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drive for purchase
Was das Jahr des Pferdes für den
Einkauf in China bedeutet
ln dieser Ausgabe:
Entwicklungen des chinesischen Marktes,
ABB im Interview: Trends im Supply Chain Management,
Einkauf und Logistik im Einklang mit TCO
Die Themen im Überblick
3 Editorial
Ich freue mich, Ihnen heute die erste Ausgabe unseres Magazins
trend vorzustellen. Schon seit einigen Jahren ist Drozak Consulting eine anerkannte Beratung für die Bereiche Einkauf, Supply
Chain und Business Performance. Immer öfter werden wir von
Kunden um eine Meinung gebeten oder über aktuelle Entwicklungen im Markt befragt. Diesen Dialog möchten wir mit trend
intensivieren, Ihnen neue Entwicklungen vorstellen, Methoden
erklären, auf wichtige Veranstaltungen hinweisen oder von Ihren
Best Practices berichten.
4 Einkauf in China
Entwicklungen des chinesischen Marktes: Trends, Strategien und
Empfehlungen
6 Trends und Herausforderungen des Supply Chain Managements
Interview mit Daniel Helmig, Group Senior Vice President &
Head of Supply Chain Management, ABB
7 Review: Das Railway-Forum 2014
Jeder von uns, der in den letzten 10 Jahren in China war, konnte die Veränderungen beobachten: Die Industrie hat ihre Effizienz
gesteigert, frühere "Raubkopierer" sind heute Vorreiter in Technologie und Innovation, die Menschen kleiden sich wie Europäer und
verbringen ihren Urlaub in anderen Ländern. Und die Zeiten, in
denen für 10 RMB gespeist wurde, sind längst vorüber.
8 Einkauf und Logistik im Einklang mit TCO
Steigerung des Ergebnisbeitrags durch ganzheitliche
Kostenbetrachtung
8 Vorschau: trend Q3/2014
Impressum
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10629 Be~ln
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trendOdrozak.com
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Redskiion
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Denla Merk81
Redaktion
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Ober. Jede Verwertung auBertlalb
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eingeschickte Beitrage und Fotos.
Alle Nachrichten nach bestem Wissen und Gewil88n, aber ohne G•
wllhr. Dae Magazin Ist kostenlos.
2
Diese erste Ausgabe des Magazins widmen wir China, einem
Land, mit dem ich viel verbinde und über Jahre geschäftlich und
privat kennengelernt habe. Als ich unser Office in Shenghai vor
zehn Jahren gegründet habe, war alles noch ein wenig andersdie Industrie, die Menschen, das Essen, sogar die Luft war in den
Städten noch richtig gut. ln Restaurants wurde mit dem Finger
auf ein Gericht auf der Speisekarte gezeigt und man zahHe nach
einem köstlichen Mahl kaum mehr als 10 RMB (ca. 1 EUR).
Obwohl sich das Land nach wie vor dynamisch weiterentwickeH,
hat China aus meiner Sicht sein Gleichgewicht gefunden. Heute
lassen sich geschäftliche und soziale Vor- und Nachteile viel besser einschätzen. Unternehmen haben ihre Produktionsstandorte,
die Supply Chain-Strukturen,
Kunden- und politische Beziehungen aufgebaut. Es ist eine
gewisse Stabilität und Sättigung
eingetreten. Die "wilden Zeiten",
in denen unangemeldete Einkäufer und Einkaufsleiter in das
B!.lro der Deutschen Auslandshandelskammer in Shanghai in
der 27. Etage eines typischen Pudenger Wolkenkratzers hineingestürmt sind, um zu fragen: "Wo sind meine Lieferanten?", sind lange vorbei. Heute werden die Ueferanten entwickelt und es werden
die Best Practices gesucht.
Dr. Jacek Drozak. Griinder und Geschäftsführer
von Drozak Consultlng
Für mich sind durch diese Entwicklung die Attraktivität und der
Reiz, das Besondere und die Überraschungen in China zu entdecken, etwas verblasst. Die inneren Spannungen, wirtschaftliche
Risiken sowie die rasant und unkentreliiert steigende Kriminalität,
Umweltbelastungen und steigende Löhne kommen noch hinzu.
