Verlagshaus Jaumann Seite 1 von 1 Guter Kaffee ist wie guter Wein Rösten wie zu Uromas Zeiten / Kaffee: Kränzchengetränk und Welthandelsprodukt Von Claudia Bötsch. Lörrach. Heute bestellen wir unseren Cappuccino oder Latte Macchiato bequem im Café. Oder wir kaufen ihn gemahlen und frischeverpackt im Supermarkt. Mit wie viel Zeit- und Kraftaufwand Uroma noch ihren Kaffee röstete und zubereitete, das demonstrierte der Röstmeister Albrecht Oethinger von der GEPA am Samstag vor dem Glashaus. Das Glashaus steht unter anderem für fair gehandelte und ökologische Produkte. Mit seiner Aktion Kaffeerösten wie zu Uromas Zeiten wollte es der Lörracher Bevölkerung nicht nur das Kaffeerösten erklären, sondern auch über fair gehandelten Kaffee und über das Kaffeeprojekt der GEPA in Peru informieren. Dass alle Kaffeebohnen im Urzustand grün sind, weiß so mancher nicht. Dass grüner Rohkaffee modrig riecht und der kaffeeeigene Duft sich erst beim Rösten entwickelt, weiß kaum einer. Das Rösten braucht Zeit, ist aber auch ein besonderes Geschmacksund Dufterlebnis, meint Oethinger. Ein abgepackter, gemahlener Kaffee erreicht nie die Qualität und das Aroma von frisch gerösteten und gemahlenen Bohnen. Mit einem über 100 Jahre alten Ofen, der eigens aus dem Heimatmuseum Welzheim bei Stuttgart herangeschafft wurde, demonstrierte Oethinger mit Kaffee aus Peru das aufwendige Verfahren des Kaffeeröstens. Bis in die 60iger Jahre standen solche Öfen in Bäckereien und Kolonialwarenläden. Heute sind diese Antiquitäten rar und wertvoll, meint Oethinger. Der Ofen wird mit Holzkohle befeuert und die Bohnen bei maximal 220 Grad für 15 Minuten in einer Trommel geröstet. Damit die Bohnen gleichmäßig geröstet werden und nicht Gefahr laufen, zu verbrennen, muss die Kugeltrommel im Ofen konstant von Hand gedreht werden. Die Bohnen verfärben sich von grün nach gelb zu hellbraun. Sie beginnen zu dampfen und duften, knacken wie Popcorn und gewinnen an Volumen. Akribisch überprüft Oethinger den Röstvorgang, denn für die Qualität ist entscheidend, dass die Temperatur nicht zu hoch ist und die Bohnen nicht zu lang rösten - außer man möchte Espresso. Kaffee war in Deutschland bis in die 60er Jahre Luxusgut, sagt Oethinger. Bei der Durchschnittsfamilie stand echter Kaffee höchstens einmal pro Monat auf dem Sonntagstisch, sagt Oethinger. Die Alternative waren Löwenzahn- oder Chicoreewurzeln, Bucheneggern, Roggen oder Gersten. Die Menschen im Zweiten Weltkrieg und ärmere Leute zogen aus in die Wälder, um dort Bucheneggern für ihren Ersatz-Kaffee zu sammeln. Heute ist Kaffee zweitmächtigstes Welthandelsprodukt nach dem Erdöl. Kaffeebohnen werden in großen Mengen maschinell und mit Strom geröstet, nicht mehr über Feuer, sondern bei heißer Luft. Viele wissen gar nicht mehr, wo unser Kaffee herkommt und welche Qualitätsunterschiede es gibt, meint Oethinger. Wie ein guter Wein, so sei auch ein guter Kaffee von vielen verschiedenen Faktoren wie Klima, Herkunftsland oder Standort abhängig und habe genauso seinen Preis. Nachricht vom 22.04.2008 http://www.oberbadischesvolksblatt.de/core.php?dat=Y29tcG9uZW50PW5ld3MmY... 28.04.2008
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