Interview mit Silvia Glauser, Leiterin Fachgruppe Weiterbildung der Spielgruppen Aargau Frau Glauser, die Aargauische Gemeinnützige Gesellschaft hat zusammen mit der Fachhochschule Nordwestschweiz ein neues Ausbildungskonzept ausgearbeitet. Was gab hier den Anstoss dazu? Das Bewusstsein, dass das Fundament für ein rundherum gesundes Leben in der frühen Kindheit angelegt wird und dass der Mensch in seinem ganzen Leben nie mehr so viel lernt wie in den ersten Lebensjahren, verpflichtet Erwachsene die besten Lebens- und somit auch Lernbedingungen für die kleinen Kinder zu schaffen. Leider ist der Lebensstil der heutigen Gesellschaft geprägt durch Hektik, Leistungsorientiertheit und Medienkonsum schon bei den Kleinsten. Der natürliche Spiel- und Bewegungsraum für die Kinder wird immer mehr eingeschränkt und wir wissen, dass schlecht entwickelte Motorik, einseitige Sinneserfahrungen, fehlende soziale Kontakte, Übergewicht, Haltungsschäden, Konzentrationsmangel, uvm., Folgen von Bewegungsmangel sein können. Prävention beginnt nicht erst im Kindergarten oder gar in der Schule. Die Bausteine werden viel früher angelegt und dieses Bewusstsein gab den Anstoss zu diesem Projekt. Fachpersonen aus Kitas und Spielgruppen sind meist die ersten Bezugspersonen ausserhalb der Familie. Sie tragen eine grosse Verantwortung und leisten mit ihren Angeboten einen grossen Beitrag an die Öffentlichkeit. Diese Arbeit verdient eine grosse Wertschätzung, was durch das „massgeschneiderte“ Ausbildungskonzept auch ausgedrückt werden will. Was ist das Ziel dieser Weiterbildung? Die Arbeit mit kleinen Kindern erhielt bis vor wenigen Jahren wenig Wertschätzung. Heute ist es ganz anders, Frühförderangebote gibt es in Hülle und Fülle. Man weiss, dass das Lernpotential in den ersten Lebensjahren am grössten ist und dass Kinder aus natürlichem Antrieb gefördert werden wollen. Die Frage ist nur: wie gelingt ein nachhaltiges Lernen und was braucht es, dass die natürliche Lernfreude erhalten bleibt? Bewegung und Spiel ist DAS Werkz eug für eine gesunde und ganzheitliche Entwicklung des Menschen, also auch im Hinblick auf die spätere Schul- und Berufslaufbahn. Hier setzt das Projekt „Mehr Bewegung für Kinder in Spielgruppen und Kitas“ an. Spielgruppen und Kitas sollen den Kindern ein spiel- und bewegungsanregendes Umfeld bieten und damit auch eine Vorbildrolle gegenüber Eltern und der Gesellschaft einnehmen können. Fachpersonen aus Kitas und Spielgruppen lernen in der 3-teiligen Weiterbildung (Fachvortrag – Tagesseminar – Praxisbesuche) wichtige Grundlagen über die Bedeutung der Bewegung in der Entwicklung des Kindes kennen, aber auch wie in ihrem Arbeitsumfeld mit kleinen Kindern mehr und differenziertere Bewegungsmöglichkeiten einzubauen sind. Wie mit einfachen und verwandelbaren Einrichtungen die Bewegungs- und Spielräume erweitert oder umgestaltet werden und wie sie die Kinder in ihrer Eigenaktivität begleiten können. 1 Kinder müssen nicht «gebildet» werden. Sie bilden sich selbst. Es ist unsere Aufgabe, Kindern eine anregungsreiche Lernumgebung bereitzustellen, in der sie vielfältige Erfahrungen mit sich und der Welt sammeln können. Erwachsene sind Bildungs- und Entwicklungsbegleiter, keine Trainer oder Instrukteure. Die Weiterbildungen richten sich nach den Leitsätzen des „Orientierungsrahmens für frühkindliche Bildung, Betreuung und Erziehung in der Schweiz (MMI Marie Meierhofer Institut). Das Projekt startete 2014 mit einem Pilot. Sie wurde überrannt von Anmeldungen. Wie geht es 2015 weiter und wie wird der Beitrag, welchen Sie vom NAB Charity Verein erhalten haben eingesetzt? Im Mai 2014 hat die Einladung zum Referat von Dominique Högger (Pädagogische Hochschule FHNW), zusammen mit der Ausschreibung für das Tagesseminar, grossen Anklang gefunden. 