Wie geht es den Wahlärzten und -ärztinnen in Niederösterreich?

wahlÄrzte
Wie geht es den Wahlärzten und
-ärztinnen in Niederösterreich?
Umfrage zu den Arbeits- und Lebensbedingungen Teil 2
D
ie NÖ Ärztekammer hat zwischen Mitte Juni
und Ende August eine Umfrage unter allen niederösterreichischen Ärztinnen und Ärzten durchgeführt. Ziel dieser Erhebung war es, gesicherte Daten
darüber zu bekommen, wie die Arbeits- und Lebenssituation der niederösterreichischen Ärzteschaft aussieht bzw. wie sie von dieser empfunden wird. Eine
ähnliche Umfrage wurde bereits im Sommer 2008
durchgeführt. In insgesamt drei Ausgaben des Consilium werden wir die Ergebnisse dieser Umfrage detailliert vorstellen und (dort wo möglich) Vergleiche
zu 2008 ziehen. Im zweiten Teil dieser Serie befassen
wir uns mit den Wahlärztinnen und Wahlärzten.
Dass die Ärzteschaft unser Anliegen ernstgenommen hat, beweist die Anzahl der Teilnehmer: Insgesamt sind 1.042 Rückmeldungen eingegangen, das
sind 14,3 Prozent der Gesamtgruppe. Als Vergleich:
2008 gab es 548 Rückmeldungen, das waren nur
8,3 Prozent der Gesamtgruppe. Der Bereich der „reinen“ Wahlärztinnen und Wahlärzte (ohne zusätzliches Dienstverhältnis bzw. kleine Kassen) hat sich
mit 11,9 Prozent an der Umfrage beteiligt. Wenn
man die Wahlärztinnen und Wahlärzte mitrechnet,
die entweder eine Anstellung oder Verträge mit kleinen Kassen haben, kommt man auf eine Beteiligung
von 12,6 Prozent. Der Frauenanteil bei der Beteiligung blieb mit 45/55 männlich/weiblich exakt
gleich wie 2008.
In Summe gesehen ist die Wahlärzteschaft mit großem Abstand die Ärztegruppe, die sich am zufriedensten mit dem eigenen Leben zeigt. Das war auch
schon 2008 deutlich der Fall. Hierbei gab es sowohl
bei der Bewertung „insgesamt sehr zufrieden“ mit
29 Prozent als auch bei der Bewertung „insgesamt
gar nicht zufrieden“ mit etwa vier Prozent wenig
Unterschied zu 2008. Abzulesen ist eine deutliche
Wanderung von „insgesamt weniger zufrieden“ (14
Prozent 2008 zu sechs Prozent 2013) hin zu „insgesamt zufrieden“ (54 Prozent 2008 zu 61 Prozent
2013).
In Summe gesehen sind 90 Prozent unserer Wahlärztinnen und
Wahlärzte zufrieden oder sehr zufrieden mit ihrer Lebenssituation (2008 83 Prozent), nur zehn Prozent sind unzufrieden oder
sehr unzufrieden (2008 17 Prozent). Dass dies mit der beruf-
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lichen Situation zu tun hat, ist ganz klar: Offenbar wiegt die
Freiheit, Medizin so betreiben zu können wie man es für richtig
hält - abseits von Bürokratie und Kassenverträgen – mehr als das
gegenzurechnende größere wirtschaftliche Risiko ohne Kassenverträge.
Foto: Corbis
Von den zehn Prozent, die unzufrieden oder sehr unzufrieden
sind, ist der Großteil wegen der finanziellen Situation, also der
mangelnden Leistbarkeit von Gütern, unzufrieden (2013 75 Prozent, 2008 noch 82 Prozent). Weitere Gründe sind berufsbedingte beginnende oder bestehende Erkrankungen (etwa Burnout) mit acht Prozent (2013) im Vergleich zu neun Prozent in
2008 sowie Mehrfachbelastung (2013 17 Prozent im Vergleich
zu neun Prozent 2008). Etwa jede/jeder Zweite hat zu wenig Zeit
für Privates außerhalb von Beruf und Familie (2008 59 Prozent),
31 Prozent fühlen sich immer oder oft im Privatleben durch
ihren Beruf konfliktbelastet (2008 34 Prozent). Immer oder oft
oder manchmal konfliktbelastet fühlen sich sogar 85 Prozent
(2008 83 Prozent).
WAHLARZTBERATUNG
Nun noch ein paar weitere Daten: Im Durchschnitt werden
nach eigenen Angaben rund 26 Wochenstunden direkt als medizinische Behandlung am Patienten abgeleistet (2008 rund 22
Wochenstunden). Vorwegzunehmen ist ein Vergleichswert aus
dem Kassenbereich (genaue Analyse im Dezember-Consilium):
Unsere Kassenärztinnen und Kassenärzte arbeiten nach eigenen
Angaben im Schnitt etwa genau doppelt so lange am Patienten.
