Energieholz Energieholznutzung im Privatwald Wie viel Energieholz kann der (Privat-) Wald nachhaltig liefern? Das Nutzungsverhalten kleinerer Privatwaldbesitzer ist sehr variabel: von der Energieholznutzung für den Eigenbedarf bis hin zu Eigentümern, welche wenig bis kein Holz einschlagen. Dieses Bewirtschaftungs- und Einschlagsmosaik lässt realistische Holznutzungspotenziale kaum zu. Daher wurde mit einer Befragung von Privat- und Kommunalwaldbesitzern südlich von München versucht herauszufinden, welche Energieholzmengen derzeit produziert und welche Mengen zukünftig bereitgestellt werden können. Matthias Wilnhammer, Christina Schumann, Miriam Hansbauer, Stefan Wittkopf, Andreas Rothe n einer Studie des Projektes „Energiewende und Waldbiodiversität“ wurde untersucht, welchen Beitrag der Privat- und Kommunalwald zur regionalen Versorgung mit erneuerbarer Energie leisten kann. Das Forschungsvorhaben wird gefördert durch das Bundesamt für Naturschutz (BfN) und das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMU). Mittels einer Fallstudie wurde das nachhaltig nutzbare Energieholzpotenzial in der Planungsregion südlich von München erhoben. Die Region besteht aus den Landkreisen Bad Tölz-Wolfratshausen, Miesbach und Weilheim-Schongau. Die Waldfläche beträgt 140.000 ha (Waldflächenanteil 48 %), hiervon sind knapp über Viele Waldbesitzer bewirtschaften ihren Wald mit dem Ziel, Energieholz für den Eigenbedarf die Hälfte in privatem und kommunalem zu produzieren. Besitz. In der Region befinden sich vier größere Waldbesitzervereinigungen mit 5.200 Mitgliedern und einer betreuten Fläche von teils von 78 % ergibt sich für das Gebiet beeinflusst wird. Auffällig ist die abnehinsgesamt 68.000 ha. In dem eher ländlich ein Zuwachs von 14,5 Fm/ha*a. Entspremende Bedeutung der Energieholznutzung geprägten Gebiet leben 350.000 Personen, chend der von Wilnhammer et al. [2] entmit zunehmender Besitzgröße [4]. So schlaentsprechend ca. 174.000 Haushalten. wickelten Berechnungsmethodik wurden gen beispielsweise die Eigentümer mit einer Insgesamt wurden technisch-ökologische Waldbesitzgröße unter 5 ha im Schnitt bis 301 Waldbesitzer entNutzungseinschränzu 4,1 Fm Scheitholz pro Hektar und Jahr sprechend 13 % der kungen in Höhe von ein, wohingegen Waldbesitzer mit einem Schneller Überblick WBV-Fläche befragt. 4,2 Fm/ha*a ermitFlächenbesitz über 50 ha nur noch knapp • Die Energieholznutzung stellt einen Die Untersuchungsretelt. Das nachhaltig 1 Fm/ha*a als Scheitholz nutzen (Abb. 2). erheblichen Wirtschaftsfaktor für die gion Oberland weist nutzbare Potenzial an Die durchschnittliche Nutzung aller Gröländlichen Regionen dar aufgrund des basenHolzbiomasse liegt ßenklassen liegt bei 8,3 Fm/ha*a. Somit be• Die Holznutzung im Privat- und Komreichen geologischen somit bei 10,3 Fm/ steht ein zusätzliches Nutzungspotenzial in munalwald liegt unter dem nachhaltig Ausgangsmaterials ha*a (Abb. 1). Die Beder Untersuchungsregion von 2 Fm/ha*a. möglichen Potenzial und der hohen Niefragung der WaldbeAuffällig ist, dass das Einschlagsniveau im • Waldbesitzer wollen unabhängig planen derschläge sehr gute sitzer zeigte, dass das untersuchten Kleinprivatwald unerwartet und Energieholz flexibel zur EigenbeWuchsbedingungen Einschlagsverhalten hoch ist. Dies spricht dafür, dass vor allem darfsdeckung einschlagen auf [1]. Aufgrund des der Waldbesitzer stark motivierte Waldbesitzer an unserer Befrahohen Nadelholzandurch die Besitzgröße gung teilnahmen. Insofern können unsere 24 AFZ-DerWald 5/2015 www.forstpraxis.de Foto: Rainer Luick I Energieholz Energieholznutzung im Privatwald Untersuchungsregion. Die Energieholznutzung stellt auch einen erheblichen Wirtschaftsfaktor für die ländlichen Regionen dar. Schweinle (2012) errechnete für die Energiebereitstellung aus Holz eine mittlere Bruttowertschöpfung von 50€/Fm Rohholz (Schwankungsbreite 34 € bis 71 € je nach Wertschöpfungskette). Die in der Untersuchungsregion bereitgestellten Energieholzmengen durch organisierte Waldbesitzer entsprechen somit einer jährlichen Bruttowertschöpfung von rund 10,5 Mio. €. Trotz der deutlichen Steigerungen in den letzten Jahren liegt die Holznutzung im Privat- und Kommunalwald der untersuchten Region nach wie vor unter dem nachhaltig möglichen Potenzial. Da wir bei den Nutzungseinschränkungen von vorsichtigen Annahmen ausgegangen sind, ist eine weitere leichte Steigerung der