Inhaltsverzeichnis/Sommaire AJP/PJA 3/2014 Aufsätze / Articles Aufgrund des entstehungsgeschichtlichen und dogmatischen Hintergrunds der Artikel 128 Ziff. 1 und Art. 131 OR gelangt der Verfasser zum Schluss, dass die kürzere Verjährungsfrist des Art. 128 Ziff. 1 OR keine Anwendung auf die Herausgabe von Vorteilen (wie Retrozessionen) findet, die dem Auftragnehmer infolge seiner Auftragsausführung von einem Dritten zukommen. ■ Peter Gauch Periodisch geschuldete Leistungen: Gedanken zur Verjährungsbestimmung des Art. 128 Ziff. 1 OR 285 Unter welchen Voraussetzungen steht im Konkurs und im Nachlassverfahren dem Schuldner bzw. der Masse das Recht zu, Dauerschuldverhältnisse ausserordentlich zu kündigen? Für welche Periode kann die Gegenpartei in der Insolvenz Forderungen geltend machen und welche Forderung gilt dabei als Masseverbindlichkeit? ■ Franco Lorandi Dauerschuldverhältnisse im neuen Sanierungsrecht 294 Präzisierungen zum Beginn der Verjährung werkvertraglicher Mängelrechte mit der Werkablieferung und zu Auslegungsfragen im Zusammenhang mit der seit 1.1.2013 neu geregelten fünfjährigen Verjährungsfrist für Mängel eines unbeweglichen Werks bzw. eines beweglichen Werks, das bestimmungsgemäss in ein unbewegliches Werk integriert worden ist und zu einem Mangel in letzterem geführt hat. ■ Alfred Koller Verjährung der werkvertraglichen Mängelrechte 303 Eingehende Darstellung der gesetzlichen Regelung und Analyse der Wirkungsmechanismen des Schusswaffenrechts. ■ Benjamin Amsler / Ludivine Calderari La réglementation des armes à feu par la loi fédérale sur les armes 309 Die Autoren schlagen anhand der Bundesgerichtspraxis und der sankt gallischen Rechtsprechung ein Strafzumessungsmodell im Betäubungsmittelhandel vor. Zentral ist dabei die Gewichtung von Faktoren des objektiven Verschuldens anhand von fünf Hierarchiestufen. ■ Luzius Eugster / Tom Frischknecht Strafzumessung im Betäubungsmittelhandel 327 Wie sind nach geltendem Recht private Betreuungsund Pflegeleistungen durch Angehörige privat- und versicherungsrechtlich einzuordnen und welche Entgeltsansprüche können zu Lebzeiten und im Erbgang geltend gemacht werden? Der vorliegende Aufsatz plädiert für klarer und besser ausgestaltete Ansprüche pflegender Angehöriger. ■ Kinga M. Weiss / Domino M. Hofstetter Qualifikation von Betreuungs- und Pflegeleistungen durch Angehörige und deren Bedeutung im Erbrecht 342 In der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs findet der Verfasser Lösungsansätze dazu, wie die Anforderungen an den Nachweis indirekter Geschlechterdiskriminierung auf ein realistisches Mass zurückgeführt werden können. Zur Begründung für deren Übernahme ins schweizerische Recht kann er sich auf Materialien zum Gleichstellungsgesetz und vergleichbare Ansätze in der bundesgerichtlichen Rechtsprechung berufen. ■ Jakob Ueberschlag Anforderungen an das Vorliegen einer stärkeren nachteiligen Betroffenheit bei der indirekten Geschlechterdiskriminierung 361 Der Verfasser weist auf gravierende Mängel der Vorlage des Bundesrates vom 29. Mai 2013 zur Revision des Vorsorgeausgleichs bei Scheidung (BBL 2013 4887 ff.) hin. ■ Thomas 364 Geiser Zur Neugestaltung des Vorsorgeausgleichs Chronik der Rechtsetzung / Législation ■ Marco Bär 382 Rechtsprechungsübersicht / Aperçu de la jurisprudence ■ Marco AJP 03_2014.indb 281 Bär 386 12.03.14 16:08 Inhaltsverzeichnis/Sommaire AJP/PJA 3/2014 Besprechung neuerer Entscheidungen auf dem Gebiet des Eherechts Auseinandersetzung mit 19 neueren Bundesgerichtsentscheidungen (überwiegend aus dem Jahr 2013) in den Bereichen des Ehe- und des Kindesrechts. ■ Thomas Geiser 395 Entscheidungsbesprechungen / Discussions d’arrêts actuels Besprechung des Urteils BGer 4C_1/2013 vom 25. Juni 2013 bezüglich Vorrang der bundesrechtlich in Art. 204 und Art. 206 ZPO abschliessend getroffenen Regelung der Folgen unentschuldigten Fernbleibens einer Partei im Schlichtungsverfahren vor einer davon abweichenden Spezialregelung für mietrechtliche Schlichtungsverfahren im Kanton Genf. ■ Michel Hottelier (1) Art. 49 al. 1 Cst. Loi cantonale prévoyant la comparution à l’audience de conciliation dans les litiges de bail à loyer 404 Besprechung des Urteils BGer 4A_408/2013 vom 17. Januar 2014 bezüglich des Kriteriums des Orts und des Gegenstandes der Erbringung der charakteristischen Leistung durch die Rückversicherung. ■ Daniel 410 Marugg (2) Entscheidungszuständigkeit bei internationalen Rückversicherungsverträgen (Art. 5 Ziff. 1 lit. b LugÜ) Literaturübersicht / Bibliographie ■ Lorenz Lauer 416 Zu guter Letzt Erst als Folge unerfreulicher Überraschungen erkannte man mit der Zeit die Bedeutung einer Due DiligencePrüfung bei Übernahmen. ■ Arnold F. Rusch Die Trennung von Bentley und Rolls-Royce 424 Mitteilungen / Communications AJP 03_2014.indb 282 Impressum 431 Autorenverzeichnis / Adresses des auteurs 432 12.03.14 16:08 Periodisch geschuldete Leistungen AJP/PJA 3/2014 Periodisch geschuldete Leistungen: Gedanken zur Verjährungsbestimmung des Art. 128 Ziff. 1 OR 285 Peter Gauch Nach Art. 128 Ziff. 1 OR verjähren «die Forderungen für Miet-, Pachtund Kapitalzinse sowie für andere periodische Leistungen» in fünf (statt in zehn) Jahren. Im Zusammenhang mit den