Was denn nun?

Was denn nun?
Kein „Weiter so!“ – weder hinter der Bühne noch darauf!
Mit dem Nein der Franzosen und Niederländer zum EU-Verfassungsvertrag sind die Supermacht-Träume vieler
Angehöriger der politischen Klasse der EU fürs Erste ausgeträumt. Da hilft keine Volksbeschimpfung, kein
besserwisserisches Herumdeuteln an den Voten, kein autosuggestives „Weiter so!“ Und auch das „Jo“ der Luxemburger – unter dem Eindruck einer Rücktrittsankündigung ihres Regierungschefs für den Fall eines Nein –
hat den Verfassungsvertrag nicht gerettet. Denn der muss von allen 25 Mitgliedstaaten ratifiziert werden, um in
Kraft zu treten.
Dennoch: Die auf dem Krisengipfel vom 17./18.06.05 verordnete »Denkpause« kann für die KritikerInnen der
Neoliberalisierung und Militarisierung per Verfassungsvertrag nur ein Zwischenziel darstellen. Soll doch diese
Denkpause vor allem für effektivere Propaganda und für Änderungen der bestehenden Verträge im Geiste des
Verfassungsvertrags genutzt werden - ohne Referenden oder andere ähnliche »Störungen«. So hatte die britische
EU-Ratspräsidentschaft noch vor Aufnahme der Amtsgeschäfte u.a. die Durchsetzung der umstrittenen Dienstleistungsrichtlinie und die Fortsetzung der »Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik« angekündigt.
Manche EU-Ideologen fordern ganz ungeniert, politische Tatsachen zu schaffen, „von denen die EU-Mitglieder
auch im Falle eines endgültigen Scheiterns der Verfassungsratifikation nur schwerlich abrücken können“
(Centrum für angewandte Politikforschung) und im Besonderen die EU-Militarisierung als „Katalysator einer
Gemeinsamen Außenpolitik und als Gegenstück einer gemeinsamen Währung“ zu intensivieren (CDUAußenpolitiker Karl Lamers). Jetzt soll unter österreichischer Präsidentschaft der gescheiterte Vertrag reanimiert
werden und Bundeskanzlerin Angela Merkel hat angekündigt, ihn unter deutscher Präsidentschaft im ersten
Halbjahr 2007 durch eine rechtlich unverbindliche Erklärung zur »sozialen Dimension Europas« - d.h. doch
wohl: durch Augenwischerei - endgültig retten zu wollen.
Damit also nicht hastig und klammheimlich hinter den Kulissen oder mit Taschenspielertricks auch auf der Bühne durchgezogen wird, was in einem ergebnisoffenen demokratischen Verfassungsprozess nicht zu erreichen ist,
heißt es: Auf der Hut sein! Vor allem müssen die im Vorgriff auf den Verfassungsvertrag bereits eingeleiteten
Militarisierungsschritte zugunsten einer konsequent zivilen Ausrichtung der Union zurückgenommen werden.
Das besagt konkret:
♦ Stopp der Aufrüstungsprojekte und Auflösung der Rüstungsagentur - Rüstungskontrolle, Konversion und
Abrüstung statt Rüstungsmodernisierung und Aufrüstung
♦ Aufgabe der »nuklearen Teilhabe« Deutschlands und Abschaffung aller Atomwaffen, auch der der EUStaaten Großbritannien und Frankreich
♦ Verzicht auf Europäische Eingreiftruppen und »Schlachtgruppen« (battlegroups) und Beendigung der EUMilitäreinsätze und der diesbezüglichen Zusammenarbeit mit der NATO
♦ Abbruch der Institutionalisierung einer militärpolitischen »Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit« bzw.
eines entsprechenden Kerneuropa
♦ Eindeutige Festlegung auf das Gewalt-Verbot der UN-Charta, auf die Mandatierung durch den UNSicherheitsrat und auf die Ablehnung jeder UN-Reform, mit der Präventivkriege ermöglicht werden sollen
♦ Sicherstellung einer strikten parlamentarischen sowie der eventuellen gerichtlichen Kontrolle von Militäreinsätzen
♦ Anerkennung des Rechts auf bedingte wie kategorische Wehr- und Kriegsdienstverweigerung als logische
Konsequenz des Grund- bzw. Menschenrechts auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit
Das Scheitern des EU-Verfassungsvertrags ermöglicht eine andere Politik - eine Entwicklung in Richtung einer
demokratischen, solidarischen, ökologischen und zivilen Union. Die ist aber noch lange nicht in Sicht und
kommt mit Sicherheit nicht von oben und nicht von selbst. Die in Frankreich und den Niederlanden gewonnene
Kraft für ein anderes Europa muss zunächst und vor allem für die Verhinderung der (weiteren) EUMilitarisierung genutzt werden.
Zum Abschluss eines Krisengipfels 2005 verkündete der amtierende EU-Ratsvorsitzende Jean Claude Juncker:
„Man darf Europa nicht in diesem Zustand lassen!“
Nun denn!
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