A Zertifiziert, was nun? - SAQ

Q Werkstatt
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European Audit Driving Licence
Zertifiziert, was nun?
ternehmen sollen sich ständig um
optimale Qualität bemühen, erklärt
dieser im Brustton der Überzeugung.
Von Kaizen bis TQM
Von Edith Karl und Rudolf Pusterhofer
Der Qualitätsmanager Franz Schneider
hat soeben von seinem Chef den Auftrag
erhalten, ein QualitätsmanagementKonzept vorzulegen. Im September 2002
wurde das Unternehmen erfolgreich
nach ISO 9001:2000 zertifiziert. Doch
wie geht es weiter?
A
Edith Karl, Mag., und Rudolf Pusterhofer,
PowerManagement/Einfach. Gut, Franz
Josef Strasse 14, A-8700 Leoben, Tel. 0043
3842 479 30-1, [email protected], www.powermanagement.at
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Archivbild
m Abend trifft er sich mit seinem
Freund Josef Pfeiffer, Umweltmanager im Nachbarbetrieb.
Pfeiffer beschäftigt ein anderes Anliegen: er möchte Qualitäts-, Umwelt- und Sicherheitsmanagement zu
einem integrierten Managementsystem zusammenführen. Der Qualitätsmanager in seinem Haus hält
allerdings nicht viel davon. Franz
Schneider hat dafür Verständnis. «In
Zeiten wie diesen muss jeder auf sich
selbst schauen», seufzt er. Josef Pfeiffer sieht das anders. «Wir beide sind
Dienstleister für unsere Unternehmen», betont er. Franz Schneider
bleibt sekptisch: «Glaubst du wirklich, die Leute lesen in zwei oder gar
noch mehreren Handbüchern – egal
ob gedruckt oder elektronisch – nach,
wie sie arbeiten und worauf sie achten sollen?» Trotzdem gibt er seinem
Freund Recht. Gemeinsam wollen
sie nützliche Wege für die Organisationen, die Mitarbeiterinnen und
Mitarbieter und für sich selbst erarbeiten
Ihre Schwerpunktthemen lauten:
– Zertifizierung überstanden – was
nun?
– Qualität, Umwelt, Sicherheit – sind
das lauter verschiedene Paar
Schuhe?
Beide, der Qualitäts- und der Umweltmanager sind sich einig, dass Organisationen nach der Zertifizierung
gerne in eine «Ausruhphase» bezüglich der Normenforderungen gleiten.
Nach bestandener Zertifizierung
wendet sich die Geschäftsführung
meist schnell wichtigeren Dingen zu.
Der Rest der Belegschaft macht vor
allem das, was dem Chef wichtig ist.
Ausserdem wird an allen Ecken und
Enden gespart – sowohl mit Geld als
auch mit personellen Ressourcen.
Einzig und alleine das Betriebsergebnis zählt. Genau diese Situation
wollen die beiden nutzen – aber wie
können sie alle wichtigen und betroffenen Personen mit ins Boot bekommen?
Josef Pfeiffer widmet sich zuerst
Franz Schneiders Thema. Was genau
will der Kollege mit der Kontinuierlichen Weiterentwicklung in seiner
Organisation erreichen? Alle im Un-
Josef Pfeiffer fragt weiter: Wie willst
du dieses Vorgehen aller organisieren? Hier ist der Qualitätsmanager
noch ratlos. Das Betriebliche Vorschlagswesen ist nach einigen Misserfolgen sanft entschlummert. In
einigen Abteilungen halten die Abteilungsleiter erfolgreiche «Ideensitzungen» mit guten Ergebnissen ab,
ansonsten passiert nichts. «Da hast
du ja schon Gleichgesinnte im Haus»,
freut sich Pfeiffer.
Und erläutert weiter: Die Japaner entwickelten die Idee der ständigen Verbesserung als «Kaizen». Die
Ziele von Kaizen sind: Produktivitätssteigerung, Zielorientierung, Personalentwicklung, Organisationsentwicklung und Optimierung der Kunden- und Lieferantenbeziehungen.
Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten mit definierten Problemlösetechniken wie zum Beispiel mit
Ishikawa-Diagramm, Streuungsdiagrammen, Pareto-Analyse. Sie achten
besonders auf Verschwendung, Überlastung und Unausgeglichenheit. Die
Arbeit passiert in definierten Gruppen zu bestimmten Terminen. Messbare und nicht messbare Verbesserungsvorschläge sind das Ergebnis.
Dafür gibt es öffentliche Anerkennung und Prämien.
Franz Schneider erinnert sich
an das Konzept der Qualitätszirkel
(QZ). Gruppen von Freiwilligen erarbeiten Vorschläge und setzen selbst
um, was in ihrem Bereich möglich ist.
«Wie könnte es
besser laufen?»
Q Werkstatt
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EADL – European Audit Driving Licence
EADL umfasst vier Module zum Thema «Auditieren» für
die Wirtschaft. Audits werden in den Bereichen Qualität,
Umwelt, Sicherheit, Controlling, Marketing und Riskmanagement durchgeführt. Auf das Vermitteln der unterschiedlichen Normen wurde bewusst verzichtet. Stattdessen liegt der Schwerpunkt
– auf den Grundlagen der Kommunikation,
– auf dem Verankern der Audittätigkeit in der Organisation
und
– auf der Kontinuierliche Weiterentwicklung in Organisationen.
Zielgruppen des EADL sind: Auditorinnen und Auditoren
vor Beginn ihrer praktischen Audittätigkeit oder als Refreshing und zur Weiterentwicklung, Auditierte, die sich
über Sinn und Zweck von Audits erkundigen wollen sowie
Führungskräfte und die Geschäftsleitung – zur Information
über Möglichkeiten der kontinuierlichen Weiterentwicklung ihrer Organisation. Die Schwerpunktinhalte der vier
Module:
Grundstufe
– Auditieren nach der ISO 19011:2002
– Gesprächstechnik in Auditgesprächen
– Auditcheckliste als roten Faden für Audits nützen
Aufbaustufe
– Unsicherheit, Aggressivität, Sicherheit – in Auditgesprächen richtig einschätzen
– Strategie und Taktik im Auditgespräch
– Praxisübungen: Auditieren anhand von Prozessvereinbarungen (Verfahrensanweisungen)
KVP – oder was sonst?
– Überblick über Möglichkeiten der beständigen Weiterentwicklung in Organisationen
– Anregungen zum Vorgehen in Ihrer Organisation
– die Kontinuierliche Weiterentwicklung organisationsspezifisch erarbeiten – ein Beispiel
Auditteam – Serviceteam
– Zusammenarbeit zwischen dem Auditorenkoordinator
(QM, UM, SM, Controller, usw.) und dem Auditorenteam
festigen
– Sinn und Zweck von Audits für die Organisation gemeinsam mit der Geschäftsleitung und den Auditierten konkretisieren
– Gestalten einer elektronischen Master-Checkliste
E-Trainings in Organisationen bieten Vorteile und Grenzen.
Alles kann online gelernt werden, web-basierend per Internet: unabhängig von Ort und Zeit. Das Implementieren
der Lerneinheiten in der Organisation ist ein Beratungsangebot von PowerManagement wie die ergänzenden Angebote E-Coaching, etwa als Projektbegleitung, und Blended Learning. Eine fundierte psychologische und didaktische Ausrichtung bildet die Basis für die einzelnen Module.
___Info: www.eadl.at, www.auditführerschein.com
MQ Management und Qualität 11/2004
Ein Expertenteam beurteilt die kostenintensiveren Vorschläge nach
ihren Einsparungsmöglichkeiten in
der Umsetzung. Das muss innerhalb
kurzer, definierter Zeit geschehen,
um die Menschen nicht zu demotivieren. Die QZ treffen sich regelmässig oder bei Bedarf. Erfolge spornen
an. Die QZ vermehren sich oft nach
einem Jahr. Die Leiter der QZ bilden
sich weiter bezüglich Problemlösetechniken und Gruppenführung.