juristischen Kontroversen, die bezüglich der herausgabepflichtigen Retrozessionen an beauftragte Banken und Vermögensverwalter ausgebrochen sind, hat sich in der jüngeren Vergangenheit auch die Frage nach der Auslegung des zitierten Art. 128 Ziff. 1 OR aktualisiert. Mit dieser Frage befasst sich der vorliegende Aufsatz, indem er unter Einbezug des Art. 131 OR einige Gedanken entwickelt, die es für das Verständnis des Art. 128 Ziff. 1 OR zu berücksichtigen gilt. Nach der Ansicht des Autors beruhen die periodischen Leistungspflichten sowohl des Art. 131 OR als auch des Art. 128 Ziff. 1 OR auf einer Dauerschuld, welche die betreffenden Leistungspflichten («Einzelschulden») in regelmässigen Zeitabständen (periodisch) hervorbringt. Bei der Dauerforderung, die das Korrelat dieser Dauerschuld bildet, handelt es sich um «das Forderungsrecht im Ganzen», von dem Art. 131 OR spricht. In einem Exkurs kommt der Autor auch auf die Verpflichtung des Beauftragten zur Herausgabe von Vorteilen («Rabatten», «Provisionen», «Retrozessionen» usw.) zu sprechen, die dem Auftragnehmer infolge seiner Auftragsausführung von einem Dritten zukommen. Ausgehend von seiner Auslegung des Art. 128 Ziff. 1 OR gelangt der Autor zum Schluss, dass Art. 128 Ziff. 1 OR diesbezüglich keine Anwendung findet, selbst wenn der Beauftragte im konkreten Fall die jeweils erlangten Vorteile in zeitlich regelmässiger Wiederkehr herauszugeben hat. Inhaltsübersicht I.Einleitung II. Zwei Vorbemerkungen III.Das rechtliche Umfeld des Art. 128 Ziff. 1 OR, namentlich Art. 131 OR IV.Zum Inhalt des Art. 128 Ziff. 1 OR V. Exkurs: Die Pflicht des Beauftragten zur Herausgabe der von Dritten erlangten Vorteile und wie es diesbezüglich um die Anwendbarkeit des Art. 128 Ziff. 1 OR steht VI.Schluss I.Einleitung Selon l’art. 128 ch. 1 CO, « les loyers et fermages, les intérêts de capitaux et toutes autres redevances périodiques » se prescrivent par un délai de cinq (au lieu de dix) ans. Dans le cadre des controverses en droit de la prescription qui sont survenues en rapport avec l’obligation de restitution des rétrocessions reçues par des banques et gérants de fortunes mandatés, la question de l’interprétation de l’art. 128 ch. 1 CO est récemment devenue d’actualité. La présente contribution traite de cette question, dans la mesure où elle développe, en intégrant l’art. 131 CO, quelques idées, qui doivent être prises en considération pour la compréhension de l’art. 128 ch. 1 CO. Selon l’auteur, les obligations de prestations périodiques au sens de l’art. 131 CO ainsi qu’au sens de l’art. 128 ch. 1 CO reposent sur une dette de durée, qui fait émerger les obligations de prestations en question à des intervalles périodiques. La créance de durée, qui constitue le corrélat de cette dette de durée, représente le «Forderungsrecht im Ganzen» (OR 131 deutsch), auquel l’art. 131 al. 2 CO fait référence en utilisant l’expression «créance». Dans un excursus, l’auteur parle de l’obligation du mandataire de restituer les avantages («rabais», «provisions», «rétrocessions», etc.) reçus de tiers suite à l’exécution du contrat de mandat. Sur la base de son interprétation de l’art. 128 ch. 1 CO, l’auteur arrive à la conclusion que l’art. 128 ch. 1 CO n’est pas applicable dans ce contexte, même si les avantages reçus doivent être restitués à des intervalles périodiques. zu ins Visier eines Gerichts, schlummert sonst aber ruhig vor sich hin, ohne besondere Diskussionen oder gar erregte Kontroversen auszulösen. So verhielt es sich über längere Zeit hinweg auch mit Art. 128 Ziff. 1 OR, wonach «die Forderungen für Miet-, Pacht- und Kapitalzinse sowie für andere periodische Leistungen» in Abweichung von der zehnjährigen Regelfrist des Art. 127 OR schon in fünf Jahren verjähren1. In Zusammenhang mit den «Retrozessionen» an die Banken und Vermögensverwalter hat sich diese Situation nun aber schlagartig geändert. Art. 128 Ziff. 1 OR und die Frage, welche Forderungen Manche Bestimmung des Obligationenrechts wird da und dort kommentiert, allenfalls «monografiert», gerät ab und Peter Gauch, Dr. iur., Dr. h.c., Emeritierter Professor der Uni- versität Freiburg und ständiger Gastprofessor der Universität Luzern. Bei der Vervollständigung der Anmerkungen und beim Korrekturlesen hat mir Herr Rechtsanwalt Roger Bieri, wissenschaftlicher AJP 03_2014.indb 285 1 Mitarbeiter am Lehrstuhl für Zivil- und Handelsrecht der Universität Freiburg, geholfen, wofür ich ihm sehr dankbar bin. Vorbehalten bleiben Sonderbestimmungen, in denen das Gesetz für periodische Leistungen andere Verjährungsfristen vorsieht. Vgl. z.B. BGE 139 III 263 ff., wonach die aus einem Verdienstausfallversicherungsvertrag geschuldeten Renten je nach zwei Jahren verjähren, entsprechend der in Art. 46 Abs. 1 VVG vorgesehenen Frist. 