URL Forum AutorIn Datum : : : : http://www.cl-netz.de/read.php?id=91330 Anti-Atom Sabine Ellersick <S.ELLERSICK ät NADESHDA.org> 25. Aug 2012 23:42 Was spricht gegen eine neue Generation von Atomkraftwerken? Was spricht gegen eine neue Generation von Kernkraftwerken? AntiAtomPiraten, 24.8.12 http://www.anti-atom-piraten.de/2012/08/was-spricht-gegen-eine-neue-generation-von-kernkraftwerken/ Wer sind die AntiAtomPiraten? Wie stehen die AntiAtomPiraten zu neuen Reaktortypen? Was spricht gegen eine neue Generation von Kernkraftwerken? Kann man mit neuen Kernkraftwerken den Atommüll vernichten? Ist Kernenergie eine billige Alternative zu Ökostrom? Sind die AntiAtomPiraten einfach nur 'Dagegen'? 100% Ökostrom. Kann das funktionieren? Wie kann man den steigenden Energiebedarf decken? Nachts scheint keine Sonne. Ist Ökostrom aus der Sahara nicht sinnvoller? Was spricht gegen eine neue Generation von Kernkraftwerken? Die "neuen" Kraftwerkskonzepte basieren auf dem Erbrüten von Brennstoff aus Thorium mit der Hilfe energiereicher, schneller Neutronen. Die Reaktoren sind in der Regel so aufgebaut, dass Brennstoff oder frisches Thorium im laufenden Betrieb nachgefüllt werden kann und Abfallstoffe abgeschieden werden. Dazu wird z.B. eine Wiederaufbereitungsanlage im Kraftwerk integriert. Diese Konzepte sind allerdings auch gar nicht neu, sondern wurden schon sehr früh zu Beginn des "Atomzeitalters" diskutiert und zum Teil auch prototypisch erprobt. In Thorium-Flüssigsalz-Reaktoren wird Uran 233 aus dem Thorium erbrütet. Dieses Uran ist waffenfähiges Uran, eignet sich also zum Bau von Atomwaffen. Uran 233 hat dabei "bessere" Bomben-Eigenschaften, als das bisher verwendete Uran 235. Es gleicht in den Bomben-Eigenschaften eher dem Plutonium. Das Uran kann über eine im Kraftwerk integrierte Wiederaufbereitungsanlage aus dem Reaktor entnommen werden, während des laufenden Betriebs. Die Integration einer Wiederaufbereitungsanlage ist bei diesen Reaktortypen prinzipbedingt, um die kontrollierte Kettenreaktion aufrecht zu erhalten. Aufgrund von Spaltprodukten des in Spuren mit erzeugten Uran 232, entwickelt eine solche Waffe bereits während der Lagerung eine sehr hohe Gamma-Strahlung. Eine solche Waffe eignet sich daher eher zum kurzfristigen Einsatz, will man das Uran 232 nicht aufwändig abscheiden. Andernfalls würde das Personal in der Nähe der Waffe schwere, bzw. tödliche Strahlendosen erleiden. Wesentliche Probleme bei der Wiederaufbereitung des Brennstoffkreises sind ungelöst. Leicht flüchtige Spaltprodukte, wie zum Beispiel Krypton, können nicht wirtschaftlich zurückgehalten werden. Auch heutige Wiederaufbereitungsanlagen geben diese und andere Spaltprodukte über Schornsteine und Abwasserleitungen in die Umwelt ab. Überhaupt keine Lösung gibt es im Moment, um das anfallende Tritium aus dem Salz heraus zu filtern. Korrosion ist ein weiteres erhebliches, ungelöstes Problem. Neben der Materialermüdung, durch die hohe Neutronenstrahlung dieser Reaktoren, greift auch das hoch erhitzte, flüssige Salz die verwendeten Materialien an. Eine Langzeitsicherheit konnte bisher nicht erreicht werden. Als Moderator wird wie in Tschernobyl Graphit verwendet. Regelmäßige Wartungsarbeiten werden durch die verwendeten Materialien notwendig, aber durch die extrem hohe Strahlung sehr erschwert. Auch entsteht mehr höher belasteter, radioaktiver Abfall, insbesondere an radioaktivem Cäsium, das neben dem Plutonium auch bei heutigen Atomunfällen zu den wesentlichen Problemstoffen zählt. Der anfallende Atommüll strahlt zwar nicht so lange, aber deutlich stärker. Es muss also noch