Wie aus einem Schüblig 7000 Franken wurden Wenn das gewinnorientierte Denken Überhand nimmt: Eine Gruppe von Bauernfamilien in Pfäffikon SZ schwört dem Gemeinwohl ab und frönt dem Immobilienboom. Mit unübersehbaren Folgen. Von Christian Zürcher Noch vor dem Zweiten Weltkrieg war Pfäffikon SZ ein armes Bauerndorf, in dem jeder Einwohner einmal im Jahr einen Schüblig und ein Stück Brot umsonst erhielt. Sofern er denn Feusi, Gresch, Hiestand, Jäger, Steiner, Walder oder Wild hiess. Heute ist Pfäffikon eine von Beton und Verkehr geprägte Zentrale für Hedgefonds, Tausende Autos fahren Tag für Tag mitten durchs Dorf, die Wohnungspreise sind gestiegen, Familien weggezogen, Kindergärten mussten geschlossen werden. Nur etwas hat sich nicht geändert: Die Herren Feusi bis Wild bekommen noch immer ihre jährliche Prämie, den „Bürgernutzen“ – nur sind es heute keinen Schüblig mehr, sondern rund 7000 Franken. Über sieben Millionen Franken verteilt die Korporation Pfäffikon Jahr für Jahr an ihre 1093 Mitglieder. Das gefällt nicht allen. Sorge um die Natur, Angst vor Wachstum, Neid – es sind gemischte Gefühle, die die Korporation bei der Bevölkerung auslöst. Die Herren Feusi bis Wild gehören der Korporation Pfäffikon an. Im späten Mittelalter, irgendwann im 15. Jahrhundert, schlossen sich ihre Vorfahren in einer Korporation zusammen. Sie waren Bauern und unterhielten gemeinsam Viehweiden und Wälder, sie bauten Strassen und Brücken. Das Holz, den Käse, die Kirschen teilten die Genossen, so nannten sie sich. Jahrhunderte lang funktioniert dieses Prinzip des gemeinsamen Grundbesitzes. Keiner hatte mehr als der andere. Die Genossen sorgten füreinander, es gab eine Witwenrente, später Stipendien und gar eine eigene Pensionskasse. Die reichste Korporation der Schweiz Heute ist die Forstwirtschaft der Korporation Pfäffikon defizitär, der Kiesabbau rentiert nicht mehr, genauso wie die Viehwirtschaft. In der einst bäuerlich geprägten Korporation gibt es seit bald 50 Jahren keine dorfeigenen Bauern mehr. Und trotz – ja wegen! – allem Wandel ist die Korporation reich geworden. Sehr reich, die reichste der Schweiz. Sie hat vom Aufschwung am linken Zürichseeufer profitiert. Weil sie die Zeichen der Zeit erkannt hat. Weil sie grosse Landreserven an bester Lage besass. Und weil Feusi Ulrich, genannt Ueli, Präsident der Korporation war und ist. Mit wem man auch über die Entwicklung Pfäffikons spricht, irgendwann kommt immer der Satz „Da fragen Sie am besten Definition Korporation: Die Korporation ist eine Körperschaft, die aus dem Mittelalter stammt und damit älter ist als die meisten Kantone. Familien taten sich zusammen, um gemeinsam Land zu bewirtschaften. Mitglied werden kann bis heute nur, wer diesen Familien angehört. Früher war das Aufnahmerecht Männern vorenthalten, heute dürfen auch Frauen aufgenommen werden. In der Innerschweiz haben die Korporationen einen öffentlichrechtlichen Charakter. den Feusi Ueli, der weiss Bescheid“. Feusi ist Architekt und Generalunternehmer mit 25 Angestellten, auf seinem Gebiet in Pfäffikon der Platzhirsch – 50000 m2, rund 10 Fussballfelder, soll er an Korporationsland im Dorf verbaut haben. Fakt ist: Hat die Korporation Land abgegeben, wurden diese Parzellen oftmals von den Firmen Feusi + Partner, IWB Generalunternehmung AG und Mufag Immobilien AG bewirtschaftet – allesamt Firmen von Ueli Feusi. 