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Inhaltsverzeichnis/Sommaire
AJP/PJA 3/2014
Aufsätze / Articles
Aufgrund des entstehungsgeschichtlichen und dogmatischen Hintergrunds der Artikel 128 Ziff. 1 und Art. 131
OR gelangt der Verfasser zum Schluss, dass die kürzere
Verjährungsfrist des Art. 128 Ziff. 1 OR keine Anwendung
auf die Herausgabe von Vorteilen (wie Retrozessionen)
findet, die dem Auftragnehmer infolge seiner Auftragsausführung von einem Dritten zukommen.
■ Peter
Gauch
Periodisch geschuldete Leistungen: Gedanken zur
Verjährungsbestimmung des Art. 128 Ziff. 1 OR
285
Unter welchen Voraussetzungen steht im Konkurs und
im Nachlassverfahren dem Schuldner bzw. der Masse das
Recht zu, Dauerschuldverhältnisse ausserordentlich zu
kündigen? Für welche Periode kann die Gegenpartei in
der Insolvenz Forderungen geltend machen und welche
Forderung gilt dabei als Masseverbindlichkeit?
■ Franco
Lorandi
Dauerschuldverhältnisse im neuen Sanierungsrecht
294
Präzisierungen zum Beginn der Verjährung werkvertraglicher Mängelrechte mit der Werkablieferung und
zu Auslegungsfragen im Zusammenhang mit der seit
1.1.2013 neu geregelten fünfjährigen Verjährungsfrist für
Mängel eines unbeweglichen Werks bzw. eines beweglichen Werks, das bestimmungsgemäss in ein unbewegliches Werk integriert worden ist und zu einem Mangel in
letzterem geführt hat.
■ Alfred
Koller
Verjährung der werkvertraglichen Mängelrechte
303
Eingehende Darstellung der gesetzlichen Regelung und
Analyse der Wirkungsmechanismen des Schusswaffenrechts.
■ Benjamin
Amsler / Ludivine Calderari
La réglementation des armes à feu par la loi fédérale
sur les armes
309
Die Autoren schlagen anhand der Bundesgerichtspraxis
und der sankt gallischen Rechtsprechung ein Strafzumessungsmodell im Betäubungsmittelhandel vor. Zentral
ist dabei die Gewichtung von Faktoren des objektiven
Verschuldens anhand von fünf Hierarchiestufen.
■ Luzius
Eugster / Tom Frischknecht
Strafzumessung im Betäubungsmittelhandel
327
Wie sind nach geltendem Recht private Betreuungsund Pflegeleistungen durch Angehörige privat- und
versicherungsrechtlich einzuordnen und welche Entgeltsansprüche können zu Lebzeiten und im Erbgang geltend
gemacht werden? Der vorliegende Aufsatz plädiert für
klarer und besser ausgestaltete Ansprüche pflegender
Angehöriger.
■ Kinga
M. Weiss / Domino M. Hofstetter
Qualifikation von Betreuungs- und Pflegeleistungen
durch Angehörige und deren Bedeutung im Erbrecht
342
In der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs
findet der Verfasser Lösungsansätze dazu, wie die Anforderungen an den Nachweis indirekter Geschlechterdiskriminierung auf ein realistisches Mass zurückgeführt
werden können. Zur Begründung für deren Übernahme
ins schweizerische Recht kann er sich auf Materialien
zum Gleichstellungsgesetz und vergleichbare Ansätze in
der bundesgerichtlichen Rechtsprechung berufen.
■ Jakob
Ueberschlag
Anforderungen an das Vorliegen einer stärkeren
nachteiligen Betroffenheit bei der indirekten Geschlechterdiskriminierung
361
Der Verfasser weist auf gravierende Mängel der Vorlage
des Bundesrates vom 29. Mai 2013 zur Revision des Vorsorgeausgleichs bei Scheidung (BBL 2013 4887 ff.) hin.
■ Thomas
364
Geiser
Zur Neugestaltung des Vorsorgeausgleichs
Chronik der Rechtsetzung / Législation
■ Marco
Bär
382
Rechtsprechungsübersicht / Aperçu de la jurisprudence
■ Marco
AJP 03_2014.indb 281
Bär
386
12.03.14 16:08
Inhaltsverzeichnis/Sommaire
AJP/PJA 3/2014
Besprechung neuerer Entscheidungen auf dem Gebiet
des Eherechts
Auseinandersetzung mit 19 neueren Bundesgerichtsentscheidungen (überwiegend aus dem Jahr 2013) in den
Bereichen des Ehe- und des Kindesrechts.
■ Thomas
Geiser
395
Entscheidungsbesprechungen / Discussions d’arrêts actuels
Besprechung des Urteils BGer 4C_1/2013 vom 25. Juni
2013 bezüglich Vorrang der bundesrechtlich in Art. 204
und Art. 206 ZPO abschliessend getroffenen Regelung
der Folgen unentschuldigten Fernbleibens einer Partei
im Schlichtungsverfahren vor einer davon abweichenden
Spezialregelung für mietrechtliche Schlichtungsverfahren
im Kanton Genf.
■ Michel
Hottelier
(1) Art. 49 al. 1 Cst. Loi cantonale prévoyant la comparution
à l’audience de conciliation dans les litiges de bail à loyer
404
Besprechung des Urteils BGer 4A_408/2013 vom
17. Januar 2014 bezüglich des Kriteriums des Orts und
des ­Gegenstandes der Erbringung der charakteristischen
­Leistung durch die Rückversicherung.
■ Daniel
410
Marugg (2) Entscheidungszuständigkeit bei internationalen
Rückversicherungsverträgen (Art. 5 Ziff. 1 lit. b LugÜ)
Literaturübersicht / Bibliographie
■ Lorenz
Lauer 416
Zu guter Letzt
Erst als Folge unerfreulicher Überraschungen erkannte
man mit der Zeit die Bedeutung einer Due DiligencePrüfung bei Übernahmen.
