als PDF - Universitätsklinikum Leipzig

seite 4
n
AUSBILdUnGS-TAGEBUcH
Am Ende war die Luft ein bisschen frischer
azubis der Medizinischen berufsfachschule am ukL lernen eine junge, krebskranke erwachsene kennen
chen Lächeln auf den Lippen. An diesem Tag
war sie eingeladen, über ihren Krebs zu sprechen. Ich glaube, keiner aus meiner Klasse
kann von sich behaupten, nicht berührt gewesen zu sein, als sie in ihrem Vorstellungsvideo über ihre Krankheit sprach, Bilder aus
ihrem Leben zeigte und uns einen Moment
an ihrer Welt teilhaben ließ.
Mit 22 Jahren erhielt sie die Diagnose Scheidenkrebs. Sie begann, mit Chemotherapie
gegen die Krankheit zu kämpfen, und zunächst sah es so aus, als sei ihr dies auch gelungen. Bis man vor Kurzem Lungenmetastasen entdeckte. Man könne nichts mehr tun,
hat man ihr gesagt. Jeder im Raum war fasziniert und gerührt. Fasziniert über die Stärke
und die unglaubliche Lebensfreude dieser
jungen Frau. Gerührt von dem unfassbaren
Schicksal.
Und wahrscheinlich war auch mancher so
geschockt über sich selbst, wie ich es war.
Denn wie wenig ist uns bewusst, was es heißt,
in diesem Alter an Krebs zu erkranken? So
gelingt es heute zwar, 75 Prozent der Erkrankten zu heilen, doch das Leben von vor
der Krankheit erhält man nicht zurück. Es
folgen jahrelange Betreuung und Nachsorge
– was den behandelnden Arzt vor völlig andere Problematiken stellt als zum Beispiel die
Begleitung eines 70-jährigen Patienten am
Lebensabend. Menschen im jungen Erwachsenenalter stehen ganz am Anfang ihres Lebens. Viele ihrer Lebensziele konnten sie
noch nicht in die Tat umsetzen. Sie haben
womöglich noch keinen Beruf erlernt, haben
Von einer Podiumsdiskussion, die sich mit Krebserkrankungen im jungen Erwachsenenalter beschäftigte, waren die Azubis der MBFS sehr beeindruckt.
Foto: MBFS
Wenn ich bislang an Menschen dachte, die an
Krebs erkrankt sind, kamen mir Frauen und
Männer in den Kopf, die meine Großeltern
sein könnten. Ich sah Menschen, die ihre Ziele erreicht haben und auf ein erfülltes Leben
zurückblicken können. Die, ihre Kinder um
sich, den Kampf gegen die Krankheit aufnehmen. Ihn gewinnen und einen wunderbaren Lebensabend erleben dürfen. Und
Menschen, die ihn verlieren, aber mit den
Worten gehen: „… ein erfülltes Leben hat
sich vollendet.“
In meiner Ausbildung zur Gesundheits- und
Krankenpflegerin sind mir bereits jetzt viele
dieser Schicksale begegnet. Und nicht, dass
das Sterben mit dem Alter leichter werden
würde …
Aber haben wir uns auch schon einmal Gedanken darüber gemacht, wie es wäre, genau
JETZT mit der Diagnose Krebs konfrontiert
zu werden? Gäbe es dafür überhaupt einen
Platz in unserem Leben? Ich bin 21 und muss
gestehen, das hielt ich bis jetzt für sehr weit
weg. Weit weg von meinem eigenen Leben,
weit weg von den Plänen, die ich für meine
Zukunft habe und weit entfernt von meiner
bloßen Vorstellungskraft.
Als ich auf der Leipziger Buchmesse während
einer Podiumsdiskussion der Universität
Leipzig zum Thema „Fuck you Cancer –
Krebs im jungen Erwachsenenalter“ Luise
kennenlernte, änderten sich meine Gedanken
in Bezug auf diese Krankheit nahezu völlig.
Luise, eine junge Frau von 26 Jahren, mit
blonden, kurzen Haaren und einem freundli-
Foto: MBFS
n An der Medizinischen Berufsfachschule des Universitätsklinikums Leipzig lernen rund 750 junge Menschen
einen Gesundheitsberuf. Sie haben sich
für einen Beruf mit guten Zukunftsaussichten entschieden, der hohe Ansprüche an die fachliche und soziale Kompetenz jedes Einzelnen stellt. In der
Reihe „Ausbildungstagebuch“ geben
die Azubis verschiedener Fachrichtungen Einblicke in ihre Berufsausbildung.
