IHK Südlicher Oberrhein | REGIO-REPORT Wie MESOR beim Sparen hilft Erste Erfahrungen mit dem Material- und Energieeffizienz-Netzwerk Südlicher Oberrhein Viele Untersuchungen und Erfahrungen aus der Praxis zeigen, dass der Anteil der Materialkosten an den Produktionskosten 9 I 2007 Wirtschaft im Südwesten Methoden und Instrumente In den letzten Jahren wurden viele Analysemethoden entwi- ckelt, wie man die Effizienzpotenziale in der Produktion oder Logistik aufzeigen kann. Das Netzwerk will externe Berater nicht überflüssig machen, doch viele Methoden können von den Betrieben selbst eingesetzt werden. Dazu kommen z.B. einfache Software-Instrumente (Sankey), mit denen die Potenziale veranschaulicht und visualisiert werden können, bis hin zu hochkomplexen Modellierungstools (Umberto). Oft hilft das gezielte Know-how oder ein einfaches Tool für die eigene Analyse weiter. Potenzialanalyse Für jedes Unternehmen wird zu Beginn eine Art Aufschlussberatung durchgeführt. Dazu besuchen mehrere Fachleute des Netzwerkes das Unternehmen und machen eine Betriebsbegehung. Es wird eine vertrauliche Kurzanalyse durchgeführt, die Schwächen und Stärken werden dargestellt, mögliche Potenziale aufgezeigt und individuelle Empfehlungen für das weitere Vorgehen gegeben. Schulungen In Schulungen sollen leitende Mitarbeiter auf das Thema vorbereitet werden und typische Situationen vorgestellt werden, in denen durch Materialeffizienzmaßnah- ▲ des produzierenden Gewerbes in Deutschland inzwischen bei über 40 Prozent und damit deutlich über den Personalkosten liegt. Das Einsparpotenzial bei den Materialkosten wird in einem durchschnittlichen Unternehmen derzeit auf ca. 15 bis 20 Prozent geschätzt – eine beträchtliche Größenordnung. Wichtigster Schritt, um dieses Potenzial auch umzusetzen, ist erst einmal, es im Unternehmen zu identifizieren und zu analysieren. Im Energiebereich liegt das Einsparpotenzial durch die Steigerung der Energieeffizienz in etwa gleicher Größenordnung. Die IHK Südlicher Oberrhein gehört in Deutschland zu den wenigen Kammern, die bereits langjährige Erfahrungen mit dem Thema Energie- und Stoffstrommanagement haben und hierzu mit Dutzenden Firmen aus der Region zusammengearbeitet haben. Gemeinsam mit einem Team von bewährten Beratern, z.B. von der Hochschule Pforzheim, fließen die gewonnenen Erfahrungen in ein regionales Netzwerk ein. Dieses soll Unternehmen der Region die Möglichkeiten der Material- und Energieeffizienz praxisnah aufzeigen. Werner Reif, Mitglied der Geschäftsleitung der IHK Südlicher Oberrhein „Aller Anfang ist schwer – dies gilt auch für unser Projekt MESOR. Nachdem durch persönliche Überzeugungsarbeit erste Unternehmer für eine Teilnahme gewonnen werden konnten, liegen jetzt die Ergebnisse vor. Was wir bereits in früheren Projekten festgestellt haben, wird erneut bestätigt. In allen Unternehmen gibt es Effizienzpotenziale, sei es bei den eingesetzten Roh-, Hilfs- oder Betriebstoffen oder bei der Energie. Das Geld liegt quasi auf dem Betriebshof oder in der Fabrikhalle, es muss nur aufgehoben werden. Dabei ist der „ungetrübte“ Blick Außenstehender immer hilfreich. Nur so werden eingefahrene Strukturen und Prozessabläufe hinterfragt, Einsparmöglichkeiten durch den Einsatz neuer oder anderer Technologien angesprochen und über die Erfahrung der Berater, Vorschläge zur Optimierung der Organisation gemacht. Man kann nur hoffen, dass nach den überaus positiven Ergebnissen weitere Unternehmen die Chance nutzen. Für Diejenigen die entscheiden gilt: Einwände wie, wir haben keine Personalkapazitäten frei, es laufen schon Projekte in anderen Bereichen, die Zeit binden oder wir haben bereits optimiert, dürfen keine Hinderungsgründe sein. Vielmehr muss jeder im Unternehmen bereit sein, über den .eigenen Schatten zu springen. Dann ist der Erfolg garantiert.