Sprachenvielfalt in Afrika: Wie studiert man das – und wofür?

Was ist und womit befasst sich die
Afrikanistik
in Hamburg?
Afrika ist der sprachenreichste Kontinent der
Welt! Zwischen 1500 und 2000 Sprachen
werden hier gesprochen.
Zum Beispiel:
Nigeria
Kamerun
Sudan
Ghana
Äthiopien
Kenia
Uganda
Senegal
Südafrika
Namibia
Rwanda
510
279
142
79
84
61
45
36
31
28
1
Sprachen öffnen Türen. Sie geben Einblick in andere
Denkweisen und Lebenswirklichkeiten.
Sie sind Ausdrucksform und Lebensnerv sozialer Identitäten der
Menschen, die sie sprechen.
Jede der 1500 bis 2000 Sprachen
auf dem afrikanischen Kontinent
manifestiert die Kreativität und
Vielfalt des menschlichen Geistes.
Die meisten Menschen in Afrika sprechen mehr als eine
Sprache. Mehrsprachigkeit hat eine lange Tradition.
Afrikanistinnen & Afrikanisten studieren multilinguale
Praktiken und Möglichkeiten der interkulturellen
Kommunikation.
• Codeswitching
•
•
•
•
Mulitliteralität
Pidgin- und Kreolsprachen
Sprachpolitische Entscheidungsfragen
Kommunikative Strategien
• Sprachkontakt
• Urbane Jugendsprachen
Wenn schriftliche und archäologische Quellen fehlen, sind die heute
gesprochenen Sprachen oft der einzige Schlüssel zur Rekonstruktion
kultur-, gesellschafts- und siedlungsgeschichtlicher Wandlungsprozesse.
Spear, Thomas 1981
Afrika birgt auch schriftliche Zeugnisse. Handschriften
bewahren und tradieren das traditionelle Wissen.
Die philologische Arbeit mit alten Manuskripten, vorwiegend aus dem äthiopischen Kulturkreis (Orbis Aethiopicus) ist ein traditionsreicher Schwerpunkt
der Afrikanistik in Hamburg.
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Der Sprachenreichtum Afrikas ist
bedroht!
In den letzten 100 Jahren sind mehr
als 100 namentlich bekannte afrikanische
Sprachen verschwunden, ohne auch nur
in Grundzügen erfasst worden zu sein.
Pessimistische Schätzungen
gehen davon aus, dass im
Laufe dieses Jahrhunderts
bis zu 90% der jetzt noch
gesprochenen Sprachen
aussterben könnten.
Afrikanistik
Definition:
Fachverband Afrikanistik:
§ 1. Afrikanistik ist die Wissenschaft von den afrikanischen
Sprachen in allen Erscheinungs-formen und von ihren
gesellschaftlichen,
kulturellen
und
historischen
Bedingungen und Gebrauchs-weisen.
Erkenntnisinteressen der Afrikanistik
 afrikanische Sprachen: Sprachstrukturen
einzelsprachlich und sprachvergleichend
Sprachveränderungen, z.B. durch Kontakt /
Mehrsprachigkeit oder soziale Abgrenzung wie bei
Jugendsprache
 Gedankenwelt der Bevölkerung in Afrika,
einheimisches Wissen (gegenwärtig und in früheren
Zeiten)
 geschichtliche Entwicklung des Kontinent
 gesellschaftliche Strukturierung
Wie studiert man Afrikanistik in HH?
Fach:
Erster Studienabschluss:
Dauer:
Anschließend
gegebenenfalls:
 Afrikanische Sprachen und
Kulturen
 Bachelor (B.A.) „Afrikanische
Sprachen und Kulturen“
3 Jahre oder 4 Jahre
 Master (M.A.)
2 Jahre
 Promotion
Worin unterscheiden sich der 3-jährige und der 4-jährige
B.A.-Studiengang?
Afrikanische Sprachen
& Kulturen im
Vergleich
3-jährig
Afrikanische Sprachen
& Kulturen –
sprachenintensiviert
4-jährig
nur eine afrikanische
Sprache
zwei afrikanische
Sprachen
Kein obligatorischer
Auslandsaufenthalt
7. Semester:
Studium/Praktikum
in Afrika
Sprachunterricht: HAUSA
Erst- und Zweitsprache in Nordnigeria, Niger, Ghana und praktisch allen
größeren Städten Westafrikas
Ca. 40 Mio L1- und L2-Sprecher und Sprecherinnen
Seit Jahrhunderten ist das Hausa-Volk ein
Händlervolk; daher ist Hausa zu einer
wichtigen Verkehrssprache in Westafrika
geworden. Nicht einmal die von den
europäischen Kolonialmächten
aufgezwungenen Grenzen (1884 auf einem
Tisch in Berlin entworfen!) haben die Hausa
einzäunen können. Die Hausa-Diaspora
erstreckt sich von Libyen bis London und die
USA und – last but not least - nach
Hamburg, wo es ca. 500 Hausa-Sprecher
gibt, die meisten aus Ghana.
Sprachunterricht: AMHARISCH & Ge‘ez
Amharisch ist die offizielle Amts- und Arbeitssprache der
Bundesrepublik Äthiopien. Amharisch wird von ca. 20 Mio.
L1- Sprecher und Sprecherinnen gesprochen und dient den
meisten der mehr als 70 Mio Äthiopiern als Zweit- oder
Drittsprache.
Ge‘ez ist das „Latein“ Äthiopiens (Sprache der Kirche und
Liturgie).