43 Teilnehmerinnen aus Kitas und Spielgruppen haben die Weiterbildungen in der Region Baden besucht. Die Praxisbesuche und die finanzielle Unterstützung für Bewegungsmaterial sind ebenfalls auf grosses Interesse gestossen. Bestätigt und gestärkt durch diesen erfolgreichen Start, geht es nun weiter wie geplant. Das Projekt „Mehr Bewegung für Kinder in Spielgruppen und Kitas“ wird in verschiedenen Bezirken des Kantons Aargau durchgeführt. Das Fachreferat von Dominique Högger „Mehr Bewegung für Kinder, ein Gewinn fürs Leben“, gilt als Impuls für das nachfolgende Tagesseminar und die Praxisbesuche. Mit dem Referat soll aber auch die breite Öffentlichkeit, vor allem Eltern, Schule und Behörden auf das Thema sensibilisiert werden. Mit dieser Zusammenarbeit streben wir Nachhaltigkeit an. Bereits am 5. Mai 2015 findet in der Stadthalle Laufenburg das Fachreferat von Dominique Högger und am 29.8.2015 das Tagesseminar im Bezirk Laufenburg statt. In absehbarer Zeit ist ein weiterer Fachvortrag mit nachfolgendem Tagesseminar in Aarau geplant. Wie wird der Beitrag vom NAB Charity Verein eingesetzt? Die Beiträge vom NAB Charity Verein, die finanziellen Unterstützungen von der Aargauischen Gemeinnützigen Gesellschaft und der regionalen Gemeinnützigen Gesellschaften Laufenburg, werden eingesetzt für die Finanzierung der Fachreferate, der Tagesseminare und Praxisbesuche in Spielgruppen und Kitas. Anträge für die Finanzierung von Bewegungsmaterialien werden sorgfältig geprüft und gegebenenfalls unterstützt. Die Mietkosten für die Durchführungen der Tagesseminare vergüten wir durch einen angepassten Beitrag für die Beschaffung von Bewegungsgeräten oder für mögliche Elternarbeit. DANKESCHÖN! Bewegungsarmut, mit heute nicht abschätzbaren Folgen, betrifft uns alle!! Hüpfen, Klettern, Springen, Rollen, Purzeln, Kriechen, Balancieren.... Längst stehen diese für die Entwicklung so wichtigen Bewegungsformen nicht mehr jedem Kind und täglich zur Verfügung. Die Folgen dieser Bewegungsarmut zeigen sich spätestens im Kindergarten. Die Not von Kindern und Eltern, aber auch die Folgekosten für Therapien sind nicht abschätzbar. Keine „Förderprogramme“ und „Fitnesskurse“ für die Kleinsten braucht es. Vielseitige Bewegungsmöglichkeiten, Zeit und Raum, wenn immer möglich in der freien Natur, wecken die natürliche, angeborene Bewegungs- und Lernfreude des Kindes. 2 Das Projekt, „Mehr Bewegung für Kinder in Spielgruppen und Kitas“ setzt an der Basis an und leistet dadurch einen hohen präventiven Beitrag an die ganze Gesellschaft. Im Namen der Spielgruppe Aargau und den Teilnehmerinnen aus Spielgruppen und Kitas möchte ich mich bei allen Sponsoren für die Weitsichtigkeit, für das Vertrauen in unsere Arbeit mit kleinen Kindern und deren Eltern, für die grosszügige finanzielle Unterstützung und den grossen persönlichen Einsatz ganz herzlich bedanken. Silvia Glauser-Lehner Spielgruppe Aargau Leiterin Fachgruppe Weiterbildung 3
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