“ I REGIO-REPORT | IHK Südlicher Oberrhein Heinrich Lauck, Geschäftsführer, Dr. Lauck GmbH, Freiburg „Nach Übermittlung von Daten an Hand eines überlassenen Fragebogens fand eine Begehung im Unternehmen mit anschließender Besprechung und Klärung von entstandenen Fragen statt. Der danach zur Verfügung gestellte Bericht enthielt außer einer aufschlussreichen Darstellung des Ist-Zustandes wertvolle Hinweise, an welchen Stellen im Unternehmen bzw. in den Prozessen Potenziale zur Verbesserung in der Produktion und zur Einsparung von Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen vorhanden sind. Außerdem wurden konkret Prioritäten in der Umsetzung empfohlen.“ men deutliche Kosteneinsparungen vorgenommen werden können. Es sollen spezielle Methoden vermittelt und Instrumente bereitgestellt werden, die eigene Analysen im Unternehmen ermöglichen. Ziel Das von der IHK Südlicher Oberrhein initiierte und koordinierte Netzwerk MESOR bietet Unternehmen Unterstützung, ihren Aufwand an Materialien, Vorprodukten, Hilfs- und Betriebsstoffen sowie an Energie zu verringern und damit Kosten zu sparen. MESOR will dabei Hilfe zur Selbsthilfe leisten: Das fachliche Know-how ist in den meisten Unternehmen vorhanden; es fehlt aber oft an der Aufmerksamkeit für das Thema. Im Netzwerk wird die erforderliche Methodenkompetenz für ein effektives Energie- und Stoffstrommanagement vermittelt und es werden Instrumente für die Unterstützung von Analysen zur Verfügung gestellt. II Dies erfolgt unternehmensübergreifend und macht den Sinn des überbetrieblichen Netzwerkes MESOR aus. Dazu stehen kompetente Ansprechpartner für innerbetriebliche Fragen zur Verfügung, mit denen z.B. geklärt werden kann, ob das Thema Material- und Energieeffizienz für das Unternehmen überhaupt eine Relevanz hat und welche Maßnahmen in Frage kommen. Programm Wenn ein Unternehmen aus der Region als Netzwerkpartner an MESOR teilnimmt, werden folgende Leistungen ohne weitere Kosten angeboten: • Teilnahme an einer gemeinsamen Auftaktveranstaltung mit allgemeiner Einführung zur Material und Energieeffizienz • Unternehmensbezogene Potenzialanalyse vor Ort durch praxiserfahrene Berater • Teilnahmemöglichkeit an Schulungen zur visualisierten Analyse der Materialeffizienz mit kostenloser Bereitstellung von IT-gestützten Hilfsmitteln (MESOR-Assistent) • Erfahrungsaustausch zwischen den beteiligten Netzwerkpartnern; Vorstellung von BestPractice-Beispielen • Vermittlungsangebot von ergänzenden Beratungsleistungen bzw. Fördermöglichkeiten • Evaluierung unternehmensbezogener Aktivitäten und Metaberatung für weiteres Vorgehen Ansprechpartner für das Projekt Das MESOR-Netzwerk wird von Werner Reif und seinen Mitarbeitern von der IHK Johannes Heiss, Geschäftsführer, Heiss Hydraulik GmbH Heitersheim „Ich habe mich spontan entschlossen beim Projekt mitzumachen. Es war für uns sehr spannend. Unabhängig vom Projektziel, brachte die Beratung deutlich mehr Transparenz in unsere Prozesse. Überrascht war ich von der Kompetenz der Berater.