Reisen – Rotes Meer Was Sie schon immer über die Brothers wissen wollten Bericht: Linus Geschke Reisen – Rotes Meer Um das Rote Meer in seiner ganzen Pracht zu erleben, kann man sich vom Sinai nach Hurghada durchtauchen und in Safaga einen kurzen Stopp einlegen, um danach über El Quseir nach Marsa Alam zu gelangen. Dort angekommen, werden Sie Plätze mit fantastischen Korallen gesehen haben, interessante Wracks bei Abu Nuhas, die ein oder andere kleine Höhle, ein paar Weißspitzen-Riffhaie und mit sehr viel Glück auch einen der diversen Hochseebewohner. Das kostet Sie zusammen etliche tausend Euros, Besuche bei diversen Tauchbasen, jede Menge Nerven und etliche Wochen an Zeit - ohne Garantie darauf, anschließend wirkliche Highlights vor der Maske gehabt zu haben. Sie können es auch anders machen, es genügt: Eine Woche Zeit, rund €1.100,an Investitionen, bei der Buchung die Angabe des Reiseziels „Brothers“ und schon erhalten Sie das komplette Rote Meer als Mikrokosmos. Fast alles, was man vor den Küsten Ägyptens finden kann, finden Sie auch an diesen beiden kleinen Inseln, die wie ein Fliegenschiss mitten im Blau liegen: Zwischen den Küsten Ägyptens und Saudi-Arabiens auf der Höhe von El Quseir gelegen, hat sich rund um die beiden von der Strömung umtobten Brother Islands ein Unterwasserparadies erhalten, welches häufig zu den zehn besten Tauchplätzen weltweit gezählt wird. An den nur mittels einer mehrtägigen Tauchsafari erreichbaren Eilanden findet der Taucher alles vor, was das Rote Meer zu bieten hat: Prächtige Hart- und Weichkorallen in einer schier unglaublicher Anzahl, zwei wunderschön bewachsene Wracks, sowie recht häufige Begegnungen mit den großen Jägern des Roten Meeres. Big Brother Die größere der beiden Brother Islands ist flach, 400 Meter lang und nur gut 40 Meter breit. An ihrer Westseite steht, oberhalb des Anlegesteges, ein 31 Meter hoher viktorianischer Leuchtturm; das weithin bekannte Wahrzeichen der Insel. Seit dem 11. September 1869 stieg die Zahl der Schiffe, die durch das Rote Meer fuhren, in Folge der Eröffnung des Suez-Kanals innerhalb kürzester Zeit sprunghaft an. Um deren Sicherheit auf Steilwand Big Brother 23 DiveInside 05/2007 Grauer Riffhai - Brothers Nordplateau Reisen – Rotes Meer dieser stark frequentierten Fahrtroute zu erhöhen, wurden ab 1880 eine Reihe von Signalstationen im Roten Meer eingerichtet, zu denen auch der Leuchtturm von Big Brother zählt. Bei den meisten Tauchgängen bringt ein Zodiak (Schlauchboot mit Hartboden) die sechs- bis achtköpfige Taucher- Hier hat man bei jedem Tauchgang einfach immer zu wenig Augen und Zeit, um alle Eindrücke vollständig in sich aufnehmen zu können: Zwei große und wunderschön bewachsene Wracks - jedes davon alleine schon mehrere Tauchgänge wert - buhlen zusammen mit zahlreichen Fischschwärmen um die Aufmerksamkeit der Taucher. Prächtige Karte Big Brother gruppe vom südlichen Ankerplatz des Safaribootes aus in Richtung Norden. Dort angekommen und nachdem der Zodiakfahrer mit „three, two, one - GO!