Ich denke, dass eine "Parallelstrategie" für viele Unternehmen
Sinn macht, d. h. ein Ausbau des Geschäfts in China, sofern der
Markteintritt bereits gelungen ist, gleichzeitig jedoch die Suche
nach Märkten, in denen heute die Bedingungen herrschen wie in
China vor zehn, zwanzig Jahren,
z. B. die sogenannten "next eleven", zu denen u. a. die Türkei,
Indien und Pakistan gehören.
Die Reise muss weiter gehen, um
neue Märkte und neue SupplyChain-Lösungen zu suchen.
Manche Unternehmen haben
in den letzten Jahren in Europa
ein "zweites China" gefunden,
z. B. Rumänien. Außerhalb von
Europa ist sicherlich die Entwicklung in Vietnam sehr interessant.
Indien zu beurteilen ist nicht einfach, da sich das Land mit der Bürokratie, ungenOgender Infrastruktur und anderen Faktoren selbst
im Wege steht. Aber eins ist klar: Die Reise muss weiter gehen, um
neue Märkte und neue Supply Chain-Lösungen zu suchen.
Auch die deutsche Community, die in China eine lange Tradition
hat, ist heute eine andere als noch vor zehn Jahren. Heute ist sie
durchgestyH und weniger übersichtlich als damals, wo man beim
Brunch, beim Paulaner und bei den Deutschen Abenden quasi
unter sich war. Heute beherrschen Experten die Szene, nicht umsonst kandidieren 21 Top-Kandidaten zur Wahl des neuen chinesischen Regionalvorstandes der Deutschen Handelskammer. Als
Kammermitglied von damals bin ich überrascht von den überzeugenden Profilen aller Kandidaten und deren professionellen Wahlkampagnen.
3
ten strategischen Schwerpunkt bildet die aktive Steigerung der
Wettbewerbsfähigkeit deutscher Lieferanten. Im Hinblick auf das
Management der chinesischen Lieferantenbasis sind zwei klare
Tendenzen erkennbar. Einerseits ist ftlr die Mehrheit der Befragten eine stärkere Kontrolle nicht notwendig, auf der anderen Seite befürworten über 85% die Eingliederung der Lieferanten in die
gesamte Wertschöpfungsketten (Lieferanten-Netzwerke). Das ist
weiterhin stark von den Geschäftsbeziehungen abhängig, insbesondere von deren Dauer, und den konkreten Produkten, die in
China beschafft werden und natOrlich an der Frage, ob es sich um
"local-for-local"- oder "local-for-globai"-Beschaffungen handelt.
China ist und bleibt ein attraktiver Einkaufsmarkt - und dennoch
werden die S1immen lauter, die rufen: Schaut doch mal nach Osteuropa- auch, wenn die jüngste Vergangenheit Befürchtungen zur
Stabilität und Richtung hat aufkommen lassen.
Empfehlungen für das China-Geschäft
Einkauf in China
Entwicklungen des chinesischen Marktes: Trends, Strategien und Empfehlungen
Das rasante Ausmaß, mit dem sich China in den letzten Dekaden
zu einem der Kern-Einkaufsmärkte entwickelt hat, ist atemberaubend. Es gibt kaum ein Unternehmen, das heute keine Kontakte
nach China unterhält, eigene Fertigungen oder lokale Einkaufsabteilungen betreibt. Dennoch ist eine veränderte, weitaus kritischere, Sichtweise auf das China-Geschäft zu beobachten als noch
vor wenigen Jahren. ln vielen Fällen ist die Goldgräberstimmung
der nüchternen Realität reifer Geschäftsbeziehungen gewichen. Grund genug für
Drozak Consulting, seit Jahren mit einem
Büro in China vertreten, ein Kurz-Panel zur
Entwicklung in China und zur Einschätzung aktueller Trends mit ausgewählten
Einkaufsleitern aus verschiedenen Branchen durchzuführen. Ziel ist dabei nicht,
eine repräsentative Studie zu erstellen,
sondern den Puls der Praxis zu fühlen.
lung beeinflussen könnten, prognostiziert eine knappe Mehrheit
der Einkaufsleiter einen Verlust von Attraktivität aufgrund von
Umweltproblemen. ln zahlreichen Branchen wird China allerdings
zunehmend als Innovationstreiber gesehen. Besonders der Megatrend "High-Cost-Country" fällt hier ins Gewicht, denn viele
deutsche Unternehmen haben aus der historischen Entwicklung
Lieferanten in chinesischen Ballungsräumen, die mit entsprechenden Kostensteigerungen, z.B. verursacht
durch Lohnanstiege, zu kämpfen haben.
