Wie geht es den angestellten Ärzten in Niederösterreich?

ang.
ärzte
Wie geht es den angestellten
Ärzten in Niederösterreich?
Ein Resümee nach sechs Jahren Ärztekammerarbeit
D
ie NÖ Ärztekammer hat zwischen Mitte Juni und Ende
August eine Umfrage unter allen niederösterreichischen
Ärztinnen und Ärzten durchgeführt. Ziel dieser Erhebung war
es, gesicherte Daten darüber zu bekommen, wie die Arbeits- und
Lebenssituation der niederösterreichischen Ärzteschaft aussieht
beziehungsweise wie sie von dieser empfunden wird. Eine
ähnliche Umfrage wurde bereits im Sommer 2008 durchgeführt. In insgesamt drei Ausgaben des Consilium werden
wir die Ergebnisse dieser Umfrage detailliert vorstellen und
(dort wo möglich) Vergleiche zu 2008 ziehen. In dieser Ausgabe beginnen wir mit den Angestellten Ärztinnen und
Ärzten.
Dass die Ärzteschaft unser Anliegen ernstgenommen hat,
beweist die Anzahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer:
Insgesamt sind 1.042 Rückmeldungen eingegangen, das
sind 14,3 Prozent der Gesamtgruppe. Als Vergleich: 2008
gab es 548 Rückmeldungen, das waren nur 8,3 Prozent
der Gesamtgruppe. Angestellte Ärztinnen und Ärzte haben
sich mit 12,1 Prozent an der Umfrage beteiligt. Der Frauenanteil ist auf 50 Prozent gestiegen im Vergleich zu 42
Prozent im Jahr 2008.
Zu den wesentlichen Aspekten: Heuer sind nach eigener
Einschätzung 60 Prozent der angestellten Ärztinnen mit
ihrer Arbeitssituation sehr zufrieden oder zufrieden (2008
waren es 51 Prozent). Dabei hat sich der Anteil derer, die
sich als sehr zufrieden bezeichnen ungefähr verdoppelt. Der
Prozentsatz jener, die gar nicht zufrieden sind, stagniert bei
sechs Prozent, bei der Angabe „weniger zufrieden“ ist ein
Rückgang um 20 Prozent auf ca. 35 Prozent zu verzeichnen.
Eine sogar noch positivere Entwicklung zeigt sich bei der
eigenen Einschätzung der Lebenssituation: 70 Prozent sind
sehr zufrieden oder zufrieden (2008 waren es im Vergleich
54 Prozent), nur vier Prozent sind gar nicht zufrieden.
In Summe gesehen eine sehr deutliche positive Entwicklung, die sich einerseits durch die vergangene Kurienarbeit
begründen lässt, aber andererseits auch aufzeigt, dass der
bestrittene Weg zwar der Richtige ist, aber das Ziel noch
lange nicht erreicht ist.
Dazu noch einige Fakten: Die Stundenanzahl der Vollzeitbeschäftigten hat sich von 2008 (60 Wochenstunden im
Durchschnitt) um 15 Prozent auf etwa 51 Wochenstunden
in 2013 gesenkt. 2013 finden noch immer 54 Prozent aller
Angestellten Ärztinnen und Ärzte ihre Entlohnung im Ver-
gleich zu anderen Gesundheitsberufen als ungerecht oder sehr
ungerecht (2008: 78 Prozent). 69 Prozent haben zu wenig oder
keine Zeit für Persönliches außer Familie (2008: 79 Prozent). 47
Prozent fühlen sich immer oder oft konfliktbelastet durch den
Beruf (2008: 56 Prozent).
Arbeitssituation
Sehr zufrieden
Zufrieden
Weniger zufrieden
Gar nicht zufrieden
0%
20%
40%
2008
60%
80%
100%
80%
100%
2013
Lebenssituation
Sehr zufrieden
Zufrieden
Weniger zufrieden
Nicht zufrieden
0%
20%
40%
2008
60%
2013
Persönliches
Immer oder oft Konfliktbelastung
durch Beruf
Immer oder oft oder manchmal
Konfliktbelastung durch Beruf
Zuwenig oder keine Zeit für
Persönliches außer Familie
0%
20%
2008
40%
60%
80%
100%
2013
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Foto: Tschank
Ang.