12.03.14 16:08 Franco Lorandi AJP/PJA 3/2014 Dauerschuldverhältnisse im neuen Sanierungsrecht 294 Franco Lorandi Das neue Sanierungsrecht regelt erstmals ausdrücklich gewisse Aspekte von Dauerschuldverhältnissen in der Insolvenz. Der vorliegende Aufsatz behandelt im Wesentlichen die Kündigungsmöglichkeiten, namentlich die ausserordentliche Kündigung durch den Schuldner bzw. die Insolvenzmasse und den partiellen «Vertragseintritt» gemäss Art. 211 SchKG. Behandelt werden sowohl das Nachlassverfahren als auch der Konkurs. Inhaltsübersicht I.Einleitung II. Ausserordentliches Kündigungsrecht des Schuldners/seiner Masse A. Im Konkurs B. Im Nachlassverfahren 1. Während der Nachlassstundung 2. Nach Zustandekommen eines Nachlassvertrags mit Vermögensabtretung 3. Nach Zustandekommen eines ordentlichen Nachlass vertrages 4. Nach Aufhebung der Nachlassstundung III.Insolvenzforderungen und Masseverbindlichkeiten aus Dauerschuldverhältnissen A. Im Konkurs 1. Ordentliche Kündigung 2. Partieller «Vertragseintritt» gemäss Art. 211a SchKG 3. Weder Kündigung noch «Vertragseintritt» (Nichtstun) B. Im Nachlassverfahren 1. Während der Nachlassstundung 2. Nach Zustandekommen eines Nachlassvertrages mit Vermögensabtretung 3. Nach Zustandekommen eines ordentlichen Nachlass vertrages 4. Nach Aufhebung der Nachlassstundung I.Einleitung Dauerschuldverhältnisse unterscheiden sich von sog. Zielschuldverhältnissen, indem Erstere als Hauptleistungsschuld ein fortdauerndes oder wiederholtes Leistungsverhalten des Schuldners verlangen, mit welchem dieser so lange fortzufahren hat, als die Schuld besteht Franco Lorandi, Prof. Dr. iur., Rechtsanwalt, LL.M., Zürich. AJP 03_2014.indb 294 Le nouveau droit de l’assainissement règle pour la première fois expressément certains aspects des contrats de durée en cas d’insolvabilité. Le présent essai traite essentiellement des possibilités de résiliation, notamment de la résiliation ordinaire par le débiteur ou la masse en faillite et la « succession dans le contrat » telle qu’elle est prévue à l’art. 211 LP. Il aborde ainsi tant la procédure de sursis concordataire que la faillite. bzw. der Vertrag dauert1. Bei der Dauerschuld «richtet sich die Leistung nach der Dauer der Verbindlichkeit»2. Zu den Dauerschuldverhältnissen gehören etwa3 die Miete, die Pacht, das Arbeitsverhältnis, die Gebrauchsüberlassung, der Hinterlegungsvertrag, das Darlehen und oft (wenn auch nicht notwendigerweise) der Auftrag. Auch Innominatverträge können Dauerschuldverhältnisse sein, wie etwa der Leasingvertrag, der Lizenzvertrag, der Alleinvertriebsvertrag, der Beherbergungs- und Gastaufnahmevertrag, das Factoring, der Unterrichtsvertrag, der Pensionsvertrag, der Hauswartsvertrag oder der Sponsoringvertrag. Aus insolvenzrechtlicher Sicht stellen sich im Zusammenhang mit Dauerschuldverhältnissen4 im Wesentlichen drei Fragen5: (1) Kann der Schuldner bzw. kann seine Masse den Vertrag vorzeitig auflösen? (2) Für welche Periode kann die Gegenpartei in der Insolvenz Forderungen geltend machen? (3) Welche Forderungen der Gegenpar- BBl 2010 6472; Peter Gauch, System der Beendigung von Dauerverträgen, Diss. Freiburg 1968, 6 ff.; Peter Gauch/Walter R. Schluep/Jörg Schmid, Schweizerisches Obligationenrecht – allgemeiner Teil, 9. A., Zürich 2008, Band I, Rz 94 f.; Alfred Koller, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, Band I, Bern 1996, Rz 113; BGE 138 III 318; Entscheid 4A_141/2007 vom 20. August 2007, E. 4.1. 2 Gauch (FN 1), 6; vgl. auch Hans Merz, Die Leistung als Inhalt von Forderungen und Schuldverpflichtungen Leistung und Zuwendung, in Schweizerisches Privatrecht, Bd. 6, Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, Teilb. 1, Basel 1984, 128. 3 Vgl. Gauch (FN 1), 9 ff. 4 Arbeitsverträge bleiben nachfolgend ausgeklammert; hier stellt sich eine Vielzahl von Sonderfragen. 5 Ausgeklammert bleibt vorliegend auch der Fall, dass das Dauerschuldverhältnis mit dem Gemein- oder Nachlassschuldner persönlich weitergeführt wird (vgl. Art. 211a Abs. 3 revSchKG). 1 12.03.14 16:08 Ve r j ä h r u n g d e r w e r k v e r t r a g l i c h e n M ä n g e l r e c h t e AJP/PJA 3/2014 Verjährung der werkvertraglichen Mängelrechte 303 Insbesondere Bemerkungen zur Ablieferung als verjährungsauslösendem Moment und zur fünfjährigen Verjährungsfrist von Art. 371 OR Alfred Koller Werkvertragliche Mängelrechte beginnen grundsätzlich mit der Ablieferung zu verjähren (Art. 371 Abs. 1 OR, wo allerdings von Abnahme die Rede ist). Die Verjährungsfrist beträgt regelmässig zwei oder fünf Jahre (Art. 371 Abs. 1 und 2 OR), ausnahmsweise zehn Jahre (Art. 127 OR i.V.m. Art. 210 Abs. 6 OR und Art. 371 Abs. 3 OR). Der Aufsatz befasst sich schwergewichtig mit der Ablieferung, deren Bedeutung und Tragweite in verschiedenen Punkten strittig ist (Ziffer 2.). Ein zweiter Schwerpunkt gilt der fünfjährigen Verjährungsfrist, welche seit 1. Januar 2013 einen erheblich veränderten Anwendungsbereich hat (Ziffer 3.). An den Anfang gestellt werden grundsätzliche Erwägungen (Ziffer 1.), in denen insbesondere auf die Wirkungen der Verjährung eingegangen wird. Inhaltsübersicht 1.Grundsätzliches 2. Der Verjährungsbeginn 3. Die Verjährungsfrist La prescription des droits du maître en raison des défauts de l'ouvrage commence en principe à courir dès la délivrance (art. 371 al. 1 CO, où il est cependant question de la réception). Le délai de prescription est généralement de deux ou cinq ans (art. 371 al. 1 et 2 CO), exceptionnellement de dix ans (art. 127 CO en relation avec l’art. 210 al. 6 CO et l’art. 371 al. 3 CO). Cet essai traite essentiellement de la délivrance, dont l’importance et la portée est controversée sur