■ Arnold
F. Rusch Die Trennung von Bentley und Rolls-Royce
424
Mitteilungen / Communications
AJP 03_2014.indb 282
Impressum
431
Autorenverzeichnis / Adresses des auteurs
432
12.03.14 16:08
Periodisch geschuldete Leistungen
AJP/PJA 3/2014
Periodisch geschuldete Leistungen:
Gedanken zur Verjährungsbestimmung
des Art. 128 Ziff. 1 OR
285
Peter Gauch
Nach Art. 128 Ziff. 1 OR verjähren «die Forderungen für Miet-, Pachtund Kapitalzinse sowie für andere periodische Leistungen» in fünf
(statt in zehn) Jahren. Im Zusammenhang mit den juristischen Kontroversen, die bezüglich der herausgabepflichtigen Retrozessionen an
beauftragte Banken und Vermögensverwalter ausgebrochen sind, hat
sich in der jüngeren Vergangenheit auch die Frage nach der Auslegung
des zitierten Art. 128 Ziff. 1 OR aktualisiert.
Mit dieser Frage befasst sich der vorliegende Aufsatz, indem er unter Einbezug des Art. 131 OR einige Gedanken entwickelt, die es für
das Verständnis des Art. 128 Ziff. 1 OR zu berücksichtigen gilt. Nach
der Ansicht des Autors beruhen die periodischen Leistungspflichten
sowohl des Art. 131 OR als auch des Art. 128 Ziff. 1 OR auf einer
Dauerschuld, welche die betreffenden Leistungspflichten («Einzelschulden») in regelmässigen Zeitabständen (periodisch) hervorbringt. Bei
der Dauerforderung, die das Korrelat dieser Dauerschuld bildet, handelt es sich um «das Forderungsrecht im Ganzen», von dem Art. 131
OR spricht.
In einem Exkurs kommt der Autor auch auf die Verpflichtung des Beauftragten zur Herausgabe von Vorteilen («Rabatten», «Provisionen»,
«Retrozessionen» usw.) zu sprechen, die dem Auftragnehmer infolge
seiner Auftragsausführung von einem Dritten zukommen. Ausgehend
von seiner Auslegung des Art. 128 Ziff. 1 OR gelangt der Autor zum
Schluss, dass Art. 128 Ziff. 1 OR diesbezüglich keine Anwendung findet, selbst wenn der Beauftragte im konkreten Fall die jeweils erlangten
Vorteile in zeitlich regelmässiger Wiederkehr herauszugeben hat.
Inhaltsübersicht
I.Einleitung
II. Zwei Vorbemerkungen
III.Das rechtliche Umfeld des Art. 128 Ziff. 1 OR, namentlich
Art. 131 OR
IV.Zum Inhalt des Art. 128 Ziff. 1 OR
V. Exkurs: Die Pflicht des Beauftragten zur Herausgabe der von
Dritten erlangten Vorteile und wie es diesbezüglich um die
Anwendbarkeit des Art. 128 Ziff. 1 OR steht
VI.Schluss
I.Einleitung
Selon l’art. 128 ch. 1 CO, « les loyers et fermages, les intérêts de capitaux et toutes autres redevances périodiques » se prescrivent par un
délai de cinq (au lieu de dix) ans. Dans le cadre des controverses en
droit de la prescription qui sont survenues en rapport avec l’obligation
de restitution des rétrocessions reçues par des banques et gérants de
fortunes mandatés, la question de l’interprétation de l’art. 128 ch. 1
CO est récemment devenue d’actualité.
La présente contribution traite de cette question, dans la mesure où
elle développe, en intégrant l’art. 131 CO, quelques idées, qui doivent
être prises en considération pour la compréhension de l’art. 128 ch. 1
CO. Selon l’auteur, les obligations de prestations périodiques au sens
de l’art. 131 CO ainsi qu’au sens de l’art. 128 ch. 1 CO reposent sur
une dette de durée, qui fait émerger les obligations de prestations en
question à des intervalles périodiques. La créance de durée, qui constitue le corrélat de cette dette de durée, représente le «Forderungsrecht
im Ganzen» (OR 131 deutsch), auquel l’art. 131 al. 2 CO fait référence en utilisant l’expression «créance».
Dans un excursus, l’auteur parle de l’obligation du mandataire de
restituer les avantages («rabais», «provisions», «rétrocessions», etc.)
reçus de tiers suite à l’exécution du contrat de mandat. Sur la base de
son interprétation de l’art. 128 ch. 1 CO, l’auteur arrive à la conclusion
que l’art. 128 ch. 1 CO n’est pas applicable dans ce contexte, même si
les avantages reçus doivent être restitués à des intervalles périodiques.
zu ins Visier eines Gerichts, schlummert sonst aber ruhig
vor sich hin, ohne besondere Diskussionen oder gar erregte Kontroversen auszulösen. So verhielt es sich über
längere Zeit hinweg auch mit Art. 128 Ziff. 1 OR, wonach
«die Forderungen für Miet-, Pacht- und Kapitalzinse sowie für andere periodische Leistungen» in Abweichung
von der zehnjährigen Regelfrist des Art. 127 OR schon in
fünf Jahren verjähren1. In Zusammenhang mit den «Retrozessionen» an die Banken und Vermögensverwalter
hat sich diese Situation nun aber schlagartig geändert.
Art. 128 Ziff. 1 OR und die Frage, welche Forderungen
Manche Bestimmung des Obligationenrechts wird da und
dort kommentiert, allenfalls «monografiert», gerät ab und
Peter Gauch, Dr. iur., Dr. h.c., Emeritierter Professor der Uni-
versität Freiburg und ständiger Gastprofessor der Universität Luzern.
Bei der Vervollständigung der Anmerkungen und beim Korrekturlesen hat mir Herr Rechtsanwalt Roger Bieri, wissenschaftlicher
AJP 03_2014.indb 285
1
Mitarbeiter am Lehrstuhl für Zivil- und Handelsrecht der Universität Freiburg, geholfen, wofür ich ihm sehr dankbar bin.
Vorbehalten bleiben Sonderbestimmungen, in denen das Gesetz für
periodische Leistungen andere Verjährungsfristen vorsieht. Vgl.
z.B. BGE 139 III 263 ff., wonach die aus einem Verdienstausfallversicherungsvertrag geschuldeten Renten je nach zwei Jahren verjähren, entsprechend der in Art. 46 Abs. 1 VVG vorgesehenen Frist.