Ärzte
VP OA Dr. Ronald
Gallob
Kommentar
Sechs Jahre
Ein Teil der Befragung hatte auch das Ziel, bei vorhandener
Unzufriedenheit die Gründe herauszufinden. Folgende Vergleiche beziehen sich daher nur auf den Teil der Gruppe, die sich
als weniger oder gar nicht zufrieden mit ihrer Lebenssituation
bezeichnen: 14 Prozent leiden unter Mehrbelastung (2008: 23
Prozent), 18 Prozent leiden unter mangelnder Leistbarkeit von
Gütern (2008: 34 Prozent). Doch es gab hier auch Verschlechterungen: 32 Prozent leiden unter beginnenden oder bestehenden, durch den Beruf verursachten Erkrankungen (etwa Burnout), dieser Wert lag 2008 mit 19 Prozent noch deutlich besser.
Es liegt nahe anzunehmen, dass die Arbeitsverdichtung einerseits und die extrem zunehmende Administration eine mögliche
Erklärung sein könnten. Ebenfalls kritisch ist die Bewertung der
nicht optimalen Bedingungen an ihrem Arbeitsplatz durch 36
Prozent der Befragten. Dieser Wert lag 2008 noch bei 23 Prozent.
Ernst genommene standespolitische Arbeit ist ein Knochenjob. Meine
Freunde, das gesamte Team und ich machen diese Arbeit gerne und
nach sechs Jahren ist das Feedback aus der Kollegenschaft sehr erfreulich. Naturgemäß melden sich fast ausschließlich jene Kolleginnen
und Kollegen, die Probleme aufzeigen, in der Kammer und die Zufriedenen können wir nur im Rahmen einer gut organisierten Befragung
erreichen. Dieses eindeutige Ergebnis bestärkt uns zusätzlich, weiter
die Herausforderungen anzunehmen und unsere Arbeit einzubringen.
Auf diesem Ergebnis gemütlich sich auszuruhen, ist sicherlich keine
Option für mich und für das gesamte Team. Die Versäumnisse der
Vergangenheit und die nötige Entwicklung in die Zukunft benötigen unsere gesamte Aufmerksamkeit. Aufgrund dieser Versäumnisse
gestaltet sich die Aufarbeitung der Gegenwart, um für die Zukunft
fit zu werden, sehr aufwendig. Natürlich kann keine Garantie abgegeben werden, dass wir ohne große Katastrophe in diese Zukunft gehen
werden. Sicher ist allerdings, dass unter den gegebenen Umständen,
Die „Spitzenbelastung“ an Arbeitsstunden konnte in den verganauf Basis verlässlichen Vertrauens, nicht nur unter den Vertretern
genen Jahren deutlich gesenkt werden: 13 Prozent leisten mehr
der Dienstnehmervertreter über
als 72 Wochenstunalte und unnötige Grenzen hinweg,
den in Spitzenzeiten.
Allgemeines
sondern auch mit Vertretern der
Von „nur“ 13 Prozent
Landeskliniken-Holding, der Perwürde ich in diesem
Entlohnung ist im Vergleich ungerecht
sonalabteilung sowie nicht zuletzt
Zusammenhang nicht
oder sehr ungerecht
der verantwortungsvollen Politik in
sprechen, selbst, wenn
unserem Bundesland eine konkrete
es gegenüber 2008 um
Mehr als 72 Stunden Spitzenbelastung
Chance besteht, erfolgreich zu sein.
einiges besser geworden
Die angestellten Ärztinnen und
ist. 2008 war dies noch
Ärzte in Niederösterreich haben in
bei zwei Dritteln aller
Fühlen sich extrem oder sehr gefordert
den letzten Jahren ein Bewusstsein
angestellten Ärztinnen
entwickelt. Die Arbeit der Kurie
und Ärzten der Fall.