sorgfältiger mit Atommüll umgegangen werden. Seite 1/6 Die Entsorgung von außer Betrieb genommenen Altanlagen bereitet ähnliche, bzw. mehr Probleme als sie bei derzeitigen Kernkraftwerken erwartet werden. Der einzige kommerzielle Thorium-Reaktor Deutschlands, der THTR-300 in Jülich, wurde 1988 abgeschaltet. Aufgrund der hohen Strahlenbelastung kann voraussichtlich frühesstens im Jahre 2027 mit dem Rückbau des Reaktorblocks begonnen werden. Der Rückbau wird etwa 20 Jahre in Anspruch nehmen. Das bedeutet, die Stillegung alleine benötigt einen Zeitraum von 60 Jahren. Die Anlage verursacht derzeit jährliche Kosten von 6,5 Mio ?. Die Kosten trägt der Steuerzahler, da die Betreiber-GmbH insolvent ist und RWE als Nachfolger der Betreibergesellschaft sich nicht an Kosten beteiligt. Im Umkreis um das stillgelegte Kraftwerk hat die 11-jährige Schülerin Samantha Seithe für eine Arbeit zu Jugend Forscht erst kürzlich in Bodenproben um das Kraftwerk ähnliche Pac-Kügelchen gefunden, wie sie im Leukämiecluster in der Elbmarsch gefunden werden können. In den Jahren 1992/93 trat in der Elbmarsch Kinderleukämie sieben mal häufiger auf, als zu erwarten wäre. Dort ist inzwischen nachgewiesen, dass es sich bei den Kügelchen um Reaktorbrennstoff handelt. Eine Untersuchung der Sterbefälle um den THTR-300 ergab eine niedrigere Lebenserwartung je näher man man am Standort des Reaktors wohnt. Nach dem Auffinden der Pac-Kügelchen in Bodenproben hat der Betreuer der Arbeit die Fortsetzung der Untersuchungen abgebrochen. Die Kügelchen wurden bisher noch nicht radiologisch untersucht, es gibt jedoch keine andere schlüssige These außer dem Bezug zu Kernbrennstoff. Für die Endlagerung des THTR werden derzeit Kosten von deutlich über 1 Mrd. ? veranschlagt. Das ist der dreifache Wert der Schätzung aus dem Jahre 2007. Der Betrieb des Reaktors wurde wegen Unwirtschaftlichkeit eingestellt, obwohl noch Brennstoff für zwei Betriebsjahre vorhanden ist. Zuvor schon wurde die Brennstoffabrik wegen Sicherheitsmängeln geschlossen. Derzeit streitet man sich darum, wohin mit dem restlichen Brennstoff, da die Genehmigung zur Lagerung abgelaufen ist. Weltweit wurde kein weiterer solcher Reaktor mehr gebaut. Kann man mit neuen Kernkraftwerken den Atommüll vernichten? Die Verwendung des bisherigen Atommülls als Brennstoff für Thorium-Reaktoren ist Augenwischerei. Allenfalls besonders aufbereiteter Atommüll aus Brennstäben wäre dafür geeignet. Diese Wiederaufbereitung sorgt ebenfalls für eine erhebliche Belastung der Umwelt. Leicht- und mittelradioaktive Stoffe lassen sich in der Regel überhaupt nicht wiederaufarbeiten. Das sind ganz normale Abfälle aus Kernkraftwerken, wie Kleidung, Handschuhe, Wischtücher, Staub, abgenutzte Teile oder Geräte und so weiter. Das sind etwa 90% des Volumens an Atommüll, der in einem Kernkraftwerk anfällt. Dieses Material ist das, das uns derzeit in der Asse und in Morsleben so Kopfzerbrechen macht. Der Atommüll fällt an, sobald man eine kerntechnische Anlage betreibt. Beim Betrieb von Thorium-Reaktoren ist dieser Atommüll voraussichtlich deutlich stärker belastet. Es muss wesentlich sorgfältiger damit umgegangen werden. Die Befürworter neuer Reaktorgenerationen verschweigen gerne, dass neuer Atommüll entsteht, werben sie doch damit, dass diese Reaktoren Atommüll vernichten würde. Die Vision der Befürworter dieser Reaktoren geht so weit, auch Kleinanlagen herzustellen, die lokal und vor Ort betrieben werden sollen. Mit den eben beschriebenen Risiken. Ein solcher Gedanke ist völlig verantwortungslos. Man stelle sich vor, man benötigt eine Atomrechtliche Genehmigung zum