différents points (II., en bas). Un deuxième accent est mis sur le délai de prescription de cinq ans, dont le champ d’application est considérablement modifié depuis le 1er janvier 2013 (III.). L’essai s’ouvre sur des réflexions fondamentales (I.), qui portent notamment sur les effets de la prescription. so insbesondere jene betr. Hemmung (Art. 134 OR) und Unterbrechung (Art. 135 ff. OR) der Verjährung2. Unterbricht der Besteller die Verjährung für einen Anspruch aus einem bestimmten Mangel, so gilt die Unterbrechung auch für alle anderen Ansprüche aus diesem Mangel (BGE 96 II 181 E. 3b = Pra 1970, 518 ff., allerdings zum Kauf)3. Soweit freilich die Unterbrechung auf Schuldanerkennung beruht (Art. 135 Ziff. 1 OR), steht es dem Unternehmer frei, die Unterbrechungswirkung auf ein bestimmtes oder bestimmte Mängelrechte zu beschränken4. 1.Grundsätzliches Der Verjährung unterliegen nach allgemeiner Regel nur Forderungen wie z.B. der Schadenersatzanspruch aus Art. 368 Abs. 1 oder 2 OR, nicht aber Gestaltungsrechte wie z.B. das Wandelungsrecht. Der Verjährungseintritt ist jedoch auch für solche Rechte von Bedeutung, weil die Verjährungsfrist absolute Rügefrist ist und daher Mängelrechte verwirken, soweit sie sich auf nicht rechtzeitig gerügte Mängel beziehen1. Das Werkvertragsrecht regelt die Verjährung der Mängelrechte unter einem eigenen Randtitel («Verjährung») in Art. 371 OR, allerdings nicht umfassend. Subsidiär kommen die Bestimmungen über die kaufrechtliche Verjährung (Art. 210 OR) zur Anwendung (Art. 371 Abs. 3 OR). Soweit Verjährungsfragen weder im Werkvertragsnoch im Kaufrecht geregelt sind, finden die allgemeinen Verjährungsbestimmungen (Art. 127 ff. OR) Anwendung, Alfred Koller, Prof. Dr. iur., Professor an der Universität St. Gallen. 1 Siehe vorderhand Alfred Koller, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, Bern 2009, § 3 Rn 73 und § 67 Rn 12, und später im Text. AJP 03_2014.indb 303 Vorbehältlich einer (zulässigen) abweichenden Abrede und vorbehältlich Hemmung und Unterbrechung der Verjährung gilt folgende Verjährungsregelung: Die Verjährung beginnt mit der Ablieferung des Werks zu laufen (Art. 371 Abs. 1 und 2 OR, wo allerdings statt von Ablieferung von Abnahme die Rede ist). Die Verjährungsfrist beträgt grundsätzlich zwei Jahre (Art. 371 Abs. 1 Satz 1 OR). In zwei Fällen beträgt sie fünf Jahre: einmal bei Mängeln eines unbeweglichen Werks (Art. 371 Abs. 2 OR), sodann bei Mängeln eines beweglichen Werks, sofern dieses «bestimmungsgemäss in ein unbewegliches 2 3 4 Theodor Bühler, Zürcher Kommentar, Zürich 1998, N 18 zu Art. 371 OR; Roland Hürlimann/Thomas Siegenthaler, Handkommentar zum Schweizer Privatrecht, Zürich 2012, N 4 zu Art. 371 OR; Alfred Koller, Das Nachbesserungsrecht im Werkvertrag, Zürich 1995, Rn 379; Gaudenz G. Zindel/Urs Pulver, Basler Kommentar, OR I, 5. A., Basel 2012, N 14 zu Art. 371 OR. Alfred Koller, Schweizerisches Obligationenrecht, Besonderer Teil Band I, Bern 2012, § 4 Rn 222. Peter Gauch, Der Werkvertrag, 5. A., Zürich/Basel/Genf 2011, Rn 2272; Koller, Nachbesserungsrecht (FN 2), Rn 447 mit Beispiel in Fn. 531. 12.03.14 16:08 La réglementation des armes à feu par la loi fédérale sur les armes AJP/PJA 3/2014 La réglementation des armes à feu par la loi fédérale sur les armes Benjamin Amsler Ludivine Calderari L'utilisation d'armes à feu a engendré plusieurs événements dramatiques en Suisse ces dernières années et a suscité des débats au niveau politique. Se basant sur le contexte d'utilisation des armes à feu, cette contribution analyse le fonctionnement de la Loi fédérale sur les armes (LArm), en mettant l’accent sur ses dispositions pénales afin de comprendre si la législation civile permet de répondre efficacement au risque d'usage abusif d'armes à feu en Suisse. Les auteurs proposent plusieurs points d’amélioration du texte de loi. Plan I.Introduction II. Les armes à feu 1. Introduction aux armes à feu 2. Contexte suisse de l’utilisation des armes à feu 2.1. Présence des armes à feu en Suisse 2.2. Infractions commises à l’aide d’une arme à feu 2.3.Suicides 3. Sources applicables aux armes à feu 3.1. Droit international 3.2. Droit suisse III. Fonctionnement de la Loi fédérale sur les armes 1.But 2. Précisions relatives aux infractions pénales prévues par la LArm 3. Interdictions et restrictions de portée générale 3.1. Interdictions applicables à certaines armes à feu 3.2. Autorisation cantonale exceptionnelle 3.3. Interdictions applicables à certaines personnes 3.4. Interdictions applicables aux offres anonymes d’armes à feu 4. Acquisition d’une arme 4.1. Principe : permis d’acquisition d’armes 4.2. Exceptions : contrat écrit 4.3. Prêt d’armes de sport à des mineurs 5. La possession d’armes à feu 6. Le commerce d’armes à feu 7. La fabrication d’armes à feu 7.1. Fabrication, réparation et transformation à titre non professionnel 7.2. Fabrication, réparation et transformation à titre professionnel 7.3. Le marquage 8. La conservation d’une arme à feu 9. Le port et le transport d’armes à feu 10.Les moyens de contrôle des autorités et communications aux autorités 10.1.Droit de communiquer 10.2.Séquestre et confiscation par les autorités admini stratives 10.3.Contrôles et révocations