Beratung Oenologie Dienstort Bernkastel-Kues 06531 / 956-0 Leyendecker - 419 ([email protected]) Rosch - 405 ([email protected]) Fax - 444 Dienstort Mayen 02651 4003 – Schmitt - 22 [email protected] Fax -89 www.dlr-mosel.rlp.de KELLERWIRTSCHAFTLICHER INFORMATIONS-SERVICE (KIS) MOSEL 2014 Nr. 13 22.10.2014 SCHWEFELUNG UND GÄRUNTERBRECHUNG Die Lese neigt sich dem Ende zu. Gerade große Weingüter, die zwar die Problematik der Fäulnis frühzeitig erkannten, hatten in Ermangelung ausreichender Erntehelfer große Probleme, die Trauben schlagkräftig und rechtzeitig einzubringen. Hier bleibt zu hoffen, dass die zurzeit erprobten Steillagenvollernter der neuen Generation halten, was sie zur Zeit versprechen und bei zukünftigen Turboherbsten Entlastung bringen können. Aber auch über Modifikationen der Trauben- und Mostverarbeitung sollte man sich Gedanken machen: Nicht nur die maschinelle Traubensortierung bringt inzwischen fast in jedem Jahr große Vorteile, ausreichende Kühlkapazitäten, schlagkräftige Filtrationsmöglichkeiten (wie Kammerfilterpresse) aber auch Techniken wie eine Mostpasteurisierung machen immer öfter Sinn, um eine Qualitätssicherung bzw. Qualitätssteigerung zu erreichen. In diesem Jahr mussten die meisten Moselwinzer die Hefe- und Bakterienaktivität im Most in Ermangelung einer Kurzzeiterhitzungsanlage durch einen Schwefeleinsatz stoppen bzw. hemmen. Sie haben - entsprechend unserer Empfehlung - 50-70 mg SO2/L in Most (oder Maische) gegeben. Diese Verfahrenstechnik war zur Sicherung der Qualität auch notwendig. Das nächste Problem offenbart sich jedoch jetzt: Aufgrund der starken Aktivität verschiedener Mikroorganismen (Hefen, Schimmelpilze und Bakterien) auf den Trauben, wurden bereits eine größere Anzahl an Stoffwechselprodukten gebildet, die im Most als Schwefelbindungspartner fungieren. Etwa zwei Drittel des Schwefels, den Sie auf Maische oder Most gegeben haben, findet man durchschnittlich als gebundenen Schwefel wieder. Das bedeutet, dass Sie bereits vor dem Schwefeln des Jungweines mit 30-50 mg Gesamtschwefel pro Liter rechnen müssen und diesen – gerade bei einer Gärunterbrechung – in ihre Gesamtschwefelkalkulation einbeziehen müssen, bzw. die weiteren Schwefelgaben mit sehr viel Bedacht zugeben sowie keine unnötigen Risiken von „Schwefelfressern“ eingehen! Schwefelung und Abstich – Hintergründe Ein großer Einflussfaktor für den Schwefelbedarf, bzw. für die notwendige Schwefeldosage, ist die Menge an Schwefelbindungspartnern. Die Menge der Schwefelbindungspartner hängt sehr stark von der Hefeaktivität sowie der Nährstoffversorgung, insbesondere vom Thiamin (Vitamin B1) ab. Dieses wird von Botrytis stark in der Traube und somit auch im Most reduziert. Ein Vitamin B1-Mangel der Hefe während der Gärung führt zu erhöhten Gehalten an SO2Bindungspartnern und somit zu einem erhöhten SO2 Bedarf. Wichtig bei der Schwefeldosage ist daher auch die Frage, ob die Hefe gut mit Nährstoffen versorgt war und ein Mangel bspw. durch Zugabe von Vitamin B1 ausgeglichen wurde. Aufgrund des Gesundheitszustands der ___________________________________________________________________________ Seite 2 Trauben, der durchgeführten Maische-/Mostschwefelung und der Gabe von Vitamin B1 in das Gärgebinde, muss in diesem Jahr besonderes Augenmerk auf den Schwefelbedarf gelegt werden! Nicht nur aus Gründen der geltenden zulässigen Schwefelhöchstgrenzen sollte sehr bedacht mit der SO2-Menge bei der Schwefelung umgegangen werden. Für Weine aus konventionellem und integriertem Weinbau gelten folgende Werte: < 5 g/l Zucker: Weiß- und Roséwein: 200 mg/l; Rotwein: 150 mg/l > 5 g/l Zucker: Weiß- und Roséwein: 250 