12.03.14 16:08
Franco Lorandi
AJP/PJA 3/2014
Dauerschuldverhältnisse im
neuen Sanierungsrecht
294
Franco Lorandi
Das neue Sanierungsrecht regelt erstmals ausdrücklich gewisse Aspekte von Dauerschuldverhältnissen in der Insolvenz. Der vorliegende Aufsatz behandelt im Wesentlichen die Kündigungsmöglichkeiten,
namentlich die ausserordentliche Kündigung durch den Schuldner
bzw. die Insolvenzmasse und den partiellen «Vertragseintritt» gemäss
Art. 211 SchKG. Behandelt werden sowohl das Nachlassverfahren als
auch der Konkurs.
Inhaltsübersicht
I.Einleitung
II. Ausserordentliches Kündigungsrecht des Schuldners/seiner
Masse
A. Im Konkurs
B. Im Nachlassverfahren
1. Während der Nachlassstundung
2. Nach Zustandekommen eines Nachlassvertrags mit
Vermögensabtretung
3. Nach Zustandekommen eines ordentlichen Nachlass­
vertrages
4. Nach Aufhebung der Nachlassstundung
III.Insolvenzforderungen und Masseverbindlichkeiten aus Dauerschuldverhältnissen
A. Im Konkurs
1. Ordentliche Kündigung
2. Partieller «Vertragseintritt» gemäss Art. 211a SchKG
3. Weder Kündigung noch «Vertragseintritt» (Nichtstun)
B. Im Nachlassverfahren
1. Während der Nachlassstundung
2. Nach Zustandekommen eines Nachlassvertrages mit
Vermögensabtretung
3. Nach Zustandekommen eines ordentlichen Nachlass­
vertrages
4. Nach Aufhebung der Nachlassstundung
I.Einleitung
Dauerschuldverhältnisse unterscheiden sich von sog.
Zielschuldverhältnissen, indem Erstere als Hauptleistungsschuld ein fortdauerndes oder wiederholtes Leistungsverhalten des Schuldners verlangen, mit welchem
dieser so lange fortzufahren hat, als die Schuld besteht
Franco Lorandi, Prof. Dr. iur., Rechtsanwalt, LL.M., Zürich.
AJP 03_2014.indb 294
Le nouveau droit de l’assainissement règle pour la première fois expressément certains aspects des contrats de durée en cas d’insolvabilité.
Le présent essai traite essentiellement des possibilités de résiliation,
notamment de la résiliation ordinaire par le débiteur ou la masse en
faillite et la « succession dans le contrat » telle qu’elle est prévue à
l’art. 211 LP. Il aborde ainsi tant la procédure de sursis concordataire
que la faillite.
bzw. der Vertrag dauert1. Bei der Dauerschuld «richtet
sich die Leistung nach der Dauer der Verbindlichkeit»2.
Zu den Dauerschuldverhältnissen gehören etwa3 die
Miete, die Pacht, das Arbeitsverhältnis, die Gebrauchsüberlassung, der Hinterlegungsvertrag, das Darlehen und
oft (wenn auch nicht notwendigerweise) der Auftrag.
Auch Innominatverträge können Dauerschuldverhältnisse
sein, wie etwa der Leasingvertrag, der Lizenzvertrag, der
Alleinvertriebsvertrag, der Beherbergungs- und Gastaufnahmevertrag, das Factoring, der Unterrichtsvertrag, der
Pensionsvertrag, der Hauswartsvertrag oder der Sponsoringvertrag.
Aus insolvenzrechtlicher Sicht stellen sich im Zusammenhang mit Dauerschuldverhältnissen4 im Wesentlichen
drei Fragen5: (1) Kann der Schuldner bzw. kann seine
Masse den Vertrag vorzeitig auflösen? (2) Für welche Periode kann die Gegenpartei in der Insolvenz Forderungen
geltend machen? (3) Welche Forderungen der Gegenpar-
BBl 2010 6472; Peter Gauch, System der Beendigung von Dauerverträgen, Diss. Freiburg 1968, 6 ff.; Peter Gauch/Walter R.
Schluep/Jörg Schmid, Schweizerisches Obligationenrecht – allgemeiner Teil, 9. A., Zürich 2008, Band I, Rz 94 f.; Alfred Koller, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, Band I,
Bern 1996, Rz 113; BGE 138 III 318; Entscheid 4A_141/2007 vom
20. August 2007, E. 4.1.
2
Gauch (FN 1), 6; vgl. auch Hans Merz, Die Leistung als Inhalt
von Forderungen und Schuldverpflichtungen Leistung und Zuwendung, in Schweizerisches Privatrecht, Bd. 6, Obligationenrecht,
Allgemeiner Teil, Teilb. 1, Basel 1984, 128.
3
Vgl. Gauch (FN 1), 9 ff.
4
Arbeitsverträge bleiben nachfolgend ausgeklammert; hier stellt
sich eine Vielzahl von Sonderfragen.
5
Ausgeklammert bleibt vorliegend auch der Fall, dass das Dauerschuldverhältnis mit dem Gemein- oder Nachlassschuldner persönlich weitergeführt wird (vgl. Art. 211a Abs. 3 revSchKG).
1
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Ve r j ä h r u n g d e r w e r k v e r t r a g l i c h e n M ä n g e l r e c h t e
AJP/PJA 3/2014
Verjährung der werkvertraglichen
Mängelrechte
303
Insbesondere Bemerkungen zur Ablieferung
als verjährungsauslösendem Moment und zur
fünfjährigen Verjährungsfrist von Art. 371 OR
Alfred Koller
Werkvertragliche Mängelrechte beginnen grundsätzlich mit der Ablieferung zu verjähren (Art. 371 Abs. 1 OR, wo allerdings von Abnahme die Rede ist). Die Verjährungsfrist beträgt regelmässig zwei oder
fünf Jahre (Art. 371 Abs. 1 und 2 OR), ausnahmsweise zehn Jahre
(Art. 127 OR i.V.m. Art. 210 Abs. 6 OR und Art. 371 Abs. 3 OR). Der
Aufsatz befasst sich schwergewichtig mit der Ablieferung, deren Bedeutung und Tragweite in verschiedenen Punkten strittig ist (Ziffer 2.).
Ein zweiter Schwerpunkt gilt der fünfjährigen Verjährungsfrist, welche
seit 1. Januar 2013 einen erheblich veränderten Anwendungsbereich
hat (Ziffer 3.). An den Anfang gestellt werden grundsätzliche Erwägungen (Ziffer 1.), in denen insbesondere auf die Wirkungen der Verjährung eingegangen wird.