“ Wirtschaft im Südwesten 9 I 2007 IHK Südlicher Oberrhein | REGIO-REPORT Josef Schneider, Geschäftsführer, Schneider Leichtbau GmbH, Freiburg René Keil), des Steinbeiszentrums für Marketing Logistik und Unternehmensführung (Prof. Peter Saile) und der ifu GmbH Hamburg (Umberto®, e!Sankey®). ▲ Südlicher Oberrhein geleitet und koordiniert. Er wird in fachlichen Fragen unterstützt durch die kompetente und praxisnahe Zuarbeit der Hochschule Pforzheim (Prof. Mario Schmidt, M. Sc. Dipl.-Ing. Prof. Mario Schmidt, Institutsdirektor, Hochschule Pforzheim „Wir verstehen uns als Moderatoren. Die eigentlichen Experten sind und bleiben die Fachleute für die Produktion im Unternehmen. Was aber von unserem Team kommt, das sind Anregungen zu einer etwas anderen Perspektive auf die Produktionsabläufe und Anstöße zu technischen Verbesserungen. Natürlich ist die Technik wichtig. Noch wichtiger sind aber das Denken in den Köpfen und das Zusammenspiel der Leistungsträger im Unternehmen, um Einsparpotenziale umzusetzen. Die Beratung und die angebotenen Instrumente sollen das fördern.“ 9 I 2007 Wirtschaft im Südwesten „Ich nehme Bezug auf die Durchführung der Material- und Energieeffizienzanalyse mit Herrn Reif und dem Steinbeis-Transferzentrum für Marketing, Logistik und Unternehmensführung, im Rahmen von MESOR. Während eines sehr effizient geführten Analysegesprächs, am 12.04.2007, konnten wir mit den Teilnehmern: Prof. Mario Schmidt, HS Pforzheim, Prof. Dr. Peter Saile, HS Pforzheim, René Keil und Michael Gräber, HS Pforzheim und Herrn Reif als Vertreter der IHK Südlicher Oberrhein unser Unternehmen begehen, das Gesehene besprechen und aus unterschiedlichen Blickwinkeln analysieren. Obwohl ich anfänglich skeptisch den theoretischen Ansätzen und Fragen der Professoren gegenüberstand, mußte ich am Ende dieses Analysetages feststellen, gerade die professionelle Abarbeitung des großen Themenkomplexes eines mittleren Industrieunternehmens war so erfolgreich, daß 6 wichtige Potentiale zur Effiziensteigerung erarbeitet werden konnten. Diese wurden noch während des Besuches besprochen und nachträglich in Form eines Berichtes oder besser gesagt in einer praktischen Anleitung zur Umsetzung ausführlich beschreiben und mit Anregungen ergänzt. Von den identifizierten Potentialen zur Material- und Enegieeinsparung konnten wir bereits die Hälfte durch praktische Maßnahmen weitestgehend umsetzen oder vorbereiten. Als Beispiel soll hier die Vermittlung der IHK zur kostenlosen Überprüfung unserer Druckluftanlage durch Atlas Copco vorgestellt werden. Die Überprüfung ergab, daß wir durch einen effizienteren Einsatz unserer Kompressorenanlage und veränderten Schaltzyklen, sowie besserer Nutzung unseres Netzes durch Verdichter eine Einsparung von mindestens 20.000 Euro p.a. erzielen könnten, bei einer Investition von 14.000 Euro. Abschließend können wir mit Freude feststellen, dieser Tag hat sich nicht nur gelohnt, es war ein Tag mit langfristiger, positiver Auswirkung auf die Organisation und das Qualitätsmanagement unseres Unternehmens. Wenn es diese Möglichkeit dieser qualifizierten Kurzanalysestudie nicht gäbe, müßte sie erfunden werden. An dieser Stelle möchte ich im Namen unseres Unternehmens, dem Initiator dieser Aktion, Herr Reif, herzlichen Dank sagen für seine „Überredung“ an dieser Analyse teil zu nehmen.