Wie zwei Männer zum »Frauenturnen« kommen - Yoga satyaseva

Friedberg · Bad Nauheim
Mittwoch, 23. November 2011
Nummer 273 - Seite
21
Wie zwei Männer zum »Frauenturnen« kommen
Die Ockstädter Feuerwehrmänner Michael Müller und Michael Fehlinger gehen einmal in der Woche zum Yoga
Friedberg / B a d N a u h e i m (dab). Yoga – bis vor drei Jahren war
das für Michael Müller gleichbedeutend mit »Frauenturnen«. Das, was
der Feuerwehrmann heute mit seinem Körper anstellt, wenn er sich in
die »Halbmond«-Position begibt, bringt Bauch, Beine, Po zwar auch in
Form. »Tatsächlich aber fordert Yoga den ganzen Mann«, erzählt der
Ockstädter – freilich erst nach der Übung, bei der er kniet, dann ein
Bein nach hinten streckt, das andere aufstellt und die Arme nach oben
Guten Morgen,
liebe Leser!
»Yoga ist eine Übung des Geistes«, sagt
Kristin Herber, die in Bad Nauheim mit drei
anderen Frauen eine Yoga-Schule führt.
»Man erfährt, wie sich Entspannung anfühlt,
und lernt, sich nicht mehr so schnell aus dieser Entspannung herausbringen zu lassen.
Das ist eine Technik, die man irgendwann
draufhat und über die man dann gar nicht
mehr nachdenken muss.Vergleichbar mit der
Rückhand beim Tennis.«
In der ersten Zeit habe er noch gedacht:
»Lass sie reden«, erinnert sich Michael Müller an seine Yoga-Anfänge und lächelt. »Aber
es funktioniert tatsächlich.« In dem FitnessStudio, in dem er und Michael Fehlinger angemeldet sind, hatte Kristin Herber vor drei
Jahren einen Yoga-Kurs angeboten. Aus reiner Neugier nahm er teil, »und nach zwei,
drei Stunden habe ich gemerkt: Es tut mir
gut«. Seinen Freund Michael Fehlinger
musste er gar nicht erst von den Vorzügen
überzeugen – er kannte Yoga schon. »Bei der
Bundeswehr hatten wir einen Feldwebel, der
Tibet- und Indien-Fan war.«
Es gibt König-, Großherzog-, Herzog-,
Bis-, Besitz-, Eigen- und Irrtümer. Letzteren sind am häufigsten. Bei ihnen
gibt’s auch keinen Nachwuchsmangel.
Sie entstehen täglich aufs Neue. Wer
sich zu den Genauigkeitsaposteln rechnet und schon deshalb etwas gegen Irrtümer hat, möge sich zu erinnern versuchen, dass manches Gute in der Welt gerade auch ihnen zu verdanken ist. Sie
verhindern nichts, was kommen soll.
Einen Irrtum begeht man. Oder er unterläuft einem. Und dann unterliegt
man ihm. Oder man sitzt auf ihm. In
den Weisheiten des Alltags heißt das
ganz einfach: »Irren ist menschlich!«
Und damit ist der Irrtum bereits entschuldigt. Selbst Goethe hat sich des Irrtums angenommen, als er verkündete:
»Es irrt der Mensch, solang‹ er strebt!«
Nun, dieser Verszeile ist keine Ausschließlichkeit zuzubilligen. Es irren ja
mitunter auch Mitbürger, die sich das
Streben längst abgewöhnt haben. Allerdings hat Meister Goethe an anderer
Stelle auch geschrieben: »Sobald man
spricht, beginnt man schon zu irren!«
Das hat er sicherlich vor allem in Richtung jener Neunmalklugen gesprochen,
die behaupten, sie hätten sich noch nie
geirrt. Bestimmt nicht geirrt hat sich
Sophokles. Der bekannte noch vor unserer Zeitrechnung: »Den Menschen allen
nämlich gemeinsam ist das Irren!« Daran hat sich bislang nichts geändert.
Nur klingt es halt manchmal etwas profaner. Etwa: »Zum Kuckuck! Man kann
sich ja auch mal irren!« Der eine Irrtum
bringt Glück, der andere Pech. Aber das
hat die Irrtumslosigkeit eben so an sich.
Oder sollte ich mich da irren?
(zel)
DAS SCHAUFENSTER
Erholung nach Feierabend? Fehlanzeige!
Beide Männer beschreiben Yoga als Erlebnis, das Ausgeglichenheit und Ruhe bringt –
und damit in krassem Gegensatz zu ihrem
Beruf steht: Beide sind bei der Berufsfeuerwehr, Fehlinger als Vize-Wachabteilungsleiter der Feuerwehr Hanau, Müller als Datentechniker in Frankfurt. Und weil beide auch
noch bei der Freiwilligen Feuerwehr in Ockstadt aktiv sind, ist es mit der Erholung nach
Feierabend auch nicht sehr weit her.
