Was bringt das neue Gesetz zur Pflegeversicherung? - PfleSaCon

SGB XI
Was bringt das neue Gesetz zur Pflegeversicherung?
01/2013 Die Schwester Der Pfleger
Die Bundesregierung hat ein neues Gesetz verabschiedet, das Gesetz zur
Neuausrichtung der Pflegeversicherung. Es geht mit zahlreichen Verbesserungen
für pflegebedürftige Menschen und ihre Angehörigen einher.
Aktuell beziehen rund 2,46 Millionen Menschen Leistungen aus der
Pflegeversicherung. In acht Jahren werden es bereits 2,8 Millionen sein. Um diesen
Herausforderungen besser begegnen zu können, hat die Bundesregierung ein Gesetz zur Neuausrichtung der Pflegeversicherung auf
den Weg gebracht.
Am 21. September 2012 hat der Bundesrat diesem Gesetz zugestimmt. Zum 30. Oktober 2012 sind bereits einige Regelungen in
Kraft getreten. Die Verbesserungen der Leistungen für Menschen mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz stehen zum 1.
Januar 2013 zur Verfügung.
Verbesserungen seit dem 30. Oktober 2012
Eine frühzeitige Beratung muss sichergestellt sein
Die Pflegekassen haben unmittelbar nach Eingang eines erstmaligen Antrages auf Leistungen bei Pflegebedürftigkeit dem
Antragsteller einen konkreten Beratungstermin anzubieten. Der Beratungstermin muss innerhalb von zwei Wochen durchgeführt
werden. Auf Wunsch des Antragstellers kann der Termin auch außerhalb der Zwei-Wochen-Frist liegen. Die Pflegekasse kann auch
einen so genannten Beratungsgutschein ausstellen, wenn die Pflegkasse die Beratung nicht selbst anbietet. Die Entscheidung darüber
liegt bei der Pflegekasse. Die Beratung soll auf Wunsch des Antragstellers auch in der häuslichen Umgebung erfolgen.
Die Pflegekasse soll innerhalb von fünf Wochen über den Antrag entscheiden
Im Regelfall sollen innerhalb von fünf Wochen nach Antragstellung die Begutachtung zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit und
die Entscheidung der Pflegekasse erfolgen. Für die Begutachtung wird der Medizinische Dienst der Krankenversicherung von der
Pflegekasse beauftragt. Ab dem 1. Juni 2013 besteht für die Pflegekassen auch die Möglichkeit, unabhängige externe Gutachter in
Anspruch zu nehmen. Die hierfür erforderlichen Voraussetzungen werden in den kommenden Monaten geschaffen. Diese
Maßnahmen sind erforderlich, um zu verhindern, dass Pflegekassen bei Fristenüberschreitung 70 Euro je angefangene Woche der
Überschreitung als „Verzögerungsgebühr“ leisten müssen.
Es gibt einen Anspruch auf das Gutachten
Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung erfasst bei der Begutachtung, ob der Antragsteller die Übermittlung des
Gutachtens durch die Pflegekasse wünscht. Selbstverständlich kann auch zu jedem späteren Zeitpunkt bei der Pflegekasse das
Gutachten angefordert werden.
In der Vergangenheit hat der Medizinische Dienst der Krankenversicherung gegenüber der Pflegekasse bereits Empfehlungen zur
Rehabilitation mitgeteilt. Diese Empfehlungen erhält der Antragsteller nun auch auf schriftlichem Wege von seiner Pflegekasse. Bei
Einwilligung des Antragstellers erfolgt durch die Pflegekasse eine Weiterleitung der Rehabilitationsempfehlung an den zuständigen
Träger. So soll dem wichtigen Grundsatz „Rehabilitation vor Pflege“ mehr Ausdruck verliehen werden.
Pflegende Angehörige erhalten passende Vorsorge- und Rehabilitationsmaßnahmen
In der Krankenversicherung wird betont, dass bei anstehenden Vorsorge- und Rehabilitationsmaßnahmen die besonderen Belange
pflegender Angehörige berücksichtigt werden. So können geeignete Einrichtungen stärker als bisher in die Versorgung pflegender
Angehöriger mit Vorsorge- und Rehabilitationsleistungen einbezogen werden. Zusätzlich haben die Pflegebedürftigen Anspruch auf
bis zu vier Wochen Kurzzeitpflege in Rehabilitationseinrichtungen, wenn die Pflegeperson dort gleichzeitig eine
Rehabilitationsmaßnahme durchführt.
Das Pflegegeld wird bei Kurzzeit- und Verhinderungspflege weitergezahlt
Die Hälfte des bisher bezogenen Pflegegeldes wird weitergezahlt, wenn der Pflegebedürftige die Kurzzeit- oder Verhinderungspflege
von bis zu vier Wochen in Anspruch nimmt.
Pflegebedürftige in einer ambulanten Wohngruppe erhalten zusätzliche Leistungen
Pflegebedürftige, die in einer ambulanten Wohngruppe mit mindestens zwei weiteren Pflegebedürftigen leben, erhalten zur anteiligen
Finanzierung einer Präsenzkraft, die organisatorische, verwaltende oder pflegerische Tätigkeiten übernimmt, einen monatlichen
Betrag von 200 Euro.
Im Rahmen eines zeitlich befristeten Initiativprogramms können zur Gründung von neuen Wohngruppen die notwendigen
Umbaumaßnahmen mit 2 500 Euro pro Pflegebedürftigen gefördert werden (maximal für vier Pflegebedürftige in Höhe von 10 000
Euro je Wohngruppe).