Lieferanten innerhalb Chinas zu wechseln
ist jedoch im Lichte der damit verbundenen Qualifizierungs- und Set-up-Aufwendungen nicht gegeben.
Schaut doch mal
nach Osteuropa!
Megatrends in China
Die Beurteilung der befragten Experten
hinsichtlich der Entwicklungstrends Chinas, lassen ein klares Bild erkennen: China wird sich weiter zu einer erwachsenen Industrienation entwickeln. Einigkeit
herrscht bei der Annahme, dass China
zukünftig kein Niedriglohnland bleiben
wird. Bei der Frage nach zukünftigen Abschottungstendenzen herrscht unter den
Experten Uneinigkeit, wobei die Einschätzung überwiegt, dass sich China eher dem
Westen weiter öffnen wird. Befragt nach
weiteren Faktoren, die Chinas Entwick4
Chancen und Risiken im chinesischen
Markt
Weiterhin zeigen die Studienergebnisse
ein eher kritisches Meinungsbild der Experten hinsichtlich der Chancen und Risiken im chinesischen Markt. Zwar werden
sich die Chancen westlicher Anbieter an
Beschaffungsmärkten tendenziell nicht
verschlechtern, aber immerhin ein Drittel
der Befragten sieht einen signifikanten
Rückgang der Nachfrage. Die Hoffnung
im Hinblick auf Preissenkungspotentiale,
aufgrund der spürbar sinkenden Nachfrage, ist bei den Experten eher gering
ausgeprägt. Ferner geben 71 % der EinSind die Low-Cost-Markets in Osteuropa ZU- kaufsmanager an, dass chinesische Liekünftig die strategisch wichtigeren Beschaf- feranten zunehmend Probleme haben, die
fungsmirkle im Vergleich zu China?
Preisbasis ihrer Produkte zu hatten. Für
die Minderheit der Befragten betrifft dieses Problem auch das
Einhatten von Qualitätsstandards. Positiv bewerten die Experten
die zukünftige Zusammenarbeit mit chinesischen Unternehmen.
So sind früher formulierte Anforderungen in Richtung IP-Transfer
oder Qualifizierung heute deutlich weniger ausgeprägt. Hier liegen
sichertich in der Zukunft deutliche Chancen, Partner zu finden, die
mit entsprechenden Erfahrungen besser auf deutsche Anforderungen eingestellt sind als noch vor einigen Jahren.
Strategien für den chinesischen Markt
Bei der Frage nach dem Umgang mit dieser Entwicklung zeichnen sich verschiedene Strategien ab. Über die Hälfte der Experten sieht in der strategischen Ausweitung des "Global Sourcing
Footprints• einen wesentlichen Handlungsbedarf, hier fällt insbesondere die häufige Nennung von Osteuropa auf. Einen zwei-
1,50
ln diesem Teil wurde konkret nach Hinweisen gefragt, die man
Kollegen mit auf den Weg geben wOrde, wenn diese noch nicht in
China vertreten sind. Diese Empfehlungen sind einheitlich verhalten, womit sich das Gesamtbild bestätigt. Die Einkaufsmanager
raten zwar nicht ausnahmslos von einem Gang nach China ab,
empfehlen aber eine strategische Beurteilung und Vorgehensweise, die über das reine Einkaufen hinausgeht. Sowohl das Thema
einer eigenen lokalen Wertschöpfung steht hier im Fokus, wie
auch das intensive Partnering mit chinesischen Lieferanten.
Im Ergebnis ergibt sich ein Bild, dass man zusammenfassend
mit .Operations meets Theory" beschreiben könnte. Tatsächlich
haben Experten die Trends einer "schnellen Reifung" des chinesischen Marktes schon lange vorhergesehen. Die Kernbotschaft
unserer Experten lautet: "Local-for-Local", d.h. mit lokaler Wertschöpfung, insbesondere natürlich für den chinesischen Markt,
kann man inzwischen sehr viel beschaffen und zudem von der
verbesserten Innovationskraft und stabilen Wertschöpfungsketten profitieren. Bei "Local-for-Giobal" sind die Chancen anders zu
beurteilen: Hier kommt es sehr auf die Materialien und die Anforderungen an, denn einerseits haben deutsche Unternehmen noch
einen weiteren Low-Cost-Market direkt vor der Haustür, andererseits sind viele chinesische Unternehmen noch nicht innovativ und
stabil genug, um bei möglichen weiteren Preiserhöhungen im globalen Wettbewerb zu bestehen.
