Wie leben Kinder und Frauen weltweit? - Verlag E. Dorner

Wie leben Kinder und Frauen weltweit?
Aufgaben
1. Worin seht ihr die
größten Probleme für das Leben der Frauen weltweit?
Welche dieser Probleme gibt
es auch in Österreich?
2. Vergleicht die Lebensgeschichten der Frauen auf
Seite 23 in Bezug auf ihre
Jugend, ihre Ausbildung, ihre
momentanen Tätigkeiten, ihre Familiensituation und ihre
Einschätzung der persönlichen
Lebenssituation.
Die Hälfte der Menschheit –
und doch nicht gleichberechtigt
Obwohl in den letzten Jahrzehnten schon viel für die politische
und wirtschaftliche Gleichberechtigung getan wurde, sind die
Lebenschancen von Frauen noch immer wesentlich schlechter
als die von Männern. Dies gilt für alle Regionen der Erde, wenn
auch in unterschiedlichem Ausmaß. Die Materialien (M 1 bis
M 5) und die beiden Lebensberichte auf Seite 23 zeigen die verschiedenen Formen der Ungleichheit.
Ein Großteil der Müttersterbefälle entfällt auf nur zehn Länder.
Länder mit den meisten Müttersterbefällen (2005)
117 000
Indien
Nigeria
59 000
DR Kongo
32 000
Afghanistan
Äthiopien
22 000
Bangladesch
21000
Indonesien
Pakistan
22,8 %
26 000
19 000
15 000
Niger
14 000
Tansania
13 000
* Als Müttersterblichkeit gilt auf internationaler Ebene der
Tod jeder Frau während der Schwangerschaft oder innerhalb
von 42 Tagen nach Beendigung der Schwangerschaft.
0,9 %
47,5 %
M 3 Müttersterblichkeit*
13,2 %
12,2 %
Ein Tag in Afrika:
„Es reicht nie!“
Aba Niama schwingt den
Knüppel: Die gelben Wurzeln,
die eben noch rund und fest im
Kochtopf dampften, haben keine Chance. Nach 15 Schlägen
sind sie ein gummiartiger Knödel, der Fufu heißt. Richtiges
Fufu muss sich geschmeidig
zwischen den Fingern kneten
lassen. „Es ist nicht so schwierig“, sagt Aba Niama, während
sie den hölzernen Mörser auswäscht. Fufu isst man in Ghana
jeden Tag. Aba hätte die FufuTage, die ihre Lebenstage sind,
zählen können; aber sie weiß
nicht, wie alt sie ist.
Eine ebenerdige Hütte, ein
Zimmer für die ganze Familie.
Kein Wellblech, sondern Lehm,
immerhin. Die Küche draußen
vor der Tür. Die Kohle im kleinen Ofen brennt fast den ganzen Tag. Den Nachbarn ent-
3,4 %
Garten und Garage. Hier leben
vor allem Afroamerikaner der
Mittelschicht.
Arbeitgeberinnen
„selbstständig“
unbezahlte Mitarbeiterinnen
arbeitslos
nicht berufstätig
M 1 Die Arbeitslosigkeit ist
weiblich.
Quelle: Welthungerhilfe, 2008
M 2 Ungleiche Behandlung
von Männern und Frauen
22
Meine Hochzeit war eine Befreiung. „Mein Mann hat sehr
viel für mich bezahlt.“ Der
Mann hatte Arbeit als Baumeister als sie nach Accra zogen. Der erste Sohn starb, zwei
überlebten, dann bekam Aba
noch drei Töchter. Die helfen
heute bei der Hausarbeit. Aber
das Geld hat nie gereicht. „Als
Mann spürt man das ja nicht
so“, sagt Aba. Sie hat sich etwas einfallen lassen müssen
und verkauft am Markt Pflanzenfett, das sie mit Duftstoffen
und Farben vermischt und als
Körpercreme anpreist. „Herumlaufen, mein ganzes Leben bin
ich nur herumgelaufen. Ein
eigenes Geschäft wäre mein
Traum. Da könnte ich endlich
sitzen und warten, bis Menschen zu mir kommen.“
Verkürzt und verändert nach: profil Nr.36, 4.9.1995, S.54 und 55
in Lohnarbeit
In ihrem jüngsten Bericht „Global
Employment Trends for Women“
stellt die ILO (International Labour
Organization) fest, dass Frauen
niedriger bezahlt werden, riskantere und schlechtere Arbeiten übernehmen, weniger sozial abgesichert sind und stärker in ihren
Grundrechten eingeschränkt werden als männliche Arbeitnehmer.
geht nichts. Die Hühner gackern zwischen den offenen
Abwasserrinnen. Das Klo des
Viertels ist wieder mal voll,
aber die Kanalräumer lassen
sich Zeit. Aba ist froh, dass sie
in Accra wohnt und ihr Heimatdorf weit hinter sich lassen
konnte. „Meine Eltern starben,
als ich acht war. Meine Tante
nahm mich auf. Ich machte die
Feld- und Hausarbeit. Jeden
Tag Wasser holen, putzen, kochen, das Gemüse auf den
Markt bringen und verkaufen.
In die Schule durfte ich nicht
gehen, ich war eine Sklavin.“
M 4 Was afrikanische Frauen alles leisten.
52%
Anteil an der
Weltbevölkerung
65%
Anteil an der
geleisteten Arbeit
M 5 Frauenquoten
10%
Anteil am
Einkommen
1%
Anteil am
Eigentum
Ein Tag in New York:
„Jeder kann’s schaffen!“
In einer ruhigen Straße von
Laurelton, am Rande des Stadtteils Queens, steht das Haus
von Shirleen Brooks. Es ist ein
schlichtes, einstöckiges Backsteingebäude mit kleinem
Durchblick 4
© westermann wien
im Verlag E. DORNER GmbH, Wien
„Unser Haus ist gerade richtig“, erklärt Shirleen. Vor 25
Jahren ist die Familie hierher
gezogen. Die Tochter und der
Sohn sind aus dem Haus, jetzt
stehen zwei Schlafzimmer im
Obergeschoß leer. Shirleen
bezeichnet sich selbst als typische Amerikanerin der Mittelschicht. „Ich war immer froh,
eine Frau zu sein.“ Nach dem
College-Abschluss und der
Heirat arbeitete sie als Kindergärtnerin und Volksschullehrerin, dann wurde die Tochter
geboren. Acht Jahre blieb sie
zu Hause, ihr Mann verdiente
als Pharmavertreter genug.
„Ich war nie karriereorientiert“,
sagt sie.
Ehrgeizig ist sie trotzdem.
Kaum waren die beiden Kinder erwachsen, holte sie den
Studienabschluss nach. „Ich
glaube an den amerikanischen
Traum!“, betont Shirleen. „Mit
harter Arbeit und einem klaren Ziel vor Augen kann man
es zu viel bringen. Es gibt
nichts Wertvolleres als eine
gute Ausbildung.“ Sie ist ihren
Eltern dankbar für den CollegeBesuch, der für ein schwarzes
Mädchen damals nicht selbstverständlich war. Die Zukunft?
„Für Frauen wird es immer
leichter“, meint sie. Als sie zu
arbeiten begann, gab es überhaupt keine Frauen in gehobenen Positionen. „Heute sind
sie überall, auch schwarze
Frauen, sogar in Top-Jobs.“
23