d’autorisations 11.Les fichiers d’enregistrement IV. Présentation des projets de modification de la législation suisse sur les armes à feu V.Conclusion AJP 03_2014.indb 309 309 In den letzten Jahren haben dramatische Vorfälle mit Schusswaffengebrauch in der Schweiz politische Debatten ausgelöst. Der vorliegende Aufsatz analysiert die Funktionsweise des schweizerischen Waffengesetzes. Dabei liegt der Schwerpunkt bei den Strafbestimmungen; es soll geprüft werden, ob die im Zivilbereich anwendbare Gesetzgebung dem Missbrauch von Schusswaffen wirksam entgegentritt. Die Verfasser schlagen mehrere Verbesserungen in der Gesetzgebung vor. I.Introduction La Suisse a connu ces dernières années des événements dramatiques mettant sur le devant de la scène l’utilisation des armes à feu, comme la tuerie ayant eu lieu au parlement de Zoug, en septembre 2001, qui a coûté la vie à quinze personnes, celle de Daillon (VS) en janvier 2013 où un forcené a abattu trois personnes ainsi que la fusillade dans une usine à Menznau (LU) en février 2013, qui a fait cinq victimes, dont l’auteur, et autant de blessés. Les armes ont également souvent fait l’objet de débats, en particulier avec l’initiative populaire « Pour la protection face à la violence des armes »1, rejetée par le peuple et les cantons en février 2011. Cette contribution analyse principalement le régime suisse applicable aux armes à feu par la Loi fédérale sur les armes (LArm)2 afin de voir s’il permet de répondre efficacement au risque d’usage abusif d’armes à feu. Ainsi, nous nous intéresserons uniquement aux armes à feu et non pas à d’autres armes comme les couteaux ou les sprays au poivre par exemple. Par ailleurs, nous ne traiterons pas de la législation militaire applicable aux Benjamin Amsler, MLaw, MCriminology and Security, assistant diplômé, Université de Lausanne. Ludivine Calderari, MLaw, assistante diplômée, Université de Lausanne. Nous tenons à remercier Madame Nathalie Dongois, MER, Université de Lausanne, pour sa relecture et ses précieuses remarques. Les propos tenus n’engagent cependant que les auteurs. 1 Pour plus de détails, cf. Message relatif à l’initiative populaire « Pour la protection face à la violence des armes » du 16 décembre 2009, FF 2010 129. 2 Loi fédérale sur les armes, les accessoires d’armes et les munitions (Loi sur les armes, LArm ; RS 514.54). 12.03.14 16:08 Strafzumessung im Betäubungsmittelhandel AJP/PJA 3/2014 Strafzumessung im Betäubungsmittelhandel Tom Frischknecht Luzius Eugster Die Autoren entwickeln unter Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Vorgaben und auf der Grundlage der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ein Modell für die Strafzumessung im Betäubungsmittelhandel. Es erlaubt die Zuordnung von Betäubungsmitteldelikten hinsichtlich ihrer objektiven Tatschwere in eine von fünf Hierarchiestufen. Die für eine Hierarchiestufe typischen Merkmale werden aufgelistet. Sie ergeben sich aus einer Analyse der neuen Rechtsprechung des Bundesgerichts und der Strafkammer des Kantonsgerichts St. Gallen im Bereich der Betäubungsmitteldelinquenz. Es zeigt sich, dass der Funktion respektive der Stellung eines Beschuldigten in einer auf den Handel mit Betäubungsmitteln angelegten Organisation bei der Bestimmung des objektiven Tatverschuldens primäre Bedeutung zuzumessen ist. Die Gegenüberstellung des konkret zu beurteilenden Sachverhalts mit den Merkmalen einer Hierarchiestufe ermöglicht es, die im Einzelfall angemessene Einsatzstrafe für das objektive Tatverschulden auf nachvollziehbare und rechtsgleiche Weise festzusetzen. Inhaltsübersicht I.Einleitung A. Das Modell Frei/Ranzoni als Ausgangslage B. Kritik an bestehenden Strafzumessungsmodellen C. Die zahlenmässige Gewichtung von Strafzumessungsfaktoren nach Kiener II. Grundlagen für ein Strafzumessungsmodell im Betäubungs mittelhandel A. Allgemeine Grundsätze der Strafzumessung nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts B. Faktoren des objektiven Tatverschuldens im Bereich der Betäubungsmitteldelinquenz C. Bei der Kategorienbildung zu berücksichtigende Aspekte 1.Heroin/Kokain 2.Cannabis III.Hierarchiestufen Luzius Eugster, Dr. iur., ehem. Kantonsrichter, St. Gallen. Tom Frischknecht, Dr. iur., Rechtsanwalt, Kammergerichts- schreiber der Strafkammer des Kantonsgerichts St. Gallen, Lehrbeauftragter für Strafrecht und Strafprozessrecht an der Universität St. Gallen. Herr Staatsanwalt Dr. Peter Hangartner, Kantonales Untersuchungsamt St. Gallen, hat den Autoren freundlicherweise von seinen Erfahrungen aus den Untersuchungen im Zusammenhang mit dem von Niš ausgehenden Betäubungsmittelhandel berichtet. Ihm sei an dieser Stelle herzlich gedankt. Dank für Ihre konstruktiven Anregungen gebührt ebenfalls Herrn Dr. Patrick Guidon, Präsident der Strafkammer des Kantonsgerichts St. Gallen, sowie den Herren Kantonsrichter und Mitglieder der Strafkammer Dr. Walter Würzer und lic. iur. Jürg Diggelmann. AJP 03_2014.indb 327 327 Les auteurs développent un modèle pour la fixation de la peine dans le cadre du trafic de stupéfiants en tenant compte des prescriptions du droit constitutionnel et de la jurisprudence du Tribunal fédéral. Ce modèle permet de ranger les délits