0%
20%
40%
60%
80% 100%
der Angestellten ist Ausdruck dieNichts desto trotz füh2008
2013
ses Bewusstseins und Ausdruck
len sich drei Viertel der
von Notwendigkeiten! Auch wenn
Befragten durch ihren
es da und dort Bestrebungen gibt,
Beruf extrem oder sehr
Unzufriedenheit mit der AusbildungsBestehendes zu bewahren und mit
gefordert (2008: gleisituation (52 % Unzufriedene)
Nachdruck das Ansehen der niecher Wert). Die durchderösterreichischen Ärztekammer
schnittliche Anzahl der
Unzufriedenheit wegen zu vielen
zu beschädigen, kann man das
Nachtdienste hat sich
nichtärztlichen Tätigkeiten
Erreichte in Niederösterreich nicht
von 4,5 auf 3,8 gesenkt.
Unzufriedenheit wegen zu viel
mehr vom Tisch wischen. Ich darf
Stress/Arbeitsbelastung
mich bei den vielen Kolleginnen
Nach wie vor ist "nur"
Davon würden ins Ausland oder
und Kollegen für die Beteiligung
rund jeder zweite Arzt
nichtärztlichen Bereich wechseln,…
an der Befragung bedanken und
in Ausbildung mit der
0%
20%
40%
60%
80%
100%
möchte die positive Beurteilung als
Ausbildungssituation
weiteren Motor für die Kurienarnicht zufrieden. Die
2008
2013
beit sehen!
Gründe hierfür sind
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ärzte
mit 77 Prozent zu viele nichtärztliche Tätigkeiten (2008: 66 Prozent) sowie mit 63 Prozent eine zu hohe Arbeitsbelastung (2008:
59 Prozent). 35 Prozent unserer Ärztinnen und Ärzte geben an,
ins Ausland oder den nichtärztlichen Bereich wechseln zu wollen, wenn sich an der Situation nichts ändert (2008: 45 Prozent).
Einige weitere Fakten, für die keine Vergleichsmöglichkeit zu
2008 besteht: 30 Prozent der Befragten wissen, dass in ihrer
Abteilung regelmäßig oder in Ausnahmefällen so genannte
„Geisterstunden“ geleistet werden, 45 Prozent wissen, dass sie
nicht oder nicht mehr geleistet werden, 25 Prozent der Befragten
ziehen es vor, auf diese Frage nicht zu antworten.
Die Zufriedenheit mit dem NÖ Spitalsärztegesetz 2012: 54 Prozent sind sehr zufrieden oder zufrieden, 27 Prozent sind weniger
zufrieden, 19 Prozent sind gar nicht zufrieden. Und trotzdem:
Im Vergleich mit anderen Angehörigen von Gesundheitsberufen
empfinden es fast 2/3 der Befragten immer noch als ungerecht.
Die Rufbereitschaft ist im Umfeld von 26 Prozent der Befragten
eingerichtet. Turnusärzte, die zu Diensten herangezogen werden,
zu denen sie nicht herangezogen werden dürften: 18 Prozent (24
Prozent „keine Angabe“).
In Bezug auf ihre Karrierechancen sind 23 Prozent der Befragten
mit ihrem aktuellen Status ohnehin zufrieden, für 41 Prozent
sind Karrieremöglichkeiten teilweise oder voll gegeben, für 36
Prozent nicht oder nur sehr eingeschränkt gegeben. In Bezug
auf Flexibilität bei der Diensteinteilung stellen die meisten Ärzte
ihrem Arbeitgeber ein gutes Zeugnis aus: Für 90 Prozent ist diese
voll oder teilweise gegeben.