Betrieb seiner Heizung. Wie will man hier das Missbrauchsrisiko in den Griff bekommen? Dann öffnet der Selbstmörder nicht mehr den Gashahn, sondern verstrahlt gleich die ganze Region..? Zudem gibt es bei kerntechnischen Anlagen Effekte, die bisher nicht verstanden sind. So gibt es im Umkreis von etwa 30 km um Atomanlagen Anomalien im Geschlechterverhältnis Neugeborener. Es werden weniger Kinder geboren, insbesondere weniger Mädchen. Diese Phänomen hat man in Europa auch nach dem Unglück in Tschernobyl festgestellt. In Europa wurden nach Tschernobyl etwa 800.000 Kinder weniger lebend geboren, als statistisch zu erwarten waren. Als Ursache vermutet man DNA-Schäden der Keimzellen durch Strahlung. Auch treten in der Umgebung von Nuklearanlagen deutlich mehr Krebserkrankungen und Läukemiefälle auf. Mit den derzeitigen Modellen zum Strahlenschutz lassen sich diese Effekte nicht erklären. Sie sind jedoch auffällig und von statistischer Relevanz. Die aktuellen Modelle zum Strahlenschutz sind damit ungenau und bilden nicht die tatsächlich auftretenden Effekte ab. Ist Kernenergie aus neuen Reaktortypen eine billige Alternative zu Ökostrom? Seite 2/6 Selbst wenn man alle Probleme der neuen Reaktortypen in den Griff bekommen könnte, ist es auch mittelfristig nicht absehbar, bis wann derartige Brüter im kommerziellen Betrieb eingesetzt werden könnten. Wir haben unser Energieproblem aber bereits heute und wir können dieses ohne den Einsatz von Radioaktivität und ohne der Ausbeutung von Energieträgern, ohne Brennstoffkosten lösen. Bis Thorium-Reaktoren vielleicht einsatzbereit sein könnten, können wir schon längst auf generative Energieträger gewechselt haben. Schätzungen gehen davon aus, dass ein Thorium-Reaktor bis in etwa 20 Jahren marktreif sein könnte. Die dann notwendigen Freigabe-Prozesse für Kernkraftwerke sind aufwändig und erfordern viel Zeit. Das Genehmigungsverfahren des zuletzt freigegebenen Reaktortyps AP1000 dauerte etwa 6 Jahre. Beim AP1000 handelt es sich technisch um einen konventionellen Uran-Reaktor, also um ein in Wissenschaft und Technik gut bekanntes System. Die Freigabe wurde von der Politik durchgesetzt, die zwei Neubauten in den USA werden durch Bürgschaften von Präsident Obama sowie Preiserhöhungen beim Strompreis finanziert. Der Chef der US-Atomaufsicht NRC hat nach der Freigabe seinen Sessel geräumt. Er kann die Freigabe des Reaktortypen AP1000 nicht verantworten. Der Bau von Kernkraftwerken dauert zwischen drei und beliebig vielen Jahren. Es gibt Anlagen, die befinden sich seit 40 Jahren in Bau. Die Baustelle des aktuellen EPR hängt der Planung derzeit um vier Jahre hinterher. Die Kosten und die Bauzeit haben sich mittlerweile mehr als verdoppelt. Das Design der Anlage wurde 1988 verabschiedet und sie hätte 2009 in Betrieb gehen sollen. Alleine der Zinsverlust der Investoren beträgt inzwischen einen zweistelligen Milliardenbetrag. Bauarbeiter vor Ort dagegen erhalten zum Teil weniger als 2 Euro die Stunde an Lohn. Die Kosten pro Kilowattstunde werden beim Thorium-Flüssigsalz-Reaktor in der Größenordnung von 8-9ct/kWh liegen. Das ist die Größenordnung der Kostenneuer konventioneller Kernkraftwerke und liegt damit schon heute über den Kosten der Windenergie und in Kürze wird auch Photovoltaik preisgünstiger sein. Das ergeben Bewertungen des französischen Rechnungshofes. Frankreich plant nun Windparks. Die großen Energiekonzerne, wie RWE und E.ON haben ihr internationales Engagement in Kernkraftwerke inzwischen ebenfalls gestoppt. Kernenergie ist unwirtschaftlich. Auch Norwegen hat das Prinzip der Thorium-Raktoren näher untersucht. Die