en matière de stupéfiants en fonction de la gravité objective de l’acte dans l’un des cinq niveaux hiérarchiques. Les caractéristiques de chaque niveau hiérarchique sont énumérées. Ces critères sont déduits d’une analyse de la nouvelle jurisprudence du Tribunal fédéral et de la Cour des affaires pénales du Tribunal cantonal de St-Gall rendue en matière de délinquance liée aux stupéfiants. Il apparaît que la fonction ou la position d’un prévenu dans une organisation constituée pour le trafic de stupéfiants revêt une importance primordiale lors de l’appréciation objective de la faute. La comparaison entre l’état de fait concret qui doit être jugé et les caractéristiques d’un niveau hiérarchique permet de fixer, de manière transparente et uniforme, la peine de base appropriée à chaque cas pour la culpabilité objective. I.Einleitung A. Das Modell Frei/Ranzoni als Ausgangslage Im Jahr 1995 veröffentlichten Peter Frei und Carlo Ranzoni, zwei vorwiegend in der Strafkammer des Kantonsgerichts St. Gallen tätige Gerichtsschreiber, einen vielbeachteten Artikel über die «Strafzumessung im Betäubungsmittelhandel»1. Ausgehend von der Feststellung, dass immer wieder ähnliche Sachverhalte zu beurteilen waren, versuchten die Autoren, mit wiederkehrenden, für die Strafzumessung typischen Elementen, Täterkatego rien zu bilden,«um mit ihrer Hilfe eine vom konkreten Fall losgelöste Einteilung zu ermöglichen»2. Sie ordneten die nichtsüchtigen Händler den zwei Kategorien «gewöhnliche» Händler und (internationale) Grosshändler zu. Für die Bildung der Kategorien benutzten sie Krite rien wie «Bedeutung der Einzelgeschäfte», «personelle Gestaltung» und «räumliche Ausdehnung der geschäftlichen Beziehungen». Innerhalb der Kategorien nahmen sie eine Verfeinerung der Stufen nach der «Intensität des Handels» und «der Gesamtmenge bzw. Anzahl der Einzelgeschäfte» vor. Diese – auf den ersten Blick stark an der Menge orientierte – Einteilung ordnete der ersten 1 2 Peter Frei/Carlo Ranzoni, Strafzumessung im Betäubungsmittelhandel, in: AJP/PJA 1995, 1439 ff. Frei/Ranzoni (FN 1), 1440. 12.03.14 16:08 K i n g a M . W e i s s / D o m i n o M . H o f s t e t t e r AJP/PJA 3/2014 Die Qualifikation von Betreuungsund Pflegeleistungen durch Angehörige und ihre Bedeutung im Erbrecht 342 Domino M. Hofstetter Kinga M. Weiss Private Betreuungs- und Pflegeleistungen für pflegebedürftige Angehörige nehmen stetig zu. Sozialversicherungsrechtliche Leistungen sind zumeist ungenügend und Pflegeverträge werden aus Pietätsgründen nur selten ausdrücklich abgeschlossen. Zudem fehlt häufig eine Entschädigungsregelung. Dennoch besteht keine (erbrechtliche) Norm, welche die Angehörigen entsprechend entschädigen würde. De lege ferenda stellt sich daher die Frage nach einem gesetzlich verankerten Begünstigungsanspruch für betreuende oder pflegende Angehörige. Für dessen konkrete Ausgestaltung bieten sich Institute wie namentlich das Ausgleichungsrecht, die fiktive Nachlassverbindlichkeit oder das gesetzliche Vermächtnis an. Inhaltsübersicht I.Einleitung II. Private Betreuungs- und Pflegeleistungen durch Angehörige – entgeltliche oder unentgeltliche Leistung A.Rechtspflicht 1. Gesetzliche Leistungspflicht 2. Vertragliche Leistungspflicht B. Sittliche Pflicht C. Freiwillige Leistung III. Bemessung der Entschädigung IV. Lebzeitige Entschädigung von privaten Betreuungs- und Pflegeleistungen durch Angehörige de lege lata A. Sozialversicherungsrechtliche Ansprüche B. Haftpflichtrechtliche Ansprüche C. Ansprüche aus schuldrechtlichen Betreuungs- und Pflege verträgen 1. Übersicht 2.Verpfründungsvertrag 3.Arbeitsvertrag 4.Pflegeauftrag 5. Geschäftsführung ohne Auftrag 6.Fazit D. Ausservertragliche Ansprüche 1.Lidlohn 2. Ungerechtfertigte Bereicherung 3.Fazit V. Berücksichtigung von privaten Betreuungs- und Pflege leistungen durch Angehörige im Erbgang A. Erbrechtliche Begünstigung oder Lohnanspruch? B.«Dreissigster» C.Ausgleichungsrecht 1. Betreuungs- und Pflegeleistungen durch die Nachkommen 2. Betreuungs- und Pflegeleistungen durch den Erblasser 3. Lebzeitige Zuwendungen des Erblassers als Dank für Betreuungs- und Pflegeleistungen D.Enterbung E.Erbschleicherei F.Verfügungsfähigkeit AJP 03_2014.indb 342 Les prestations privées de prise en charge et de soin en faveur des parents nécessitant des soins sont en constante augmentation. Les prestations du droit des assurances sociales sont insuffisantes et, pour des raisons de piété, il est rare que des contrats de soins soient expressément conclus. Une réglementation relative à la rémunération fait en outre souvent défaut. Il n’existe toutefois aucune norme (de droit successoral) selon laquelle les parents auraient le droit d’être indemnisés en conséquence. De lege ferenda, il se pose la question de l’inscription dans la loi du droit à un traitement privilégié dans la succession pour les parents assumant la prise en charge ou les soins. Concrètement, le concept pourrait par exemple s’inspirer du droit au rapport. Le droit légal à un traitement privilégié pourrait cependant aussi être créé à travers les institutions des dettes fictives de la succession ou du legs fondé sur une disposition légale. G.Erbteilung VI. Blick über die Grenzen VII.Ausblick