05_15 Rundbrief - Miriam Wasserhess

Miriam Wasserheß im Mai 2015
Weitere Infos unter: www.miriam-wasserhess.de
Reitet ohne mich weiter, alleine seid Ihr schneller… Teil I
•
•
•
•
Wild Wild West
Gegenwart
Ich und du,
du, Müllers Kuh, Müllers Esel der bin ich
Reverse
Wild Wild West
Im Wilden Westen reitet eine Gruppe von Cowboys. Sie haben noch einen langen, anstrengenden
Marsch durch die Prärie vor sich. (Stellt euch einen alten, guten Western-Streifen vor. Am besten
noch mit einer Hintergrundmusik, die keinen Zweifel an der schwerwiegenden Situation offen
lässt.) Die Sonne brennt hoch oben am Himmel, die Schweißperlen rinnen den Männern unter den
Cowboyhüten die tiefgebräunten Wangenknochen entlang. Jeder von ihnen verspürt starken
Durst, doch keiner der Anwesenden sagt auch nur einen Ton. Sie haben alle nur ein Ziel. Endlich in
Dodge City anzukommen.
Nach vielen weiteren Meilen des anstrengenden Ritts, hören sie plötzlich einen dumpfen Aufprall.
Charly ist vor lauter Erschöpfung vom Pferd gefallen, er rührt sich nicht. Als seine Kollegen sich
langsam umdrehen, ruft er mit letzter Kraft. (Bitte stellt euch einen sehr leidenden und quälenden
Unterton vor.)
„Reit
ReitReit-et ohoh- ne mich weiter, alal-leine seid Ihr schnelschnel-l-er…..“
er…..“
Die Männer nicken und reiten von dannen.
Gegenwart
Mein Mann und ich sitzen am Esstisch. Ich habe ein köstliches Abendessen vorbereitet. Die Kinder
haben so viel davon verspeist, dass nur noch ein kleiner Rest übrig ist. Mein Mann und ich greifen
zeitgleich nach der letzten Portion. Ich: „Nimm du es ruhig, du hast es dir verdient. Du hattest heute
einen so langen Arbeitstag, wenig Pausen, anstrengende Verhandlungen und viel Verantwortung.
Ich habe dir die Anstrengung bereits angesehen, als du die Tür reingekommen bist. Tu dir etwas
Gutes damit mein Schatz.“
Mein Mann lacht mich verschmitzt an, nimmt den Rest aus dem Topf, beißt genüsslich hinein und
kaut…..und kaut….und kaut. Langsam und zufrieden.
Ich schaue ihm zu. Wenn ich ehrlich bin, bin ich entsetzt. „Er hätte es doch zumindest mit mir teilen
können. Typisch, überhaupt keinen Anstand. Und dann noch dieses langsame Kauen und dieses
verschmitzte Lächeln. Will er mich provozieren? Was soll das alles?“, schwirrt es in meinem Kopf.
Ich stehe gerade auf, um das Geschirr in die Küche zu bringen, da stoppt er mich. Ich drehe mich
um und sehe, wie er in einer Seelenruhe die Serviette auseinander faltet, sich genüsslich den Mund
abwischt und mich anschaut.
Ich bin etwas verwirrt, schaue ihn mit vielen Fragezeichen im Gesicht an. Und möchte ihm am
liebsten sagen, dass er ein oberflächlicher Heini ist.
In dem Moment steht er auf, macht absichtlich einen Buckel, stöhnt leicht auf und tut so, als hätte
er eine Gerte in der Hand. Damit schlägt er sich links und rechts über die Schultern und jault:
„Jaja, reitet ohne mich weiter, alleine seid ihr schneller.“
Miriam Wasserheß im Mai 2015
Weitere Infos unter: www.miriam-wasserhess.de
Ich und du,
du, Müllers Kuh, Müllers Esel der bin ich
Ist nicht jeder von uns schon mal in der Situation gewesen, wo wir „Ja“ gesagt haben und „Nein“
meinten? Wollen wir nicht regelrecht, dass die gegenüberliegende Person uns den Ball wieder zu
schießt. Wir den Ball in unserer grenzenlosen Nächstenliebe nochmals zurück schießen, bis wir
gemeinsam eine salomonische Lösung gefunden haben?