Strahlenschutzbehörde kommt zu einem ernüchterndem Urteil. Das Unfallrisiko für Thorium-Reaktoren liegt auf einem ähnlichen Niveau wie das der heutigen Kernkraftwerke und das Atommüll-Problem wird mit diesen Reaktoren ebenfalls nicht gelöst. In Norwegen ist die Thorium-Debatte abgeschlossen. Andere Brüter-Modelle, wie zum Beispiel der Integral Fast Reactor, IFR, oder PRISM-Reaktoren bewerten wir ebenfalls äußerst kritisch. Der Betrieb ist hoch riskant. Diese Reaktoren nutzen Natrium als Kühlmittel. Dieses ist bei Raumtemperatur fest und muss durch Erhitzen stets flüssig gehalten werden. Natrium ist extrem reaktiv. Der Kontakt mit Wasser führt zu heftigsten Reaktionen. An Luftfeuchte und Wasser reagiert Natrium zu Natronlauge und Wasserstoff. Bei einem entsprechenden Unfall käme es zu einem extrem heißen Brand im Reaktor, der im Zweifel nur schwer, wenn überhaupt unter Kontrolle gebracht werden kann. Die Freisetzung großer Mengen an Radioaktivität wäre zu erwarten. Im Betrieb reagiert das chemisch sehr aggressive Natrium mit den Metallen des Reaktors und löst diese. In Deutschland wurde der erste, fertiggestellte, Natrium gekühlte Brüter, der SNR-300 in Kalkar, nie in Betrieb gestellt. Der 295 MW-Reaktor sollte ursprünglich 500 Mio. D-Mark kosten und wurde zur Investitionsruine von über 4 Mrd. Euro. Inflationsbereinigt sind das etwa 6 Mrd. Euro. Zu diesem Preis bekommt man heute einen Windpark mit etwa 2,4 GW effektiver Wirkleistung (6 GW Nennleistung), preissicher aus der Serienproduktion und mit 100% Haftpflichtversicherung. Deutsche Kernkraftwerke haben eine Deckung von etwa 0,003% der zu erwartenden maximalen Schadenssumme über eine Haftpflichtversicherung. Rücklagen sollen ca. 0,03% des möglichen Schadens durch einen GAU abdecken. Dieser beträgt in Deutschland etwa 7,5 Bio. Euro. Wir sind der Überzeugung, eine Gesellschaft, die auf Kernenergie setzt, setzt auf ein falsches Pferd. Nicht auf ein totes, sondern auf ein gefährliches und ein teures. Sind die AntiAtomPiraten einfach nur 'Dagegen'? Seite 3/6 Wir stehen vor allen Dingen für einen nachhaltigen, ressourcenschonenden Umgang mit unserer Umwelt und sprechen uns für einen zügigen Vollzug der Energiewende aus - ohne Kernenergie, ohne fossile Kraftwerke. Wir benötigen bereits heute dringend Lösungen für unsere Energie- und Klimaprobleme: Können wir Deutschland alleine auf der Basis generativer Energieträger versorgen? Wir sagen, es geht und es ist wirtschaftlich. Wir unterscheiden dabei zwischen regenerativen Energieträgern und generativen Energieträgern. Regernerative sind solche, die sich wieder regenerieren können. Zum Beispiel Biomasse. Diese schaffen aber erhebliche Probleme in Flora und Fauna. Wir wollen diese weitgehend vermeiden und setzen auf generative Energiequellen. Das sind Energiequellen, die sich nicht verbrauchen und sich nicht erholen müssen. Sie sind einfach nur da und man muss sie nur ernten. Das sind im wesentlichen Windenergie und Sonnenenergie. Die unendliche Verfügbarkeit von Energie ist ein alter Menschheitstraum der Moderne. Wir möchten nicht dieser Hybris fröhnen und den Menschen keine Märchen von grenzenloser Energie ohne Nachteile erzählen. Ist es denn überhaupt möglich, uns mit 100% Ökostrom zu versorgen? Es ist möglich, Deutschland innerhalb von 18 Jahren zu 100% mit Elektrizität aus generativen Energiequellen zu versorgen. Auch den gesamten Primärenergieverbrauch können wir bis auf vielleicht wenige Ausnahmen auf generative Energieträger umstellen. Wir selbst haben nachgerechnet und festgestellt, es ist möglich, Deutschland autonom mit Strom aus Wind oder Sonne zu versorgen. Dazu haben wir die Zahlen aus 2009 verwendet, da diese vollständig vorlagen. Sehr anschaulich kann man das am Beispiel der Elektromobilität darstellen. Der Straßenverkehr in Deutschland hat einen Anteil von 18,6% am Primärenergieverbrauch. 