im schweizerischen Recht: Erbrechtlicher Begünstigungsanspruch de lege ferenda I.Einleitung Der Anteil älterer hilfsbedürftiger Personen an der Gesamtbevölkerung nimmt stetig zu. Die hohen Kosten, welche Alters- und Pflegeheime verursachen sowie die generelle Abneigung solchen Institutionen gegenüber führen dazu, dass immer mehr ältere Menschen temporär oder dauerhaft ausserhalb von Alters- und Pflegeheimen beherbergt und gepflegt werden: Zehn Prozent der zu Hause lebenden älteren Bevölkerung (65-jährig und älter) ist pflegebedürftig, bei den über 85-Jährigen ist es rund ein Drittel1. Noch stärker steigt die Kinga M. Weiss, Dr. iur., LL.M., Rechtsanwältin, Fachanwältin SAV Erbrecht, Konsulentin bei Walder Wyss AG, Zürich. Domino M. Hofstetter, MLaw, Zürich. Dieser Aufsatz wurde gekürzt gehalten als Referat durch Dr. iur. Kinga M. Weiss an der Tagung «St. Galler Erbrechtstag» am 19. Juni 2013 in Zürich. 1 Die Hälfte davon ist nur leicht pflegebedürftig (14 %), die andere Hälfe mittelmässig (6 %) bis stark (12 %) pflegebedürftig. Am meisten Unterstützung wird beim Baden bzw. Duschen sowie beim An- und Ausziehen benötigt: François Höpflinger/Lucy ayer-Oglesby/Andrea Zumbrunn, Schweizerisches GesundB heitsobservatorium (Hrsg.), Pflegebedürftigkeit und Langzeitpflege im Alter, Aktualisierte Szenarien für die Schweiz, Bern 2011, 46 ff. sowie SGB 2007 (gewichtete Daten, Antworten zu den ADL-Items). 12.03.14 16:08 Anforderungen einer stärkeren nachteiligen Betroffenheit bei der indirekten Geschlechterdiskriminierung AJP/PJA 3/2014 Anforderungen an das Vorliegen einer stärkeren nachteiligen Betroffenheit bei der indirekten Geschlechterdiskriminierung 361 Von der Justitia über die Europa zur Helvetia? Jakob Ueberschlag Die Erfüllung des Tatbestands der indirekten Geschlechterdiskriminierung i.S. des Bundesgesetzes über die Gleichstellung von Frau und Mann setzt u.a. das Vorliegen einer stärkeren nachteiligen Betroffenheit der Angehörigen des einen Geschlechts voraus. In vielen Fällen ist ein entsprechender statistischer Nachweis hingegen nicht möglich. In der Europäischen Union wurde dieses Problem erkannt und führte schliesslich dazu, dass die blosse Benachteiligungsgefahr ausreichen kann, um das Vorliegen einer indirekten Diskriminierung zu bejahen. Aus verschiedenen, im Beitrag festgehaltenen Erwägungen muss dies gleichermassen im schweizerischen Recht gelten. Inhaltsübersicht 1.Einleitung 2. Rechtliche Ausgangslage 3. Entwicklung im europäischen Rechtsraum 4. Implementierung ins schweizerische Recht – quo vadis? Une discrimination indirecte entre les sexes au sens de la loi fédérale sur l'égalité entre femmes et hommes n’est réalisée que si les personnes appartenant à l’un des sexes subissent des désavantages supérieurs. Dans de nombreux cas, il n’est toutefois pas possible de fournir une preuve statistique. Dans l’Union européenne, ce problème a été reconnu, de sorte que le simple risque de discrimination peut suffire pour admettre l’existence d’une discrimination indirecte. Différentes considérations, évoquées dans l’article, plaident en faveur de l’application d’une telle règle en Suisse également. tionierung indirekter Diskriminierungen ihre Grenzen bereits dort, wo statistische Daten nicht zur Verfügung stehen? Diesen Fragen wird im Folgenden nachgegangen. 2. 1.Einleitung Der Tatbestand der indirekten Geschlechterdiskriminierung bereitet nach wie vor und nicht ohne Grund bei vielen JuristInnen Kopfzerbrechen. Insbesondere blieb weitgehend ungeklärt, wann das Tatbestandsmerkmal der wesentlich stärkeren nachteiligen Betroffenheit als erfüllt zu betrachten ist. In der Literatur wurde zwar nachgewiesen, dass ein geeigneter Massstab zur Beurteilung in der Differenz zwischen den prozentualen Anteilen eines Geschlechts in der bevorzugten und benachteiligten Gruppe besteht. Sofern die Vergleichsgruppen repräsentativ und Zufälligkeiten damit zu einem grossen Teil neutralisiert sind, müsse als Faustregel ein Abstand von mindestens 30 Prozentpunkten genügen, um von einer wesentlich stärkeren bzw. überwiegenden Betroffenheit eines Geschlechts ausgehen zu können. Was aber hat zu gelten, wenn ein statistischer Nachweis nicht erbringbar ist? Findet die Sank1 Rechtliche Ausgangslage In Anlehnung an die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs erachtet das Bundesgericht eine indirekte Geschlechterdiskriminierung in konstanter Rechtsprechung als gegeben, «wenn eine formal geschlechtsneutrale Regelung im Ergebnis wesentlich mehr bzw. überwiegend Angehörige des einen Geschlechts gegenüber denjenigen des anderen [erheblich2] benachteiligt, ohne dass dies sachlich begründet wäre»3. Ob im Einzelfall der Tatbestand der indirekten Diskriminierung erfüllt ist, hängt massgebend davon ab, wie sich eine formal geschlechtsneutrale Regelung bzw. das Abstellen auf den darin enthaltenen geschlechtsunspezifischen Anknüpfungspunkt realiter auf die beiden Geschlechter auswirkt, zumal das Verbot indirekter Diskriminierungen gegen solche Benachteiligungen gerichtet Das Erheblichkeitserfordernis findet sich namentlich in älteren Lohndiskriminierungsentscheiden (vgl. BGE 125 II 543, E. 2a; BGE 125 II 532, E. 2a; BGE 125 II 387, E. 3b; BGE 125 I 79, E. 2a) und wurde in der jüngeren Rechtsprechung m.E. zu Recht nicht mehr übernommen. 