Geschäftsführung des Studierendenwerks Hamburg 12.05.2015 An die Erzieherinnen und Erzieher in unseren Kitas Liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, seit einigen Wochen wird Ihre tägliche Arbeit von Auseinandersetzungen über die angemessene Wertschätzung und damit auch Vergütung für die Arbeit in Kindertageseinrichtungen begleitet. Aktuell haben die Gewerkschaften zu einem unbefristeten „Erzwingungsstreik“ aufgerufen, dem sehr viele von Ihnen gefolgt sind, andere wiederum nicht. Ich habe sehr großes Verständnis für Ihr Anliegen und den Wunsch nach mehr gesellschaftlicher Anerkennung. Auch ich würde mir wünschen, dass die gesellschaftliche Anerkennung und damit auch finanzielle Wertschätzung Ihrer Arbeit - wie auch in anderen sozialen Bereichen - eine bessere werden könnte. Ein Arbeitskampf kann einem solchen Anliegen durchaus Nachdruck verleihen und es ist unbestritten eines Jeden Recht, einem Streikaufruf zu folgen oder aber auch nicht zu folgen. Das sehe ich so als Geschäftsführer aber auch als langjähriges Mitglied einer Gewerkschaft. Ich sehe aber auch, dass Ihr Arbeitgeber Studierendenwerk als Streikgegner nicht der Adressat ist, der etwas zur Erreichung Ihrer Ziele beitragen könnte. Wir sind an den Verhandlungen nicht beteiligt, auch unser Arbeitgeberverband (AVH) ist noch nicht unmittelbar in Tarifverhandlungen eingebunden. Verhandelt wird zwischen den kommunalen Arbeitgebern als Träger von Kitas und den Gewerkschaften bundesweit. Als Hamburger Kitaträger haben wir keinerlei Einfluss auf diese bundesweit geführten Tarifverhandlungen. Und wenn es einen neuen Vertrag gibt, der auch für Hamburg Anwendung finden soll, können wir ihn als Arbeitgeber nur dann finanzieren, wenn wir auch das Geld dafür von der Stadt bekommen, d.h. wenn die BASFI zusagt, die Gutscheinentgelte entsprechend zu erhöhen. Wir haben dafür keine finanziellen Polster, da wir unser Geld immer in die pädagogische Arbeit (z. B. Vertretungskräfte), die Modernisierung unserer Kitas und die Verbesserung Ihrer Arbeitsbedingungen (besonders Lärmschutz) gesteckt haben. Ihnen ist sicher bekannt, dass wir deutlich mehr pädagogische Wochenstunden bezahlen als die Gutscheine hergeben, um Vertretungen zu sichern und Ihre Arbeitssituation auch bei Fehlzeiten zu erleichtern. Das Ziel besserer gesellschaftlicher und in der Folge auch finanzieller Wertschätzung ist ebenso wie das Ziel besserer Betreuungsstandards aus meiner Sicht eine eher gesellschaftspolitisch denn tarifrechtlich zu beantwortende Frage. Gerade Letzteres wäre von großer Bedeutung, um die Arbeitssituation in den Kitas zu erleichtern. Wie bedeutsam Ihre Arbeit im Studierendenwerk und für die uns anvertrauten Kinder ist und wie ich Sie persönlich wertschätze, habe ich schon mehrfach zum Ausdruck gebracht. Als Geschäftsführer bin ich aber auch in der Verantwortung unseren Eltern gegenüber, die jetzt große Probleme haben, ihrem Studium bzw. ihrer Arbeit nachzugehen, auf die sie existenziell angewiesen sind. Ich habe daher versucht, mit den Gewerkschaften eine Notdienstvereinbarung abzuschließen und dazu sowohl mit den Vertretern von ver.di als auch der GEW gesprochen. Der Hinweis in dem GEW Brief vom 11.5.2015, dass dies nicht erfolgt sei, ist schlicht falsch. Von beiden Gewerkschaften wurde aber darauf hingewiesen, dass eine Vereinbarung nach ihren Kriterien nicht möglich sei; es wird seitens ver.di/GEW bei den Eltern keine existenzielle Bedrohung durch die Streiktage gesehen. Streik sei nun mal mit erheblichen Einschränkungen verbunden. Dennoch erreichen mich (und auch Frau Romano und unseren Arbeitgeberverband AVH) immer wieder Meldungen von Eltern, die angesichts der schwierigen Situation verzweifelt nach einer Betreuung suchen und zumindest eine Notbetreuung fordern. Ich sehe uns als Studierendenwerk in der Pflicht, unsere Eltern, die sich - wie ich finde bisher sehr solidarisch gezeigt haben, in ihrer Notlage zu unterstützen und - wie die übrigen bestreikten Kitas in Hamburg auch - eine Notbetreuung pro Kita anzubieten. Dies haben wir bisher zentral in der Hallerstraße mit Hilfe von Kolleginnen/Kollegen hinbekommen; in einem nächsten Schritt sollte es uns gelingen, dies auch in den übrigen Kitas anzubieten. In diesem Anliegen bin ich mit dem Personalratsvorsitzenden, Herrn Fuhrke einig und bitte auch Sie, sich an der Organisation einer Notbetreuung in Ihrer Kita zu beteiligen. Das ist kein Streikbruch; das ist die notwendige Absicherung der Existenz unsere Eltern, die uns ihre Kinder anvertrauen und dies auch noch sehr lange tun sollen. Einen weiteren Punkt, der mir Sorge macht, will ich nicht verschweigen: Der Streik birgt für uns auch ein wirtschaftliches Risiko: Die BASFI hat lt. Medienmeldungen angekündigt Geld zurückfordern zu wollen, und auch kein Geld für zusätzliche Personalkosten ausgeben zu wollen und es gibt viele nicht tarifgebundene und nicht bestreikte Kitas, die in einem möglichen Wettbewerb von dieser Situation profitieren könnten. Für Mittwoch hatten wir Sie alle zu einer internen Besprechung eingeladen, um uns über die verschiedensten Aspekte des Streiks und seiner Auswirkungen auszutauschen und die Möglichkeiten einer Notbetreuung mit Ihnen zu erörtern; auch dies war mit dem Personalrat abgestimmt. Das fällt nun angesichts der Streikfortsetzung aus, Frau Romano und ich werden Ihnen aber ein weiteres Angebot zum Gespräch machen. Liebe Erzieherinnen und Erzieher, ich hoffe, ich konnte Ihnen mein Anliegen, aber auch meine Wertschätzung für Ihre Anliegen vermitteln und vertraue darauf, dass es möglich sein wird, mit Ihrer Hilfe in den Kitas zumindest eine Notbetreuung vorzuhalten. Herzlichen Gruß Ihr Jürgen Allemeyer
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