1971 in die Korporation aufgenommen, gelangte er wegen seiner Ausbildung als Bauingenieur und Raumplaner bald zu Einfluss. Erst als Aktuar, ab 1991 als Präsident. Feusi hat es geschafft, aus der mittelalterlichen Korporation eine Organisation zu bilden, die wie ein Unternehmen funktioniert. Wurden früher alle Entscheide von den Korporationsmitgliedern basisdemokratisch gefällt, darf heute die siebenköpfige Verwaltung, so etwas wie die Geschäftsleitung, selbst mit Investoren verhandeln und Projekte vorantreiben. Mit dem Wandel änderten sich auch die Ziele der Korporation: Die gewinnorientierte Steigerung der eigenen Ertragskraft hat den Gemeinsinn abgelöst. Es ist ein Wandel, dem die Mitglieder zugestimmt haben und seit 2006 auch in den Statuten niedergeschrieben ist. Im gleichen Zeitraum hat sich auch das Dorf Pfäffikon verändert. Es ist gewachsen, von 2500 Menschen im Jahr 1960 auf heute 7200, und dabei irgendwo stehen geblieben in der Transformation zwischen Bauerndorf und urbaner Kleinstadt. Das zeigt ein Rundgang durchs Dorf: Beton dominiert, Grünflächen sucht man vergebens. Neben modernen Banken stehen alte Häuser mit Giebeldächern. Neben einem Geschäftshaus ein Stall. Der Dorfplatz ist ein Parkplatz, auf den Parkfeldern parkieren ein 911er-Porsche, ein Mercedes A-Klasse, ein 6er-BMW und ein Subaru Justy. Das Wachstum hatte die paradoxe Folge, dass nun ein Bauerndorf die Gentrifizierung erlebt. Etwas, das der Raumplaner sonst nur aus Grossstädten kennt. Zuzüger verdrängen die Einheimischen. Die wohlhabenden, meist ausländischen Zuwanderer möchten ihre Ruhe haben, die Einheimischen sind skeptisch gegenüber Verdichtung und Neuem. „Wir sind zu schnell gewachsen“, sagt Gemeindepräsident Daniel Landolt. Die Infrastruktur sei seit zwanzig Jahren die gleiche, Verkehr und Bevölkerung haben sich aber vervielfacht. Täglich fahren über 15000 Autos durch das Dorf – Stau als Alltag. „Wir wollen künftig mehr verdichtet bauen und arbeiten gegenwärtig an einem Konzept für Pfäffikon-Ost und den Bahnhof.“ Die Korporation als grosse Landbesitzerin hat die Hälfte des Planungskredits von 600000 Franken übernommen. „Optimierungen, die den Verkehr ordnen und Platz schaffen, sind das Ziel“, sagt Landolt. Durch die „Optimierungen“ dürften weitere Baulandreserven für die Korporation herausschauen. Den Einfluss der Korporation auf das Dorf bezeichnet der Gemeindepräsident als „sehr gross“. Die Korporation sei die grösste Landbesitzerin im Dorf und sorge ebenfalls für die Wasserversorgung. „Will Pfäffikon wachsen, dann geht das nur über die Korporation“, sagt Landolt. Doch nicht alle sind sich sicher, ob das Wachstum auch allen gleich dient. „Wollen wir das wirklich?“, schrieb der Schwyzer CVP-Regierungsrat und Baudirektor Othmar Reichmuth 2012 in einer Broschüre. Er meinte die gestiegenen Baulandpreise und Wohnungsmieten, die vollen Bahnen und Strassen. Als Kritik an der Korporation möchte er dies aber nicht verstehen, diese habe ihre Entscheide alle demokratisch gefällt. Dass Reichmuth dies so sieht, überrascht nicht, auch er gehört einer Korporation an: der Oberallmeind, der grössten im Kanton Schwyz. Zur Frage, ob in Pfäffikon die Balance zwischen Profitmaximierung und Gemeinsinn auch immer stimme, will sich Reichmuth nicht äussern. Morddrohung wegen Kritik Es gibt wenige, die undiplomatisch gegen die Korporation sprechen, und schon gar nicht mit Namen. So hat ein Korporationsmitglied seine Zitate wieder zurückgezogen, weil es „der Sache nicht dient“, weil das Mitglied Angst hatte vor den Reaktionen in der Korporation. Die Kritiker möchten nicht als Nestbeschmutzer gelten, sie fürchten Ehrverletzungsklagen. Es gibt eine Episode, die den Umgang mit kritischen Stimmen in der Korporation wohl am trefflichsten zeigt: Zur Debatte stand in der jährlichen Mitgliederversammlung das Steinfabrikareal, die letzte verbliebene und grösste Baulandparzelle der Korporation – rund 60000 Quadratmeter an bester Lage, unten am See. Dieses Grundstück wollte die Korporation ihrem Präsidenten Ueli Feusi für 99 Jahre verkaufen. Ein Traktandum zuvor wurde neben dem jährlichen „Nutzen“ von 12000 Franken den Mitgliedern ebenfalls eine Art Sonderdividende von 40000 Franken