“ III REGIO-REPORT | IHK Südlicher Oberrhein Teilnahmebedingungen Die Eigenbeteiligung der Unternehmen beträgt 5.000 Euro für die Dauer von 2 Jahren. Unternehmen, die nur für ein Jahr im Visualisierung schafft Transparenz Nur so viele Daten wie unbedingt nötig – das ist das Credo von Prof. Mario Schmidt und seinem Team von der Hochschule Pforzheim. Dazu müssen dann aber auch die Analyse- und Darstellungsmethoden stimmen. Die Pforzheimer haben seit vielen Jahren Erfahrungen mit dem Energie- und Stofstrommanagement gesammelt – sowohl in Forschungsprojekten als auch in konkreten Praxisanwendungen und Beratungen. Prof. Dr. Peter Saile war selbst einmal Werksleiter bei einem großen Konzern und berät heute Unternehmen der Automobilzulieferindustrie. Prof. Schmidt berät Weltunternehmen wie DaimlerChrysler, BASF, Deutsche Post oder Hewlett-Packard. In Südbaden haben beide das baden-württembergische Konvoi-Projekt zum Energie- und Stoffstrommanagement mit zahlreichen mittelständischen Firmen durchgeführt. In MESOR finden erstmals Instrumente Anwendung, die umfangreich auf die Erfahrungen aus beiden Bereichen – Theorie und Praxis – zurück greifen. Mit Mengenflussbildern, so genannten Sankey-Diagrammen, werden Energie- und Stoffströme im Unternehmen abgebildet. Hier arbeiten die Pforzheimer mit dem darauf spezialisierten Software-Unternehmen ifu Hamburg GmbH zusammen. Die Besonderheit ist: Auch die Wert-schöpfung des IV Netzwerk aktiv eingebunden sind, zahlen 2.500 Euro plus 20 Prozent des Effizienzgewinns nach Realisierung der vorgeschlagenen Maßnahmen, begrenzt auf max. 7.500 Euro. Die Vertraulichkeit betriebsinterner Details ist im Rahmen der Netzwerksarbeit gewährleistet. Die Netzwerkpartner erklären sich lediglich zu einer Veröffentlichung ihrer Teilnahme und einer zusammenfassenden Beschreibung ihres Status Quo bzw. ihrer eingeleiteten Aktivitäten bereit. wr Visualisierung der Ineffizienzen an einem Beispiel Produktstroms, also quasi die Kostenstruktur in Euro, wird mit den Sankey-Pfeilen dargestellt (siehe Grafik). So kann der Anteil der Materialkosten verdeutlicht und verfolgt werden, aber auch Verluste durch z.B. Reststoffe, erhöhten Betriebsstoffeinsatz oder unzweckmäßige Kreislaufführungen. Die Mengenströme und die damit verbundene Wertschöpfung sind die quantitative Basis für die Suche nach relevanten Ineffizienzen. Prof. Schmidt und sein Team haben dazu eine eigene Methode entwickelt: das Material Stream Mapping. Es orientiert sich an der bewährten Wertstromanalyse, geht aber weit über diese hinaus und berücksichtigt auch das Thema Materialeffizienz. Durchlaufzeiten in der Produktion werden ebenso berücksichtigt wie auch die Lagerhaltung und deren Kapitalbindung. Gestartet wird schon vor dem eigentlichen Beratungstermin im Unternehmen mit einem Fragebogen: Er nimmt die wichtigsten Eckpunkte der Produktion auf und hilft dabei, die relevanten Produktionsbereiche zu identifizieren. Diese werden dann mit einer Begehung im Betrieb und ausführlichen Gesprächen mit der Geschäftsleitung bzw. dem Produktionsleiter genauer analysiert und quantifiziert. Das Ma- terial Stream Mapping gibt dazu eine spezielle Datenerfassungsmethode vor. MESOR will vor allem Hilfestellungen für die Unternehmen bieten. Dazu wird in Kürze auch ein eigenes Software-Tool mit dem Namen MESOR-Assistent beitragen, bei dem die notwendigen Daten in einfache Eingabemasken eingegeben werden und dann die entsprechenden Sankey-Diagramme erzeugt werden. Der MESOR-Assistent kann von den Unternehmen auch selbst eingesetzt werden. Information: Werner Reif, Telefon 0761/3858-260 und/oder: http://umwelt.hs-pforzheim.de Wirtschaft im Südwesten 9 I 2007
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