Hast du dir jemals darüber Gedanken gemacht, dass es sich hierbei nicht um grenzenlose
Nächstenliebe handelt, sondern um puren Egoismus? Ja, in dem Fall bin ich der Egoist, nicht der,
der gegessen hat. Ich wollte, dass mein Mann denkt, dass ich ein guter Mensch bin,
bin mich gerne
aufopfere. Hauptsache IHM geht es gut.
Was aber denkt mein Inneres über mich? Ist mir das überhaupt wichtig? Und wenn es mir wichtig
ist, was bringt es mir?
Wenn ihr in euch hinein hört, welche Gefühle kommen bei den nachfolgenden Beispielen hoch?
Wie laut ist eure innere Stimme?
•
•
•
•
•
•
Du hast einen vollen Einkaufswagen, stehst schon ziemlich lange in der Schlange an der
Kasse und bereits die 3. Person fragt: „Darf ich vorgehen?“ Du nickst. JEDESMAL!
Du bist mit deinen Freunden im Restaurant verabredet. Du freust dich sehr auf dein
Lieblingsgericht. Die ganze Woche hast du, wenn es hektisch war an dieses Treffen
gedacht. Als du bereits im Lokal angekommen bist, sagen beide kurzfristig ab. Du lächelst
tapfer und gehst mit gesenktem Rücken, ohne etwas bestellt zu haben nach Hause. „So
wichtig war das doch auch nicht. Solche Treffen werden überbewertet.“
Du bist in der 8. Klasse, Sportunterricht. Zwei Gruppen. Jede Gruppe sucht nacheinander
eine Person für ihre Mannschaft aus. Du bist die letzte Person, die noch nicht aufgerufen
wurde. Als dein Freund aus der anderen Gruppe dich darauf anspricht, wie es dir geht,
lachst du und sagst ihm, dass dir Sport noch nie wichtig war.
Reverse
Du hast es gerade sehr eilig, musst aber dringend noch 2 Liter Milch im Supermarkt
einkaufen. Als du die lange Schlange an der Kasse entdeckst, schnaufst du tief. Aber wie es
nun mal so ist, stellst du dich brav an. „Vielleicht sieht ja einer, dass ich nur wenig einkaufe
und lässt mich vor?“
Du hast starke Kopfschmerzen und dein Knie plagt dich seit einigen Tagen. Eigentlich
möchtest du nach diesem anstrengenden Tag nur noch ins Bett. Du hast aber Ulli und
Beate zugesagt, mit ihnen Essen zu gehen. Beate war bereits länger nicht mehr unter
Menschen und Ulli geht’s seit der Trennung von Ina wirklich schlecht. Nein, das kannst du
nicht machen. Du quälst dich selbstverständlich hin.
Du bist noch immer in der 8. Klasse. Wieder Sportunterricht, wieder zwei Gruppen. Du bist
als einer der Ersten gewählt worden. Klasse Gefühl. Dein bester Freund ist bei den letzten 3
die noch übrig sind. Es tut dir von Herzen leid und wärst du der Gruppenleiter, du hättest
ihn längst zu dir gerufen. Wie kannst du ihn bloß aufmuntern?
FORTSETZUNG FOLGT……
Atme tief ein. Dein Glück liegt nicht darin, wie andere
andere mit dir umgehen, sondern wie du mit dir
dir
selbst umgehst
umgehst.
st. Jeden Tag aufs Neue.
Kein Wenn und kein Aber, nur ein: Ich nehme mich wichtig, übernehme Verantwortung
Verantwortung und
sorge gut für mich. Wenn du
du die Tür zu dir öffnest, weckst
weckst du
du die ehrliche und wahre Freude
anderen Gutes zu tun und auch mal nein zu sagen.