W E LT A M S O N N TA G HAMBURG 7 N R . 13 I m Normalfall sind Fachmessen eher unglamouröse Veranstaltungen. Nicht so die Baselworld, die größte und wichtigste Messe der Uhrenindustrie. Wohl kein Einkaufs-Boulevard kann es mit der Exklusivität von Halle 1 aufnehmen: Gleich am Eingang die imposanten Messestände von Bulgari und TAG Heuer. Es folgen Neues Kaliber 3255: „Rolex Day-Date 40“ in Gelbgold (30.200 Euro) Feinste Arbeit: „Zeitwerk Minutenrepition“ von A. Lange & Söhne (440.000 Euro) VON ALEXANDER STILCKEN Hublot und Rolex, Patek Philippe und Breguet, der High-End-Juwelier Harry Winston und so ziemlich alle anderen Luxusuhrenmarken dieser Welt. Mehrere Etagen, Echtholz und Auslegeware, Millioneninvestitionen. Hublot hat gar ins Kellergeschoss expandiert, weil nach Klarheit bevorzugt Auf der weltgrößten Messe in Basel wurden gerade die Neuheiten der Uhrenindustrie präsentiert. Was ist im Trend? Und welche Uhrentypen schätzen die Hamburger? JUWELIER MAHLBERG oben bereits die Hallendecke erreicht war. Die wenigen Wichtigen, die nicht vertreten sind – die Marken des Richemont-Konzerns, Cartier, IWC, Baume&Mercier und Co. also –, sind nur deshalb nicht hier, weil die Unternehmen ihre Neuheiten traditionell ein paar Wochen zuvor in Genf präsentieren. Hostessen in recht Klischeekitschigen Kleidern mit Glitzerapplikation (schließlich ist es zugleich die weltgrößte Schmuckmesse) lächeln, verteilen Magazine und Prospekte, versuchen Orientierungslosen Besuchern, den richtigen Weg zu einem der zahlreichen Stände zu erklären. Auffällig gut und teuer gewandete Damen und Herren eilen durch die Hallen, unzählige Kameras und Polizisten wachen über die Besucher, aber vor allem über die Auslagen in den Vitrinen: lich ordern. In unserem Geschäft arbeiDort ruhen Millionen Werte. Gleich am ten wir ja nicht auf Kommission, sonersten Tag wurde eine Auswahl am dern kaufen die Uhren verbindlich – das Stand der französischen Marke Bell & wirtschaftliche Risiko liegt also zu hunRoss gestohlen, der Dieb aber umgehend dert Prozent beim Händler. Darum müsgestellt. Derlei Verhalten ist selbstver- sen wir den Geschmack unserer Kundständlich kriminell, aber irgendwie auch schaft gut kennen und uns im Vorfeld ihnachvollziehbar: Uhrenfans re Wünsche anhören.“ fühlen sich beim Gang Die hanseatischen Vorliedurch die Hallen wie Kinder ben beschreibt er folgenim Süßwarengeschäft. Sie dermaßen: „In Hamburg sind ganz aufgeregt und am bevorzugt man eine klare liebsten hätte man: alles. Formensprache. Man mag Mittendrin: Patrick Wales generell edel, aufgelinger, 46 Jahre alt, Mitinharäumt, nicht zu verspielt ber von Juwelier Mahlberg oder übertrieben. Bleibende am Neuen Wall in HamWerte sind wichtig, was burg. Seit bald drei Jahrsich vor allem in der Matezehnten arbeitet er in der rialwahl widerspiegelt: Branche, und auch dieses Experte aus Hamburg: Hamburger kaufen lieber Jahr ist er in Basel vor Ort. Patrick Wallinger Edelmetalle als HightechSieht, was Trend wird, was Materialien, bei denen sich es an neuen technischen und optischen der Wert viel schwieriger einschätzen Highlights gibt, sondiert mit seinem lässt. Vor allem weiße Metalle sind sehr Team das Angebot – und kauft für einen populär – von Stahl bis Platin. Der hohen siebenstelligen Betrag ein. Wallin- sprichwörtliche Hang zu Understateger: „Wir müssen auf der Messe die Neu- ment ist tatsächlich sehr präsent, nicht heiten für das kommende Jahr verbind- wenige Kunden kaufen bei uns Platinuh- Nur 3,2 Millimeter dünn: Nomos „Minimatik“ (2800 Euro) Aus Keramik: Die Omega „Vintage Black“ („Dark Side of the Moon“-Serie; 10.100 Euro) Flieger-Chronograph in Weißgold von Patek Philippe: Referenz 5524G-001 (41.260 Euro) Für Tag und Nacht: Jaeger-LeCoultre „Rendez-Vous Moon“ in Weißgold (49.300 Euro) ren für über 60.000 Euro, denen man ihren Wert nicht auf den ersten Blick ansieht. Bei uns im Team sprechen wir dann gern scherzhaft von Fallschirmspringen unter dem Teppich.“ Später berichtet er von seiner weiblichen Kundschaft, die, oft angesteckt von der Begeisterung ihrer Partner, auch immer häufiger Wert auf die inneren, also technischen Werte einer Uhr legt. Ohne die Optik zu vergessen, versteht sich. „Gerade von den Hamburgerinnen höre ich öfter: ‚Sag denen bei Patek Philippe mal, dass sie mehr Damenuhren ohne Diamanten machen sollen.‘“ Auf der Baseler Messe hat Wallinger eine Renaissance des Gelbgolds ausgemacht – nach Jahren, in denen Roségold sehr populär war: „Aber den einen großen Trend gibt es nicht.“ Uhren in Blau sind ganz offensichtlich populär, auch sieht man diverse Hersteller, die Zifferblätter aus fein geschliffenem und lackiertem Holz präsentieren. Doch letztlich ist die Uhrenbranche nicht die Modeindustrie, bei der Gestaltung und technischen Entwicklung gibt es eher langfristige Tendenzen statt saisonaler „Hypes“. Und so wird von vielen Messebesuchern das angebliche Ende des Größenwahns bei Uhren verkündet, während zig Hersteller nach wie vor blendende Geschäfte mit Modellen mit einem Durchmesser jenseits von üppigen 45 Millimeter Durchmesser machen. Tatsächlich kleiner denkt man aber ausnahmsweise beim Leitwolf der Uhrenindustrie Rolex. Die neue „Day-Date 40“, erhältlich nur in Edelmetallen, ersetzt künftig die „Day-Date II“. Mit – der Name verrät es – 40 Millimeter Durchmesser ist das neue Modell exakt einen Millimeter kleiner als der Vorgänger. Wallinger: „Das ist eine exzellente Uhr, die den Hamburger Geschmack genau trifft. Die Verkleinerung klingt nach einem winzigen Unterschied, doch optisch trennen die beiden Uhren Welten. Obendrein wird das neue, extrem präzise Uhrwerk Kaliber 3255 mit 80 Stunden Gangreserve eingebaut. Das Ergebnis ist eine bis ins Detail stimmige Uhr.“ Auch das ist ein Trend: Galt lange Jahre die Zertifizierung nach COSCMaßstäben („Contrôle officiel suisse des chronomètres“) als ultimatives Quali- LIEBLINGE DER WOCHE tätsmerkmal, so setzen sich inzwischen immer mehr Hersteller eigene Ziele: Patek Philippe hat ein eigenes Qualitätssiegel, und Omega stellte in diesem Jahr das Modell „Globemaster“ vor, dessen Co-Axial-Uhrwerk die Richtlinien des neu mitentwickelten METAS-Zertifikats vom Eidgenössischen Institut für Metrologie erfüllt. Wallinger lobt: „Ich finde die Entwicklung von Omega beeindruckend, das Unternehmen hat sich inzwischen zu einer sehr hochwertigen Manufaktur entwickelt. Auch die Keramikuhren aus der ,Dark Side of the Moon‘-Serie schätze ich sehr.