1,28
1,02
Dr. Thomas Romaisar
0,78
trandOdrozak.com
Managing Partner
0,30
20022003200420052006200720082009
Entwicklung des durchschnittlichen Stundenlohns in China in USD
(Quelle: IMF Wortd Economic Outlook, Bureau of Labor Statistics)
DrozakConsuHing,mitStandorten in Bertin, Munchen,WBrschau, Pittsburgh
und Shanghai, begleitel seit 1997 erfolgreich internationale Projekte zu
Themen Im Einkauf und SCM. ProJektexpertise ln China umfassen Insbesondere Ueferantensuchel-management und Matertalkostensenkung.
5
Trends und Herausforderungen des Supply Chain Managements
Interview mit Daniel Helmig, Group Senior Vice President & Head of Supply Chain Management, ABB
Was sind die größten Herausforderungen für ABB bezuglieh des Supply
Chaln Managements und wla überwindet Ihr Unternahman diese Hürden?
ABB ist ein global agierendes Unternehmen mit einer Vielzahl von
verschiedenen Produkten und Herstellungsprozessen ("Build to
order'', "build to stock•, "engineer to order•, usw.). Letztendlich
ist es egal, ob wir Windfarmen vor der Küste Großbritanniens oder
Deutschlands verknüpfen oder hocheffiziente Schaltanlagen von
Busch-Jäger in Elektrofachfirmen installieren, denn unsere
Lieferkette muss den Bedürfnissen der Kunden angepasst sein.
Das ist für uns die größte, allerdings auch die interessanteste
Herausforderung. Hier müssen
wir die richtige Balance zwischen
globalen und lokalen Prozessen
und Verentwertungen finden. Wir
müssen einerseits unbürokratisch und schnell, und andererseits
mit hoher Kompetenz und Qualität, agieren. Das ist extrem spannend und nur als globales Team machbar. Standardlösungen sind
da einfach nicht gefragt.
sichtspunkten kaufen wir dort ein, wo für uns das Gesamtpaket
stimmt. Dies bedeutet, dass unsere Beschaffung gerne in China
von hervorragenden Lieferanten erfolgen kann. Es bedeutet aber
auch, dass wir sehr kurzfristig nach Indien, Deutschland, Estland
oder in die USA umsatteln, wenn sich der Markt ändert. Am Ende
steht unsere Qualität und Lieferfähigkeit im Vordergrund - und
dies honorieren unsere Kunden.
Wir müssen einerseits unbürokratisch und
schnell, und andererseits mit hoher Kompetenz
und Qualität, agieren.
Unter den Stichwörtern .Global Sourcing" und "China Hype" begann der
Ausbau globaler Bezugsquellen. Inzwischen setzen viele Firmen wieder
verstär1d auf lokale Beschaffungsstrategien. Wie ist ABB in diesem Kontext
aufgestellt und wo sehen Sie Schwierigkeiten?
ABB hat ca. 50% seiner Werke und Projekte in den sogenannten
"emerging economies". Eigentlich ist der Begriff "emerging economies• bereits vollkommen veraltet, denn wir arbeiten heute mit
Lieferanten aus diesen Ländern zusammen, die den Vergleich mit
Europa und Nordamerika nicht scheuen müssen. ln unseren 130
Warengruppenteams, deren Teamleiter u.a. aus China, Schweden,
Finnland, den USA, Deutschland und Indien kommen und überall
verstreut in den Märkten sitzen, haben wir eine klare Struktur der
Warengruppenanalyse und Marktstruktur. Unter Total Cost Ge-
Wie istABBinden BRIC-Staaten und in den Next Eleven1 hinsichtlich seiner
Liafarantanbaziahungan und dar Produktionsstandorte aufgestellt? Wie
groB sind die Hürden durch z.B. Regularien oder fehlende Infrastruktur?
Erfahrungsgemäß durchläuft jedes .neue" Wachstumsland einen
ähnlichen Prozess. Aufgrund unseres Produktportfolios können
wir Länder und Firmen während ihrer Entwicklung hervorragend
unterstützen, egal ob es sich um den primären Aufbau einer Energie-lnfrastruktur handelt oder um die Optimierung von hochgradig
automatisierten industriellen Produktionsprozessen.
ln unserer über 140jährigen Geschichte haben wir ein feines Gespür für neue Märkte entwickelt. Unsere Organisation weiß, dass
man sich den unterschiedlichen Ökonomien anpassen muss, um
einen Mehrwert für die dortigen Kunden generieren zu können.
