Maut reicht nicht Was guckst du? - Die Onleihe

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31.8.2014
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Bayern München
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Eine öffentliche
Liebe, ein privates Ja
Das kommt
uns spanisch vor
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Die Nato geht
nach Osten
Stützpunkte, Rüstungsdepots, eine Eingreiftruppe:
Die Allianz antwortet auf Putins neurussische Politik
T.G. Brüssel. Die Nato will erstmals seit dem Beitritt früherer Mitglieder des Warschauer Pakts eine
sichtbare Präsenz an ihrer Ostgrenze aufbauen. Es geht um neue
Stützpunkte und die Verlagerung
von Ausrüstung bis hin zu Panzern.
Außerdem soll eine schnelle Eingreiftruppe mit etwa 4000 Mann
gebildet werden, die man im Fall eines Angriffs oder Einsickerns feindlicher Kämpfer binnen Tagen nach
Osten verlegen kann. Auf diese
Weise will das Bündnis seine Sicherheitsgarantie gegenüber den
östlichen Mitgliedern einlösen und
Russland vor Übergriffen wie in
der Ukraine abschrecken.
Die Maßnahmen sind Kern des
„Readiness Action Plan“, eines Aktionsplans zur Erhöhung der Einsatzbereitschaft. Es ist das wichtigste Dokument, über das die Staatsund Regierungschefs Ende der
Woche auf dem Nato-Gipfel in
Wales entscheiden werden. Die
Botschafter der 28 Mitgliedstaaten
haben sich auf das 20 Seiten lange,
als geheim eingestufte Papier
schon geeinigt. Es steht im Einklang mit Zusicherungen, welche
die Nato Russland vor dem Beitritt
der neuen Mitglieder gegeben hatte. Zwischen den Staaten ist noch
umstritten, ob dies auch ausdrücklich erwähnt werden soll.
In dem Dokument wird Russland als „Bedrohung für die euroatlantische Sicherheit“ eingestuft.
Sein Vorgehen in der Ukraine
wird unter dem Schlagwort „hybrid warfare“ (gemischte, unkonventionelle Kriegsführung) analysiert. Die Allianz verpflichtet sich
darauf, „die Fähigkeit der östlichen Alliierten zu erhöhen, Truppenverstärkungen aufzunehmen“.
Das soll durch neue Kommandostrukturen und die Vorverlagerung
von Ausrüstung geschehen. Die
weiteren Details sollen bis Ende
des Jahres von den Planungsstäben
der Nato ausgearbeitet werden.
Dafür gibt es schon grundlegende Vorarbeiten. So soll nach Auskunft eines hohen Beamten in den
drei baltischen Staaten, in Polen
und Rumänien je ein multinationaler Nato-Stützpunkt für Aufklärung, Logistik und Einsatzplanung
entstehen. Gedacht ist an jeweils
300 bis 600 Mann, die „zu jeder
Zeit“ im Land sein werden. Außerdem will die Nato für zunächst
nicht begrenzte Zeit und auf rotierender Basis eine kleine Zahl von
Kampftruppen in den fünf Staaten
aufrechterhalten. Bei regelmäßigen
Übungen mit mehreren tausend Soldaten soll die Verteidigung gegen
russische Angriffe trainiert werden.
Auch die Bundeswehr will sich
an der Rotation der Kampftruppen beteiligen. Anfang kommenden Jahres soll eine Kompanie,
etwa 150 Mann, eine amerikanische
Einheit ablösen; an welchem Ort,
ist noch nicht bekannt. Die Entscheidung wurde der Nato intern
schon angekündigt, ein Sprecher
des
Verteidigungsministeriums
wollte sie aber noch nicht bestätigen. Offenbar soll das Engagement erst beim Gipfeltreffen in
Wales bekannt gegeben werden.
