne „CO2UNTDOWN JETZT!“ setzen wir uns für mehr Engagement beim Klimaschutz in Deutschland und weltweit ein. Um klarzumachen, wie schnell die Zeit für ein gutes Klima abläuft, haben Annalena Baerbock und Toni Hofreiter im Januar eine Klima-Uhr auf der Fraktionsebene im Bundestag installiert. Kommen Sie doch mal vorbei und schauen Sie selbst, was Deutschland so sekündlich in die Luft verpufft. Die Klima-Uhr steht noch bis Ende des Jahres vor unserem Sitzungssaal – und natürlich immer auf unserer Fraktionswebsite: » gruene-bundestag.de/klima-uhr 23 Termine Fachgespräch Nahversorgung auf dem Land am 23.03. in Berlin AK 2 Koordination TEL 030/227 58939 [email protected] Infotour freiheit#vernetzt#sichern Digitale Bürgerrechte in Zei ten von NSA, Google und Co. am 14.04. in Augsburg am 14.04. in Potsdam Öffentlichkeitsarbeit TEL 030/227 59062 [email protected] Fachgespräch Wissenschaftlicher Nach wuchs am 24.04. in Berlin AK 5 Koordination TEL 030/227 51066 [email protected] Konferenz Zukunftsfähiger Wohlstand und Lebensqualität am 04.07. in Berlin AK 1 Koordination TEL 030/227 51121 [email protected] Termine: immer aktuell unter gruene-bundestag.de » News » Termine uns geht‘s ums ganze 24 Online Publikationen Tagesaktuelle Informationen, die neuesten Fraktionsbeschlüsse, Initiativen, Bundestagsreden, Videos sowie politische Hintergründe finden Sie auf » gruene-bundestag.de. Neues und Wissenswertes liefern unsere Newsletter. Ihre Anregungen, Kommentare, Ideen und Fragen können Sie uns auch über die sozialen Netzwerke schicken: Eine Auswahl. Mehr unter: gruene-bundestag.de » Publikationen Flyer Ernährung im Fokus ............. 18/027 Tierschutz stärken................ 18/023 Postkarte Fleisch für die Welt? .............18/026 Kohlekraft in Zahlen.............18/025 Reader Folgen Sie uns auf Twitter: twitter.com/GrueneBundestag Freiheitskongress ................18/024 Werden Sie Fan bei Facebook: facebook.com » Bündnis 90/ Die Grünen Bundestagsfraktion Die Fraktion bei Google+: google.com/+GrueneBundestag Der grüne Kanal bei YouTube: youtube.com/gruene Unsere Fotos bei flickr: flickr.com/gruene-bundestag Bestellungen an: Bündnis 90/Die Grünen Bundestagsfraktion, Versand, 11011 Berlin oder per E-Mail: [email protected] profil: GRÜN ist die Zeitschrift der Bundestagsfraktion. Sie erscheint vier Mal im Jahr, das Abo kostet 7,50 Euro und kann unter oben stehender Adresse bestellt werden. www.gruene-bundestag.de
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