versprochen, falls dem Landverkauf zugestimmt würde. In der Hoffnung auf den zusätzlichen Batzen hatten einige Korporationsmitglieder zu diesem Zeitpunkt bereits ein neues Auto gekauft. Doch nicht alle waren einverstanden: Irene Herzog-Feusi – sie gilt als grösste Kritikerin der Korporation und auch sie zieht es vor, nichts zu sagen –, sie stand auf, ging nach vorne und verlangte, auf das Geschäft zu verzichten. Hunderte von Korporationsbürgern buhten sie aus, von der Verwaltung wurden sie als inkompetent abgekanzelt. Die Abstimmung verlor sie haushoch. Danach erreichten sie anonyme Briefe, darunter eine indirekte Morddrohung („Wenn du noch einmal so hinterfützig daher kommst, hast du das letzte Mal warm geschissen“). Herzog-Feusi reichte gemeinsam mit anderen Kritikern gegen die Abstimmung Beschwerde ein und gelangte bis ans Bundesgericht. Ohne Erfolg. Sie wollte Feusi des Amtes entheben und den Verkauf rückgängig machen. Ebenfalls ohne Erfolg. Es folgten Volksabstimmungen und schliesslich eine Einigung: Feusi darf bauen, dafür wird ein Landstreifen am See zur öffentlichen Zone. Innerhalb der Korporation konträre Meinungen bilden, werde heute von der Verwaltung unterbunden, sagen die Kritiker. So würden Projekte im Geheimen vorangetrieben und dann die Versammlung vor vollendete Tatsachen gestellt. Weil sich bei den Mitgliedern wegen dem hohen „Nutzen“ eine Gleichgültigkeit eingeschlichen habe, würden diese Anträge meist widerstandslos abgesegnet. Die „dumme Wiiber“ Es ist nicht das erste Mal in der Geschichte der Korporation, dass Mitglieder aufbegehren. Lange war die Korporation ein reiner Männerclub. Frauen waren ausgeschlossen, deren Söhne und Töchter sowieso. Mit der verfassungsrechtlichen Gleichstellung von Mann und Frau bekam diese Regelung Risse. Ab dem Jahr 1990 durften sogar die Appenzellerinnen abstimmen, Grund für die Pfäffiker Frauen, auch ihre Männer in Sachen Gleichberechtigung anzustupsen. Das gefiel den Männern gar nicht, sie wollten unter sich bleiben. Zuerst lachten sie über die „dummen Wiiber“, doch den Frauen war es ernst, sie gingen 1991 mit ihrem Anliegen bis vor Bundesgericht – und bekamen Recht. Fortan war die Korporation geschlechtergemischt. Jahre später, 2005, durften dann auch die Töchter und Söhne der Frauen Mitglied werden, wieder wurde dieses Recht vor Gericht erfochten. Eine entscheidende Rolle dürfte der damalige Nutzen von 12000 Franken gespielt haben. Darauf stieg die Mitgliederzahl stark an und zu den sieben Urgeschlechtern Feusi bis Wild gesellten sich über 200 weitere Bürgernamen. Weil die Zahl der Mitglieder von 516 im Jahr 2001 auf heute 1093 anwuchs, musste jüngst auch der „Nutzen“ gekürzt werden. Heute leben lediglich noch 200 Mitglieder in Pfäffikon, die anderen sind in der ganzen Schweiz verteilt. Ueli Feusi, der brillante Stratege Über den Mann, der jedes Jahr seinen Mitgliedern Tausende von Franken zahlt, gibt es zwei Meinungen. Ueli Feusi sei ein „sehr tüchtiger Geschäftsmann“, sagen Korporationsmitglieder, „die Leute hören auf ihn“, „sehr umtriebig“ sei er, ein „brillanter Stratege“ mit „vielen Fäden in den Händen“. Es gibt aber auch jene, die vielsagend wenig sagen: „Dazu möchte ich mich nicht äussern.“ 14-mal war Feusi bereits wegen korporationsinterner Angelegenheiten vor Gericht, mehrmals bis zur höchsten Instanz, dem Bundesgericht. „Man setzt sich ein Ziel und kämpft dafür – bis zum Schluss“, sagt er dazu. Zweimal verlor er („Das waren Bagatellen“), die anderen Fälle gewann er. Seine sonore, kräftige Stimme am Telefon („Kommen Sie nur vorbei“) macht Eindruck. Feusi lädt ein, zu sich ins Büro in Pfäffikon. Der Mann ist kleiner als in der Vorstellung angenommen, knapp 1,70 Meter. Weshalb, Herr Feusi, wurde die Korporation plötzlich gewinnorientiert? „Hätten wir denn ‚versuure’ sollen, hier hinten?