2009 waren das 706,4 TWh. Durch Umstieg auf Elektroantrieb benötigt man weniger als ein Drittel der Energie für die selbe Wirkleistung. Das liegt daran, dass der Elektroantrieb drei mal effizienter ist, als der Verbrennungsmotor im optimalen Arbeitspunkt. Außerdem können wir die Bremsenergie wiederverwenden. Bei eMobilität benötigen wir also nur noch ungefähr 200 TWh um dieselben Fahrleistungen zu erbringen, vermutlich sogar deutlich weniger. Das entspricht einer Kraftwerks-Leistung von 22,8 GW. Wenn wir diese mit Hilfe von Solarzellen ernten wollen, benötigen wir dazu eine Fläche von 500 km², beim Einsatz von Zellen mit 40% Wirkungsgrad und durchschnittlicher Sonneneinstrahlung. Die Fläche entspricht etwa 2% der versiegelten Fläche in Deutschland, kann also ohne zusätzlichen Flächenverbrauch genutzt werden. Zum Vergleich, ein PKW mit den Abmessungen 1,8 x 4,3 Meter (z.B. VW Golf) verdeckt eine Fläche von 7,74 m². In Deutschland sind 58 Mio Fahrzeuge zugelassen. Diese verbrauchen damit über den Daumen geschätzt ungefähr die selbe Fläche (449 km²), die man zur Erzeugung des notwendigen Stroms mit Photovoltaik benötigt. Das sollte zu bewerkstelligen sein. Die im Moment erhältlichen Standard-Solarzellen haben einen Wirkungsgrad von bis knapp über 20%. Damit würde man derzeit noch doppelt so viel Fläche wie in dem Beispiel errechnet benötigen. 2009 lag der StandardWirkungsgrad noch bei 15%. Serienreif sind seit 2012 schon Module mit 34% Wirkungsgrad. Im Labor gibt es bereits Zellen mit über 40% Wirkungsgrad. Die Innovationen in der Solarbranche schreiten derzeit noch schnell voran. Aber den steigenden Energiebedarf kann man doch mit Windrädern und Solarenergie nicht decken? Der steigende Energiebedarf ist ein Ammenmärchen. Diese Aussage gilt nicht für Deutschland. In den letzen 10 Jahren blieb der Verbrauch an Primärenergie in Deutschland nahezu konstant, mit leicht fallender Tendenz. Wird konventionelle Energiegewinnung durch regenerative Elektroenergie ersetzt, verringert sich der Energiebedarf zusätzlich deutlich, da viele konventionellen Energiewandler einen Wirkungsgrad von nur etwa 30% haben (Verbrennungsmotoren, konventionelle Kraftwerke (Kohle, Kernenergie), ..). Seite 4/6 Alleine durch 100% generative Stromerzeugung und Elektromobilität verringert sich der Bedarf an Primärenergie um etwa 40% (!), die wir bisher als Abwärme an die Umwelt abgeben. Den Primärenergiebedarf in Deutschland kann man mit generativen Energieträgern decken - man muss nur wollen. Aber Nachts scheint keine Sonne . Richtig. Aber Wind weht dennoch. Ernsthaft: Nachts wird deutlich weniger Energie benötigt. Der Solarstrom kann hervorragend dazu genutzt werden, die Spitzenlasten tagsüber abzudecken. Der dynamische Anteil an benötigter Energie ist nahezu deckungsgleich mit den Zyklen der Photovoltaik. Scheint weniger Sonne, gibt es meist mehr Wind. Schon heute sorgt der Solarstrom für niedrige Preise an der Strombörse zu den Spitzenzeiten, zu denen früher der Strom besonders teuer war. Derzeit werden durch das Überangebot an Kraftwerken die flexiblen Gaskraftwerke, die früher Spitzenlasten abgefangen haben, unrentabel. Die ersten werden bereits stillgelegt. Dabei benötigt das Netz bei vollzogener Energiewende gerade solche flexiblen Kraftwerke, um Zeiten mit weniger Wind und Sonne zu überbrücken. Stromüberschüsse