welt am sonntag

Weiße Gefahr?
Die Zweifel
an der Milch
S. 58/59
9. August 2015
Nr. 32
B
Spaßrepublik Deutschland
Wo sich Erwachsene um den
Verstand amüsieren
Bundesligastart – über
Tore, Taktik und Tapas S. 19–21
Wim Wenders – siebzig
Gründe, ihn zu lieben S. 43
S. 6
Deutschlands große Sonntagszeitung | Gegründet 1948
*
Preis
D
€ 3,90
FLÜCHTLINGE
Schneller zurück
Warum es Ihr
Kind in die
Elite schafft ...
GETTY IMAGES; MONTAGE WELT AM SONNTAG
... oder eben nicht. Für den Aufstieg in die
Oberschicht reichen Fleiß und Talent oft nicht
aus. Herkunft ist wichtiger als bisher gedacht
Seiten 37 und 38
Angst vor den Fahndern
HESSEN
LANDESVERRAT-AFFÄRE
Problematischer
Islamunterricht
CDU gibt Maaßen
Rückendeckung
Der Forscher Abdel-Hakim Ourghi kritisiert den
Lehrplan der Ditib für den islamischen Religionsunterricht an hessischen Grundschulen. „Eine
Auseinandersetzung mit problematischen Koranversen findet nicht statt“, sagte Ourghi. „Ebenso
wenig wird das Thema der Identitätsfindung der
Schüler zwischen islamischem Glauben und ihrer
westlich geprägten Lebenswirklichkeit angesprochen.“ Ourghi, Leiter des Fachbereichs Islamische
Theologie der Pädagogischen Hochschule Freiburg, war gebeten worden, das Curriculum zu
überprüfen.
Nach mehreren Rücktrittsforderungen gegen Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen verteidigt der stellvertretende CDU-Vorsitzende
Thomas Strobl dessen Vorgehen in der Landesverrat-Affäre. „Herr Maaßen musste etwas gegen die
Durchstechereien von vertraulichen, geheimen
Unterlagen unternehmen“, erklärte Strobl in der
„Welt am Sonntag“. Die wachsende Kritik an Maaßens Strafanzeigen gegen die Veröffentlichung
geheimer Dokumente durch Netzpolitik.org wies
Strobl zurück: „Soll der Behördenleiter tatenlos
zusehen, wenn möglicherweise seine Mitarbeiter
fortgesetzt gegen Straftatbestände verstoßen?“ Es
gehe um die Sicherheit dieses Landes und seiner
Menschen, sagte der CDU-Politiker. „Wir haben
eine außerordentlich ernste Lage. Islamisten begehen mitten in Europa bestialische Grausamkeiten, furchtbare Terroranschläge. Die Terrorgefahr
war noch nie so groß in Deutschland.“
Seite 5
NEUBAUTEN
Kostensenkung von
40 Prozent gefordert
Noch immer zeigen sich viele Deutsche beim Finanzamt an
Seiten 2 und 3
Die Kosten für Neubauten werden nach Auffassung der Deutschen Annington drastisch sinken
müssen. Der Konzern besitzt 370.000 Wohnungen
in Deutschland und ist damit der größte Vermieter im Land. Vorstandsvorsitzender Rolf Buch hält
eine Kostensenkung von nicht weniger als 40 Prozent für nötig. „In den Städten fehlen Wohnungen, und Neubauten sind für Normalverdiener
nicht mehr bezahlbar“, sagte Buch dieser Zeitung.
Wie manche Politiker sieht auch er Luxussanierungen kritisch: „Luxussanierungen sind der
Königsweg, um das Mietrecht zu umgehen.“
Brutpaare des Rotmilans nisten in Deutschland.
Das ist der größte Teil des weltweiten Bestandes.
Deutschland, sagen Vogelschützer, trage deshalb
für den Erhalt der Art besondere Verantwortung.
Doch Windräder dezimieren den Bestand des
Greifvogels erheblich. Die Vogelschützer geraten
deshalb ausgerechnet mit dem größten deutschen
Vorzeigeprojekt in Konflikt: der Energiewende.