Setzt man das mit der Anzahl der Wahlärztinnen und Wahlärzte
in Relation, dann kann man ganz genau erkennen, wie „versorgungsrelevant“ die Wahlärztinnen und Wahlärzte im öffentlichen Gesundheitssystem schon geworden sind. Im Schnitt gibt
es pro wahlärztlicher Ordination mittlerweile ziemlich genau
eine(n) Angestellte(n), 2008 lag dieser Wert noch bei 0,8. Wobei
fast die Hälfte ohne Angestellte auskommt, rund ein Viertel hat
genau eine(n) Mitarbeiter(in) und ebenfalls fast ein Viertel hat
zwei oder mehr MitarbeiterInnen.
92 Prozent unserer Wahlärztinnen und Wahlärzte sind für ein
Recht auf Medikamentenabgabe in den Ordinationen in irgendeiner Form, dieser Wert hat sich seit 2008 kaum verändert. Mitt-
(eine gemeinsame Veranstaltung des Wahlärztereferates
der Ärztekammer NÖ und Wien)
8. Jänner 2014 in der Ärztekammer für Wien
13:30 Uhr bis 19:30 Uhr
• Wichtige Überlegungen zur Niederlassung als Wahlarzt
•Vorsorgeuntersuchung neu
• Die Bedeutung des Wohlfahrtsfonds für den Wahlarzt
• Betriebswirtschaftliche Aspekte
• Aus der Sicht des Steuerberaters
•Versicherungen
Info & Anmeldung:
Fr. Graner, Fr. Eisenbarth, Wahlarztreferat
Tel.:01/53751-246 bzw. 225 DW, Fax: 01/53751-279 DW
E-Mail: [email protected]
Für die Veranstaltung besteht Anmeldepflicht!
Teilnahmegebühr: EUR 20,--
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wahlärzte
lerweile fast zwei Drittel sind jedoch der Ansicht,
dass dieses Recht generell und uneingeschränkt
erfolgen sollte (2008 59 Prozent).
Rund die Hälfte der Rückmeldungen aus dem wahlärztlichen Bereich stammt von Allgemeinmedizinerinnen und Allgemeinmedizinern. Im Vergleich zur
Gesamtgruppe (etwa ein Drittel Allgemeinmediziner) ist das relativ viel. Von den Rückmeldungen
gab etwa ein Drittel an, die wahlärztliche Ordination als einziges Standbein zu haben. Die häufigsten
„Nebentätigkeiten“ sind gutachterliche Tätigkeit
(24 Prozent der Gesamtgruppe) sowie betriebsärztliche Tätigkeit (zwölf Prozent der Gesamtgruppe).
Teilnahme am Wochentagsnachtbereitschaftsdienst,
Ärztefunkdienst oder Ähnlichem spielen ebenso wie
Mutterberatung oder heimärztliche Tätigkeit zahlenmäßig fast keine Rolle.
62 Prozent unserer Wahlärztinnen und Wahlärzte
bieten komplementärmedizinische Methoden an,
davon 67 Prozent Akupunktur, 26 Prozent Homöopathie und 18 Prozent TCM. 91 Prozent der Ordinationen sind mit EDV ausgestattet, 64 Prozent haben
eine Arztsoftware, 78 Prozent haben Internetzugriff
in der Ordination. Die Verrechnungsmodalitäten
sind unterschiedlich: 15 Prozent orientieren sich am
Kassensystem, 32 Prozent haben ein Einzeltarifsystem, 40 Prozent verrechnen Pauschalbeträge.
Für 73 Prozent unserer Gruppe war der Beginn der wahlärztlichen Tätigkeit eine „bewusste Entscheidung“, etwa 15 Prozent
gaben als Entscheidungsgrund an, dass die wahlärztliche Tätigkeit gut mit der Betreuung von Kindern vereinbar wäre. Nur
für drei Prozent war der Mangel an beruflichen Alternativen
der Grund für die Entscheidung als Wahlärztin/Wahlarzt tätig
zu sein. Dies spiegelt sich auch in der Beurteilung des eigenen
Wunsches wider, im Kassensystem tätig zu werden: 84 Prozent
unserer Befragten streben keinen Kassenvertrag an.
durch beispielsweise materielle Probleme einen kleinen Schatten bekommt. Einen Kassenvertrag streben offenbar nur die
wenigsten unserer Wahlärztinnen und Wahlärzte an. Vereinzelt
ist derzeit sogar schon zu beobachten, dass Kassenärztinnen bzw.
-ärzte ihren Kassenvertrag kündigen und in den wahlärztlichen
Bereich wechseln. Die Resonanz auf unsere Wahlarztberatung
zeigt auch deutlich, dass sich ungleich mehr Ärztinnen und
Ärzte diesen Schritt überlegen und auch durchrechnen. In dieser Ausgabe des Consilium stellen wir zwei Ärzte vor, die genau
diesen Weg gegangen sind. Im Interview berichten sie von ihren
Erfahrungen als Wahlarzt nach Rücklegung des Kassenvertrags.
In Summe gesehen geht es der Gruppe der Wahlärztinnen und
Wahlärzte gefühlt am besten innerhalb der Ärzteschaft. Sie
genießen offenbar die Flexibilität, Medizin so betreiben zu können wie es aus ihrer Sicht Sinn macht. Ohne lähmende Bürokratie und mit viel weniger Zeitdruck bzw. wesentlich größerer
Flexibilität im Privatbereich. Das Ergebnis ist eine sehr hohe
Zufriedenheit mit der eigenen Lebenssituation, die lediglich
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