Inhaltsübersicht
1.Grundsätzliches
2. Der Verjährungsbeginn
3. Die Verjährungsfrist
La prescription des droits du maître en raison des défauts de l'ouvrage
commence en principe à courir dès la délivrance (art. 371 al. 1 CO, où
il est cependant question de la réception). Le délai de prescription est
généralement de deux ou cinq ans (art. 371 al. 1 et 2 CO), exceptionnellement de dix ans (art. 127 CO en relation avec l’art. 210 al. 6 CO
et l’art. 371 al. 3 CO). Cet essai traite essentiellement de la délivrance,
dont l’importance et la portée est controversée sur différents points
(II., en bas). Un deuxième accent est mis sur le délai de prescription de
cinq ans, dont le champ d’application est considérablement modifié
depuis le 1er janvier 2013 (III.). L’essai s’ouvre sur des réflexions fondamentales (I.), qui portent notamment sur les effets de la prescription.
so insbesondere jene betr. Hemmung (Art. 134 OR) und
Unterbrechung (Art. 135 ff. OR) der Verjährung2.
Unterbricht der Besteller die Verjährung für einen Anspruch
aus einem bestimmten Mangel, so gilt die Unterbrechung
auch für alle anderen Ansprüche aus diesem Mangel (BGE 96
II 181 E. 3b = Pra 1970, 518 ff., allerdings zum Kauf)3. Soweit freilich die Unterbrechung auf Schuldanerkennung beruht
(Art. 135 Ziff. 1 OR), steht es dem Unternehmer frei, die Unterbrechungswirkung auf ein bestimmtes oder bestimmte Mängelrechte zu beschränken4.
1.Grundsätzliches
Der Verjährung unterliegen nach allgemeiner Regel nur
Forderungen wie z.B. der Schadenersatzanspruch aus
Art. 368 Abs. 1 oder 2 OR, nicht aber Gestaltungsrechte
wie z.B. das Wandelungsrecht. Der Verjährungseintritt ist
jedoch auch für solche Rechte von Bedeutung, weil die
Verjährungsfrist absolute Rügefrist ist und daher Mängelrechte verwirken, soweit sie sich auf nicht rechtzeitig gerügte Mängel beziehen1.
Das Werkvertragsrecht regelt die Verjährung der Mängelrechte unter einem eigenen Randtitel («Verjährung»)
in Art. 371 OR, allerdings nicht umfassend. Subsidiär
kommen die Bestimmungen über die kaufrechtliche Verjährung (Art. 210 OR) zur Anwendung (Art. 371 Abs. 3
OR). Soweit Verjährungsfragen weder im Werkvertragsnoch im Kaufrecht geregelt sind, finden die allgemeinen
Verjährungsbestimmungen (Art. 127 ff. OR) Anwendung,
Alfred Koller, Prof. Dr. iur., Professor an der Universität
St. Gallen.
1
Siehe vorderhand Alfred Koller, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, Bern 2009, § 3 Rn 73 und § 67 Rn 12,
und später im Text.
AJP 03_2014.indb 303
Vorbehältlich einer (zulässigen) abweichenden Abrede und vorbehältlich Hemmung und Unterbrechung der
Verjährung gilt folgende Verjährungsregelung: Die Verjährung beginnt mit der Ablieferung des Werks zu laufen
(Art. 371 Abs. 1 und 2 OR, wo allerdings statt von Ablieferung von Abnahme die Rede ist). Die Verjährungsfrist
beträgt grundsätzlich zwei Jahre (Art. 371 Abs. 1 Satz 1
OR). In zwei Fällen beträgt sie fünf Jahre: einmal bei
Mängeln eines unbeweglichen Werks (Art. 371 Abs. 2
OR), sodann bei Mängeln eines beweglichen Werks, sofern dieses «bestimmungsgemäss in ein unbewegliches
2
3
4
Theodor Bühler, Zürcher Kommentar, Zürich 1998, N 18 zu
Art. 371 OR; Roland Hürlimann/Thomas Siegenthaler,
Handkommentar zum Schweizer Privatrecht, Zürich 2012, N 4 zu
Art. 371 OR; Alfred Koller, Das Nachbesserungsrecht im Werkvertrag, Zürich 1995, Rn 379; Gaudenz G. Zindel/Urs Pulver,
Basler Kommentar, OR I, 5. A., Basel 2012, N 14 zu Art. 371 OR.
Alfred Koller, Schweizerisches Obligationenrecht, Besonderer
Teil Band I, Bern 2012, § 4 Rn 222.
Peter Gauch, Der Werkvertrag, 5. A., Zürich/Basel/Genf 2011,
Rn 2272; Koller, Nachbesserungsrecht (FN 2), Rn 447 mit Beispiel in Fn. 531.
12.03.14 16:08
La réglementation des armes à feu par la loi fédérale sur les armes
AJP/PJA 3/2014
La réglementation des armes à feu
par la loi fédérale sur les armes
Benjamin Amsler
Ludivine Calderari
L'utilisation d'armes à feu a engendré plusieurs événements dramatiques en Suisse ces dernières années et a suscité des débats au niveau politique. Se basant sur le contexte d'utilisation des armes à feu,
cette contribution analyse le fonctionnement de la Loi fédérale sur les
armes (LArm), en mettant l’accent sur ses dispositions pénales afin de
comprendre si la législation civile permet de répondre efficacement au
risque d'usage abusif d'armes à feu en Suisse. Les auteurs proposent
plusieurs points d’amélioration du texte de loi.