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Foto: Tschank
ausbildung
VP OA Dr. Ronald
Gallob
ACHTUNG:
Ausbildungszeit in Gefahr
Ärztegesetz § 9 - Ausbildungsstätten für die Ausbildung zum Arzt für Allgemeinmedizin
(5): „Die Träger der anerkannten Ausbildungsstätten haben in kürzestmöglicher
Zeit und unter Beachtung der für die Ausbildung zum Arzt für Allgemeinmedizin vorgesehenen Ausbildungszeiten in der Ausbildungsstätte für die bestqualifizierende Ausbildung der Turnusärzte zu sorgen.“
(6) „Soweit es zur Erreichung des Ausbildungszieles erforderlich ist, hat die Ausbildung auch begleitende theoretische Unterweisungen zu umfassen. Zur Erreichung
des Ausbildungszieles ist, sofern sich in Ausnahmefällen aus der Einhaltung des Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetzes (KA-AZG), BGBl. I Nr. 8/1997, nichts anderes ergibt,
die Wochendienstzeit möglichst gleichmäßig bei einer Kernarbeitszeit von 35 Wochenstunden auf die Arbeitstage der Woche aufzuteilen. Zusätzlich sind, sofern fachlich erforderlich, Nachtdienste sowie Wochenend- und Feiertagsdienste zu absolvieren. Die
Kernarbeitszeit hat zu gewährleisten, dass die Ausbildung der Turnusärzte möglichst in
den Hauptdienstzeiten, in denen der überwiegende Teil des fachärztlichen Stammpersonals in der anerkannten Ausbildungsstätte anwesend ist, absolviert wird. Von den 35
Wochenstunden sind jedenfalls 25 Stunden in der Zeit zwischen 8.00 Uhr und 13.00 Uhr
zu absolvieren, wobei die in anerkannten Ausbildungsstätten zusätzlich zu absolvierenden Nacht-, Wochenend- und Feiertagsdienste entsprechend zu berücksichtigen
sind.“
Ärztegesetz § 10 - Ausbildungsstätten für die Ausbildung zum Facharzt
(6): „Die Träger der anerkannten Ausbildungsstätten haben in kürzestmöglicher
Zeit und unter Beachtung der für die Ausbildung zum Facharzt vorgesehenen Ausbildungszeiten in der Ausbildungsstätte für die bestqualifizierende Ausbildung der Turnusärzte zu sorgen.“ [Anm.: gemeint sind im § 10 die „Assistenzärzte“]
(7) „Soweit es zur Erreichung des Ausbildungszieles erforderlich ist, hat die Ausbildung auch begleitende theoretische Unterweisungen zu umfassen. Zur Erreichung
des Ausbildungszieles ist, sofern sich in Ausnahmefällen aus der Einhaltung des KAAZG nichts anderes ergibt, die Wochendienstzeit möglichst gleichmäßig bei einer
Kernarbeitszeit von 35 Wochenstunden auf die Arbeitstage der Woche aufzuteilen.
Zusätzlich sind, sofern fachlich erforderlich, Nachtdienste sowie Wochenend- und
Feiertagsdienste zu absolvieren. Die Kernarbeitszeit hat zu gewährleisten, dass die
Ausbildung der Turnusärzte möglichst in den Hauptdienstzeiten, in denen der überwiegende Teil des fachärztlichen Stammpersonals in der anerkannten Ausbildungsstätte
anwesend ist, absolviert wird. Von den 35 Wochenstunden sind jedenfalls 25 Stunden
in der Zeit zwischen 8.00 Uhr und 13.00 Uhr zu absolvieren, wobei die in anerkannten
Ausbildungsstätten zusätzlich zu absolvierenden Nacht-, Wochenend- und Feiertagsdienste entsprechend zu berücksichtigen sind.“
NÖ Spitalsärztegesetz § 6
(2): „Bei der Zuteilung der Ärzte an die Abteilungen ist auf die Interessen des
Dienstes nur soweit Rücksicht zu nehmen, als noch gewährleistet ist, dass jeder
Arzt die in der Ärztinnen-/Ärzte-Ausbildungsordnung 2006, BGBl. II Nr. 286/2006, vorgeschriebene Ausbildung in der vorgesehenen Mindestausbildungszeit absolvieren
kann.“
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D
ie Berichte häufen sich, wonach aufgrund der
Einsparung von Arbeitsstunden in den Landeskliniken die AusbildungsärztInnen zunehmend
nicht nach den Vorgaben des Ärztegesetzes eingeteilt werden. AusbildungsärztInnen (Turnus- und
AssistenzärztInnen) müssen jede Woche 25 Stunden in der Kernarbeitszeit zwischen 8:00 Uhr und
13:00 Uhr absolvieren (siehe nebenstehenden Kasten: Ärztegesetz § 9 (6) und § 10 (7))!
Wenn AusbildungsärztInnen in der Zeit zwischen
8.00 und 13.00 Uhr nicht anwesend sind (z.B. um
Arbeitsstunden einzusparen), dann sind diese Vorgaben nicht erfüllt. Das bedeutet, dass die Ausbildungszeit entsprechend verlängert werden muss,
was einen erheblichen Nachteil für jede Kollegin
und jeden Kollegen in Ausbildung darstellt und
auch im Ausbildungsvertrag nicht so vorgesehen ist.
