Was bringt farbiges Licht bei Hennen? - Aviforum

WISSENSCHAFT UND PRAXIS
SHL-Versuch am Aviforum mit farbiger Stallbeleuchtung bei Legehennen
Was bringt farbiges Licht bei Hennen?
Zur Beleuchtung in Legehennen-Ställen kommen vermehrt farbige LED-Lampen (Ligth Emitting Diodes) zum Einsatz. Neben ökonomischen Argumenten
wird angeführt, dass farbiges Licht (meist Rot oder Grün) mithilft, Federpicken oder gesteigerte Aggressivität zu verhindern. Eine hier beschriebene
Studie der Schweizerischen Hochschule für Landwirtschaft (SHL) gibt gewisse Hinweise, dass unterschiedliche Lichtfarben schnabelorientiertes Verhalten und Aggressivität beeinflussen können.
Bis anhin gab es keine überzeugenden
wissenschaftlichen Belege für die Behauptungen, dass farbiges Licht Federpicken und Aggressivität mindert. Deshalb
hat die Schweizerische Hochschule für
Landwirtschaft (SHL) in Zusammenarbeit mit dem Aviforum, der Rhis Agro
AG, Seon, und dem Bundesamt für Veterinärwesen eine Studie zu diesem Thema
durchgeführt.
Weisses, rotes und grünes Licht
Im Zeitraum zwischen Mai bis Juni
2010 wurde in einem speziell dafür eingerichteten Stall am Aviforum die Wirkung
von weissen, roten und grünen LED‘s auf
Verhalten und Produktionsparameter von
Legehennen untersucht. 24 Gruppen von
je 25 Legehennen wurden in identischen
Abteilen (5.0 x 3.3 m) gehalten. Ausgerüstet waren diese mit einem Einstreubereich, erhöhten Sitzstangen, üblichen
Tränke- und Fütterungseinrichtungen und
zwei Gemeinschaftsnestern.
Nach dem Umstallen wurden zur Eingewöhnung alle Gruppen drei Wochen
lang unter weisser LED-Beleuchtung gehalten. Während den anschliessenden
vier Wochen wurden acht zufällig bestimmte Abteile mit roten LED‘s beleuchtet und acht weitere mit grünen LED‘s.
Die restlichen acht Abteile erhielten weiterhin weisses Licht.
Während der beiden letzten Wochen
wurde das Verhalten der Hennen beobachtet. Von 14 Verhaltensweisen wurde
bestimmt, wie viel Zeit die Hennen jeweils
dafür aufwendeten. Zusätzlich wurde die
Häufigkeit von drei weiteren Verhaltensweisen notiert: Picken gegen Objekte an
Artgenossinnen, Hacken und Schreien sowie Kämpfen. Insgesamt wurde, zufällig
über die Tageszeit und über die Beobachtungstage verteilt, 32 Mal das Verhalten
aller Hennen in jedem Abteil bestimmt.
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Weiter registrierten wir die Gewichtszunahme der Hennen, den Futterverbrauch,
den Legebeginn und die Legeleistung am
Ende des Versuchs.
Resultate bezüglich des Verhaltens
Bei fünf der beobachteten Verhaltensweisen konnten Unterschiede zwischen
den verschiedenen Beleuchtungen gefunden werden:
• Tiere unter grüner Beleuchtung verbrachten tendenziell weniger Zeit mit
Fressen (17,2 %) als Tiere in weissen und
roten Abteilen (21,1 % bzw. 21,9 %).
• Unter Grün wurde jedoch signifikant
mehr Zeit mit Futtersuche (4,9 %) verbracht als in den roten Abteilen (2,7 %).
Der Mittelwert für die weissen Abteile lag
dazwischen (4,1 %).
• Die Hennen unter grüner Beleuchtung
verbrachten signifikant mehr Zeit mit
Picken gegen Objekte (13,0 %) als Tiere
unter weisser Beleuchtung (8,7 %). Der
Mittelwert der roten Abteile lag dazwischen (10,9 %).
• Ähnliches gilt für das Picken gegen Objekte an Artgenossinnen: Hennen unter
grüner Beleuchtung zeigten dieses Verhalten signifikant häufiger (6,9 Mal pro
10 min und 25 Hennen) als Tiere unter
weisser (5,1) oder roter (5,2) Beleuchtung.
• Hacken und Schreien kamen in den
roten Abteilen signifikant weniger häufig
vor (0,8 Mal pro 10 min und 25 Hennen)
als unter weisser Beleuchtung (5,0). Der
Mittelwert der grünen Abteile lag dazwischen (2,9).
Unter der allgemeinen «Aktivität» der
Hennen wurden die folgenden Verhaltensweisen zusammengefasst: Schreiten,
Fressen, Futtersuche, Picken gegen Objekte, Trinken und Staubbaden. Es ergaben sich keine Unterschiede zwischen
den Beleuchtungen. Hennen unter grüner Beleuchtung waren durchschnittlich
60,7 % der Zeit aktiv, solche unter roter
63,4 % und Hennen unter weisser Beleuchtung 59,9 %.