mg/l; Rotwein: 200 mg/l Die Werte für Spätlese, Auslese usw. können Sie aus weinrechtlichen Eckdaten Mosel (KIS 8-2014 oder www.dlr-mosel.rlp.de) entnehmen. Für „Öko“-Weine geltend bekanntermaßen niedrigere Werte. Auch diese können den weinrechtlichen Eckdaten entnommen werden. Wirkung von SO2 auf Mikroorganismen Wird der Wein abgeschwefelt, löst und verteilt sich das Schwefeldioxid (SO2) im Produkt. Je nach pH-Wert liegt das Schwefeldioxid nun in unterschiedlichen Zustandsformen vor, denn die Konzentration der verschiedenen Zustandsformen ist vom pH-Wert abhängig. steigender pH Wert fallender pH Wert Von den verschiedenen Zustandsformen hat nur das SO2 eine mikrobiozide Wirkung und bietet daher Schutz vor unerwünschten Mikroorganismen. Es durchdringt deren Zellmembranen und blockiert die Stoffwechselvorgänge in den Zellen. Je niedriger also der pH-Wert im Wein ist, desto höher ist der Anteil des mikrobiozid wirkenden SO2. Im Umkehrschluss ist die mikrobiozide Wirkung bei hohen pH-Werten geringer, da wenig molekulares SO2 zur Verfügung steht. Dieser Umstand ist verhängnisvoll, da gerade auch bei hohen pH-Werten ideale Wachstumsvoraussetzungen für unerwünschte Mikroorganismen vorhanden sind. Um dieselben Verhältnisse eines Weines mit 50 mg/L freiem SO2 und einem pH-Wert von 3,2 bei einem Wein pH 3,5 zu erreichen benötigt man ca. 100 mg/L freies SO2. Die pH-Werte der Moste lagen in diesem Jahr im Durchschnitt recht niedrig bei 3,0. Einfluss auf den pH-Wert hat jedoch die durchgeführte Mostentsäuerung. Eine Einfachentsäuerung hebt den pH-Wert bei einer Reduzierung um 1g/L um ca. 0,1. Diese Werte sind allerdings nur Richtwerte, denn der pH-Wert-Anstieg verhält sich nicht linear. Die Kenntnis des pH-Wertes beim Jungwein, am besten vor der Abschwefelung, bzw. Gärunterbrechung ist als Entscheidungsgrundlage sehr wichtig. Hefelager oder früher Abstich? Im Allgemeinen muss 2014 früh abgestochen werden! Es sollte jedoch etwa ein bis zwei Wochen nach Gärende abgewartet werden, um einen Abbau der vorhandenen Schwefelbindungspartner (in erster Linie Acetaldehyd) abzuwarten und einen weiteren Faktor für erhöhte Gesamtschwefelwerte zu vermeiden. ___________________________________________________________________________ Seite 3 Bei faulem Lesegut ist meist der sensorische Einfluss der im Gebinde liegenden Vollhefe nicht positiv, sodass ein früher Abstich mit Schwefelung in diesen Fällen ratsam wird. Bei gesundem Lesegut, sofern eine angemessene Mostklärung und eine gezügelte Gärung kein großes Geläger (<2%) haben entstehen lassen und auch keine Fäulnis mitverarbeitet wurde, ist ein schneller Abstich in der Regel nicht notwendig. Selbstverständlich muss der Wein jedoch weiterhin beobachtet werden: • • • Kippt die Hefe um? Hierfür eine Hefeprobe vom Boden des Tanks nehmen (z. B. mit langem Probenahmeschlauch und Beschwerung oder am Restablauf) und auf Farbe, Geruch und Geschmack überprüfen. Präsentiert sich die Hefe hellbeige, riecht und schmeckt angenehm, ist alles in Ordnung. Sieht sie jedoch gelb-braun aus, riecht nach „Maggi“-Würze oder gar nach Kloake und animiert keinesfalls zum Probieren, muss ein rascher Abstich erfolgen. Wird der Wein oxidativ? Weine müssen spundvoll gelagert werden. Das Überlagern mit Kohlendioxid oder Stickstoff ist nur für kurze Dauer sinnvoll und muss regelmäßig erneuert werden, da Kohlendioxid im Wein gelöst wird und Stickstoff etwas leichter als Luft ist und nach und nach aus dem Gebinde entweicht. Ziehen Sie regelmäßig eine Probe am Spund und überprüfen Sie die Farbe (Braunfärbung) und die Sensorik des Weines. Bei Oxidationsgefahr muss das Gebinde geschwefelt werden. Läuft der