Nebenbei ist die Intention des Gesetzgebers unter
anderem im Ärztegesetz und im NÖ Spitalsärztegesetz zu finden, wo es heißt, dass „die Ausbildung in
kürzest möglicher Zeit“ zu erfolgen hat (siehe Ärztegesetz § 9 (5) und § 10 (6) sowie NÖ Spitalsärztegesetz § 6 (2)).
Die Kurie der angestellten Ärzte Niederösterreichs
empfiehlt besonders allen Kolleginnen und Kollegen in Ausbildung, die Dienstpläne zu überprüfen
(Turnus- und Assistenzärzte)! Sollten derartige Probleme vorliegen, dann ist der erste Schritt die Information an den Spitalsärztevertreter und den lokalen Betriebsrat und gleichzeitig die Weiterleitung
dieser Information an die Kurie der angestellten
Ärzte der Ärztekammer für NÖ. Ein Gutachten zu
diesem Thema, welches seitens der Kurienversammlung beim Spezialisten für Arbeits- und Sozialrecht
Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Mazal (!!!!!) in Auftrag
gegeben wurde, wird hoffentlich in nächster Zeit
vorliegen!
Ich habe in diesem kurzen Artikel ganz bewusst das
Thema Ausbildungsqualität nicht angesprochen
und möchte bitten, die Evaluierung kräftig zu nutzen, um mit gutem Datenmaterial in der Folge auch
die Qualität ansprechen zu können!
VP OA Dr. Ronald Gallob
Kurienobmann angestellte Ärzte
ang.
ärzte
Flexibilisierung – The Good Cop?
Oder warum KAPOVAZ jedenfalls ein Bad Cop ist!
I
m Zusammenhang mit Fragen der Organisation insbesondere
der Arbeitsorganisation in unseren Landeskliniken wird immer wieder der Begriff Flexibilisierung als DAS GUTE Zauberwort ins Spiel gebracht.
Flexibilisierung der Arbeitsorganisation soll das Wunderland für
alle angestellten Ärztinnen und Ärzte auf allen Abteilungen sein.
Flexibilisierung ermöglicht die mitarbeiterInnenfreundliche
Urlaubsgestaltung.
Flexibilisierung ermöglicht die mitarbeiterInnenfreundliche
Tagesarbeitszeitgestaltung.
Flexibilisierung ermöglicht die mitarbeiterInnenfreundliche
Kompensation von Krankenständen.
Flexibilisierung ermöglicht ……………………………..
Ein Extremfall der Flexibilisierung ist Kapovaz! Und hier ist die
Kehrseite!
KAPOVAZ ist die Abkürzung für „Kapazitätsorientierte variable
Arbeitszeit“. Es handelt sich um eine aus den
USA übernommene Form der Teilzeitarbeit.
Es bedeutet Leistung einer im Umfang fest
vereinbarten Arbeitszeit auf Abruf (siehe auch:
Abrufarbeit). Für die Mitarbeiter ist damit im
Extremfall eine ständige Arbeitsbereitschaft
verbunden. (Quelle: Wikipedia)
Warum also wird den Mitarbeiterinnen
und Mitarbeitern in manchen Landeskliniken die Flexibilisierung ständig als so
unumgänglich notwendiges Gut verkauft?
Unbestritten ist, dass eines der Gegengewichte zur Flexibilisierung der Arbeitszeiten die Arbeitsorganisation ist. Hierbei
ist der einfache Teil die Organisation des
elektiven Bereichs (weil ja berechenbar
und einteilbar). Der schwierige Teil, aber
der wesentliche gesetzliche Auftrag an
unser Bundesland, ist die Akutversorgung
der Bevölkerung. Hier gilt es flächendeckend, rund um die Uhr, sieben Tage in
der Woche diese Versorgung vorzuhalten
und damit auch sicherzustellen. Diese Vorhaltung ist unumgänglich und je besser
diese organisiert ist, umso sinnvoller kann
die Flexibilisierung der Arbeitszeiten der
Spitalsärztinnen und Spitalsärzte eingebracht werden (weil Flexibilisierung auch
im positiven Sinne, parallel zu einer guten
Arbeitsorganisation unter Rücksichtnahme auf soziale Aspekte,
eingesetzt werden könnte). Je lauter der Ruf nach Flexibilisierung wird, umso mehr kann man erkennen, dass Mängel und
Schwächen in der Organisation sowie fehlende Personalressourcen (quantitativ und/oder qualitativ) vorliegen. Der Reflex, die
Flexibilisierung als Allheilmittel darzustellen, ist verständlich,
aber im Sinne der Arbeits- und Lebensqualität von Ärztinnen
und Ärzten und der Ergebnisqualität unserer Kliniken in hohem
Maße kontraproduktiv.