Heute: ein emotionaler Besuch auf der
Leipziger Buchmesse.
Mediziner diskutierten bei der Veranstaltung
gemeinsam mit Krebspatientin Luise.
noch keine Kinder, haben ihr Leben bis dahin
noch gar nicht richtig leben können. Dinge,
die nun in einer Studie an der Universität
Leipzig thematisiert, erfragt und so auch verbessert werden sollen.
Gerade der Austausch mit Gleichgesinnten
im gleichen Alter sei sehr wichtig, sagt Luise.
Sie hat zu diesem Zweck vor einigen Jahren
einen Blog eingerichtet. In „Chemoelefant
aka Klopsi gegen den Krebs“ berichtet sie
über ihren Kampf gegen die Krankheit, pos-
tet Bilder und teilt ihre Gefühle und Erlebnisse mit der Welt. „Ich habe mich mit der
Krankheit abgefunden und bin ja schließlich
immer noch hier“, sagt sie und lacht. Das
Publikum spendete Applaus und ich war gerührt.
Es waren zwei spannende Stunden, die mich
mehr bewegt haben, als ich es erwartet hätte.
Der Tag hat, glaube ich, nicht nur mich zum
Nachdenken angeregt. Denn im Grunde wissen wir es alle: Das Leben ist endlich. Es kann
uns so schnell genommen werden, auch wenn
wir meinen, all das sei noch Jahre von uns
entfernt. Wir sollten besser heute als morgen
anfangen, unser Glück in den kleinen Freuden des Alltags zu suchen. Und in unserem
Beruf auch den Menschen noch Hoffnung
geben, für die es augenscheinlich eigentlich
keine mehr gibt.
Als ich an diesem Tag nach Hause fuhr, war
die Sonne auf einmal ein bisschen strahlender als am Morgen. Das Gras war ein bisschen grüner und am Ende war die Luft ein
bisschen frischer.
Anna Mönnicke
1. Ausbildungsjahr Krankenpflege
Kinder, Katzen
und zwei Klarinetten
Das Duo Clarissima spielt im
atrium der Frauen- und kindermedizin
n Viele Kinder erkennen sofort
den Klang der Klarinette, denn sie
verbinden ihn mit der Melodie der
„Katze“ aus Sergei Prokofiews Kinderoper „Peter und der Wolf“. dort
miaut die Klarinette! Ein Instrument kann miauen? die Klarinette
schon! das zeigt das duo clarissima
am donnerstag, dem 16. April, im
Atrium der Frauen- und Kindermedizin (Liebigstraße 20a, Haus 6).
Und die Klarinette kann noch mehr.
Sie kann schreien und flüstern, singen
und lachen – wie ein Mensch. Ein
Liebigstrasse aktueLL
|
Dichter hat es einmal so ausgedrückt:
„Der Charakter der Klarinette ist in
Liebe zerflossenes Gefühl.“ Dieses besondere Instrument, schwarz und mit
vielen glänzenden Klappen versehen,
werden die zwei Klarinettistinnen
Anna Engster und Eva Kroll zeigen
und viele bekannte Melodien für Klarinette vorspielen. Natürlich auch die
„Katze“ aus „Peter und der Wolf“. Beginn ist um 10.30 Uhr.
Der Verein „Yehudi Menuhin Live Music Now Leipzig“ engagiert sich auch
in diesem Jahr wieder mit seinen
„Konzerten für Kinder in der Klinik“
für die kleinen und größeren Patienten der Universitätskinderklinik. Treffpunkt ist dabei immer der Lurch Fridolin. In direktem Kontakt mit jungen
Künstlern verschiedener Genres können die Kinder für eine Stunde die
Wirkung eines Konzertbesuchs erfahren: Gute Musik kann Stimmungen
verändern, Musik kann trösten, das
Herz öffnen und gute Laune schenken
– und die persönliche Zuwendung der
Musiker an jedes einzelne Kind im
Publikum ist immer ein ganz besonderes und oft auch nachhaltiges Erlebnis.
Babette Berg
Das Duo Clarissima musiziert bei Live Music Now im Atrium der
Frauen- und Kindermedizin des UKL. Foto: Richard Mourouvin