können in Pumpspeicherkraftwerken und auch chemisch gespeichert werden. Zur chemischen Speicherung erzeugt man Beispielsweise durch Elektrolyse Wasserstoff. Diesen kann man durch Zugabe von CO² (zum Beispiel aus der Luft) in Methan umwandeln. Wasserstoff wie Methan lassen sich im Gasnetz speichern. Benötigt man kurzfristig mehr Energie als Wind und Sonne liefern, kann man flexible Gaskraftwerke sehr schnell zuschalten, um den Bedarf zu decken. Kohle- und Kernkraftwerke müssen immer auf mindestens 50% Leistung gehalten werden. Gaskraftwerke dagegen lassen sich innerhalb weniger Minuten hoch und runter fahren. Die Nutzung dieses sogenannten EE-Gases ist ökologisch deutlich sinnvoller, als die Nutzung von Agrargas, das die Bezeichnung Biogas gänzlich zu Unrecht trägt. Das deutsche Gasnetz hat eine Kapazität von über 500 TWh. Diese Kapazität reicht aus, auch einen totalen Wind- und Sonnenausfall über 1 Monat zu überbrücken, wenn wir die gesammte Primärenergie aus Wind- und Sonnenenergie beziehen würden. Das entspricht einer Kapazität von 4-5 Monaten, bezogen auf den heutigen Strombedarf. Jeweils gerechnet mit thermischen Gaskraftwerken. Noch effektiver, mit einem Wirkungsgrad von etwa 80% arbeiten Druckluft-Speicherkraftwerke. Wäre es nicht sinvoller, Solarenergie aus der Sahara zu nutzen anstatt Deutschland mit Windrädern zu pflastern? Es gibt viele Gründe dafür, die Energie im eigenen Land zu ernten. Das Wüstenprojekt DESERTEC ist nicht mehr zeitgemäß und auch nicht wirtschaftlich. Es setzt im Wesentlichen auf Solarthermische Energiegewinnung. Der Vorteil dieser Kraftwerke ist, dass die Sonnenwärme gespeichert werden kann und so auch während der Nachtstunden über das thermische Kraftwerk Elektrizität gewonnen werden kann. Das ist ein entscheidendes Merkmal für die Stromversorgung über den weiten Weg aus der Wüste, denn mit den angedachten Srommengen und bei den benötigten Leitungen soll nicht nur der Spitzenbedarf tagsüber gedeckt werden, eine Dauerauslastung ist wirtschaftlich notwendig. Die Solarthermie hat mehrere Nachteile. Die thermischen Kraftwerksprozesse zum Betrieb von Dampfturbinen erfordern zur Kondensation des Dampfes immer auch eine ausreichende Kühlung. In der Wüste kann man nicht einfach durch aufheizen eines Flusses oder durch verdampfen von Wasser kühlen. Wasser ist dort Mangelware und man muss auf andere, aufwändige Methoden der Kühlung zurück greifen, zum Beispiel auf Trockenkühltürme. Der Preisverfall der Solarzellen macht es wirtschaftlicher, Stom aus Sonnenenergie mit diesen direkt vor Ort zu produzieren, dort, wo er gebraucht wird. Die Kosten für Solarmodule purzeln weiter. Alleine in den letzten vier Jahren ist der Preis um durchschnittlich 55% gesunken, im 1. Halbjahr 2012 sank der Preis um etwa 15%. DESERTEC wäre vor etwa 30 Jahren eine gute Option gewesen, heute wird das Projekt von der Realität überholt. Hier haben sich die Energieriesen zu lange geziert. Seite 5/6 Ein ganz entscheidendes Argument für die Produktion des Stroms im eigenen Land, in der eigenen Region, ist aber die Unabhängigkeit. Wenn wir uns unabhängig machen können, von Energiemonopolen, unabhängig machen können von Energie- und Brennstoffimporten, wenn wir unsere Regionen selbständig machen können, bei der Energieversorgung, dann haben wir einen entscheidenden Schritt getan. Den Schritt in eine neue, freie, önkonomisch sinnvolle und ökologisch verantwortliche Energiepolitik. Weil wir das machen können, zu einem günstigen Preis, sollten wir es auch tun. Es geht, sobald wir es denken können. Seite 6/6
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