Mit harter politischer Überzeugungs- und Aufklärungsarbeit ist
es in Niederösterreich gelungen, eine Entwicklung im angestellten Bereich zu beginnen, die kein anderes Bundesland bisher
einschlagen konnte. Auch damit ist es gelungen, attraktiv für
Kolleginnen und Kollegen aus anderen Bundesländern zu werden. Die Abwanderung aus unseren Landeskliniken ist dadurch
vielleicht gebremst worden.
Die Signale aus den Kliniken zeigen zunehmend ein Missverhältnis zwischen den beiden beschriebenen Polen Arbeitsorganisation und Druck auf die Flexibilisierung der
Arbeitszeiten des Personals auf. Ich kann
nur davor warnen, den falschen Abtausch
zu machen. Jetzt ist es gerade im Lichte der
kommenden Strukturreform notwendig,
die Arbeitsorganisation des Konzerns Landeskliniken-Holding den Bedürfnissen der
Bevölkerung und den Notwendigkeiten
der modernen Medizin anzupassen.
8.11. 14–19 Uhr / 9.11. 9–20 Uhr
Podiumsdiskussion, Vorträge,
Gesundheits-Checks, Beratungen,
Gesundheits vorsorge, Ver losung,
Buffet, kostenlose Kinder betreuung
Samstag, 9.11., 18 Uhr: Kabarett
CHRISTOPH FÄLBL
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WIFI St. Pölten
Mariazeller Straße 97
www.gesundheitfuersie.at
Vorsicht: Unwort-Alarm
Der Begriff „Strukturreform“ hat es
in unseren Landeskliniken schon fast
geschafft, zum Unwort des Jahres 2013 zu
mutieren. Was führt zu dieser Entwicklung?
Tatsache ist, dass seit Jahren eine permanente Strukturreform stattfindet, die nicht
explizit als solche bezeichnet wurde.
Alle Krankenhäuser des Landes wurden
bis 2008 in eine gemeinsame Struktur
geführt. In Laufe der Jahre hat es Abteilungszusammenlegungen gegeben. Die
Struktur dieser Landeskliniken-Holding ist
permanent in Veränderung. Die Frage, die
sich stellt, ist, welchen Zielen diese Veränderungen dienen und welche Motive VerCONSILIUM 10/13
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4./5. April 2014
1. Wahlärztekongress
der Ärztekammern für NÖ, Wien und Kärnten
Fit für die Zukunft:
Chancen nutzen - Risiken minimieren
Ziel des Kongresses ist es, Ihre Wahlarztordination fit für die Zukunft
zu machen. Eine Vielzahl an finanziellen und wirtschaftlichen Entscheidungen ist zu treffen, neben der ökonomischen Praxisorganisation ist
besonders die erfolgreiche Patientenkommunikation ein entscheidender Wettbewerbsvorteil jeder Wahlarztordination. Nützliche Tipps und
Tools zur Optimierung Ihrer Ordination runden das Programm ab.
Inhalte
Schwerpunkt Recht
• Der Behandlungsvertrag
• Ärztliche Haftung – worauf ist zu achten?
Schwerpunkt Finanzen
• Die Honorargestaltung in der Wahlarztpraxis – die Basis zum Erfolg
• Pensionsvorsorge für Wahlärzte – rechtzeitig ans Alter denken
Schwerpunkt Praxisökonomie
• Die Standortwahl – eine Entscheidung und ihre Folgen
• Wahlärztliche Kooperationsformen – Synergieeffekte erfolgreich
nutzen
• Der Allgemeinmediziner als Wahlarzt – Chancen und Risiken
• Planspiel Wahlarztpraxis – von der Theorie zur erfolgreichen Praxis
• Produktverkauf in der Wahlarztpraxis – was macht Sinn?