“ Ja, weshalb musste die Korporation nicht versauern und kam stattdessen zu Reichtum? Eine Antwort liefert der Aufstieg des Kantons Schwyz. Der Kanton galt lange Zeit als arm und konservativ. Es gab deshalb erst gar keine Erbschaftssteuer und die Steuerbelastung blieb moderat. Weil zudem die Industrialisierung nicht wie in Glarus bereits im 19. Jahrhundert einsetzte, existierten im Kanton auch in den 60er Jahren noch grosse Baulandreserven, die wiederum zu grossen Teilen den Korporationen gehörten. Noch aber fehlte der Region der Trigger für den Aufschwung – die Autobahn. 1968 führte die A3 erstmals bis nach Pfäffikon – die verpönte Ausserschwyz wurde plötzlich attraktiv. Die Fahrzeit nach Zürich schmolz auf eine halbe Stunde zusammen, immer mehr Menschen begannen zu pendeln. Potente Steuerzahler fanden in der Ausserschwyz billiges Bauland an herrlicher Lage. Die Korporation Pfäffikon verpachtete zeitweise den Quadratmeter Land am See für 1.20 Franken. 1984 schaltete sich auch der Kanton um Finanzdirektor Franz Marty mit einer Steuerrevision ein. Marty wusste, tiefe Steuern sind das ökonomische Gleitmittel für Wachstum. Die Einnahmen an Firmensteuern explodierten, sie wuchsen in vier Jahren um das Dreifache von 36 auf 104 Millionen, die Zahl der Firmen stieg um 40 Prozent auf mehr als 3200, wie der Zürcher Historiker Tobias Straumann im Buch «Geschichte des Kantons Schwyz» schrieb. Später lockerte die eidgenössische Bankenkommission zudem ihre Richtlinien. Die Hochfinanz mit zahlreichen Hedgefonds zog in Pfäffikon ein. Die Hochfinanz brauchte Land, die Korporation gab es ihr. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Korporation dem Dorfbild ihren Stempel aufgedrückt. Charles Vögeles Seedammcenter: auf Korporationsboden gebaut. Das Alpamare: auf Korporationsgrund gebaut. Das Kongresszentrum Seedamm Plaza: auf Korporationsland gebaut. Zahlreiche Gewerbeflächen und Siedlungen folgten. Wollte die Gemeinde wachsen, war sie auf die Kooperation der Korporation angewiesen. Spricht Feusi, schaut er grimmig; lacht er, das kommt vor, dann hat er etwas von einem Schlitzohr. Mit den Bedenken der Bevölkerung konfrontiert, erhebt sich seine tiefe, von zu vielen Camel geprägte Stimme des Majors, der er vor Jahren war. Und er dementiert. Kritikpunkt eins: Familien können es sich nicht mehr leisten, in Pfäffikon zu wohnen, auch weil die Korporation das Wachstum vorangetrieben hat. „Entschuldigen Sie, was denken Sie eigentlich“, beginnt er, „wir haben hier sicher nicht als Preistreiber agiert. Das waren die Privaten. Wir haben seit eh und je das Land im Baurecht abgegeben“. Will heissen, die Korporation hat Interessenten Boden für 100 Jahre überlassen, für einen Quadratmeterpreis von 20 bis 30 Franken, was umgerechnet auf einen Landkauf auf unbefristete Zeit einem Quadratmeterpreis von 600 Franken entspricht. Aktueller Marktwert des Quadratmeters in Pfäffikon: Von 2000 Franken an aufwärts. Kritikpunkt zwei: Die Rolle als Korporationspräsident und Generalunternehmer berge Interessenkonflikte. Feusi dementiert, aufbrausend. „Da habe ich aber absolut kein schlechtes Gewissen.“ Alle Entscheide seien demokratisch von der Korporation gefällt worden, kein Gericht habe ihm persönliche Bereicherung nachgewiesen. Ausserdem kontrolliere die siebenköpfige Verwaltung einander. Dass er die Leute mit seinen Voten gezielt lenken könnte, davon will Feusi nichts wissen. Kritikpunkt drei: In den 60er Jahren schenkte die Korporation dem Kanton 15000 m2 Land, um die Kantonsschule zu bauen, sie übergab der Kirche sechs Glocken, sie renovierte das Schloss Pfäffikon. Doch heute mache die Korporation angesichts ihres Reichtums zu wenig für die Gemeinschaft. Natürlich dementiert Feusi. „Wir würden gerne mehr familienfreundliche Wohnungen bauen, doch wegen des neuen Raumplanungsgesetzes (Anmerkung: Bauland wird erst wieder ab 2018 eingezont) sind uns die Hände gebunden.