Wein in einen BSA? In diesem Fall stellt sich die Frage, ob der BSA diesem Wein abträglich ist. Ggf. kann er auch den gewünschten Weinstil unterstützen. Ebenso muss geklärt werden, ob das Heben des Gärtrichters tatsächlich der beginnende BSA ist oder ob das durchgegorene Gebinde aufgrund von Temperaturschwankungen erwärmt und die Volumenausdehnung des Weines, sowie das Ausgasen des Kohlendioxids hierfür verantwortlich gemacht werden können. Beginnt der BSA gerade erst, kann er durch eine sofortige Schwefelung gestoppt werden; ist er aber bereits kräftig am „Laufen“ muss aus sensorischen Gründen („Butterton“) auf eine Unterbrechung des BSA verzichtet werden. Dieser Wein kann – sofern nicht eigenständig vermarktbar – in der Regel als Verschnittpartner zur Abrundung anderer Weine sinnvoll genutzt werden. Eine Schwefelung kann somit bei geeigneten Vorrausetzungen – wenn gewünscht – hinausgezögert werden. Je niedriger der pH-Wert, desto länger kann auf eine Schwefelung verzichtet werden. Bei pH-Werten über 3,4 muss von einem Hefelager ohne Schwefelung, bei mitverarbeiteter Fäulnis muss von einem längeren Hefelager generell abgeraten werden. Die regelmäßige Kontrolle der beschriebenen Parameter ist Grundvoraussetzung für ein gefahrloses Hefelager. Empfehlungen zur Schwefelung Erste Erfahrungen mit dem Abschwefeln durchgegorener Weine des diesjährigen Jahrgangs zeigen, dass bei gesundem Lesegut und tiefem pH-Wert eine Schwefelung mit ca. 80 mg/l ausreichend ist. Bei faulem Lesegut ist an eine Gabe von ca. 100 mg/l sinnvoll mit einer anschließenden Kontrolle der freien SO2! Beim Abschwefeln sollte das Gebinde auf 40 mg/L freies SO2 eingestellt werden. Die SO2Kontrolle muss regelmäßig wiederholt werden. Vorversuche zur Schwefelgabe sind sehr empfehlenswert: Hierzu können Sie sich eine SO2 -Stammlösung ansetzen. Diese setzt sich beispielsweise wie folgt zusammen: 10 g Flüssigschwefel (alternativ 20g Kaliumdisulfit in angesäuertem Wasser) in 10 Liter Wasser (Konzentration von 1000 mg/L). Um nun eine Konzentration von 10 mg/L im Wein zu erreichen geben Sie 10 mL dieser Stammlösung in 1 Liter Wein. ___________________________________________________________________________ Seite 4 Diesen können Sie dann nach einiger Reaktionszeit überprüfen wieviel freies und somit wirksames SO2 noch in Ihrem Wein vorliegt. Um das Verhältnis der möglichen Verdünnung durch Zugabe der Stammlösung zum Testwein zu verringern, kann die Konzentration in der Stammlösung auch erhöht werden. Alternativ gibt es flüssige Schwefellösungen kaufen, die zur Schwefelung von Kleingebinden zwischenzeitlich auch erlaubt sind. Diese Lösungen eignen sich ebenfalls zum Durchführen von Vorversuchen. Gärunterbrechung zur Erzeugung restsüßer Weine - Hintergründe Zur Erhaltung einer Fruchtsüße aus der Gärung ist die Unterbrechung der Gärung zu einem festgelegten Zeitpunkt notwendig. Diese Fruchtsüße hat einen hohen Fruktoseanteil, weil die Hefe bevorzugt Glukose vergärt. Fruktose hat die höhere Süßkraft und hält Aroma im Mund fest, das Mundgefühl wird gesteigert. Deswegen sind Weine aus einer Gärunterbrechung besonders aromatisch und nachhaltig. Ein möglicher Nachteil der Gärunterbrechung ist ein höherer Bedarf an Schwefeldioxid, weil während der Gärung mehr Schwefelbindungspartner vorliegen als nach einer Endvergärung. Bei schnellen, stürmischen Gärungen und warmen Temperaturen ist eine Gärunterbrechung nur schwer möglich. Bei moderat gärenden Rieslingen kann dies schon etwas einfacher sein. Allgemein muss die Gärdynamik insgesamt gebremst werden. Dazu gehört das schnelle und tiefe Abkühlen auf 10 °C vor der Schwefelung, um die Gärung stark zu