Plan
I.Introduction
II. Les armes à feu
1. Introduction aux armes à feu
2. Contexte suisse de l’utilisation des armes à feu
2.1. Présence des armes à feu en Suisse
2.2. Infractions commises à l’aide d’une arme à feu
2.3.Suicides
3. Sources applicables aux armes à feu
3.1. Droit international
3.2. Droit suisse
III. Fonctionnement de la Loi fédérale sur les armes
1.But
2. Précisions relatives aux infractions pénales prévues par la LArm
3. Interdictions et restrictions de portée générale
3.1. Interdictions applicables à certaines armes à feu
3.2. Autorisation cantonale exceptionnelle
3.3. Interdictions applicables à certaines personnes
3.4. Interdictions applicables aux offres anonymes d’armes
à feu
4. Acquisition d’une arme
4.1. Principe : permis d’acquisition d’armes
4.2. Exceptions : contrat écrit
4.3. Prêt d’armes de sport à des mineurs
5. La possession d’armes à feu
6. Le commerce d’armes à feu
7. La fabrication d’armes à feu
7.1. Fabrication, réparation et transformation à titre non
professionnel
7.2. Fabrication, réparation et transformation à titre
professionnel
7.3. Le marquage
8. La conservation d’une arme à feu
9. Le port et le transport d’armes à feu
10.Les moyens de contrôle des autorités et communications
aux autorités
10.1.Droit de communiquer
10.2.Séquestre et confiscation par les autorités admini­
stratives
10.3.Contrôles et révocations d’autorisations
11.Les fichiers d’enregistrement
IV. Présentation des projets de modification de la législation suisse
sur les armes à feu
V.Conclusion
AJP 03_2014.indb 309
309
In den letzten Jahren haben dramatische Vorfälle mit Schusswaffengebrauch in der Schweiz politische Debatten ausgelöst. Der vorliegende
Aufsatz analysiert die Funktionsweise des schweizerischen Waffengesetzes. Dabei liegt der Schwerpunkt bei den Strafbestimmungen; es
soll geprüft werden, ob die im Zivilbereich anwendbare Gesetzgebung
dem Missbrauch von Schusswaffen wirksam entgegentritt. Die Verfasser schlagen mehrere Verbesserungen in der Gesetzgebung vor.
I.Introduction
La Suisse a connu ces dernières années des événements
dramatiques mettant sur le devant de la scène l’utilisation
des armes à feu, comme la tuerie ayant eu lieu au parlement de Zoug, en septembre 2001, qui a coûté la vie à
quinze personnes, celle de Daillon (VS) en janvier 2013
où un forcené a abattu trois personnes ainsi que la fusillade dans une usine à Menznau (LU) en février 2013, qui
a fait cinq victimes, dont l’auteur, et autant de blessés.
Les armes ont également souvent fait l’objet de débats, en
particulier avec l’initiative populaire « Pour la protection
face à la violence des armes »1, rejetée par le peuple et les
cantons en février 2011.
Cette contribution analyse principalement le régime
suisse applicable aux armes à feu par la Loi fédérale sur
les armes (LArm)2 afin de voir s’il permet de répondre
efficacement au risque d’usage abusif d’armes à feu.
Ainsi, nous nous intéresserons uniquement aux armes à
feu et non pas à d’autres armes comme les couteaux ou
les sprays au poivre par exemple. Par ailleurs, nous ne
traiterons pas de la législation militaire applicable aux
Benjamin Amsler, MLaw, MCriminology and Security, assistant
diplômé, Université de Lausanne.
Ludivine Calderari, MLaw, assistante diplômée, Université de
Lausanne.
Nous tenons à remercier Madame Nathalie Dongois, MER, Université de Lausanne, pour sa relecture et ses précieuses remarques.
Les propos tenus n’engagent cependant que les auteurs.
1
Pour plus de détails, cf. Message relatif à l’initiative populaire
« Pour la protection face à la violence des armes » du 16 décembre
2009, FF 2010 129.
2
Loi fédérale sur les armes, les accessoires d’armes et les munitions
(Loi sur les armes, LArm ; RS 514.54).
12.03.14 16:08
Strafzumessung im Betäubungsmittelhandel
AJP/PJA 3/2014
Strafzumessung im
Betäubungsmittelhandel
Tom Frischknecht
Luzius Eugster
Die Autoren entwickeln unter Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Vorgaben und auf der Grundlage der bundesgerichtlichen
Rechtsprechung ein Modell für die Strafzumessung im Betäubungsmittelhandel. Es erlaubt die Zuordnung von Betäubungsmitteldelikten
hinsichtlich ihrer objektiven Tatschwere in eine von fünf Hierarchiestufen. Die für eine Hierarchiestufe typischen Merkmale werden aufgelistet. Sie ergeben sich aus einer Analyse der neuen Rechtsprechung des
Bundesgerichts und der Strafkammer des Kantonsgerichts St. Gallen
im Bereich der Betäubungsmitteldelinquenz. Es zeigt sich, dass der
Funktion respektive der Stellung eines Beschuldigten in einer auf den
Handel mit Betäubungsmitteln angelegten Organisation bei der Bestimmung des objektiven Tatverschuldens primäre Bedeutung zuzumessen ist. Die Gegenüberstellung des konkret zu beurteilenden Sachverhalts mit den Merkmalen einer Hierarchiestufe ermöglicht es, die im
Einzelfall angemessene Einsatzstrafe für das objektive Tatverschulden
auf nachvollziehbare und rechtsgleiche Weise festzusetzen.
Inhaltsübersicht
I.Einleitung
A. Das Modell Frei/Ranzoni als Ausgangslage
B. Kritik an bestehenden Strafzumessungsmodellen
C. Die zahlenmässige Gewichtung von Strafzumessungsfaktoren
nach Kiener
II. Grundlagen für ein Strafzumessungsmodell im Betäubungs­
mittelhandel
A. Allgemeine Grundsätze der Strafzumessung nach der
Rechtsprechung des Bundesgerichts
B. Faktoren des objektiven Tatverschuldens im Bereich der
Betäubungsmitteldelinquenz
C. Bei der Kategorienbildung zu berücksichtigende Aspekte
1.Heroin/Kokain
2.Cannabis
III.Hierarchiestufen
Luzius Eugster, Dr. iur., ehem. Kantonsrichter, St. Gallen.
Tom Frischknecht, Dr. iur., Rechtsanwalt, Kammergerichts-
schreiber der Strafkammer des Kantonsgerichts St. Gallen, Lehrbeauftragter für Strafrecht und Strafprozessrecht an der Universität
St. Gallen.
Herr Staatsanwalt Dr. Peter Hangartner, Kantonales Untersuchungsamt St. Gallen, hat den Autoren freundlicherweise von
seinen Erfahrungen aus den Untersuchungen im Zusammenhang
mit dem von Niš ausgehenden Betäubungsmittelhandel berichtet.
Ihm sei an dieser Stelle herzlich gedankt. Dank für Ihre konstruktiven Anregungen gebührt ebenfalls Herrn Dr. Patrick Guidon,
Präsident der Strafkammer des Kantonsgerichts St. Gallen, sowie den Herren Kantonsrichter und Mitglieder der Strafkammer
Dr. ­Walter Würzer und lic. iur. Jürg Diggelmann.