“ Eine ähnliche Forderung stellte bereits 2011 der Schwyzer Alt-CVP-Ständerat Bruno Frick an einer Podiumsveranstaltung. Er forderte von der Korporation mehr soziales Engagement, sie solle sich mit ihren Möglichkeiten mehr für günstigen Wohnraum einsetzen, ja sie mache diesbezüglich zu wenig. Das liess Ueli Feusi nicht auf sich sitzen, er schaltete Inserate in Zeitungen mit einer Gegendarstellung, er schrieb Leserbriefe und rief den damaligen Ständerat an. Frick spricht von einem Anruf der heftigsten Sorte: „Feusi sagte zu mir: ‚Jetzt erklär ich Dir den Krieg.“ Feusi sagt dazu mit einem Augenzwinkern, Frick sei damals im Zug gesessen, deshalb habe er ein wenig lauter sprechen müssen. Ein vierter Kritikpunkt: Die Korporation habe mit vergünstigten Preisen dafür gesorgt, dass Firmen ins Dorf zogen, dass ein Bauboom einsetzte, der das Ortsbild geisselt und mit Verkehr überlastet. Erstmals kein Dementi. „Erstens“, holt Feusi aus, „ist das Ortsbild Geschmacksache“. Zweitens hätten die privaten Eigentümer das Gleiche und es vor allem aggressiver getan. Und drittens: Das Wachstum sei doch eine gute Sache und komme der ganzen Bevölkerung zugute: „Wir haben Arbeitsplätze geschaffen.“ Sein Ziel sei es, dass Pfäffikon im selben Atemzug wie London oder Singapur genannt werde. „Und: Ich glaube, unser Einfluss im Dorf wird überschätzt“, sagt Feusi. Offene Zukunft Das sehen andere anders: Eine Doktorarbeit der ETH Zürich kommt zum Schluss, die Korporation habe in der Entwicklung von Pfäffikon eine entscheidende Rolle gespielt. Architekten rüffeln die Raumplanung, Gemeinde und Korporation hätten die Bauprojekte schlecht koordiniert. Und die Pfäffiker Nicht-Korporationsmitglieder? Sie wissen um den jährlichen Nutzen und den Einfluss der Korporation. „Grundsätzlich haben wir hier alle die gleichen Rechte“, sagt ein älterer Herr, „doch sie, die Korporationsbürger, haben ein bisschen mehr davon.“ Was bringt die Zukunft für die Korporation? „Es wird sich nicht allzu viel ändern. Wir suchen Bauland im ganzen Kanton Schwyz, um unsere Ertragskraft weiter zu halten“, sagt Feusi. Andere sind kritischer. Der Schwyzer Politberater Iwan Rickenbacher, auch er ein Korporationsmitglied in der Oberallmeind, sagt, ohne sich spezifisch auf die Korporation Pfäffikon beziehen zu wollen: „Dienen die Korporationen nicht mehr dem Gemeinwohl und maximieren lediglich ihre eigenen Interessen, dann verlieren sie irgendwann ihre Daseinsberechtigung.“ In anderen Worten: Das Eigentum der Korporationen wird verstaatlicht. Davon hält Feusi nichts: „Damit geht der Kerngedanke einer Korporation verloren: Etwas zu besitzen und es zu teilen.“ Pfäffikon, 24. Dezember. Midhad Redzic verkauft Korporations-Christbäume aus dem Korporationswald an die Dorfbevölkerung. Rot-, Weiss-, Nordmannstannen. „Etwa 800 Stück haben wir dieses Jahr verkauft“, sagt Redzic. Er stammt aus Bosnien und arbeitet seit 25 Jahren bei der Forstgruppe der Korporation. Kürzlich hat sich Redzic eine Wohnung gekauft, von einem Korporationsbürger, der die Wohnung wiederum von der Korporation bezogen hatte. Es ist Mittag, Redzic sägt einem letzten Kunden mit der Motorsäge den Baumstumpf zurecht. Mit dem Geschäftsgang ist er unzufrieden: „Früher lief es besser, früher haben wir deutlich mehr Bäume verkauft.“ Dem ist anzufügen: Früher konnten Korporationsmitglieder die Bäume gratis beziehen, heute müssen sie selbst bezahlen. So bekommen mittlerweile selbst sie die Abkehr vom Gemeinsinn Richtung profitorientiertem Denken zu spüren. Mit Folgen für Redzic: „Viele von ihnen kaufen ihren Baum heute nicht mehr hier.“
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