3 BGer Urteil vom 10.4.2013, 8C_1006/2012, E. 5.2; BGE 138 I 205, E. 5.5; BGer Urteil vom 25.2.2008, 2A.91/2007, E. 2; BGE 132 I 74, E. 4.1; BGer Urteil vom 8.4.2005, 2A.205/2004, E. 4.1; BGE 124 II 424 f., E. 7. 2 Jakob Ueberschlag, Dr. iur., Lehrbeauftragter an der Universität 1 Luzern. Vgl. zum Ganzen Jakob Ueberschlag, Die Anstellungsdiskriminierung aufgrund des Geschlechts im privatrechtlichen Arbeitsverhältnis (Art. 3 Abs. 2 GlG), Unter besonderer Berücksichtigung des europäischen Rechts, Diss., Zürich/Basel/Genf 2009, Rz. 126 ff., mit weiteren Hinweisen. AJP 03_2014.indb 361 12.03.14 16:09 Thomas Geiser AJP/PJA 3/2014 Zur Neugestaltung des Vorsorgeausgleichs 364 Thomas Geiser In der zweiten Säule findet der bei einer Scheidung notwendige Vorsorgeausgleich durch eine besondere Regelung im Scheidungsrecht statt. Dabei geht es nicht um die Teilung eines Guthabens, sondern um den Ausgleich zwischen Ansprüchen, welche beide Ehegatten während der Ehe gegenüber jeweiligen Pensionskassen erworben haben. Obwohl sich der Vorsorgeausgleich in den über zehn Jahren seines Inkrafttretens grundsätzlich bewährt hat, sind gewisse Präzisierungen, Weiterentwicklungen und Korrekturen nötig geworden. Die Ausgangslage für die Reform war eine äusserst widersprüchliche: Nicht nur Sonderfragen, technischen Verbesserungen und mehr Gestaltungsspielraum sollte Rechnung getragen werden, sondern auch der Sicherstellung einer Teilung, die tatsächlich hälftig erfolgt. Nebst einigen technischen Neuerungen, welche vorbehaltslos zu begrüssen sind, ist festzustellen, dass die Reformziele leider nicht erreicht worden sind. Dies zeigt sich insbesondere bei der Regelung des Stichtages, des Sonderproblems der geschiedenen Witwen oder der nach wie vor grundsätzlichen Unterscheidung zwischen Fällen, bei denen beide Ehegatten das Pensionierungsalter noch nicht erreicht haben und jenen, in denen ein Ehegatte bereits eine Altersrente bezieht. Inhaltsübersicht 1.Ausgangslage 2.Revisionsbestrebungen 3. Vorlage des Bundesrates vom 29.5.2013 3.1. Systematik und Aufbau des Revisionsvorschlages 3.2. Hälftige Teilung auch nach Vorsorgefall? a. Geltendes Recht b.Revisionsentwurf c.Bewertung 3.3. Verzicht und Verweigerung a. Geltendes Recht b.Revisionsentwurf c.Bewertung 3.4. Überhälftige Teilung 3.5. Sonderfälle (Unmöglichkeit) a. Geltendes Recht b.Revisionsentwurf c.Bewertung 3.6. Internationale Verhältnisse a. Geltendes Recht b. Revisionsentwurf und Bewertung 3.7.Stichtag 3.8. Barauszahlungen während der Ehe 3.9. Technische Veränderungen a. Verhältnis Obligatorium/Überobligatorium b.Wiedereinkauf c. Aufteilung bei WEF d.Register 4.Folgerung AJP 03_2014.indb 364 Dans le deuxième pilier, le partage de la prévoyance requis en cas de divorce s’effectue sur la base d’une réglementation spéciale du droit du divorce. Il ne s’agit alors pas de partager un avoir, mais d’équi librer les prétentions acquises par les deux époux, durant le mariage, envers leurs caisses de pensions respectives. Bien que le partage de la prévoyance se soit en principe avéré satisfaisant depuis son entrée en vigueur, il y a plus de dix ans, certaines précisions, évolutions et corrections sont devenues nécessaires. Le contexte ayant donné lieu à la réforme était hautement contradictoire : il fallait intégrer non seulement des questions particulières, des améliorations techniques et une marge de manœuvre accrue, mais aussi assurer un partage qui soit effectivement par moitié. Outre quelques nouveautés techniques, dont on peut se réjouir sans réserve, force est de constater que les objectifs de la réforme n’ont hélas pas été atteints. C’est particulièrement apparent en ce qui concerne la réglementation de la date de référence, du problème spécifique des veufs divorcés ou de la distinction fondamentale, maintenue, entre les cas dans lesquels les deux conjoints n’ont pas atteint l’âge de la retraite et ceux dans lesquels l’un d’eux perçoit déjà une rente de vieillesse. 1.Ausgangslage Die Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge ist ein Verfassungsauftrag, der nicht nur im Interesse jeder einzelnen versicherten Person steht, sondern auch im öffentlichen Interesse1. Die Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge beruht auf einem Familienmodell und ist nach wie vor nicht zivilstandsneutral ausgestaltet. Weil die Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge auf einem Fami lienmodell beruht, muss bei familiären Veränderungen wie der Scheidung eine Reorganisation stattfinden. Von der Verfassung vorgegeben ist das Drei-Säulenprinzip2. Die drei Säulen der Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge werden in der Scheidung nach vollständig unterschiedlichen Regeln behandelt: Bei der ersten Säule findet ein sozialversicherungsrechtlicher Ausgleich statt. Dieser ist: – absolut zwingend, – erfolgt grundsätzlich automatisch, Thomas Geiser, Prof. Dr. iur., Ordinarius für Privat- und Han- 1 2 delsrecht an der Universität St. Gallen HSG, Direktor FAA-HSG, nebenamtlicher Bundesrichter. Art. 111 und Art. 113 BV. Art. 111 BV. 12.03.14 16:09
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