Dieses Wissen ist im "Code of Conduct" und "Supplier Code of
Conduct" zusammengestellt und für unsere Lieferanten einsehbar.
Aufgrund dieser Richtlinien, können wir sehr schnell feststellen, ob
eine Zusammenarbeit tragfähig ist. Ist dies nicht der Fall, verlassen wir das Feld sofort.
Konsumgüterhersteller stehen immer mehr unter Druck hinsichtlich der
Lieferkettentransparenz. Inwieweit betrifft dies aus Ihrer Sicht auch die
Investitionsgüterhersteller und ABB?
Die Gesetzgebung in Europa, den USA und zunehmend auch in
den asiatischen Ländern, achtet in den letzten Jahren verstärkt
auf den Schutz des Verbrauchers (z.B. durch REACH und ROHS).
Diese Richtlinien und Verordnungen unterstützen wir auch intern
durch geeignete Maßnahmen. Außerdem versucht ABB, durch
eine hohe Transparenz der Lieferketten, die Maßnahmen der Gesetzgebung zu unterstützen, um Unrecht in anderen Staaten zu
vermeiden. ln diesem Zusammenhang stehen zum Beispiel der
"Dodd-Frank Act" bei Conflict Minerals und die neuen europäischen Gesetzentwürfe zu ähnlichen Themen.
Unternehmen sind immer stärker vernetzt Was bedeutet das für das
Supply Chain Management (SCM) und was sind die damit verbundenen
Risiken (z.B. die Anfälligkeit gegenüber IT·Ausfällen oder Angriffen)?
Review: Das Railway-Forum 2014
"Cyber-Security" ist für uns sowohl auf der Einkaufs- als auch
auf der Vertriebsseite ein wichtiges Thema. Wir haben hierzu
die richtigen Prozesse und Produkte, und entwickeln konstant
weiter. Hierbei ist der richtige Grad von Vernetzung entscheidend. Auf der Einkaufsseite bedeutet das zum Beispiel, dass
nicht alles, was machbar ist, auch getan werden muss. Man
stellt den Nutzen und die Gefahren gegenüber und entscheidet
entsprechend.
Trotzdem sehen wir in der Vernetzung aller Bereiche eher Möglichkeiten als Risiken. Das Schlagwort "Big Data• bietet zum
Beispiel im Bereich SCM eine hervorragende Möglichkeit in
Fällen von Supply Chain Risk durch Erdbeben o. ä. schnell und
präzise aktiv zu werden. Auf der kommerziellen Seite, bietet
eine detaillierte Verknüpfung aller Einkaufsvolumen- und Lieferantendaten ein enormes Potential, gemeinsam besser zu
werden. Wir haben hier einige interessante Projekte im Bereich
Data Mining gestartet.
ABB besitzt über 330 Tochterunternehmen in 100 Ländern. Welchen
Einfluss hat das SCM bei ABB auf die lnnovationsfähigkait?
ABB ist eine faszinierende Firma mit hervorragenden Produkten und lngenieursleistungen. Wir sind erst kürzlich, zusammen
mit Firmen wie Apple, als eine der innovativsten Firmen auf der
Welt durch das MIT in Boston ausgezeichnet worden. Bei unserer hervorragenden Truppe von Ingenieuren, halte ich es fllr
vollkommen unnötig, eine Einkaufsabteilung quasi als "Gegengewicht" zur Entwicklung aufzubauen. Das ist etwas, das ich
doch noch immer häufig in Gesprächen mit Kollegen in anderen Firmen wahrnehme.
Die G/obalisierung der Bahnindustrie: Potenziale, Konzepte, Methoden - Unter diesem Motto stand das diesjährige Railway-Forum unter der Schirmherrschaft von Jörg Manegold, OB, Vorstandsressort Technik, Leiter Beschaffung.
Topmanager, Führungskräfte und Lieferanten aus Wirtschaft, Produktion und Beratung waren vom 17. bis 18. März 2014 in das
Estrel Convention Center in Ber1in geladen, um über die Globalisierung der Beschaffung, Zukunftsperspektiven und daraus resultierende Handlungsoptionen zum Innovationsmanagement in der
Bahnindustrie zu diskutieren.
