Was Amphibien für ihren Nachwuchs tun - Friedrich Verlag

Was Amphibien
für ihren Nachwuchs tun
UNTERRICHTSMODELL FÜR DIE ORIENTIERUNGS-/SEKUNDARSTUFE I (6./7. SCHÜLERJAHRGANG) VON KLAUS BRAUNER
Sachinformation
Der
wissenschaftliche
Name
der
Froschlurche – Anura – bedeutet
«Schwanzlose». Zu ihnen gehört auch der
Grasfrosch. Unmittelbar nach der Schneeschmelze beginnt die Paarungszeit. Das
Laichgewässer ist meist identisch mit dem
Geburtsgewässer der Froschmännchen
und -weibchen, die sich an sonnenbeschienenen Stellen versammeln. Mit leisem Knurren signalisieren die Männchen
ihren Aufenthaltsort. Nicht selten gehen
der Eroberung eines Weibchens heftige
Rivalenkämpfe voraus. Hat ein Männchen
eine Partnerin gefunden, umklammert es
sie dicht hinter den Vorderbeinen und
lässt sich bis zum Ablaichen huckepack
von ihr tragen. Mit dem Druck durch sein
Körpergewicht beschleunigt das Männchen das Auspressen des Laichs, der in
Klumpen von etwa 400 Eiern ins Wasser
abgegeben (Abb. 1a) und während des
Austretens aus der Kloake vom Männchen
besamt wird. Die Befruchtung der Eier findet also außerhalb des Körpers statt
(äußere
Befruchtung).
Ein
Grasfroschweibchen kann pro Fortpflanzungsperiode etwa 4.000 Eier ablegen.
Die Gallertkugeln quellen durch Wasseraufnahme auf und steigen an die Oberfläche des Gewässers. Bei jeder Kugel ist
der obere Pol schwarz, der untere heller.
Wenn sie von der Sonne beschienen wird,
wirkt jede Gallertkugel an ihrer Oberfläche
wie ein Brennglas. Infolge der Schwarzfärbung kann im Innern der Kugel eine Erwärmung eintreten, die bis zu 10 °C über
der Temperatur des umgebenden kalten
Wassers liegt. Ähnlich wirkt das Sonnenlicht auf die nach wenigen Tagen schlüpfende dunkle Kaulquappe, die zunächst
regungslos auf einer Laichhülle in der
Nähe der Wasseroberfläche festklebt.
Bald bewegen sich die Froschlarven mit
Hilfe ihres Ruderschwanzes frei im Was-
a
b
c
d
Abb.1: Die Entwicklung beim Grasfrosch; a. frisch abgelegter Laichklumpen;
b. Froschlarve mit Hinterbeinen («Mollenkopf»); c. Froschlarve mit zurückgebildetem Ruderschwanz (Fotos: Brauner)
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ORIENTIERUNGS-/SEKUNDARSTUFE I
ser. Sie atmen durch je drei seitliche Kiemenbüschel. Ihre Nahrung sind Algen und
faulende Pflanzenteile. Später werden die
Kiemen in das Körperinnere verlagert. Mit
der Ausbildung der Hinterbeine beginnt
die Umwandlung zum jungen Frosch.
Wenig später treten die Vorderbeine hervor. Dann entsteht das breite Froschmaul.
Jetzt atmen die Tiere durch Lungen. Der
Ruderschwanz wird zurückgebildet, und
der junge Frosch stellt seine Ernährung
auf lebende Tiere um.
Die wehrlosen und langsamen Kaulquappen sind für viele Land- und Wassertiere
eine leichte Beute. Die geringe Überlebenschance ihrer Nachkommen gleichen
Froschlurche durch eine sehr hohe Anzahl
an Nachkommen aus.
Molche zählen wie die Salamander zu den
Schwanzlurchen. Ihre Bewegungen an
Land ähneln der schlängelnden Fortbewegung von Fischen. Adulte Molche suchen nur zur Fortpflanzung ein Gewässer
auf. Nach ausgedehntem Balzspiel setzt
das Männchen einen Samenträger ab, der
vom Weibchen aufgenommen wird (vgl.