Zusätzlich zu den Kampftruppen am Ort will die Nato eine
schnelle Eingreiftruppe mit etwa
4000 Mann aufbauen. Sie soll sich
in den Mitgliedstaaten bereithalten
und als „Speerspitze“ in zwei bis sieben Tagen verlegt werden können,
deutlich schneller als die bisherige
Nato Response Force. Auch die Be-
reitschaftszeiten der anderen Truppenteile werden erhöht, damit die
„Speerspitze“ schrittweise verstärkt
werden kann. Das regionale Hauptquartier der
Nato in Stettin, von
Deutschland, Polen und
Dänemark geführt, wird
personell aufgestockt.
Es soll im Ernstfall
bis zu 60 000
Mann führen können.
Der Samstag
stand im Zeichen
hektischer Diplomatie
wegen der fortschreitenden russischen Intervention in der Ostukraine. Die EU-Außenminister verurteilten Russlands
„Aggression“ gegen die Ukraine.
Sie forderten Moskau auf, den
Fluss von Waffen, Ausrüstung, Personal zu stoppen und seine Truppen zurückzuziehen. Die litauische
Präsidentin Dalia Grybauskaite
sagte, Russland befinde sich „praktisch im Krieg gegen Europa“. Sie
äußerte sich, bevor die EU-Staatsund -Regierungschefs am Nachmittag in Brüssel zusammenkamen,
um über weitere Wirtschaftssanktionen gegen Russland zu beraten.
Aus der Ostukraine wurden abermals Vorstöße russischer Panzer
und Separatisten gemeldet. In dem
Ort Nowoswitliwka hätten russische Panzer „praktisch jedes Haus
zerstört“, teilte ein ukrainischer
Militärsprecher mit. Präsident Petro Poroschenko sagte am Samstag: „Ich denke, dass wir sehr kurz
vor einem Punkt ohne Wiederkehr
stehen.“ In der Region befänden
sich Tausende ausländische Soldaten und Hunderte ausländische
Panzer.
Die Terrorgruppe setzt sie als Attentäter ein
Tusk wird
Ratspräsident
mwe. Berlin. Radikale Islamisten
aus Deutschland werden vom „Islamischen Staat“ (IS) im Irak immer
öfter als Selbstmordattentäter und
Kämpfer an der Front eingesetzt.
Sicherheitskreise bestätigten der
F.A.S., dass der deutsche Konvertit
Philip Bergner aus Dinslaken vor
drei Wochen ein Selbstmordattentat nahe der Stadt Mossul begangen habe. Dabei gab es mindestens
zwanzig Tote. Der Präsident des
Bundesamts für Verfassungsschutz,
Hans-Georg Maaßen, sagte am
Samstag im Deutschlandfunk, mindestens fünf Dschihadisten aus
Deutschland hätten in Syrien und
im Irak Selbstmordanschläge verübt. Allein aus Nordrhein-Westfalen sollen mehrere junge Männer
im Irak Selbstmordattentäter des
„Islamischen Staats“ geworden
sein. Das sagte der Leiter des Ver-
bub. Brüssel. Die europäischen
Staats- und Regierungschefs haben
am Samstagabend in Brüssel über
das künftige Spitzenpersonal der
Union entschieden. Der Pole Donald Tusk wird den Belgier Herman Van Rompuy als EU-Ratspräsident ablösen. Die Italienerin Federica Mogherini wird neue EUAußenbeauftragte. Bundeskanzlerin Angela Merkel lobte die Entscheidung und sagte: „Donald
Tusk hat ganz persönlich dazu beigetragen, dass die Teilung Europas
vor 25 Jahren überwunden werden
konnte. Er ist ein leidenschaftlicher, überzeugter und überzeugender Europäer.“ Tusk, der auch Sondergipfeln der Euroländer vorsitzen wird, obwohl Polen die Gemeinschaftswährung bislang nicht
eingeführt hat, sagte: „Es ist eine
große Chance, mehr von der osteuropäischen Energie einzubringen.“
Deutsche kämpfen für IS
fassungsschutzes in Düsseldorf,
Burkhard Freier, der F.A.S. Viel
spreche dafür, dass der IS Druck
ausübe, damit westliche Ausländer
sich zu solchen Taten bereit erklärten. Der IS missbrauche deutsche
Islamisten, die ohne Kampferfahrung nach Syrien reisten, als Kanonenfutter. „Nach einer dreiwöchigen Grundausbildung kommen sie
an die Front, so dass sie dort kaum
eine Überlebenschance haben“,
sagte Freier. Die Ausrufung des Kalifats durch den IS wird in der deutschen Islamistenszene nach Angaben des Verfassungsschutzes geradezu euphorisch begrüßt. Für viele
Salafisten in Deutschland sei das
„ein zusätzliches Motiv, nun nach
Syrien auszureisen“, sagte Freier.