»Man fährt aus dem normalen Leben hoch
auf 100«, beschreibt Fehlinger, was in ihm
vorgeht, wenn im Job plötzlich der Gong ertönt und seine Mannschaft zum Einsatz ausrückt. Er muss dann »in einer Minute Entscheidungen treffen, die wichtig sind«. Auch
die übrigen Chefaufgaben verlangen ihm ei-
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Geburtstage / Ehejubiläen
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Sudoku
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hebt, bis diese die Form eines Halbmonds beschreiben. An Reden ist
bei der Übung, die Kraft im Oberschenkel gibt und die Leistenmuskulatur dehnt, nicht zu denken. Aufmerksamkeit ist ein wichtiger Aspekt
beim Yoga. Die bewusste Wahrnehmung seines Körpers führt dazu,
dass er durch das Training auch seelisch wieder ins Gleichgewicht
kommt, sagt Müller, der zusammen mit seinem guten Freund Michael
Fehlinger einmal pro Woche zu Kristin Herber zum Yoga geht.
Reden unmöglich: »Diese Kraftübung macht
schön warm und bereitet für den Rest vor«,
erklärt stattdessen die Yoga-Lehrerin.
»Yoga fordert den ganzen Mann«, sagt Michael Müller (r.). Zusammen mit seinem guten
Freund Michael Fehlinger kommt der Ockstädter Feuerwehrmann einmal die Woche in die
Yoga-Schule nach Bad Nauheim, um mit Lehrerin Kristin Herber zusammen zu trainieren –
so wie hier den »Halbmond«.
(Fotos: Nici Merz)
niges ab. Seine Wachabteilung besteht aus 16
Menschen, die geführt werden müssen. Er erfährt viel Privates von den Kollegen, mal
muss er vermitteln, mal fallen böse Worte,
doch am Ende ist es »wie bei den Musketieren: Einer für alle, alle für einen«.
Dieser Stress, dem Fehlinger sich im Dienst
ausgesetzt fühlt, »bleibt im Körper drin«.
Früher sei er spazieren gegangen oder auch
mal in den Wald geflüchtet, um sich den Ärger von der Seele zu brüllen. Heute helfe Yoga ihm dabei, »zu entspannen, zu verdrängen, zu vergessen – ich möchte den Dienst
nicht mit nach Hause nehmen«.
Auch in der Mittagszeit ist Zeit zum Üben
Zum Herunterfahren müssen die beiden
Michaels nicht zwangsläufig zu Kristin Herber in die Stunde kommen. »In der Mittagspause schließe ich manchmal meine Bürotür
ab und mache ein paar Übungen im Sitzen
oder Liegen«, erzählt Müller. »Das muss gar
nicht lange dauern, aber die bewusste Entspannung über die Atmung hilft mir dabei,
meinen Körper anders wahrzunehmen und
mich zu erden.« Inzwischen wirke Yoga sich
sogar so weit aus, dass er sich grundsätzlich
nicht mehr so leicht aus der Ruhe bringen
lasse – sehr zum Leidwesen einiger Kollegen,
die früher diebische Freude daran hatten, ihn
auf die Palme zu bringen.
Die Atemtechniken helfen auch im Einsatz.
Wenn er früher von seinen Leuten die Nachricht bekommen habe: »Da drin liegt eine
Person«, sei er aufgeregt gewesen, erzählt
Fehlinger. Heute hole er zunächst dreimal
tief Luft, um sich zu beruhigen.
Auch wenn manche Kollegen das Hobby
belächeln: Yoga ist inzwischen zur festen
Größe in ihrem Leben geworden. 90 Minuten
dauert die wöchentliche Übungseinheit, die
Phasen des Entspannens, Aufwärmens, Dehnens, Kräftigens und Schwitzens umfasst.
»Es gibt nur wenige Muskelpartien, die nicht
beansprucht werden«, erzählt Müller, der Yoga als Ergänzung zum Fitness-Studio und
zum Mountainbiken (»Das ist gut zum
Dampfablassen«) sieht.
Ohne Esoterik, aber mit Klangschale
Beim Yoga sind sie die Quotenmänner – obwohl es im Ursprungsland Indien deutlich
mehr Männer als Frauen gibt, die Yoga praktizieren. Der Frauenüberschuss hierzulande
stört Fehlinger und Müller kein bisschen.
Das liegt aber auch am Unterrichtsstil von
Kristin Herber, den sie selbst als »nüchtern«
beschreibt. »Ich lasse das Esoterische in der
Schublade.« Zum einen, um die Klischees
nicht auch noch zu bedienen, zum anderen,
um Menschen, die »westlich-naturwissenschaftlich geprägt« sind, nicht zu verschrecken. Eine Klangschale steht trotzdem im
Übungsraum, und ein »Om« ist auch schon
mal zu hören, bevor die Gruppe zum Üben
ansetzt. »Das ist aber nichts Mystisches«,
sagt Herber. Durch die Konzentration auf einen Ton denke man nicht mehr an Ärger, lasse seine angespannte Gedankenwelt los, worauf der Körper fast automatisch reagiere –
indem er sich öffne und entspanne.
Was er dank Yoga mit seinem Körper alles
machen kann, zeigt Michael Fehlinger gerne.