Zentrales Thema in zahlreichen Workshops war die Frage, inwiefern Global Sourcing heute noch Sinn macht. China hat im Vergleich zu den 90er Jahren deutlich an Attraktivität verloren, andere
Länder, v. a. in Osteuropa, dagegen sind aufgrund kürzerer Transportwege deutlich im Vorteil.
Auf der Beschaffungsseite ist es unsere Aufgabe, mit unseren
Ingenieuren schon früh im Entwicklungsprozess die richtige
globale Lieferantenauswahl zu unterstützen und auf TCO-Effekte im Bereich von Logistikketten, vertikale Integration usw.
hinzuweisen. Vielleicht liegt es an unserer integrativen UnternehmenskuHur, aber ich sehe keine Probleme darin, miteinander, im Interesse unserer Kunden, zu arbeiten. Wir werden
vielmehr eingeladen, mit am Tisch zu sitzen.
Auch das Thema Innovation spielt beim Global Sourcing eine
immer entscheidendere Rolle: Neue Technologien müssen immer schneller entwickeH und in die Produktion gebracht werden;
es bleibt daher kaum Zeit für eine Lieferantenbefähigung. ln der
begleitenden Fachausstellung präsentierten 32 Industrie- und
Dienstleistungsunternehmen innovative Produkt- und Prozesslösungen. Mit über 500 Teilnehmern und zahlreichen Ausstellern
war das Railway-Forum auch dieses Jahr ein großer Erfolg.
Innovation heißt natürlich auch interne Prozessinnovation. Hier
ist der Einkauf in vielen Bereichen aktiv und ich bin zufrieden,
dass wir heute Prozesse und Systeme haben, die ich in meinem vorherigen Berufsleben in anderen Industrien vermisst
habe. Bei ABB fragt man häufiger "wie und wann" und weniger "warum". Und nach Einführung eines Prozesses hört man
häufig auch mal mit Stolz: "Toll, gefällt uns, das werden wir in
anderen Bereichen von ABB kopieren."
Das nächste Railway-Forum wird am 16. und 17. März 2015 wieder im Estrel Convention Center in Berlin stattfinden.
Dank einer langfristigen Einkaufsplanung, die zu 100% mit den
Unternehmenszielen verknüpft ist, wissen wir, dass auch weiterhin eine Menge zu tun bleibt. Es warten noch viele Innovationen auf uns.
Das Interview fiihrte Dr. Jacek Drozak.
Next Elev&n: Gemlll einer vom Goldman Sachs-Chefvclkswirt Jim 0' Neill verO~ntlich­
Lisle von elf Ulndern mit hoher Einwohnerzahl, von denen ein ähnlich wirl$c:hafllic:her Auf5Chwung erwartet w i.O w ie d ie zuvor definierten und veröfl'enllic:hten BRIC..Stuten.
ten
6
7
Einkauf und Logistik im Einklang mit TCO
Steigerung des Ergebnisbeitrags durch ganzheitliche Kostenbetrachtung
Klassisches Abteilungsdenken kann überwunden werden, wenn
in die Bewertung des Handeins der Beteiligten die Gesamtkosten
einbezogen werden. Ein Einkaufsleiter, der nicht nur den besten
Preis als maßgebliches Kriterium fllr eine Vergabeentscheidung
betrachtet, sondern - im Sinne der Total Cost of Ownership (TCO)
- auch die Auswirkungen auf die Supply Chain im Auge hat, wird
.automatisch" die Zielgrößen anderer Abteilungen berücksichtigen. Gleiches gilt grundsätzlich auch für die Logistik. Denn auch
Strategien zur Reduzierung der Logistikkosten, zum Beispiel in
Form von Beständen, haben Konsequenzen auf die Kosten interner Prozesse sowie auf den Einkaufspreis.
Warum aber wird in der Praxis häufig nur ein Teil der Kosten betrachtet? Dies liegt einerseits daran, dassamAnfang häufig nicht
alle Kosten bekannt sind. Die Wahrscheinlichkeit eines Fertigungsstillstands und die daraus resultierenden Kosten aufgrund
von "Bestandsoptimierungen• und gleichzeitiger schlechter Liefertreue eines Lieferanten sind, zum Beispiel, schwer kalkuliertlar.
