F R A G E N & A N T W O R T E N Was muss bei einer notwendigen Entblindung beachtet werden? Heute gehen wir der Frage nach, was bei einer Entblindung zu beachten ist. Welche Gründe für eine Entblindung gibt es, welche Grundsätze müssen bei notwendiger Entblindung beachtet werden? ? In Doppelblindstudien wissen weder Proband noch Arzt, mit welchem Medikament der Patient behandelt wird. Treten schwerwiegende Ereignisse auf, die der Arzt im Zusammenhang mit der Einnahme des Studienmedikaments sieht, so kann der Arzt eine Entblindung durchführen, d. h., er legt den Behandlungscode offen. In der Praxis findet der Prüfer diese Informationen in einem verschlossenen Umschlag im Prüfarztordner bzw. kann diese Informationen telefonisch erhalten. Klare Regeln wie eine Entblindung ablaufen soll, sind in den ICH/GCP-Guidelines nicht zu finden. In der ICH/GCP-Guideline E6 gibt es einen kurzen Absatz, der sich mit dieser Thematik beschäftigt. In Section 4.7. heißt es u. a.: „... If the trial is blinded, the investigator should promptly document and explain to the sponsor any prematurely unblinding (e. g., accidentdental unblinding, unblinding due to a serious adverse event) of the investigational product(s).“ Dabei ist allerdings zu beachten, dass der Prüfarzt nur über den Vorgang der Entblindung informiert, dabei aber nicht mitteilt, welchen Wirkstoff der Patient erhalten hat. Diese Information sollte strikt am Zentrum bleiben und nur einem eingeschränkten Personenkreis zugänglich sein, der dies für die weitere therapeutische Entscheidung benötigt. Leider wecken die Behandlungscodes die Neugierde des Prüfarztes und senken manchmal die Hemmschwelle zur Entblindung. Deshalb ist es wichtig, den Prüfarzt im Verlauf einer Studie immer wieder darauf hinzuweisen, dass der Randomisierungscode wirklich nur in dringenden Notfällen geöffnet wird. Beim Auftreten von schwerwiegenden Ereignissen liegt oft der Reflex zur Entblindung nahe, allerdings sollte ! DZKF 7-8 - 2001 der Prüfarzt sich immer überlegen, ob dies wirklich für die weitere Behandlung von Nutzen ist. Der Prüfarzt muss sich im Klaren darüber sein, dass er mit einer nicht zwingend erforderlichen Entblindung die Objektivierbarkeit der Studie beeinträchtigt. Für den Fall der Entblindung sollten einige Grundsätze beachtet werden: ■ Es sollte vorher klar dokumentiert sein, dass der Patient aus der Studie ausgeschieden ist. ■ Bei Offenlegung des Behandlungscodes aufgrund von schwerwiegenden unerwünschten Ereignissen (SUE) sollte die Einschätzung der Kausalität zur Studienmedikation und der Schweregrad des SUEs auf alle Fälle „blind“ durchgeführt werden. Nur so ist eine größtmögliche Objektivität gewährleistet. Nach der Entblindung muss der Sponsor sofort über diesen Vorgang informiert werden. Allerdings, wie bereits oben erwähnt, sollte nichts über das Behandlungsschema mitgeteilt werden. Daneben sollten Aufzeichnungen darüber vorliegen, wer am Zentrum Kenntnis vom Inhalt der Behandlungscodes hat. Neben SUEs gibt es noch wenige weitere Gründe für Entblindung. Vor allem, wenn das weitere therapeutische Vorgehen von der Kenntnis der Therapie abhängt, hat das Wohl des Patienten absoluten Vorrang über die Integrität der Studie. Dies ist z. B. bei einer Doppelblindstudie der Fall, in der ein neues Medikament gegen die Standardtherapie getestet wird. Gibt es keine gleichwertigen alternativen Behandlungsmöglichkeiten, so muss bei Versagen der Therapie im Rahmen der Doppelblindstudie der Behandlungscode offen gelegt werden, damit der Patient die verbleibende Therapieoption wahrnehmen kann. Hier sollte in Absprache mit dem Sponsor eine Offenlegung des Behandlungscodes ohne Probleme möglich sein. Dr. Josef Reisinger 47
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