bremsen und die Hefeaktivität einzudämmen. Bei tiefen Temperaturen erhöht das stärker gelöste Kohlenstoffdioxid die Wirkung auf die Hefen zusätzlich. Ein schneller Abstich muss geprüft werden. Sofern die pH-Werte niedrig, das Lesegut relativ gesund und die Gärung nicht allzu stürmisch war sowie das Aroma des Jungweines positiv ist, sollte ein schneller Abstich vermieden werden. Sofern die Hefe jedoch droht, umzukippen oder böcksrige Aromen vorherrschen, das Lesegut sehr faul war oder der pH-Wert hoch ist, sollte die Hefe abgestochen werden! Empfehlungen zur Gärunterbrechung Vorrausetzungen für eine Gärunterbrechung: • pH-Wert beachten, ab pH 3,4 ist die Gärunterbrechung nur mit einer Filtration sicher, wobei zu diesem Zeitpunkt auch viel Aroma mit herausgenommen wird • gute Mostvorklärung, damit die Gärführung leicht möglich ist • Gärtemperatur nicht über 20°C ansteigen lassen Folgende Arbeitshinweise führen zu einer sicheren Gärunterbrechung: • • Regelmäßig Mostgewicht und Gärtemperatur im Tank messen (mind. 1x täglich) Beim Annähern an das Gärziel gärenden Wein zügig auf etwa 10 °C herunterkühlen; die Hefe stellt bei einem Kälteschock dieser Art ihre Tätigkeit auf „Sparflamme“. Das Gebinde muss schnell abgekühlt werden, damit ein Gewöhnungseffekt der Hefe an die Temperatur unterbleibt und der Kälteschock gärhemmend wirken kann. Bei einer schwierig zu erwartenden Gärunterbrechung kann der Wein von der sedimentierten Althefe langsam (laminare Strömung), also ohne Turbulenzen (Schäumen und Lüften), abgezogen und dabei abgeschwefelt werden. Dadurch wirken Schwefeldioxid, das bei schonender Behandlung im Wein erhaltene Kohlendioxid und die niedrige Temperatur miteinander und führen gemeinsam zur Gärunterbrechung. Alle drei Parameter – Temperatur, CO2 und SO2 sind also in der Kombination ihrer Wirkung auf die Hefe notwendig, ein turbulentes Abziehen der Hefe und damit verbundenes ___________________________________________________________________________ Seite 5 • • • • Entfernen des CO2 wirkt kontraproduktiv. Nach einigen Stunden erfolgt die Nachkontrolle der Schwefelung, bei Bedarf auf 40-50 mg/L freies SO2 einstellen. SO2-Dosagen zur Gärunterbrechung (bei Vitamin B1 gut versorgter Gärung): o bei pH 3,0 und gesundem Lesegut mit ca. 100 mg/L o bei pH 3,3 und Fäulnis mit ca. 120-140 mg/L (häufigster Fall!) o bei pH > 3,5 ist keine Gärunterbrechung zu empfehlen (große Gefahr des Schwefelfressers) SO2-Kontrolle regelmäßig wiederholen Wenn sich der Jungwein zu klären beginnt, ist die Gärunterbrechung stabil Nach der Gärunterbrechung muss das Gebinde kühl gehalten werden! Eine anschließende Erwärmung (durch aktuell noch warme Keller) kann zur Reaktivierung der Hefen und Wiederbeginn der Gärung führen. Reduktone bei der Bestimmung des freien SO2berücksichtigen Bei der Bestimmung der freien schwefligen Säure sind die Reduktone zu berücksichtigen. Reduktone sind reduzierende Substanzen (Ascorbinsäure, Farbstoffe, Tannine), die bei der normalen, einfachen Titration der Schwefelbestimmung (Schnelltest im Keller), freie schwefelige Säure vortäuschen. Insbesondere bei farbkräftigen, tanninreichen Rotweinen empfiehlt es sich, eine genauere Bestimmung der "freien schwefligen Säure" unter Abzug der Reduktone durchzuführen. Rotweine enthalten je nach Traubensorte, Verarbeitungs- und Extraktionstechnologie zwischen 5 und 30 mg/L Reduktone, die unbedingt berücksichtigt werden müssen, um den Gehalt an "echter" freier schwefliger Säure festzustellen. Ebenso täuscht ein Zusatz von Ascorbinsäure höhere Werte an freiem SO2 vor. Ihr Team Oenologie des DLR Mosel
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