AJP 03_2014.indb 327
327
Les auteurs développent un modèle pour la fixation de la peine dans
le cadre du trafic de stupéfiants en tenant compte des prescriptions
du droit constitutionnel et de la jurisprudence du Tribunal fédéral.
Ce modèle permet de ranger les délits en matière de stupéfiants en
fonction de la gravité objective de l’acte dans l’un des cinq niveaux
hiérarchiques. Les caractéristiques de chaque niveau hiérarchique sont
énumérées. Ces critères sont déduits d’une analyse de la nouvelle jurisprudence du Tribunal fédéral et de la Cour des affaires pénales du
Tribunal cantonal de St-Gall rendue en matière de délinquance liée
aux stupéfiants. Il apparaît que la fonction ou la position d’un prévenu
dans une organisation constituée pour le trafic de stupéfiants revêt
une importance primordiale lors de l’appréciation objective de la faute.
La comparaison entre l’état de fait concret qui doit être jugé et les
caractéristiques d’un niveau hiérarchique permet de fixer, de manière
transparente et uniforme, la peine de base appropriée à chaque cas
pour la culpabilité objective.
I.Einleitung
A.
Das Modell Frei/Ranzoni als Ausgangslage
Im Jahr 1995 veröffentlichten Peter Frei und Carlo
Ranzoni, zwei vorwiegend in der Strafkammer des Kantonsgerichts St. Gallen tätige Gerichtsschreiber, einen
vielbeachteten Artikel über die «Strafzumessung im Betäubungsmittelhandel»1. Ausgehend von der Feststellung,
dass immer wieder ähnliche Sachverhalte zu beurteilen
waren, versuchten die Autoren, mit wiederkehrenden, für
die Strafzumessung typischen Elementen, Täterkatego­
rien zu bilden,«um mit ihrer Hilfe eine vom konkreten
Fall losgelöste Einteilung zu ermöglichen»2. Sie ordneten die nichtsüchtigen Händler den zwei Kategorien «gewöhnliche» Händler und (internationale) Grosshändler
zu. Für die Bildung der Kategorien benutzten sie Krite­
rien wie «Bedeutung der Einzelgeschäfte», «personelle
Gestaltung» und «räumliche Ausdehnung der geschäftlichen Beziehungen». Innerhalb der Kategorien nahmen
sie eine Verfeinerung der Stufen nach der «Intensität des
Handels» und «der Gesamtmenge bzw. Anzahl der Einzelgeschäfte» vor. Diese – auf den ersten Blick stark an
der Menge orientierte – Einteilung ordnete der ersten
1
2
Peter Frei/Carlo Ranzoni, Strafzumessung im Betäubungsmittelhandel, in: AJP/PJA 1995, 1439 ff.
Frei/Ranzoni (FN 1), 1440.
12.03.14 16:08
K i n g a M . W e i s s / D o m i n o M . H o f s t e t t e r
AJP/PJA 3/2014
Die Qualifikation von Betreuungsund Pflegeleistungen durch
Angehörige und ihre Bedeutung
im Erbrecht
342
Domino M. Hofstetter
Kinga M. Weiss
Private Betreuungs- und Pflegeleistungen für pflegebedürftige Angehörige nehmen stetig zu. Sozialversicherungsrechtliche Leistungen sind
zumeist ungenügend und Pflegeverträge werden aus Pietätsgründen
nur selten ausdrücklich abgeschlossen. Zudem fehlt häufig eine Entschädigungsregelung. Dennoch besteht keine (erbrechtliche) Norm,
welche die Angehörigen entsprechend entschädigen würde. De lege
ferenda stellt sich daher die Frage nach einem gesetzlich verankerten
Begünstigungsanspruch für betreuende oder pflegende Angehörige.
Für dessen konkrete Ausgestaltung bieten sich Institute wie namentlich
das Ausgleichungsrecht, die fiktive Nachlassverbindlichkeit oder das
gesetzliche Vermächtnis an.
Inhaltsübersicht
I.Einleitung
II. Private Betreuungs- und Pflegeleistungen durch Angehörige –
entgeltliche oder unentgeltliche Leistung
A.Rechtspflicht
1. Gesetzliche Leistungspflicht
2. Vertragliche Leistungspflicht
B. Sittliche Pflicht
C. Freiwillige Leistung
III. Bemessung der Entschädigung
IV. Lebzeitige Entschädigung von privaten Betreuungs- und Pflegeleistungen durch Angehörige de lege lata
A. Sozialversicherungsrechtliche Ansprüche
B. Haftpflichtrechtliche Ansprüche
C. Ansprüche aus schuldrechtlichen Betreuungs- und Pflege­
verträgen
1. Übersicht
2.Verpfründungsvertrag
3.Arbeitsvertrag
4.Pflegeauftrag
5. Geschäftsführung ohne Auftrag
6.Fazit
D. Ausservertragliche Ansprüche
1.Lidlohn
2. Ungerechtfertigte Bereicherung
3.Fazit
V. Berücksichtigung von privaten Betreuungs- und Pflege­
leistungen durch Angehörige im Erbgang
A. Erbrechtliche Begünstigung oder Lohnanspruch?
B.«Dreissigster»
C.Ausgleichungsrecht
1. Betreuungs- und Pflegeleistungen durch die Nachkommen
2. Betreuungs- und Pflegeleistungen durch den Erblasser
3. Lebzeitige Zuwendungen des Erblassers als Dank für
Betreuungs- und Pflegeleistungen
D.Enterbung
E.Erbschleicherei
F.Verfügungsfähigkeit
AJP 03_2014.indb 342
Les prestations privées de prise en charge et de soin en faveur des parents
nécessitant des soins sont en constante augmentation. Les prestations du
droit des assurances sociales sont insuffisantes et, pour des raisons de
piété, il est rare que des contrats de soins soient expressément conclus.
Une réglementation relative à la rémunération fait en outre souvent
défaut. Il n’existe toutefois aucune norme (de droit successoral) selon
laquelle les parents auraient le droit d’être indemnisés en conséquence.
De lege ferenda, il se pose la question de l’inscription dans la loi du droit
à un traitement privilégié dans la succession pour les parents assumant
la prise en charge ou les soins. Concrètement, le concept pourrait par
exemple s’inspirer du droit au rapport. Le droit légal à un traitement privilégié pourrait cependant aussi être créé à travers les institutions des
dettes fictives de la succession ou du legs fondé sur une disposition légale.