Material 2). Wiederholte Paarungen sind
möglich. Bergmolch-Weibchen kleben
ihre etwa 50 Eier einzeln an die Unterseite
von Wasserpflanzen. Meist ist das Larvenstadium erst im kommenden Frühjahr abgeschlossen.
Im Gegensatz zu Fröschen und Molchen
erfolgt die Paarung des Feuersalamanders (Salamandra salamandra; Abb. 3) an
Land. Das Männchen setzt eine Spermatophore ab, die in die Kloake des Weibchens aufgenommen wird (vgl. Material
3). Die Entwicklung der Larven vollzieht
sich im Mutterleib. Zum Absetzen der Larven sucht das Weibchen flache, strömungsarme Gewässer auf. Kräftige Weibchen können bis 70 Larven gebären, die
kurz vor oder beim Austritt aus der Kloake
aus den Eihüllen schlüpfen. Die Larven
haben äußere Kiemen und ausgebildete
Beine. Je nach Wassertemperatur erfolgt
die Metamorphose zum landlebenden Salamander innerhalb von 2 bis 4 Monaten.
Die Weibchen des im Alpenraum verbreiteten Alpensalamanders (Salamandra
atra) gebären nach einer Tragzeit von 2
bis 3 Jahren jeweils zwei vollentwickelte
Junge (vgl. Material 4) Zunächst reifen in
jedem der beiden Eileiter etwa 20 Eier
heran, von denen aber nur je eines zur
Entwicklung kommt (Große 1994, S. 69).
Die jungen Alpensalamander werden auf
dem Land abgesetzt und sind sofort völlig
unabhängig von den Elterntieren.
UB 242/23. Jahrg./Februar 1999
Material 1
Bei keiner Amphibienart findet Brutpflege
statt: Die Elterntiere tun nach der Ablage
von Laich, Larven oder vollentwickelten
Jungtieren nichts, was deren weitere Entwicklung begünstigt. Im Grad der Brutfürsorge, d. h. hinsichtlich der Maßnahmen
eines oder beider Elternteile, die die Entwicklung des Keims über die Eiablage
hinaus fördert, unterscheiden sich die beschriebenen Amphibienarten (vgl. Tab. 1):
• Die gallertigen Laichballen der Grasfrösche bieten dem Keim gleichzeitig Nahrung und einen gewissen Schutz vor
Fressfeinden. Die Schwarzfärbung der Eipole sorgt für eine bessere Entwicklungstemperatur.
• Durch die Verlagerung ins Körperinnere
erfolgt die Befruchtung der Eier bei Molchen und Salamandern mit höherer Wahrscheinlichkeit als bei den Froschlurchen.
Indem sie ihre Eier nicht einfach ins freie
Wasser abgeben, sondern an geschützten Stellen festkleben, schaffen Bergmolche günstigere Entwicklungsbedingungen für ihre weniger zahlreiche Brut.
• Beim Feuersalamander findet über die
Befruchtung hinaus auch die Entwicklung
der Larven im Schutz des mütterlichen
Körpers statt. Entsprechend reduziert ist
die Anzahl der Eier.
• Beim Alpensalamander ist die Entwicklung der wenigen Jungen – wie bei den
Säugetieren – ganz in den Körper des
Weibchens verlagert, wo sie ausreichend
mit Nahrung versorgt werden und vor
Feinden geschützt sind.
Bemerkungen
zum Unterricht
Vor wenigen Jahrzehnten war es durchaus
üblich, die Entwicklung von Amphibien am
Beispiel von Grasfrosch und Bergmolch
im Aquarium zu verfolgen. Da aber heute
fast alle einheimischen Amphibien vom
Aussterben bedroht sind, wurden alle
Arten 1980 durch die Bundesartenschutzverordnung unter besonderen Schutz gestellt. Seitdem ist es nicht erlaubt, einzelne
Amphibien ohne Genehmigung durch die
obere Naturschutzbehörde auf Dauer in
einem Aquarium oder Terrarium zu halten.