Solange der IS seine aggressive
Propaganda weiter betreibe, werde
die Zahl der Ausreisen nach Syrien
steigen.
Maut reicht nicht Was guckst du?
Gabriel sucht Geld für Infrastruktur
Netflix will das alte Fernsehen ablösen
ura. Frankfurt. Wirtschaftsminister Gabriel (SPD) will öffentliche
Straßen privatisieren. Er versucht
derzeit, private Geldquellen zu erschließen, um marode Straßen,
Brücken und Kanäle zu sanieren.
Die Schuldenbremse macht es nötig, nach neuen Wegen zur Finanzierung öffentlicher Infrastruktur
zu suchen. Der Bundeshaushalt
soll 2015 erstmals seit 1962 ohne
neue Schulden auskommen – doch
es fehlt an Geld für Verkehrswege
und Stromtrassen.
In dieser Woche hat Gabriel einen Beirat einberufen. Er soll bis
zum Frühjahr Modelle entwickeln,
wie Banken und Versicherungen
zum Beispiel Autobahnabschnitte
oder Stromleitungen finanzieren
können. In Form von Maut oder
Gebühren könnten sie sich die
Nutzung bezahlen lassen. Versicherungen etwa sind verpflichtet, das
Geld ihrer Kunden risikoarm anzulegen – das gibt aber nur magere
Renditen. Als Modell für eine privat finanzierte Sanierung gilt ein
Abschnitt der A 1 zwischen Hamburg und Bremen. Dafür erhält
das Konsortium 30 Jahre lang einen Teil der Lkw-Maut.
Nach Ansicht von Experten wären allein für den Erhalt und Ausbau von Bundesstraßen und Autobahnen jedes Jahr etwa acht Milliarden Euro nötig. Doch nur 5,1 Milliarden stehen dafür 2014 zur Verfügung, im Haushaltsentwurf für
2015 sind es kaum mehr. Zum Vergleich: Allein die Zinsen für die
Staatsschulden verschlingen in diesem Jahr 30 Milliarden Euro.
lid. New York. Die Online-Videothek Netflix hat in Amerika das
Fernsehen revolutioniert. Viele
Amerikaner haben sich aus dem
Programmkorsett der Sender gelöst und sehen sich Shows online
auf Netflix an, wann sie wollen.
Manche verzichten sogar ganz auf
Kabelfernsehen, weil ihnen die Filme und Fernsehsendungen auf
Netflix ausreichen. Am 16. September will Netflix seine Premiere in
Deutschland feiern – und an den
Erfolg in Amerika anknüpfen.
Dort verursacht der StreamingDienst zu manchen Tageszeiten
mehr als 30 Prozent des gesamten
Internetverkehrs. Netflix wird auch
für das Phänomen des „BingeWatching“ verantwortlich gemacht, also das populär gewordene
Ansehen etlicher Folgen einer
Fernsehserie hintereinander. Netflix-Chef Reed Hastings gab sich
im Gespräch mit der F.A.S. zuversichtlich im Hinblick auf den deutschen Markt, obwohl die Ausgangslage hier anders ist als in Amerika.
Denn während Netflix dort das
Streaming überhaupt erst etablierte,
gibt es hierzulande schon einige
Wettbewerber. Sie heißen Watchever, Maxdome oder Snap und gehören zu größeren Medienunternehmen. Auch Amazon bietet seinen
deutschen Kunden schon ein Streaming-Angebot, desgleichen Apple.