Resultate bezüglich der Leistung
Beim Futterverzehr und der täglichen
Gewichtszunahme zeigten sich keine
statistisch signifikanten Unterschiede
zwischen den drei Beleuchtungen. Signifikante Unterschiede gab es hingegen
beim Erstlegealter (1. Tag, an dem 9 von
25 Hennen ein Ei legten) und bei der
25
1)
Weiss
Rot
Grün
20
15
1)
10
2)
1)
2)
5
0
Fressen
Futtersuche
Picken an
Objekten
Picken am Tier
Hacken +
Schreien
Grafik: Häufigkeit verschiedener Verhaltensweisen, in denen unterschiedliche Lichtfarben
Unterschiede ergaben. 1) = Anteil des Verhaltens in % der Beobachtungszeit; 2) = Anzahl
Beobachtungen des Verhaltens pro 10 Minuten und 25 Hennen.
SGZ 6·7/11
WISSENSCHAFT UND PRAXIS
Bilder: Der Versuch wurde in solchen einfachen Bodenhaltungsabteilen im alten Lege-Versuchsstall des Aviforum durchgeführt, die lichtdicht
voneinander abgetrennt und mit unterschiedlichen Farben beleuchtet wurden.
Legeleistung am Ende des Versuchs (22.
Alterswoche; Durchschnitt der 3 letzten
Tage):
• Hennen in den rot beleuchteten Abteilen begannen signifikant früher mit Legen
(145,8 Tage) als unter weisser (149 Tage)
oder grüner Beleuchtung (147,5 Tage).
• Dieser Vorsprung konnte bis zum Ende
des Versuchs nicht wettgemacht werden.
Entsprechend zeigten die Tiere unter roter Beleuchtung eine signifikant höhere
Legeleistung (70,7 %) als unter weisser (52,0 %) oder grüner Beleuchtung
(40,5 %).
Fazit 1: Einfluss auf gewisse Verhaltensweisen
Die gefundenen Unterschiede deuten
wir vorsichtig als Hinweise darauf, dass
einerseits schnabelorientiertes Verhalten, andererseits aber auch aggressives
Verhalten durch unterschiedliche Farben
beeinflusst wird. Hennen unter grüner
Beleuchtung verbringen tendenziell weniger Zeit mit «Fressen». Es waren aber
keine Unterschiede im Futterverbrauch
oder bei der Gewichtszunahme feststellbar – die Hennen haben sich also einfach
weniger lang mit dem Futter beschäftigt.
Aus den Unterschieden bei der Zeit für
die Futtersuche und für das Picken gegen Objekte schliessen wir, dass grüne
Beleuchtung zu einem verstärkten ErSGZ 6·7/11
kunden der Umgebung führt.
Kämpfe konnte praktisch keine beobachtet werden. Das entspricht der Erfahrung, wonach Hennen meist nur bei der
ursprünglichen Festlegung der Rangordnung miteinander kämpfen. Danach wird
die Rangordnung durch Drohen oder gegebenenfalls Hacken aufrecht erhalten.
Hacken wird als aggressives Verhalten
eingestuft. Es zeigte sich somit, dass rote
Beleuchtung, im Vergleich zu weisser,
tatsächlich die Aggressivität vermindert.
Etwas Ähnliches könnte auch für Grün
gelten, dort waren die Unterschiede jedoch statistisch nicht signifikant.
Fazit 2: kein Einfluss auf allgemeine
Aktivität
Entsprechend den Hinweisen aus der
Literatur und aus der Praxis hatten wir erwartet, dass Hennen unter roter und grüner Beleuchtung «ruhiger», also weniger
aktiv wären als unter weissem Licht. Dies
konnte nicht bestätigt werden. Bei allen
drei Beleuchtungen waren die Tiere rund
60 % der Zeit aktiv.
Fazit 3: Einfluss auf Leistung via
Legebeginn
Die insgesamt 4 Wochen rote Beleuchtung nach dem Umstallen führte zu
einem signifikant früheren Legebeginn
als unter grünem oder weissem Licht.
Auch wenn die Unterschiede mit 1,7 Tagen bzw. 3,2 Tagen scheinbar klein sind,
ist die Auswirkung auf die Legeleistung
am Ende des Versuches in Alterswoche
22 doch deutlich. Wie sich die Legeleistungen weiterentwickeln würden, muss
jedoch offen bleiben. Möglich ist, dass
die Unterschiede bis zur Legespitze noch
kompensiert werden könnten.
Die raschere Entwicklung von Hennen
(Legebeginn) bei rotem Licht wurde zwar
in der Literatur verschiedentlich beschrieben; die deutlichen Unterschiede überraschten aber trotzdem.
Beim Futterverbrauch und der Gewichtszunahme muss offen bleiben, ob
bei einer längeren Versuchsdauer von besipielsweise 8 bis 12 Wochen nicht doch
nachweisbare Unterschiede auftreten
würden.
Schlussbemerkung
Abschliessend möchten wir festhalten, dass wir zwar verschiedene Auswirkungen der Beleuchtung mit weissem,
grünem und rotem LED-Licht nachweisen
konnten. Um fundierte Schlussfolgerungen ziehen zu können, müsste der Versuch jedoch unbedingt mit einer längeren
Dauer wiederholt werden.
Beat Huber-Eicher, Andreas Sutter,
Peter Spring, Schweiz. Hochschule
für Landwirtschaft SHL, Zollikofen
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