Es werden Zuschüsse zu wohnumfeldverbessernden Maßnahmen gezahlt
Leben mehrere Pflegebedürftige in einer gemeinsamen Wohnung, können pro Person 2 557 Euro (maximal für vier Pflegebedürftige
insgesamt 10 228 Euro) als finanzieller Zuschuss für Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes, zum Beispiel
Umbaumaßnahmen im Bad, gewährt werden. Bisher konnte für die gleiche Maßnahme der Zuschuss nur einmal zur Verfügung
gestellt werden. Die Prüfung eines Eigenanteils ist entfallen.
Die medizinische Versorgung soll verbessert werden
Die medizinische Versorgung in den Pflegeheimen soll gestärkt werden. Hierzu sollen sich die an der Versorgung beteiligten
Berufsgruppen (Pflegekräfte, Ärzte und Fachärzte) besser vernetzen. Dies gilt auch für die zahnärztliche Versorgung.
Leistungsverbesserungen seit dem 1. Januar 2013
Menschen mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz erhalten mehr Leistungen
Personen mit erheblich eingeschränkter Alltagskompetenz (durch demenzbedingte, geistige oder psychische Beeinträchtigungen)
erhalten neben den zusätzlichen Betreuungsleistungen folgende monatliche Leistungen:
- Versicherte ohne Pflegestufe:
Pflegegeld in Höhe von 120 Euro oder
Pflegesachleistung im Wert von bis zu 225 Euro.
Im Weiteren besteht ein Anspruch auf Pflegehilfsmittel, wohnumfeldverbessernde Maßnahmen und Verhinderungspflege.
- Pflegebedürftige der Pflegestufe I:
Das Pflegegeld erhöht sich um 70 Euro auf insgesamt 305 Euro.
Die Pflegesachleistung erhöht sich um 215 Euro auf insgesamt 665 Euro.
- Pflegebedürftige der Pflegestufe II:
Das Pflegegeld erhöht sich um 85 Euro auf insgesamt 525 Euro.
Die Pflegesachleistung erhöht sich um 150 Euro auf insgesamt 1 250 Euro.
Die Pflegestufe III bleibt unberücksichtigt.
Pflegedienste können flexibler in Anspruch genommen werden
Pflegebedürftige und ihre Angehörigen können in der ambulanten Pflege neben den heutigen Leistungskomplexen auch
Zeitkontingente wählen. Der Pflegedienst hat den Pflegebedürftigen über die verschiedenen Varianten zu informieren und auf die
Wahlmöglichkeiten bei der Zusammenstellung der Formen (Leistungskomplexe, Zeitkontingente) hinzuweisen.
Im Weiteren kann der Pflegedienst neben der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung auch zusätzliche Leistungen
erbringen. Hierbei kann es sich um folgende Unterstützungen handeln:
- Persönliche Hilfeleistungen: Unterstützung im Haushalt des Pflegebedürftigen beziehungsweise seiner Familie sowie im häuslichen
Umfeld,
- Orientierung und Gestaltung des Alltags: Entwicklung und Aufrechterhaltung einer Tagesstruktur, Durchführung
bedürfnisgerechter Beschäftigungen, Einhaltung des Tag-/Nacht-Rhythmus, Unterstützung bei Hobby und Spiel,
- Aufrechterhaltung sozialer Kontakte des Pflegebedürftigen: Spaziergänge in der näheren Umgebung, Ermöglichung des Besuchs
von Verwandten und Bekannten,
- Unterstützungsleistungen: finanzielle Angelegenheiten.
Pflege von gleichzeitig mehreren Pflegebedürftigen wird rentenrechtlich berücksichtigt
Damit eine rentenversicherungsrechtliche Absicherung für die Pflegeperson erfolgen kann, muss derzeit ein Mindestpflegeaufwand
von 14 Stunden bestehen. Zukünftig soll diese Zeit nicht allein für einen Pflegebedürftigen getätigt werden müssen, sondern kann
auch durch die Pflege von zwei oder mehr Pflegebedürftigen erreicht werden. Damit werden pflegerische Härtefälle ausgeglichen
und eine bessere Absicherung der Pflegenden erreicht.
Beitragssatz zur Pflegeversicherung wird erhöht
Zur Finanzierung der Leistungsverbesserungen wird der Beitragssatz um 0,1 Prozent erhöht.
Eine freiwillige private Vorsorge wird gefördert
Mit dem Pflege-Neuausrichtungsgesetz wird die freiwillige private Vorsorge erstmals staatlich gefördert. Die Förderung soll den
Anreiz schaffen, für den Fall der Pflegebedürftigkeit eigenverantwortlich vorzusorgen. Die staatliche Zulage von maximal 60 Euro
im Jahr erhalten Personen, die mindestens einen Beitrag von monatlich 10 Euro im Beitragsjahr in die Pflege-Zusatzversicherung
eingezahlt haben. So soll auch Menschen mit geringerem Einkommen der Abschluss einer Pflege-Zusatzversicherung ermöglicht
werden.
Die Versicherungsunternehmen dürfen keinen Antragsteller auf Grund möglicher gesundheitlicher Risiken ablehnen.
Risikozuschläge und Leistungsausschlüsse sind nicht erlaubt, damit möglichst viele Menschen die staatliche Förderung in Anspruch
nehmen können.
AutorIn
Ingrid Drolshagen