Ebenso wie die meisten Wettbewerber bietet Netflix gegen eine
monatliche Gebühr werbefreien
Zugriff auf seine Sammlung von
Filmen und Fernsehshows. Kunden können sich die Inhalte direkt
auf internetfähigen Fernsehern,
Computern, Smartphones oder
Spielekonsolen ansehen.
Netflix will offenbar nicht mit
Kampfpreisen um das deutsche Publikum werben. Dem Vernehmen
nach wird zum Start eine Monatsgebühr von 7,99 Euro angepeilt,
also etwa so viel wie bei Watchever
und Maxdome. Um die zum
Deutschland-Start verfügbaren Inhalte macht Netflix noch ein Geheimnis. Die Deutschen werden
aber anders als Amerikaner nicht
ersten Zugriff auf die beliebte Netflix-Eigenproduktion „House of
Cards“ bekommen, denn die Rechte für die Erstausstrahlung hat hier
der Bezahlsender Sky.
Wetterlage Es gibt viele
Wolken, und häufig
regnet es. Auch
Gewitter sind möglich. Temperaturen zwischen 17 und 21 Grad, der
Wind weht mäßig.
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Die strukturelle Unterfinanzierung der Verkehrswege ist auch
der Grund für weitergehende
Überlegungen zur Pkw-Maut. Angestoßen wurde die Mautdebatte
zwar aus Wahlkampfgründen von
der CSU – mit fremdenfeindlichem Unterton. Verkehrsexperten
ist klar, dass eine Pkw-Maut nur
MIT RHEIN–MAIN–SEITEN
„Die Nutzer werden vernünftiger“:
Der IT-Sicherheitsexperte
Michael Waidner im Interview
8 Seiten Berichte aus der Region
nennenswerte Beträge bringt,
wenn auch Inländer zahlen. Die
CDU schwenkt nun auf die Haltung ein, dass eine einheitliche europäische Autobahnmaut „die beste Lösung“ wäre. Das sagte der baden-württembergische Landesvorsitzende Strobl der F.A.S. „Man
kauft seine Vignette in einem
Land, das die Einnahmen erhält,
und darf damit auf allen europäischen Autobahnen fahren.“
Damit wäre die größte Schwäche des Dobrindt-Konzepts, die
Diskriminierung von EU-Bürgern,
umschifft. Zugleich wäre der Streit
innerhalb der Union vom Tisch.
Er geht darum, ob auch kleinere
Straßen mautpflichtig werden sollten, wie Dobrindt es wollte. Eine
Mautpflicht für Inländer widerspräche dem Koalitionsvertrag. Auch
die SPD, die den Streit in der Union bisher schweigend genoss, wäre
damit wohl nicht einverstanden.
Lotto: 14, 18, 21, 25, 39, 43 - 3*
Spiel 77: 3 6 2 1 5 6 9
Super 6: 9 5 1 5 9 4
Alle Zahlen ohne Gewähr.
*Superzahl
Die Kunst, radikal zu sein
Drogen aus dem Netz
Schluss jetzt!
Wegen eines Hitlergrußes stand
er vor Gericht: Wie lebt und arbeitet der
Maler Jonathan Meese jetzt? Feuilleton
Auf konspirativen Internetseiten
treiben Rauschgifthändler ihr Unwesen.
Ein Milliardengeschäft. Geld & Mehr
Zu viel Stress macht krank.
Wie heilig ist den Deutschen ihr
Feierabend? Leben
*(6 Cent pro Anruf aus dem dt. Festnetz,
aus Mobilfunknetzen max. 42 Cent pro
Minute)
Im Internet: www.faz.net/leserportal
Impressum 6
Leserbriefe 6
Börsen
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Fernsehen 38
Rätsel 46, 50
Herzblatt 46
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Kanaren 4,30 €; Ungarn 970 Ft
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