Auf diese Bestimmungen müssen auch
die SchülerInnen hingewiesen werden. Es
bleibt deshalb nur die Möglichkeit, die
Tiere in ihrem natürlichen Lebensraum zu
beobachten und einzelne Amphibien im
Rahmen von Kennübungen im Unterricht
vorzustellen. Danach müssen sie wieder
an den Fundort zurückgebracht werden.
Statt im Aquarium lässt sich die Entwicklung der Amphibien anhand audiovisueller
Medien erarbeiten. Dazu stehen z. B. folgende Diareihen zur Verfügung:
– FWU 10 0694 «Lurche» (u. a. Grasfrosch, Bergmolch, Feuer- und Alpensalamander);
– FWU 10 0556 «Lurche: Entwicklung»
(mit Grasfrosch und Molch);
– FWU 10 2242 «Entwicklung Grasfrosch».
UB 242/23. Jahrg./Februar 1999
Die Fortpflanzung des Bergmolchs
Molche zählen wie die Salamander zur Gruppe der Schwanzlurche. Sie leben
überwiegend an Land. Zur Fortpflanzung sucht der Bergmolch (Triturus alpestris)
kühle Tümpel und Teiche oder Stillwasserbereiche langsam fließender Bergbäche auf. Die Laichzeit dauert etwa von etwa Mitte März bis Mitte Mai. Häufig
werben mehrere Männchen um ein Weibchen. Das balzende Männchen stellt sich
breitseits oder Schnauze an Schnauze dem Weibchen gegenüber und fächelt ihm
mit kurzen Schlägen seines stark seitlich eingekrümmten Schwanzes Duftstoffe
zu. Ist das Weibchen paarungswillig, berührt es seinen Partner an der Schwanzregion. Daraufhin setzt das Männchen ein auf einem Gallertstiel befestigtes Samenpaket auf dem Boden ab, das vom Weibchen mit der Kloake aufgenommen
wird. Die Befruchtung erfolgt also im Körper des Weibchens.
Ein Bergmolch-Weibchen legt etwa 50 braune Eier ab, die es meist einzeln an die
Unterseite von Wasserpflanzen klebt. Nach der Eiablage verlassen die Molche in
der Regel bald wieder das Wasser.
Bei warmer Witterung schlüpfen die Larven bereits nach 14 Tagen. Sie sind wesentlich wendiger als frisch geschlüpfte Frosch-Kaulquappen. Molch-Larven
sehen so ähnlich aus wie erwachsene Molche, haben aber zunächst keine Beine.
Dafür besitzen sie große Kiemen und auffallend große Augen. Zuerst entwickeln
sich die Vorder-, dann die Hinterbeine. Anders als bei den Froschlurchen bleibt
der breite Ruderschwanz erhalten. Meist ist das Larvenstadium erst im kommenden Frühjahr abgeschlossen.
1. Die Eier eines Grasfroschweibchens werden ins Wasser abgegeben und dann
befruchtet. Wo erfolgt die Befruchtung der Molcheier?
2. Amphibienlaich wird von Fischen und einigen Wasserinsekten gefressen. Ist
der Laich von Fröschen oder von Molchen stärker durch Fressfeinde gefährdet?
Begründe.
3. Auf welche Ernährungsweise deuten die großen Augen der Molch-Larven hin?
4. Sorgen Molch-Eltern für ihre Jungen? Beschreibe.
a
b
c
Abb. 2: Fortpflanzungsstadien beim Bergmolch; a. Männchen (links) fächelt dem
Weibchen Duftstoffe zu; b. Molchei an der Unterseite eines Blattes; c. Molchlarve
mit entwickelten Vorderbeinen (Fotos: Brauner)
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