Seite 32
Seite 34
14.000
ie Befürchtung deutscher Steuersünder, entdeckt zu werden, ist immer
noch überraschend groß. In den ersten sechs Monaten haben sich 10.512
Deutsche, die Schwarzgeld im Ausland hatten, selbst beim Finanzamt angezeigt.
Dies ergab eine Umfrage der „Welt am Sonntag“
unter den 16 Länder-Finanzministerien.
D
VON MARTIN GREIVE UND MARC NELLER
Bis Ende des Jahres könnte die Zahl der Selbstanzeigen damit auf über 20.000 steigen. Bereits
jetzt gibt es mehr Selbstbezichtigungen als in den
Jahren 2011 und 2012 insgesamt. Der nicht abreißende Strom an Selbstanzeigen zeige, „wie groß
das Problem mit Schwarzgeld im Ausland war und
ist“, sagte der Vorsitzende der Deutschen SteuerGewerkschaft, Thomas Eigenthaler. Die meisten
Selbstanzeigen gab es im ersten Halbjahr in Nordrhein-Westfalen mit 2498, gefolgt von BadenWürttemberg mit 1505 und Bayern mit 1468. „Das
ist viel und viel mehr, als zu erwarten war“, sagte
Eigenthaler.
Zwar gab es im Rekordjahr 2014 insgesamt rund
40.000 Selbstanzeigen. Zu Jahresbeginn hatten
Bund und Länder die Regeln für den Steuer-Ablasshandel mit dem Staat allerdings verschärft.
Experten hatten deshalb nach dem Run auf die Finanzämter in 2014 für dieses Jahr einen viel deutlicheren Rückgang der Selbstanzeigen erwartet –
einige hatten sogar einen Rückgang auf nahe null
prognostiziert.
Die unerwartete Entwicklung ist vor allem darauf zurückzuführen, dass mehrere Bundesländer
ein gutes Dutzend Steuersünder-Datensätze ge-
kauft haben, allen voran Nordrhein-Westfalen. Als
Steuerfahnder aus NRW im Jahr 2010 eine SteuerCD der Credit Suisse kauften, leitete die Staatsanwaltschaft allein auf Grundlage dieser CD mehr
als 1000 Ermittlungsverfahren ein. Die Zahl der
Selbstanzeigen stieg daraufhin rasant. Seit dem
Jahr 2010 haben sich bislang 120.000 Steuersünder selbst angezeigt. NRW hat nach eigenen Angaben durch den Kauf von Steuerdaten bis heute 1,8
Milliarden Euro zusätzlich eingenommen: durch
Geldbußen, Selbstanzeigen und Verfahren gegen
Steuerhinterzieher.
„Wir haben zweifellos eine Lawine losgetreten.
Früher war Wuppertal für seine Schwebebahn bekannt. Heute kennt man Wuppertal auch wegen
seiner Steuerfahndung“, sagte NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD). Das Land hat
bisher mit Abstand die meisten Dateien gekauft,
die Deutschland erstanden hat: acht von mindestens elf. Dafür zahlte das Land angeblich jeweils
zwischen einer und 3,5 Millionen Euro. „Wenn
man so will, haben wir da in der Tat eine sensationelle Rendite“, sagte Walter-Borjans.
Zudem entdecken er und seine FinanzministerKollegen ein neues lukratives Geschäftsmodell:
Sie wollen Schweizer Banken mit Sammelverfahren wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung stärker unter Druck setzen. „Wir werden erleben, dass
Steuerhinterzieher, die aufgrund von Steuer-CDs
entdeckt wurden, ihre Banken anschwärzen werden. Ich glaube, dass in diesem Bereich noch einiges läuft. Das lässt sich schon jetzt beobachten“,
sagte Steuergewerkschafts-Chef Eigenthaler. Bisher standen vor allem einzelne Steuerbetrüger im
Fokus von Steuerfahndern.