“ das Signal gegeben hat, lassen sich die Taucher einfach nur noch rückwärts fallen - im Idealfall alle gleichzeitig und nicht auf den Kopf des Tauchpartners. Einmal abgetaucht, besticht das Wasser sofort durch seine sagenhafte Transparenz, um sich dann, nach unten blickend, zu einem immer intensiver werdenden Blau zu verdichten. In vierzig bis hundert Metern Tiefe verläuft rund um die Insel noch ein schmaler Vorsprung, an dessen Kante es dann bis auf 800 bis 1.000 Meter Tiefe in den Abyss geht. 24 DiveInside 05/2007 Hart- und Weichkorallen, stets umgeben von ebenso unzähligen wie farbenfrohen Riffbewohnern, ziehen weitere Blicke auf sich. Zusätzlich gesellen sich dazu häufig Napoleonfische von enormen Ausmaßen, große Barrakudaschwärme, Schildkröten und Riffhaie - kein Vergleich zu den küstennahen Riffen. Wie sieht es bei Big Brother mit den Hochseebewohnern aus, den spektakulären Begegnungen mit pelagischen Räubern? Es gibt sie noch, wenn auch nicht mehr mit der, vor einigen Jahren noch vorherrschenden Selbstverständlichkeit: Je nach Jahreszeit, Glück und Anzahl der Taucher kommen solche Begegnungen mal häufiger, mal seltener vor - und manchmal, leider, auch Rotfeuerfisch Spaß an Bord Reisen – Rotes Meer unzählige Tiere und stellen erstklassige Motive für Fotografen dar! Auch jetzt lohnt es sich immer mal wieder einen Blick hinaus ins Freiwasser zu riskieren: Haie, selbst Fuchshaie, werden häufig hier am Südplateau gesichtet. Oder man richtet die Augen kurz in Richtung der Wasseroberfläche: Es wäre doch schade, wenn der Manta, vom Taucher unbemerkt, gerade über diesem schwebt, während dieser schon die Einstiegsleiter des Safaribootes im Auge hat. i Big Brother Treppe überhaupt nicht. Sofern die aktuellen Strömungsbedingungen es erlauben, kann es sich während des Tauchganges lohnen, wenn man sich ein Stück vom Riff hinweg ins Freiwasser begibt, ohne dabei jedoch den Sichtkontakt zu diesem zu verlieren. Hier sind die Chancen oftmals besser, den ein oder anderen Hochseejäger vor die Maske zu bekommen: Gelegentlich erscheint, fast aus dem Nichts kommend, ein einzelner Hammerhai, nur um kurz darauf wieder im unendlichen Blau zu verschwinden. Spätestens wenn man auf der Westseite der Insel von unten die Stützen des alten Anlegesteges sieht, sollte man ein gutes Stück höher steigen und sich, von der an dieser Stelle meist schwächeren Strömung, langsam an der Steilwand entlang treiben lassen: Kleine Einschnitte und Höhlen bieten überall Lebensraum für 25 DiveInside 05/2007 Die Top 3 von Big Brother Numibia: Ein im Jahr 1901 auf die Insel aufgelaufener Frachter von 137,4 Metern Länge, der die englische Kolonie in Indien mit Ersatzteilen für Eisenbahnen versorgen sollte. Das Schiff liegt an der Spitze von Big Brother, am steil abfallenden Riff, beginnend in rund zehn Meter Tiefe, bis zum Heck auf knapp 90 Metern. Das Wrack, der Bewuchs, der Fischreichtum – dieser Platz bietet alles im Überfluss! Aida: Im Jahre 1957 untergegangenes, kombiniertes Fracht- und Passagierschiff von rund 75 Metern Länge. Der Bug wurde bei dem Untergang am Riff nahezu vollständig zerstört, der Rest des Wracks beginnt in 63 Metern Tiefe und reicht hinauf bis auf 29 Meter. Auf 36 Metern kann man in die Aufbauten des Mittschiffbereichs eindringen und durch Wolken von Glasfischen langsam wieder nach oben steigen. Südplateau: Direkt an den Ankerplätzen der Safarischiffe steigt man am Riff tiefer und wendet sich dann von diesem ab. Die terrassenförmigen Plateaus auf 35 bis 55 Metern Tiefe wirken vollkommen unberührt und sind eine der besten Plätze für Begegnungen mit den scheuen Fuchshaien. Little Brother Little oder Small Brother, rund anderthalb Kilometer südöstlich von Big Brother