G.Erbteilung
VI. Blick über die Grenzen
VII.Ausblick im schweizerischen Recht: Erbrechtlicher Begünstigungsanspruch de lege ferenda
I.Einleitung
Der Anteil älterer hilfsbedürftiger Personen an der Gesamtbevölkerung nimmt stetig zu. Die hohen Kosten,
welche Alters- und Pflegeheime verursachen sowie die
generelle Abneigung solchen Institutionen gegenüber
führen dazu, dass immer mehr ältere Menschen temporär
oder dauerhaft ausserhalb von Alters- und Pflegeheimen
beherbergt und gepflegt werden:
Zehn Prozent der zu Hause lebenden älteren Bevölkerung (65-jährig und älter) ist pflegebedürftig, bei den über
85-Jährigen ist es rund ein Drittel1. Noch stärker steigt die
Kinga M. Weiss, Dr. iur., LL.M., Rechtsanwältin, Fachanwältin
SAV Erbrecht, Konsulentin bei Walder Wyss AG, Zürich.
Domino M. Hofstetter, MLaw, Zürich.
Dieser Aufsatz wurde gekürzt gehalten als Referat durch Dr. iur.
Kinga M. Weiss an der Tagung «St. Galler Erbrechtstag» am
19. Juni 2013 in Zürich.
1
Die Hälfte davon ist nur leicht pflegebedürftig (14 %), die andere Hälfe mittelmässig (6 %) bis stark (12 %) pflegebedürftig. Am
meisten Unterstützung wird beim Baden bzw. Duschen sowie
beim An- und Ausziehen benötigt: François Höpflinger/Lucy
­ ayer-Oglesby/Andrea Zumbrunn, Schweizerisches GesundB
heitsobservatorium (Hrsg.), Pflegebedürftigkeit und Langzeitpflege
im Alter, Aktualisierte Szenarien für die Schweiz, Bern 2011, 46 ff.
sowie SGB 2007 (gewichtete Daten, Antworten zu den ADL-Items).
12.03.14 16:08
Anforderungen einer stärkeren nachteiligen Betroffenheit bei der indirekten Geschlechterdiskriminierung
AJP/PJA 3/2014
Anforderungen an das Vorliegen einer
stärkeren nachteiligen Betroffenheit bei
der indirekten Geschlechterdiskriminierung
361
Von der Justitia über die Europa zur Helvetia?
Jakob Ueberschlag
Die Erfüllung des Tatbestands der indirekten Geschlechterdiskriminierung i.S. des Bundesgesetzes über die Gleichstellung von Frau und
Mann setzt u.a. das Vorliegen einer stärkeren nachteiligen Betroffenheit der Angehörigen des einen Geschlechts voraus. In vielen Fällen
ist ein entsprechender statistischer Nachweis hingegen nicht möglich.
In der Europäischen Union wurde dieses Problem erkannt und führte
schliesslich dazu, dass die blosse Benachteiligungsgefahr ausreichen
kann, um das Vorliegen einer indirekten Diskriminierung zu bejahen.
Aus verschiedenen, im Beitrag festgehaltenen Erwägungen muss dies
gleichermassen im schweizerischen Recht gelten.
Inhaltsübersicht
1.Einleitung
2. Rechtliche Ausgangslage
3. Entwicklung im europäischen Rechtsraum
4. Implementierung ins schweizerische Recht – quo vadis?
Une discrimination indirecte entre les sexes au sens de la loi fédérale
sur l'égalité entre femmes et hommes n’est réalisée que si les personnes
appartenant à l’un des sexes subissent des désavantages supérieurs.
Dans de nombreux cas, il n’est toutefois pas possible de fournir une
preuve statistique. Dans l’Union européenne, ce problème a été reconnu, de sorte que le simple risque de discrimination peut suffire pour
admettre l’existence d’une discrimination indirecte. Différentes considérations, évoquées dans l’article, plaident en faveur de l’application
d’une telle règle en Suisse également.
tionierung indirekter Diskriminierungen ihre Grenzen
bereits dort, wo statistische Daten nicht zur Verfügung
stehen? Diesen Fragen wird im Folgenden nachgegangen.
2.
1.Einleitung
Der Tatbestand der indirekten Geschlechterdiskriminierung bereitet nach wie vor und nicht ohne Grund bei
vielen JuristInnen Kopfzerbrechen. Insbesondere blieb
weitgehend ungeklärt, wann das Tatbestandsmerkmal der
wesentlich stärkeren nachteiligen Betroffenheit als erfüllt
zu betrachten ist. In der Literatur wurde zwar nachgewiesen, dass ein geeigneter Massstab zur Beurteilung in der
Differenz zwischen den prozentualen Anteilen eines Geschlechts in der bevorzugten und benachteiligten Gruppe
besteht. Sofern die Vergleichsgruppen repräsentativ und
Zufälligkeiten damit zu einem grossen Teil neutralisiert
sind, müsse als Faustregel ein Abstand von mindestens 30
Prozentpunkten genügen, um von einer wesentlich stärkeren bzw. überwiegenden Betroffenheit eines Geschlechts
ausgehen zu können. Was aber hat zu gelten, wenn ein statistischer Nachweis nicht erbringbar ist? Findet die Sank1
Rechtliche Ausgangslage
In Anlehnung an die Rechtsprechung des Europäischen
Gerichtshofs erachtet das Bundesgericht eine indirekte
Geschlechterdiskriminierung in konstanter Rechtsprechung als gegeben, «wenn eine formal geschlechtsneutrale Regelung im Ergebnis wesentlich mehr bzw. überwiegend Angehörige des einen Geschlechts gegenüber
denjenigen des anderen [erheblich2] benachteiligt, ohne
dass dies sachlich begründet wäre»3.
Ob im Einzelfall der Tatbestand der indirekten Diskriminierung erfüllt ist, hängt massgebend davon ab, wie
sich eine formal geschlechtsneutrale Regelung bzw. das
Abstellen auf den darin enthaltenen geschlechtsunspezifischen Anknüpfungspunkt realiter auf die beiden Geschlechter auswirkt, zumal das Verbot indirekter Diskriminierungen gegen solche Benachteiligungen gerichtet
Das Erheblichkeitserfordernis findet sich namentlich in älteren
Lohndiskriminierungsentscheiden (vgl. BGE 125 II 543, E. 2a;
BGE 125 II 532, E. 2a; BGE 125 II 387, E. 3b; BGE 125 I 79,
E. 2a) und wurde in der jüngeren Rechtsprechung m.E. zu Recht
nicht mehr übernommen.