Schwerpunkt Kommunikation
• Die Arzt-Patienten-Kommunikation – ein entscheidender Erfolgsfaktor
Kongressgebühr
Freitag, 04.04.2014: € 40,00
Samstag, 05.04.2014: € 60,00
Information/Anmeldung
Ärztekammer für NÖ/Fortbildungsakademie,
E-mail: [email protected], Tel: 01/53 751 270, Fax: 01/53 751 285
Zimmerreservierung
Ein Zimmerkontingent für die Kongressteilnehmer ist vorreserviert
Linsberg Asia Hotel – Therme- Spa unter www.linsbergasia.at,
Tel: 02627/48000, e-mail: [email protected]
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CONSILIUM 10/13
Foto: bilderbox
Therme Linsberg Asia
Thermenplatz 1, 2822 Bad Erlach
änderungen verhindern wollen. Die aktuelle Diskussion regt vor
allem Emotionen an, ohne dass ein Masterplan bereits auf dem
Tisch liegt.
Die Medizin, egal ob Diagnostik, Therapie oder Pflege, ist glücklicherweise permanent im Fortschritt, man kann auch sagen,
dass aufgrund der stetigen Erkenntnisse die gelebte Medizin in
kontinuierlicher Strukturreform ist. Die Tatsache, dass eine ständig im Fluss befindliche „Evolution“ der Betriebe gerade jetzt lauter geführt wird, hat in erster Linie damit zu tun, dass die finanziellen Ressourcen nicht unbegrenzt sind. Die NÖ-Ärzteschaft, die
NÖ-Landeskliniken-Holding, die Personalabteilung des Landes
NÖ und nicht zuletzt die verantwortliche Politik muss daher
Wege finden, das Notwendige auch in der Zukunft zu sichern.
Diese Sicherstellung betrifft nicht nur die medizinische Qualität.
Es betrifft auch die wirtschaftlichen Notwendigkeiten, immerhin ist die „Gesundheit“ einer der wenigen „Wirtschaftszweige“
mit hohem Wachstumspotential. Ein wesentlicher Anteil dieses
Potentials ist das Personal der Landeskliniken. Das Hirnschmalz
und die Arbeitsleistung aller im Krankenhaus Beteiligten ist
der Motor der erbrachten Leistung. Es gilt also alle Teile dieses
Motors fit für die Gegenwart und Zukunft zu machen.
Wir alle wissen, dass es das perfekte Krankenhaus nicht gibt,
und wir wissen, dass der Konzern als gemeinsame Einheit ebenfalls von Perfektion fern ist. Versäumnisse der Vergangenheit gilt
es ebenso zu lösen wie aktuelle Probleme, die uns von außerhalb
aufgezwungen wurden und werden. Das langfristige Konzept,
wie bei gegenwärtigem Medizinstudium und postpromotioneller
Ausbildung die Zahl der Ärztinnen und Ärzte in Österreich aufrechterhalten werden soll, ist für mich nicht verstehbar. Neben
der Quantität ist auch völlig unklar, wie der Ausbildungsstand
der Ärzteschaft den modernen Erfordernissen stetig folgen soll,
wenn die Zeit für Fortbildung immer knapper werden könnte.
Es muss ausreichend Ressourcen für die Ausbildung der Jungärztinnen und Jungärzte geben, es muss aber auch ausreichend
Ressourcen geben für diejenigen, die ausbilden sollen. Die Ausbildung muss daher ein zentraler Bestandteil einer Strukturreform sein. Für uns an Zahl schrumpfende Ärztinnen und Ärzte
muss sich allein schon deshalb einiges ändern. Nicht zuletzt soll
nicht unerwähnt bleiben, dass die klassische Trennung zwischen
intramuralen und extramuralen Leistungen ohne vernünftige
Synthese dieser beiden Versorgungsteile aus meiner Sicht nicht
sehr zukunftstauglich ist.
VP OA Dr. Ronald Gallob
Kurienobmann angestellte Ärzte