Titelthema
Unionsfraktionschef Volker Kauder will
Flüchtlinge aus dem Balkan sehr viel
schneller als bisher in ihre Heimatländer
zurückschicken. Der „Welt am Sonntag“
sagte der CDU-Politiker: „Wir sollten
Menschen, die mit großer Wahrscheinlichkeit kein Asyl erhalten, nicht mehr
weiter an die Kommunen verteilen. Sie
sollten direkt aus den Erstaufnahmeeinrichtungen in ihre Heimatländer
zurückgeführt werden. Wer etwa aus
dem Kosovo kommt, sollte innerhalb
eines Monats wieder in seine Heimat
zurück.“ Außenminister Frank-Walter
Steinmeier (SPD) sagte, „die Ausweitung
der sicheren Herkunftsländer auf die
Staaten des Westbalkans darf kein Tabuthema sein“. Die Akzeptanz für die Aufnahme von Flüchtlingen in Not könnte
man nur erhalten, „wenn wir auch
glaubhaft daran arbeiten, Verfahren zu
beschleunigen und bei denjenigen, die
keine Chance auf Anerkennung haben,
Klarheit schaffen“.
Auf die angekommenen Flüchtlinge
warten viele Probleme. So erhalten sie
bei Privatbanken oft kein Konto. „Wir
schicken unsere Leute mittlerweile nur
noch zu Sparkassen und Volksbanken,
da wissen wir, dass sie dort ein Konto
bekommen“, sagt Hildegund Niebch von
der Diakonie Hessen. Bei einer Deutschen Bank oder Commerzbank könne
es klappen, sicher sei das aber nicht.
Seiten 4 und 35
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4 Folgen der Doku-Reihe
„Geheimnisse der Menschheit“
Heute ab 23.05 Uhr
GRIECHENLAND
Einigung in Sicht
Die Verhandlungen über ein drittes
Rettungspaket für Griechenland stehen
kurz vor dem Abschluss. „Die Institutionen sehen eine realistische Chance
auf eine Grundsatzvereinbarung bis
Dienstag“, hieß es aus Verhandlungskreisen. Demnach sei Griechenland bei
den Sofortmaßnahmen auf einem guten
Weg. Lediglich bei den Haushaltszielen
gebe es noch Diskussionsbedarf. Am
Donnerstag wäre eine Entscheidung
des Parlaments in Athen möglich. Auch
der Bundestag müsste zustimmen. Nach
diesem Zeitplan könnte Griechenland
am 20. August fällige Kreditrückzahlungen leisten, befürchtete milliardenschwere Überbrückungshilfen wären
nicht nötig. Das dritte griechische Hilfsprogramm soll bis zu 86 Milliarden Euro
umfassen.
Seite 31
ZIPPERTS WORT ZUM SONNTAG
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Heiß am Stil
ie extreme Hitze in Deutschland
führt zu extremen Situationen.
Bei der Bahn dehnen sich die
Schienen plötzlich von allein aus, man
will jetzt probieren, ob man mit dem Verfahren die Bauzeit von Stuttgart 21 verkürzen kann. Den Agenturen gehen derweil die lustigen Bilder von Tieren aus, die sich irgendwie abkühlen. Das niedliche kleine Kätzchen
aus Gütersloh, das dabei gefilmt wurde, wie es sich
angeblich selber in die Tiefkühltruhe legte, beschäftigt inzwischen die Staatsanwaltschaft. Auch
die Politiker leiden unter den bestialischen Temperaturen. Horst Seehofer wird wegen Überhitzung in einem geheimen Abklingbecken in der Nähe von Altötting gelagert. Die Klimaanlage im
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Kanzleramt spielte am Freitag verrückt,
die Büros waren wegen Glatteis gesperrt
und Merkels Mundwinkel froren zeitweise ein. Die Feuerwehr warf vom Hubschrauber aus eine Tonne Streusalz über
dem Gebäude ab und machte dem Spuk
ein Ende. Grünen-Politiker fordern ein
allgemeines Grillverbot, zurzeit laufen etwa 12,8
Millionen Grillgeräte und erhöhen die Durchschnittstemperatur im Land um 4,4 Grad. Nach
wie vor herrscht ein dramatischer Mangel an entlaufenen Tieren, in diesem Sommer tauchte weder
eine Schnappschildkröte noch ein Kaiman auf. Der
Killerwal, der gestern im Edersee für Aufregung
sorgte, stellte sich nach Auswertung von Amateurfilmaufnahmen als Sigmar Gabriel heraus.
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Kollektion Glücksgefühle