gelegen, verfügt weder über einen Leuchtturm noch über ein Wrack. Dafür finden sich hier, im Vergleich betrachtet, die eventuell noch spektakuläreren Tauchplätze: Die Steilwände sind noch einen Tick steiler, die Fischschwärme noch ein wenig größer, die Großfischbegegnungen noch etwas häufiger und die Gorgonien nochmals imposanter. Auch vor Small Brother übernimmt ein Zodiak, während das Safariboot fest verankert vor Wind und Wellen geschützt, hinter dem südlichen Ende der Insel liegt, zu über 90% den Transport der einzelnen Tauchgruppen. Der eigentliche Tauchgang beginnt meist direkt über dem der Insel vorgelagertem Nordplateau und nicht, wie häufig bei Big Brother, seitlich davon. Während das Zodiak an der Oberfläche langsam seine Runden dreht und den aufsteigenden Luftblasen der Taucher folgt, geht es unter Wasser gegen die zum Teil starke Strömung senkrecht und möglichst schnell nach unten. Knapp 40 Meter unter der Wasseroberfläche wartet ein kleiner, aber dennoch gut sichtbarer Riffvorsprung auf die Taucher: Die äußerste Nordspitze des hiesigen Plateaus, oftmals „Sharkpoint“ genannt. Hier bricht sich nicht nur die meist aus dem Norden kommende Strömung, hier hat sich zusätzlich noch eine beliebte Reisen – Rotes Meer Putzerstation eingerichtet - die Kombination aus beiden Punkten scheint auf Haie eine nahezu magische Anziehungskraft auszuüben! Auch die Seitenwände der Insel haben einiges zu bieten: Während man von der Strömung getragen an der nicht enden wollenden Korallenlandschaft entlang gleitet, ziehen oftmals Riffhaie, Großaugen-Stachelmakrelen (caranx sexfaciatus), Schwarzflossen-Barrakudas (sphyraena qenie) und stattliche Thunfische durch das Freiwasser. Das Riff, im oberen Bereich stark zerklüftet, dabei teils überhängend und vollständig von Weichkorallen bedeckt, imponiert in tieferen Gefilden mit wahren Gorgonienwäldern. Hier finden sich überall unzählige Riffbarsche sowie Schwärme von Schnappern, blauen Füsilieren und jungen Barrakudas. Wer zu den Brothers fährt, der will Haie i Die Top 3 von Little Brother Sharkpoint: Auf rund 40 Meter Tiefe liegendes, von der Hauptströmung umspültes Plateau im Nordwesten der Insel. Um hierhin zu gelangen, ist schnelles Abtauchen und ein wenig Kampf gegen die Strömung nach dem Sprung aus dem Zodiak gefragt. Im Gegenzug hat der Taucher dafür fast eine Garantie auf Haisichtungen, welche die Dienste einer hier ansässigen Putzerstation in Anspruch nehmen. Der beste Platz für Großfischbegegnungen an den Brothers! Steilwand im Nordosten: Gorgonien mit bis zu acht Meter Durchmesser, Weichkorallen, die aussehen, als hätten emsige Gärtner sie dort platziert, Riffbarsche zu Tausenden, Barakudas, Muränen, Einschnitte im Riff, Schildkröten, Napoleons, Flötenfische, Makrelen und zwischendurch immer wieder Riffhaie – Taucherherz, was willst Du mehr? Höhle: Zwischen den Ankerplätzen der Safarischiffe und dem Gorgonienwald im Nordosten kommt man, auf der 40 Meter Linie tauchend, an einer kleinen und von oben nicht sichtbaren Höhle vorbei. Sie bietet drei bis vier Tauchern Platz, die sich hier auf dem Sandgrund niederknien und mit dem Messer oder einem Stein an der unbewachsenen Decke kratzen können. Gerade, wenn wenige andere Taucher im Wasser sind, bekommt die Gruppe Haikino vom Feinsten geboten: Knien, schauen, staunen – einer der faszinierendsten Tauchgänge an den