Er lässt sich im Schneidersitz nieder, verschränkt die Knie auf den Oberschenkeln,
richtet sich auf und bewegt sich auf seinen
Knien vorwärts. Frauenturnen sieht anders
aus.
»Lust auf Rosen« mitten im Ortskern
Einige Änderungen beim nächsten Rosenfest – Gut besuchtes Bürgergespräch
Bad Nauheim-Steinfurth (ihm). Das Rosenfest bekommt ein neues Gesicht. Beim Bürgergespräch am Montagabend präsentierten
Bürgermeister Armin Häuser (CDU) und der
Rosenausschuss Pläne, den Rosenmarkt in
den Ortskern zu verlagern. Wie Häuser sagte,
muss die Veranstaltung aus wirtschaftlichem
Grund optimiert werden. »Der Festplatz soll
wieder ein Festplatz werden, der Rosenmarkt
wird in den Ortskern verlegt.« Beeinträchtigungen will man so gering wie möglich halten. Termin des Fests ist der 13. bis 16. Juli.
Thomas Södler (Rosenausschuss) sagte, die
Erfahrungen mit dem Rosenmarkt machten
ein Umdenken erforderlich. Markt und Rum-
mel auf einem Platz – das sei nicht ideal. Das
gelte vor allem abends, wenn die Festbesucher an den dunklen Ständen vorbeiflanieren
müssten. Wie es besser geht, habe ein Besuch
der Rosen- und Kulturwoche in Bischofszell
(Schweiz) gezeigt. Im Sommer war der Ausschuss dort. »Wir kamen nicht aus dem Staunen heraus«, schilderte Södler. Es sei nicht
alles auf einem Fleck konzentriert gewesen,
sondern im ganzen Ort verteilt. Alles habe
attraktiv ausgesehen, zahlreiche Ehrenamtliche hätten geholfen und sämtliche Läden zogen mit. Eine große Rolle habe auch das Thema Kunst und Kultur gespielt. Öffentliche
Gebäude und Flächen seien ebenso einbezo-
Identifikation: Der Saal ist gut besetzt, als Bürgermeister Armin Häuser und die Mitglieder
des Rosenausschusses die Pläne für das Rosenfest vorstellen.
(Fotos: ihm)
Podium: Ortsvorsteher Heinz Thönges (links), Bürgermeister Häuser (4. von links) und die
Mitglieder des Rosenausschusses stehen den Bürgern Rede und Antwort.
gen worden wie private Grundstücke. »Wie
können die Steinfurther mit diesem Wissen
umgehen?«, fragte Södler – und gab die Antwort: »In Bischofszell steht der ganze Ort dahinter.« Auch in Steinfurth wolle man die
Einwohner einbeziehen.
Vor Kurzem hat der Ausschuss potenzielle
Flächen angesehen. Gute Plätze seien Neuund Hintergasse, Oberpforte, Im Steckgarten
und ein Stück des Schulhofs. Angepeilt sind
Straßen, Hofeinfahrten und Höfe. »All das
sind aber erst Ideen. Mit jedem Anwohner
reden wir.« Der Ausschuss muss sich nun mit
Fragen befassen wie: Welche Konsequenzen
ergeben sich für die Anwohner? Oder: Wie
geht man mit den Besucherströmen um? Das
Motto lautet »Lust auf Rosen«. Es gehe nicht
nur um den Erhalt des Fests. Ziel sei eine
neue, zeitgemäße Note.
Eine Frau fragte nach den Öffnungszeiten
des Markts. Södler sprach von 10 bis 18 Uhr.
Für Freitag habe der Ausschuss schon überlegt, bis 20 Uhr aufzumachen. Sonntags sei
18 Uhr vielleicht schon zu lang. Montags soll
der Markt nicht veranstaltet werden. Wichtig
sei, die Toleranz von Anwohnern und Ausstellern nicht überzustrapazieren. Einige
Bürger sahen Diskussionsbedarf: »Freitags
und samstags sollte bis 20 Uhr offen sein.«
Die Resonanz der Zuhörer war positiv, es
kamen aber auch kritische Fragen. »Wo sollen die Anwohner parken?«, rief eine Frau.
Södler erwiderte: »Möglichst nah, maximal
einen halben Kilometer entfernt.« Die Frau
fiel ihm ins Wort: »Es gibt Geschäfte! Nicht
jeder kann eine Wasserkiste einen halben Kilometer weit schleppen.« Häuser merkte an,
nicht zu allen Details gebe es bereits Antworten. Ortsvorsteher Heinz Thönges (UWG)
unterstrich, die Steinfurther sollten sich mit
dem Fest identifizieren. »Es gibt Politiker in
anderen Stadtteilen, die sich über die Kosten
aufregen.« Wasser auf deren Mühlen sei,
wenn sich die Einwohner selber kritisch äußerten. Stadtrat Gerhard Hahn (UWG) appellierte: »Das Rosenfest ist alle zwei Jahre,
es dauert drei Tage. Also: Das kriegen wir
doch hin!« Das Auditorium klatschte. Im
Frühjahr soll ein weiteres Informationsgespräch veranstaltet werden.