Erfahrungen der Studierenden Bianca Mayer

Bianca Mayer
Meine Erfahrungen als Sprachassistentin in Neapel
Im Frühling 2014 habe ich beschlossen, mir eine Auszeit von der Universität zu
nehmen, um weitere Erfahrungen im Bereich des Unterrichtens zu sammeln. Mir war
es wichtig, mich als Lehrpersönlichkeit weiterzuentwickeln und auch im privaten
Bereich neue Abenteuer zu erleben. Das Sprachassistenzprogramm gab mir die
perfekte Möglichkeit dazu, dies in einem geschützten Rahmen zu machen. Als
Sprachassistentin begleitet man 12 Stunden pro Woche DeutschlehrerInnen und
gestaltet den Unterricht mit. Die Aufgabe besteht hauptsächlich darin, die
SchülerInnen zum Sprechen zu motivieren und den SchülerInnen die österreichische
bzw. deutsche Kultur näher zu bringen. Also bewarb ich mich als Sprachassistentin in
Italien und wurde einem Gymnasium und einer Tourismusschule in Neapel zugeteilt.
So machte ich mich Mitte September, 2 Wochen vor Schulbeginn, auf den Weg
nach Neapel, um eine Wohnung zu suchen und mich an das chaotische Neapel zu
gewöhnen. Schnell merkte ich, dass das Chaos nicht nur auf den Straßen, sondern
auch in den Schulen herrschte.
Die erste Überraschung erlebte ich, als ich einige Tage vor Beginn meiner
Dienstzeit in die Schulen ging, um Organisatorisches zu klären, und dabei merkte,
dass eigentlich niemand in den Schulen darüber informiert war, dass ich ihnen als
Sprachassistentin zugeteilt worden war. Außerdem wussten sie auch nicht, was die
Aufgaben einer Sprachassistentin sind und was genau sie überhaupt mit mir anfangen
sollten. Der Grund dafür war, dass der für mich verantwortliche Lehrer in den ersten
beiden Schulwochen auf einer Klassenfahrt war. Doch dieses anfängliche Chaos
wurde schnell gelöst, indem ich in den ersten beiden Wochen als Supplierlehrerin
eingesetzt wurde. Dies gab mir die Möglichkeit einen Einblick in den Schulalltag zu
bekommen und meine SchülerInnen kennenzulernen.
Nachdem mein Betreuungslehrer von der Klassenfahrt zurückkam, begann für
mich die richtige Tätigkeit als Sprachassistentin. Die erste Sache, die mir sofort auffiel,
war, dass eine Unterrichtseinheit in Neapel 60 Minuten dauert und keine Pausen
zwischen den Einheiten gehalten werden. Logischerweise spiegelte sich dies in der
Konzentration und Aufmerksamkeit sowohl der SchülerInnen, als auch der
LehrerInnen wider.
Bianca Mayer
Ein anderer Faktor, der den Unterricht etwas erschwerte, war, dass die
Möglichkeiten für eine gute Unterrichtsgestaltung begrenzt waren: In vielen Klassen
gab es keine Tafeln, geschweige denn Beamer oder dergleichen. Da man aus
finanziellen Gründen auch nicht immer auf Kopien zurückgreifen konnte, waren wir
hauptsächlich an die Arbeit mit dem Schulbuch gebunden. Aber selbst dies konnte
nicht problemlos erfolgen, da sich viele SchülerInnen keine Schulbücher leisten
konnten (in Italien werden Schulbücher nicht vom Staat zur Verfügung gestellt).
Aufgrund der eben beschriebenen Probleme, aber auch dem veralteten
Schulsystem, waren die LehrerInnen und SchülerInnen nur Frontalunterricht gewöhnt.
Dies erschwerte mir teilweise, meine moderneren Unterrichtsmethoden einzusetzen,
da sich die SchülerInnen immer sehr lange auf beispielsweise Gruppen- oder
kreativere Arbeiten einstellen mussten.
Die neapolitanische Mentalität und die hier gängige SchülerInnen-LehrerInnenBeziehung hat mich jedoch immer wieder von Neuem dazu motiviert, über all die
Schwierigkeiten hinwegzusehen und den Unterricht abwechslungsreich und spannend
zu gestalten. Im Gegensatz zu österreichischen Schulen ist hier die SchülerInnenLehrerInnen-Beziehung viel weniger distanziert und oft kann man sogar von einem
freundschaftlichen Umgang sprechen. Es ist nicht ungewöhnlich eine Lehrperson mit
zwei Küsschen oder einer Umarmung zu begrüßen. Besonders positiv empfand ich die
Offenheit und Herzlichkeit der SchülerInnen mir gegenüber.
Abschließend kann ich nur sagen, dass ich mich in diesen 8 Monaten nicht nur
als Lehrpersönlichkeit weiterentwickelt habe, sondern auch sehr viel über mich
persönlich dazulernen konnte. Ich bin sehr froh darüber, dass ich mich nicht von den
anfänglichen Schwierigkeiten und Ängsten abschrecken lassen habe und mich der
Herausforderung, trotz mangelnder Kenntnisse der Landessprache, gestellt habe.
Hiermit möchte ich mich bei allen bedanken, die mich in dieser Zeit unterstützt
haben, allen voran bei Frau Mag. Birgit Adler-Klammer des internationalen Büros der
KPH und bei dem Team des Sprachassistenzprogramms.