Energieholznutzung auch unter Berücksichtigung hoher ökologischer Anforderungen an die Waldbewirtschaftung denkbar. Inwieweit dieser tatsächlich realisiert werden kann, hängt entscheidend vom Nutzungsverhalten der privaten Waldbesitzer ab. Nährstoffnachhaltigkeit Totholz 20 – 49,9 ha 50 – 99,9 ha Klimaschutz und Wertschöpfung durch Energieholz Gesamt Grafik: Wilnhammer Literaturhinweise: [1] Arbeitskreis Standortskartierung (1985): Forstliche Wuchsgebiete und Wuchsbezirke in der Bundesrepublik Deutschland. Münster-Hiltrup: Landwirtschaftsverlag, 170 S. [2] WILNHAMMER, M.; ROTHE, A.; WEIS, W.; WITTKOPF, S. (2012): Estimating forest biomass supply from private forest owners: A case study from Southern Germany. Biomass and Bioenergy 47 (2012): 177-187. [3] WERNER, F.; Einschlag Scheitholz [fm/ha] Einschlag Hackschnitzel [fm/ha] Eigenverbrauch [%] RICHTER, K. (2005): Treibhauseffekte der Substitution der Brennstoffe Heizöl und Erdgas durch Abb. 3: Scheitholz- und Hackschnitzelnutzung (Fm/ha*a) Holz, Arbeitspapier verfasst im Auftrag des BUWAL. Dr. F. Werner, Umwelt & Entwicklung, Zürich. [4] sowie Eigenverbrauchsquote (%) innerhalb der Besitzgrößenklassen SCHWEINLE, J. (2012): Wertschöpfungsanalyse der energetischen Nutzung von Holz. Institut für Ökonomie der Forst- und Holzwirtschaft. Nr. 02/2012. Zentrum Holzwirtschaft. für Kli210.000 Fm/a im Privat- und KommunalUniversität Hamburg. 34 S. Energieholznutzung kann regional einen wichtigen Beitrag maschutz und regionale Wertschöpfung leisten. So belegen beispielsweise Werner und Richter [3], dass beim Ersatz von fossiler Energie durch Holzenergie im Mittel 480 kg CO2-Äquivalente pro m3 Holz eingespart werden. Demzufolge ergibt die hochgerechnete Energieholznutzung von www.forstpraxis.de > 100 ha Grafik: Wilnhammer Naturschutzflächen 10 – 19,9 ha Technischökologisches Potenzial Nicht erschlossene Gebiete 5 – 9,9 ha Ernteverluste Zuwachs < 5 ha Grafik: Wilnhammer Ergebnisse nur für den hier [fm/ha] 16 untersuchten, organisierten 0,6 1,3 Privat- und Kommunalwald 14 0,9 0,3 gelten, verdeutlichen aber die 12 1,1 Bedeutung forstlicher Zusam- 10 menschlüsse für die Holzmobi8 14,5 lisierung. 6 10,3 Das Einschlagsniveau im 4 Großprivatwald war im Unter2 suchungszeitraum eher gering. 0 Die Eigenverbrauchsquote nach Besitzgrößenklassen verdeutlicht die Bedeutung von Energieholz für kleinere Waldbesitzer. Abb. 1: Zuwachs, Nutzungseinschränkungen und TechnischSo beträgt die Eigenverbrauchsökologisches Potenzial quote im Privatwald unter [Efm/ha*a] 5 ha knapp 70 % des gesamten 12,0 Energieholzeinschlags. Demgegenüber verbrauchen große 10,0 1,4 Eigentümer mit über 100 ha 0,6 1,0 8,0 0,9 0,3 1,1 2,8 Waldbesitz nur ein Viertel des 1,6 1,0 2,1 4,1 0,8 3,5 eingeschlagenen Holzes selbst 6,0 0,7 0,2 0,6 0,7 0,4 0,5 (Abb. 3). 0,2 4,0 1,3 Die Bereitschaft der Wald5,9 5,7 5,4 4,9 4,7 4,2 besitzer, kontinuierliche Lie- 2,0 2,9 ferverträge abzuschließen, 0,0 ist gering und nur 25 % der Befragten können sich eine derartige Bindung vorstellen. Dies verdeutlicht, dass selbst Stammholz Industrieholz Scheitholz Hackschnitzel organisierte Waldbesitzer Abb. 2: Durchschnittliche Sortimentsaushaltung im Untersuchungsmehrheitlich unabhängig plagebiet im Zeitraum 2008 bis 2013 nach Besitzgrößenklassen nen wollen und Energieholz [fm/ha*a] flexibel zur Eigenbedarfs5 deckung einschlagen. Dem 0,6 4 hohen theoretischen Ein0,3 1,4 schlagspotenzial stehen somit 3 69 % auch im organisierten Privatwald deutliche Mobilisie4,1 1,0 59 % 2 41 % rungshürden entgegen. Dies 3,5 1,1 2,8 gilt vermutlich noch stärker 0,8 1 36 % 1,0 für nicht organisierte Wald1,6 0,7 27 % 21 % besitzer, die in dieser Untersu0 < 4,9 5 – 9,9 10 – 19,9 20 – 49,9 50 – 99,9 > 100 chung nicht befragt wurden. Besitzgrößenklassen wald des gesamten Untersuchungsgebietes eine Treibhausgasvermeidung von 100.000 t CO2-Äqv. Unter der Annahme, dass ein mittlerer Haushalt 2.000 l Heizöl benötigt, könnten dadurch also 10.500 Haushalte mit Wärme versorgt werden. Das entspricht 6 % der Haushalte in der M. Wilnhammer, matthias.wilnhammer@ hswt.de, arbeitet als Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Fakultät für Wald und Forstwirtschaft der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf und befasst sich schwerpunktmäßig mit der Analyse von Energieholz-Nutzungspotenzialen. AFZ-DerWald 5/2015 25
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