Andererseits ist es oftmals auch nicht im Interesse der Entscheidungsträger, die Gesamtkosten transparent zu machen. Sie werden eben nur an ihren eigenen Zielen, also den Einkaufs- oder Logistikzielen, gemessen. Unter dem Strich ist der Gesamtnutzen für
das Unternehmen demnach oft geringer als kalkuliert, da sich die
Strategien der Entscheidungsträger nur an einzelnen Abteilungszielen orientieren. Mehr noch:
Alternative Strategien, die im
Sinne der Wertsteigerung des
Unternehmens als Ganzes einen höheren Ergebnisbeitrag
hätten, werden nicht verfolgt.
Total Cost of Ownership (TCO)
Für Investitionen ist es seit langem üblich, bei der Beurteilung
von Angeboten nicht nur den Einkaufspreis in die EntscheidungsfineJung einzubeziehen, sondern auch die Kosten der
laufenden Nutzung, also zum Beispiel die Kosten für Energie,
Wartung und Instandhaltung. Die so, über einen definierten
Nutzungszeitraum, ermittelten Kosten werden Total Cost of
Ownership (TCO) genannt. Angesichts hoher Wettbewerbsintensität und hohem Kostendruck werden in vielen Branchen
die mit der Nutzung verbundenen Kosten mittlerweile auch
bei weniger komplexen Produkten in Betracht gezogen. Im
Fokus stehen neben den klassischen Kostenarten wie den
Transportkosten auch Prozesskosten, die vor allem die Disposition und die internen Logistik betreffen.
Die Bewertung der Gesamtkosten kann in Anlehnung an die traditionelle interne Kostenrechnung erfolgen. Analog zur Produktkostenkalkulation wird zwischen den im Zuge der Leistungserstellung
regelmäßig anfallenden Kosten und den mit einer bestimmten
Wahrscheinlichkeit anfallenden Zusatzkosten bzw. kalkulatorischen Kosten unterschieden.
Die Betrachtung der TCO verlangt
die Überwindung des klassischen
Abtei Iungsdenkens
Für eine realistischere Kosteneinschätzung sind zwei Dinge notwendig. Erstens müssen die Bereichs- bzw. Abteilungsziele so
gestaltet werden, dass sie über den "Tellerrand" der eigenen Abteilung auch die Belange derjenigen Abteilungen berücksichtigen,
die von den Entscheidungen betroffen sind. Zweitens müssen zu
diesem Zweck die Gesamtkosten von Entscheidungen kalkuliert
und bewertet werden.
Die traditionellen Einkaufs- und Logistikziele beeinflussen sich
wechselseitig, wobei der Einkauf einen starken Einfluss auf die
Kosten des internen Supply Chain Prozesses hat. Folglich müssen Zielgrößen wie Liefertreue und (Produkt-) Qualität, neben dem
Budgetziel Ergebnisbeitrag aus Material, in die Erfolgsbewertung
des Einkaufs einbezogen werden. (Zusatz-) Kosten, die durch
schlechte Liefertreue oder Produktqualität entstehen, sollten konsequent dem Ergebnisbeitrag aus Material gegenllbergestellt, also
.gegengerechnet" werden. Gleiches gilt für die Logistik. Höhere
Materialkosten in Form höherer Preise, zum Beispiel aufgrund einer geringeren Bestellgröße oder der Bewirtschaftung eines Konsignationslagers, reduzieren den Erfolg aus vermiedenen Prozessund Kapitalkosten.
Nach der Zielerweiterung und
Transparenz der Gesamtkosten rückt die Frage in den Vordergrund, ob die bisher in Einkauf
und Logistik verfolgten Strategien zielkonform sind. Dabei geht es
auch um die Bewertung grundsätzlicher Ansätze wie Global Sourcing oder pu/I-orientierter Konzepte zur Bestandsoptimierung.
Im Ergebnis wird es vor allem um die Gestaltung dieser Systeme
gehen, die den bewerteten Risiken Rechnung tragen müssen. ln
einigen Fällen wird man aber auch feststellen, dass die Strategie
selbst nicht geeignet ist, die vereinbarten Ziele zu erreichen.
Ralf Prinz
lrendOdrozak.com
Das erwartet Sie in der nächsten Ausgabe:
Vernetzt - Neues aus Energiewirtschaft und Kommunikation
>
Was bedeutet die Energiewende für die Beschaffung?
>
Chancen und Risiken neuer Kommunikationsmittel für das Supply Chain Management
8
Pro)ect Manager