3
BGer Urteil vom 10.4.2013, 8C_1006/2012, E. 5.2; BGE 138 I
205, E. 5.5; BGer Urteil vom 25.2.2008, 2A.91/2007, E. 2; BGE
132 I 74, E. 4.1; BGer Urteil vom 8.4.2005, 2A.205/2004, E. 4.1;
BGE 124 II 424 f., E. 7.
2
Jakob Ueberschlag, Dr. iur., Lehrbeauftragter an der Universität
1
Luzern.
Vgl. zum Ganzen Jakob Ueberschlag, Die Anstellungsdiskriminierung aufgrund des Geschlechts im privatrechtlichen Arbeitsverhältnis (Art. 3 Abs. 2 GlG), Unter besonderer Berücksichtigung des
europäischen Rechts, Diss., Zürich/Basel/Genf 2009, Rz. 126 ff.,
mit weiteren Hinweisen.
AJP 03_2014.indb 361
12.03.14 16:09
Thomas Geiser
AJP/PJA 3/2014
Zur Neugestaltung
des Vorsorgeausgleichs
364
Thomas Geiser
In der zweiten Säule findet der bei einer Scheidung notwendige Vorsorgeausgleich durch eine besondere Regelung im Scheidungsrecht statt.
Dabei geht es nicht um die Teilung eines Guthabens, sondern um den
Ausgleich zwischen Ansprüchen, welche beide Ehegatten während der
Ehe gegenüber jeweiligen Pensionskassen erworben haben. Obwohl
sich der Vorsorgeausgleich in den über zehn Jahren seines Inkrafttretens grundsätzlich bewährt hat, sind gewisse Präzisierungen, Weiterentwicklungen und Korrekturen nötig geworden. Die Ausgangslage
für die Reform war eine äusserst widersprüchliche: Nicht nur Sonderfragen, technischen Verbesserungen und mehr Gestaltungsspielraum
sollte Rechnung getragen werden, sondern auch der Sicherstellung einer Teilung, die tatsächlich hälftig erfolgt. Nebst einigen technischen
Neuerungen, welche vorbehaltslos zu begrüssen sind, ist festzustellen,
dass die Reformziele leider nicht erreicht worden sind. Dies zeigt sich
insbesondere bei der Regelung des Stichtages, des Sonderproblems der
geschiedenen Witwen oder der nach wie vor grundsätzlichen Unterscheidung zwischen Fällen, bei denen beide Ehegatten das Pensionierungsalter noch nicht erreicht haben und jenen, in denen ein Ehegatte
bereits eine Altersrente bezieht.
Inhaltsübersicht
1.Ausgangslage
2.Revisionsbestrebungen
3. Vorlage des Bundesrates vom 29.5.2013
3.1. Systematik und Aufbau des Revisionsvorschlages
3.2. Hälftige Teilung auch nach
Vorsorgefall?
a. Geltendes Recht
b.Revisionsentwurf
c.Bewertung
3.3. Verzicht und Verweigerung
a. Geltendes Recht
b.Revisionsentwurf
c.Bewertung
3.4. Überhälftige Teilung
3.5. Sonderfälle (Unmöglichkeit)
a. Geltendes Recht
b.Revisionsentwurf
c.Bewertung
3.6. Internationale Verhältnisse
a. Geltendes Recht
b. Revisionsentwurf und Bewertung
3.7.Stichtag
3.8. Barauszahlungen während der Ehe
3.9. Technische Veränderungen
a. Verhältnis Obligatorium/Überobligatorium
b.Wiedereinkauf
c. Aufteilung bei WEF
d.Register
4.Folgerung
AJP 03_2014.indb 364
Dans le deuxième pilier, le partage de la prévoyance requis en cas de
divorce s’effectue sur la base d’une réglementation spéciale du droit
du divorce. Il ne s’agit alors pas de partager un avoir, mais d’équi­
librer les prétentions acquises par les deux époux, durant le mariage,
envers leurs caisses de pensions respectives. Bien que le partage de
la prévoyance se soit en principe avéré satisfaisant depuis son entrée
en vigueur, il y a plus de dix ans, certaines précisions, évolutions et
corrections sont devenues nécessaires. Le contexte ayant donné lieu à
la réforme était hautement contradictoire : il fallait intégrer non seulement des questions particulières, des améliorations techniques et une
marge de manœuvre accrue, mais aussi assurer un partage qui soit
effectivement par moitié. Outre quelques nouveautés techniques, dont
on peut se réjouir sans réserve, force est de constater que les objectifs
de la réforme n’ont hélas pas été atteints. C’est particulièrement apparent en ce qui concerne la réglementation de la date de référence, du
problème spécifique des veufs divorcés ou de la distinction fondamentale, maintenue, entre les cas dans lesquels les deux conjoints n’ont
pas atteint l’âge de la retraite et ceux dans lesquels l’un d’eux perçoit
déjà une rente de vieillesse.
1.Ausgangslage
Die Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge ist ein
Verfassungsauftrag, der nicht nur im Interesse jeder einzelnen versicherten Person steht, sondern auch im öffentlichen
Interesse1. Die Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge beruht auf einem Familienmodell und ist nach wie
vor nicht zivilstandsneutral ausgestaltet. Weil die Alters-,
Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge auf einem Fami­
lienmodell beruht, muss bei familiären Veränderungen wie
der Scheidung eine Reorganisation stattfinden. Von der
Verfassung vorgegeben ist das Drei-Säulenprinzip2.
Die drei Säulen der Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge werden in der Scheidung nach vollständig
unterschiedlichen Regeln behandelt:
Bei der ersten Säule findet ein sozialversicherungsrechtlicher Ausgleich statt. Dieser ist:
– absolut zwingend,
– erfolgt grundsätzlich automatisch,
Thomas Geiser, Prof. Dr. iur., Ordinarius für Privat- und Han-
1
2
delsrecht an der Universität St. Gallen HSG, Direktor FAA-HSG,
nebenamtlicher Bundesrichter.
Art. 111 und Art. 113 BV.
Art. 111 BV.
12.03.14 16:09