beiden Brüdern! Gorgonienwald 26 DiveInside 05/2007 sehen! Nachfolgend eine Liste der wichtigsten Arten und eine Aufzählung der Plätze, wo diese einem am ehesten vor die Maske kommen. Karte Little Brother Hammerhaie Sichtungen der, in der Gunst der Taucher hoch stehenden Haispezies, in den meisten Fällen bis zu 400cm große Bogenstirn-Hammerhaie, finden fast ausschließlich beim ersten Tauchgang des Tages statt. Vorzugsweise dann, wenn man als erste Tauchgruppe im Wasser ist und in größeren Tiefen. Konzentriert trifft man sie meist nur an zwei Stellen an: Am Nordplateau von Little Brother und bei Big Brother in der Nähe des Wracks der Numidia. Gemeinsam ist beiden Plätzen, dass diese Begegnungen eher in größeren Tiefen über 40 Metern und mehr in Richtung Freiwasser orientiert zu Stande kommen. Verhält der Taucher sich hierbei ruhig austariert und verzichtet auf unnötige Bewegungen, so zeigen sich Hammerhaie oftmals neugierig und nähern sich dem Taucher bis auf wenige Meter. Graue Riffhaie Prinzipiell kann man dieser bis zu 240cm großen Gattung an den Brothers überall und auch bei jedem Tauchgang begeg- Hammerhai © Ch. Gstoettner / Sharkproject Austria Reisen – Rotes Meer Grauer Riffhai © Ch. Gstoettner / Sharkproject Austria Fuchshai © Ch. Gstoettner / Sharkproject Austria Seidenhai Seawolf Soul 27 DiveInside 05/2007 nen, drei Plätze stechen jedoch besonders hervor: Die Putzerstation an der Nordspitze von Little Brother und die Südplateaus beider Inseln, wo er oftmals um die riffabgewandten Ankerseile seine Kreise zieht. Diese soziale und sehr neugierige Art, leicht erkennbar durch den schwarzen Saum an der Schwanzflosse in Verbindung mit einer hellen Spitze der Rückenflosse, lässt sich oftmals lange und ausgiebig beobachten. Fuchshaie Die eher scheuen und metallisch glänzenden Haie mit der charakteristischen Verlängerung der oberen Schwanzflosse scheinen eine ausgeprägte Vorliebe für die Südplateaus der beiden Inseln entwickelt zu haben. Selten in Tiefen oberhalb von 20 Metern anzutreffen, kreisen sie oftmals in unmittelbarer Nähe zu den Ankerplätzen der Safarischiffe, wo sie häufig beim letzten Tauchgang des Tages beobachtet werden können. Vorsicht: Nähert sich ihnen ein Taucher der Gruppe zu schnell oder kommt ihnen zu nah, verschwinden sie oftmals für längere Zeit in unerreichbare Tiefen! Seidenhaie Der durchschnittlich bis zu 250cm große Hai mit abgerundeter Schnauze und seidig glänzender grün-grau-brauner Färbung ist an den Brothers häufig anzutreffen. Neben dem Nordplateau des „kleinen Bruder“ findet man ihn auch an Big Brother, dort bevorzugt in dem Gebiet zwischen den beiden Wracks der Numidia und Aida. Oder schauen Sie abends einfach mal vom Deck aus auf das von den Booten erleuchtete Wasser, welches diverse Fischschwärme anzieht: Hier ziehen Seidenhaie auf der Jagd häufig direkt unter der Wasseroberfläche ihre Kreise. Schwarzspitzen-Riffhaie Optisch dem grauen Riffhai recht ähnlich (Rückenflosse mit schwarzer statt mit heller Spitze), ist der Schwarzspitzenriffhai jedoch meist nicht größer als 170cm und scheint sich nahe der Oberfläche am wohlsten zu fühlen. Er hält sich, meist an den Seitenwänden beider Inseln, recht nah am Riff auf und zeigt weder ausgesprochene Scheu noch Neugierde. LG Fotos von Sebastian Opitz und Silvana Gueffroy Weichkoralle
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