Die ersten schriftlichen Monumente auf
Amharisch stammen aus dem 14. Jhdt;
im 19.-20. Jhdt. entstand eine umfangreiche
amharische Literatur. Mit dem Amharischen ist
Ge‘ez (das Altäthiopische), das „Latein“
Äthiopiens, eng verwandt. Das Schriftsystem für
Ge‘ez wurde von dem südarabischen Alphabet
abgeleitet. Die ersten schriftlichen Monumente
auf Ge‘ez stammen aus dem 1. Jhdt. n.C., aus dem
antiken Reich von Aksum
(Nordäthiopien/Eritrea). Nach der Übernahme
des Christentums als Staatsreligion (4. Jhdt.)
wird Ge‘ez die Sprache der Liturgie und
Kirchenliteratur. Texte in Ge‘ez sind in vielen
tausenden Handschriften überliefert. Das
Schriftsystem für Ge‘ez (Silbenschrift) wurde für
Amharisch, Tigrigna und andere Sprachen
Äthiopiens/Eritreas adaptiert.
Sprachunterricht: SWAHILI
Verkehrssprache Ostafrikas (Tansania, Kenia, Uganda, Ostkongo,
Teile von Mozambique, Ruanda, Somalia)
Ca. 80 Mio. Sprecher und Sprecherinnen weltweit
Der Name ist von dem arabischen Wort für "an der
Küste" abgeleitet und dort, an der ostafrikanischen
Küste (von Mogadischu in Somalia bis NordMozambique) und auf den davor liegenden Inseln
(u.a. auf Bajun, Lamu, Pate, Pemba, Unguja, Mafia
und Kilwa) leben die Menschen schon seit über
1200 Jahren ihr Leben ΄auf Swahili΄.
Schwerpunkte im B.A.-Studiengang
„Afrikanische Sprachen und Kulturen“
Methodenprofil 1:
Dokumentation und Analyse afrikanischer Sprachen
Methodenprofil 2:
Sprache im Kontext
Methodenprofil 3:
Manuskriptkulturen / Äthiopistik
Profil: Dokumentation & Analyse afrikanischer Sprachen
Hier werden die sprachwissenschaftlichen Methoden, Konzepte
und Fertigkeiten vermittelt, die notwendig sind, um afrikanische
Sprachen umfassend zu beschreiben.
Es besteht nach wie vor ein hoher Bedarf an Grundlagenforschung. Keine einzige
afrikanische Sprache ist in ähnlicher Tiefe und Ausführlichkeit dokumentiert wie
jede europäische Sprache.
Wussten Sie, dass 90% aller Sprachen
in Afrika TONSPRACHEN sind?
Tonale Minimalpaare im Igbo (Nigeria)
HIGH-HIGH / ákwá/ „crying“ HIGH-LOW / ákwà / „cloth“
LOW.-HIGH / àkwá / „egg“ LOW-LOW / àkwà / „bed“
(aus: Klaus Wedekind 1985)
Profil: SPRACHE IM KONTEXT
Hier geht es um die Rolle afrikanischer Sprachen als
Kommunikationsmedien im multilingualen Kontext und
um ihre Schlüsselrolle zur Erschließung innerafrikanischer
Perspektiven auf die Dinge der Welt, sowohl synchron
als auch diachron, durch die Rekonstruktion kultur- und
gesellschaftsgeschichtlicher Gegebenheiten.
Wussten Sie, dass SANGO, die Nationalsprache der Zentralafrikanischen Republik,
eine Pidgin-Sprache ist?
L1-SprecherInnen
200 000
L2-SprecherInnen
5 Mio.
•Profil: MANUSKRIPTKULTUREN /
ÄTHIOPISTIK
Im Profil Manuskriptkulturen/Äthiopistik
stehen die schriftlichen Zeugnisse Afrikas,
insbesondere das Schrifttum
Äthiopiens/Eritreas im Zentrum des
Studiums. Dafür ist Erwerb gründlicher
Kenntnisse des Amharischen und Ge‘ez
und ihrer historischen und kulturellen
Gebrauchsweisen erforderlich. Weiterhin
werden materialwissenschaftliche
Analyseverfahren von Handschriften,
paläographische und textkritische
Untersuchungsmethoden der
Texte und ihre Anwendung studiert.
Wussten Sie, dass mehr als 100 000
Amharisch-sprechende Äthiopier heute in
Israel leben (die so-genannten Falascha oder
Betä Isra‘el)?
•Profil: MANUSKRIPTKULTUREN /
ÄTHIOPISTIK
Hier lernt man, wie die
schriftlichen und mündlichen
Quellen aus Kulturen
Äthiopiens/Eritreas
ausgewertet werden, und was
die Daten für die Erforschung
der Geschichte der vielen
Völker aus diesem Kulturkreis
beitragen können.
Studienbegleitende Übungen (ABKs) vermitteln praktische
Fertigkeiten im Hinblick auf spätere Berufsperspektiven.
Grundlagen wissenschaftlichen Arbeitens
Einführung in EDV und Internet
Interviewtechniken
Präsentationsmethoden
Erstellung von Lehrmitteln
Berufsfelderkundung
Berufspraktikum
Ein Semester in Afrika studieren!
Im 4-jährigen Bachelor studieren sie 1 Semester im
subsaharanischen Afrika in einem Land ihrer Wahl.
Ziele: Vertiefung von Sprachkompetenzen
persönliche Landeskenntnisse
interkulturelle Kompetenzen
Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen
der Abteilung für Afrikanistik und
Äthiopistik am Asien-Afrika-Institut
!ai si sa - !ai si |i *
Weitere
Informationen auf
unserer Homepage
unter www: aai.unihamburg.de
*„Gute Reise!“ – „Gutes Bleiben!“
Photo: Kießling (aus: Dokumentation einer SanKultur in Namibia)