Auch beim Kontinuierlichen
Verbesserungs Prozess (KVP) sind die
Ziele wie bei Kaizen. Die Betonung
liegt hier auf «kontinuierlich», nicht
nur im Schadensfall. Wie bisher sind
die wichtigen Punkte beim Organisieren:
– Sollen alle in Gruppen organisiert
werden oder nur Freiwillige?
– Sollen Einzelpersonen oder Gruppen Vorschläge erarbeiten?
– Wie sollen sich Arbeitsgruppen organisieren und wer soll sie anleiten?
– Welche Weiterbildung vor allem in
Problemlösetechniken und Gruppenführung ist notwendig?
– Wer kann/darf/muss Lösungsvorschläge umsetzen?
– Welche Vorschläge müssen wo
eingereicht werden?
– Welche Experten prüfen Vorschläge in welchem Zeitrahmen und
wie erfolgen Ablehnungen?
– Wie geben wir Anerkennung?
– Soll es Prämien geben?
Beide Herren sind sich einig, wie
wichtig dieses Organisieren ist – von
alleine passiert bekanntlich zu wenig.
Beim Konzept des Total Quality
Management (TQM) sind alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beteiligt.
Es sollen alle Themenschwerpunkte
der Organisation – vom Kunden/
Klienten über die Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter bis zu den Lieferanten – erfasst werden. Senken der
Nacharbeitskosten, Einsparungen
durch optimal an die Kundenbedürfnisse abgestimmte Prozesse und optimale Auslastung der Maschinen
sind die Ziele. Ebenso gilt: Fehler sind
Lernchancen, der Kunde steht im
Mittelpunkt, fachübergreifende Zusammenarbeit ist notwendig zum
Optimieren der Prozesse. Die Grundwerte der Organisation gelten als
Leitlinien für das Handeln.
Es muss nicht immer eine
Norm sein
Für Franz Schneider stellt sich nun
die Frage, wie er die Menschen in seiner Organisation von solchen Konzepten überzeugen kann. «Organisiere einfach, dass sie sich selbst überzeugen,» rät Josef Pfeiffer. «Und wie?»
fragt Schneider. «Ganz einfach: Berufe eine Sitzung mit den wichtigsten
Leuten ein. Frag sie, was bei der
Arbeit gut läuft und was ihnen Kopfzerbrechen bereitet. Notiere die
wichtigsten Aussagen auf einer Pinwand mit und frag nach, wie es ihrer
Meinung nach besser laufen könnte.
Was hältst du davon?» Franz Schneider denkt nach. Er sieht bereits die
leicht verwunderten Gesichter der
Gruppe vor sich. Wenn er die Menschen so bei ihren eigenen Problemen abholt, arbeiten sie sicher mit.
Es werden sich allerdings einige fragen, warum er nicht wie üblich mit
Normen droht. Als er gerade leise vor
sich hinlächelt, fragt Josef Schneider:
«Findest du es sinnvoll, hier auch
gleich die Umweltanliegen mitbearbeiten zu lassen?» Franz Schneider:
«Da passt das gut dazu.» Plötzlich
fällt ihm auf: «Jetzt hast du mich aber
total herumgekriegt, Josef. Davon
wollte ich zuerst gar nichts wissen.
Wie hast du das geschafft?»
Josef Pfeiffer lächelt. «Ich habe
vor ein paar Tagen den EADL European Audit Driving Licence gemacht.
Seither habe ich den Europäischen
Audit Führerschein. Im dritten Modul geht es um die kontinuierliche
Weiterentwicklung und im 4. Modul
erfährst du, wie du mit deinen Auditoren sinnvolle Akzente in deiner Organisation setzen kannst. Und vergiss
nicht, geh auf die Sorgen deines
Chefs und der Menschen im Haus
ein. Dann findet ihr garantiert gemeinsam einen Weg zur ständigen
Weiterentwicklung.»
MQ
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