“ Der Juwelier berichtet von vergangenen Jahren, in denen die Hersteller mehr Neuheiten präsentierten, als die Einzelhändler in den Vitrinen unterbringen konnten. Heute würden neue Modelle deutlich bedachter lanciert. Jeder Hersteller wird dabei seinem Image gerecht: Hublot will anecken und aufwühlen, und so kooperiert man einerseits mit Italia Independent, der Firma von Fiat-Erbe und It-Boy Lapo Elkann, und stellt andererseits zum zehnjährigen Jubiläum des Modells Big Bang zehn Diamant-übersäte Uhren für jeweils eine Million Dollar vor. Blancpain betont seine Verbundenheit mit dem Tauchsport und präsentiert zu seiner Kooperation mit der PristineSeas-Expeditions von „National Geographic“ eine kleine Ausstellung und den passenden Zeitmesser: Eine limitierte und tiefseeblaue Edition des Bathyscape Chronographen. Patek Philippe wiederum, eine Marke, die für viele Uhrensammler den Heiligen Gral der Branche darstellt, pflegt seine Tradition und das Uhrmacher-Handwerk. Dass man es in diesem Jahr gewagt hat, einen eher untypischen Fliegerchronographen vorzustellen, reicht hier schon aus, um zum mittelgroßen Messethema zu werden. Und wer dachte, dass sich die Schweizer nach den großen 175 Jahr Feierlichkeiten in 2014 erst einmal ausruhen würden, wurde mit einer ungewöhnlichen Vielzahl an Neuheiten überrascht. Das ganz große Messethema ist in diesem Jahr aber ein anderes: Die Smartwatch im Allgemeinen und die Apple Watch im Besonderen. Sind diese Dinger nun eine große Chance, eine Revolution – oder doch eher existenzbedrohend für die Etablierten der Branche? Wallinger urteilt: „Tatsächlich wollen viele Hersteller in diesem Bereich aktiv werden. TAG Heuer hat seine Kooperation mit Intel und Google verkündet, Breitling hat ein Modell mit Bluetooth-Funktion präsentiert. Auch Bulgari will im kommenden Jahr eine Uhr mit NFC-Funkstandard ((NFC = Nahfeldkommunikation) auf den Markt bringen. In Kombination mit einer App lassen sich damit dann Zahlungen tätigen oder es lässt sich der Motor vom Auto starten. Insgesamt ist die Apple Watch aber vor allem eine Gefahr für Hersteller, die sich im Preissegment von 300 bis 1000 Euro bewegen. Im absoluten Luxusbereich, dort wo die Kundschaft großen Wert auf handwerkliche Raffinesse und mechanische Uhrwerke legt, sieht man das Thema deutlich gelassener. Kunden, die sich für Tausende von Euro Uhren kaufen, schaffen sich zwar vielleicht auch eine Smartwatch an, aber eher als Ergänzung.“ Alles in allem blickt Wallinger optimistisch auf die kommenden Monate: „Es war eine entspannte Messe.“ Trotz des starken Frankens, den damit ausgelösten Preiserhöhungen und beschnittenen Handelsmargen für die Juweliere. „Die Konsumlage ist gut. Ich habe viele zufriedene Gesichter gesehen.“ MEMO VON FRAU BLIESWOOD Viagra für die Berge O ROLEX/ALAIN COSTAS; LANGE & SÖHNE; NOMOS; OMEGA; JAEGER-LECOULTRE; PATEK PHILIPPE 2 9 . M Ä R Z 2 015 h Mann, wie ich diese Winterheizungsluft satthabe! Nun aber: nachts Fenster weit auf, morgens Vogelzwitschern. Nur ärgerlich, ab morgen klaut man uns wieder eine Stunde Frühling im Bett (Zeitumstellung). Bei Ihnen sind die Frühlingsgefühle noch nicht angekommen? Hamburgs Gesellschaft flüstert sich zwei Fitmach-Adressen zu: Heilpraktiker Klemens Roth (Anzughose, gestreiftes Polo-Oberhemd und Hermès-Gürtel). Mit Augen-Diagnostik und Naturpillen schmeißt er den Turbo in Ihnen an. Und: Doktor Ute Prügner (weißer Kittel, blondes Engelsgesicht). Mit Puls-Diagnostik, TCM und Akkupunktur macht sie Sie fit! Ich war da! Es lohnt sich! Ist EMS (Elektromuskelstimulation) etwas für Schlaffis? Mir doch egal! Ich finde es super! Seit einem Monat renne ich zweimal in der Woche 20 Minuten ins EMS-Studio. Muskeln aus der Steckdose. Ursprünglich kommt EMS aus der Physiotherapie als RehaMaßnahme. Dauernd werde ich gefragt: EMS kann doch nicht ganz normalen Sport ersetzen? So richtiges Joggen, fieses Schwimmen, beknacktes Krafttraining? Doch! Experten sind auf meiner Seite! Apropos alt! Wie lange darf man sich eigentlich tätowieren lassen? Meine kleine Schwester Tini will immer mit mir wetten, dass sie es noch vor ihrem 50. Geburtstag tut. Beim Fest zum Fünfzigsten meines Freundes Kai konnte man sich gratis und spontan was Schickes stechen lassen. Florian Silbereisen hat sich Helene Fischers Gesicht auf den Oberarm tätowieren lassen. Ich weiß nicht, ob Herr Blieswood das möchte? Ist wieder so weit: „Mami, ich brauche neue Fußballschuhe!“ Und damit die ultimative Frage (eine Wissenschaft unter Jungs!): Adidas oder Nike? Beide Jungs im Hause Blieswood entscheiden sich für Adidas (entgegen dem Aktienkurs!). Mein Vater hätte auch Adidas gekauft! Warum? Adidas-Boss Herbert Hainer, 60, stammt auch aus einer bodenständigen Schlachter-Familie! Es ist in Deutschland erlaubt, nackt Auto zu fahren! Wer aber nackt aussteigt, riskiert ein Bußgeld von 40 Euro! Mist: Ich hab’ keine Garage! Und der berühmte VaroufakisStinkefinger? Erfüllt den Tatbestand der Beleidigung (§ 185 StGB). Seit 2014 werden Beleidigungen im Straßenverkehr jedoch nicht mehr ins Register Flensburg eingetragen. Puhh! Lange nicht mehr so viel Spaß gehabt! Sitzt ein feiner Herr bei einem hanseatischen Essen neben mir. Von wegen „Time to say goodbye“! Er: „Wissen Sie, wie ich mir ohne rot zu werden Viagra besorge?“ Ich: „Nee!“ Er: „Ich sage, ich reise mit meinem Enkel nach Peru. Dann empfehlen einem Apotheker nämlich Viagra gegen die Höhenkrankheit!“ Ab in die Berge! ANZEIGE 7FSLBVGTPGGFOFS 4POOUBH 4"-& +FU[U EJF CFTUFO %FTJHO TDIOjQQDIFO EFT +BISFT Beutelchen: Kängurus tragen ihre Jungen in der Beuteltasche umher, wir die Dinge, auf die wir unterwegs nie verzichten mögen. Aus der Michael Kors Collection, um 750 Euro. MICHAEL KORS; CLOSED; WWW.DAWANDA.DE/PICASA; HOFFNUNGSTRÄGER HAMBURG Ständig entdecken wir neue Produkte, die wir Ihnen natürlich nicht vorenthalten möchten )FVUF Nicht lang schnacken: Moin reicht, Moin Moin sagen nur die Schnacker. Drum hält die kleine Manufaktur „Betongedöns“ aus Preetz sich kurz und fertig DekoBuchstaben aus Beton. Über Dawanda.com, um 14 Euro. Statement: Männer, entspannen Sie sich. Das Sweatshirt ist salonfähig. Warum nicht mal (zumindest probeweise) den Wochenendeinkauf im „Riding High“-Motto-Sweatshirt von Closed erledigen? Aus japanischem Jersey, um 199 Euro. 'MBHTIJQ 6IS (SPFS 4BMF ,BGGFF,VDIFO 4UBNNIBVT &MNTIPSO 6IS (SPFS 4BMF 4FUUF $BUFSJOH 8PIOWJMMB 6IS &OUEFDLFO 4JF EJF OFVF 8PIOWJMMB Lucky you: Wir alle brauchen Glücksbringer. Bei Hoffnungsträger Hamburg fertigt man die Glücksarmbänder noch von Hand. „Hare Krishna Hamsa Wrap“, um 89 Euro (Tel. 040/18 127 314). -FCFO 4JF KFU[U XXXDSBNFSNPFCFMEF $SBNFS .zCFM%FTJHO (NC) 'MBHTIJQ Á ,JFMFS 4USBF Á )BNCVSH 5FM Á .P'S 4B 6IS $SBNFS 8PIOWJMMB 0TUFSTUSBF Á )BNCVSH .P'S 4B 6IS $SBNFS 4UBNNIBVT 4JCJSJFO Á &MNTIPSO .P'S 4B 6IS
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