Was macht eigentlich … - Revier Manager

R. Roger Weiss Was macht eigentlich …
Was macht eigentlich …
R. Roger Weiss?
I
nnerhalb eines Vierteljahrhunderts ist es
R. Roger Weiss gelungen, aus einer kleinen
Projektentwicklungsfirma ein über 500 Mitarbeiter starkes Unternehmen zu formen, das innerstädtische Shoppingcenter entwickelt, baut,
betreibt und im eigenen Portfolio auch bündelt: die mfi management für immobilien AG
in Essen. Eine herausragende Leistung, die das
Urban Land Institute 2012 mit dem Leadership
Award für das Lebenswerk honorierte. Die WAZ
schreibt von einer „Traumkarriere“. Er selbst sieht
das differenzierter. Dennoch steht der heute fast
70-Jährige zu seiner These, dass Erfolg planbar ist.
Zumindest, wenn es sich um ein Einkaufscenter
handelt. Für seine eigene Karriere gilt dies nicht.
Dass er einmal solch ein Unternehmen aufbauen
würde, sei nicht vorhersehbar gewesen.
Die Karriere von R. Roger Weiss (englisch
ausgesprochen, das R. steht übrigens für Ralf) beginnt bei NCR, dem damals führenden Herstel-
1991: Grundsteinlegung für das erste Fachmarktzentrum in den Neuen Bundesländern in Erfurt
ler von Registrierkassen. Anfang der 1960er Jahre
gibt es in Deutschland vorwiegend Tante-Emma-Läden und erst wenige Selbstbedienungsgeschäfte, die Registrierkassen benötigen würden.
Also verschenkt man die Einrichtungsplanungen
für Selbstbedienungsläden, um später die Kassen
verkaufen zu können. Eine wahrhafte Revolution des Einzelhandels, die RRW – wie Weiss von
seinen Mitarbeitern genannt wird – nachhaltig
beeindruckt und woran er mitarbeitet. Langsam
sprießen erst Gemeinschaftswarenhäuser, dann
auch Shoppingcenter aus dem Boden und Weiss
ist mit dabei, zunächst als angestellter Centermanager und ab 1980 dann auch als selbstständiger
Entwickler, Berater und Manager.
Als er 1987 die mfi gründet, ist die Blütezeit
der Shoppingcenter in Deutschland eigentlich
schon vorbei. Weiss baut zunächst Geschäftshäuser und Gewerbecenter. Dann kommt die
Wende und damit eine Riesenchance, die Weiss
konsequent nutzt. 1991 entsteht das erste Fachmarktzentrum und 1995 mit dem Thüringenpark in Erfurt das erste klassische Shoppingcenter. Und die Rechnung geht auf. Eine Marke
entsteht: die „Arcaden“. Inzwischen verfügt die
mfi über ein eigenes Immobilienvermögen von
1,3 Milliarden Euro und managt Immobilien im
Wert von 4,3 Milliarden Euro. Das entspricht
25 bestehenden Einkaufscentern in Deutschland sowie fünf Projekten in der Pipeline. Damit
hat Weiss noch viel zu tun, auch wenn er bereits
2005 in den Aufsichtsrat gewechselt ist.
Auch in der Türkei ist die mfi seit 2007
in einem Joint Venture als einer der größten
Shoppingcenter-Dienstleister tätig. Das erfolgreiche Geschäft ist nicht zuletzt auch auf
RRWs Ehefrau Reydan zurückzuführen, deren
Familie aus der Türkei und Palästina stammt
und die auch für die künstlerische Note der
mfi verantwortlich ist. So wird unter anderem
alle zwei Jahre der mit 50.000 Euro dotierte mfi
Preis für Kunst am Bau ausgelobt.
2010 ist ein einschneidendes Jahr. Durch
die Wirtschafts- und Finanzkrise lassen sich die
rund 200 Millionen Euro teuren Shoppingcenter
nicht mehr so einfach mit Fremdkapital finanzieren. Weiss verkauft 90 Prozent seiner Anteile an
den amerikanischen Investor Perella Weinberg.
2013 holt dieser dann den französischen Immobilienkonzern Unibail-Rodamco mit ins Boot.
Noch immer verbringt Weiss zwei bis drei
Stunden pro Tag am Telefon bzw. am Computer und in seinem mfi-Büro, ist als Vorsitzender
des Aufsichtsrates strategischer Berater, bekennt
aber, dass die operative Ader noch immer nicht
erloschen ist. Ansonsten genießt er seine Zeit im
partiellen Ruhestand auf dem Mittelmeer oder
in seinen weiteren Wohnsitzen in der Türkei und
Neuseeland. Mit seinem Weingut Elephant Hill
am Cape Kidnapper/Hawkes Baxy, dem Obstgarten Neuseelands, ist Weiss unter die Winzer
gegangen. Die ersten Reben wurden 2001 gepflanzt und inzwischen sogar ein eigenes Restaurant eröffnet. Noch trägt sich das Weingut finanziell nicht, aber bei der Qualität sei man bereits
sehr erfolgreich, so Weiss, der Rest folge.
Ob er der jungen Unternehmergeneration
noch etwas mit auf den Weg geben möchte?
Sie solle mutiger sein. Das vermisst er häufig.
Durchhaltevermögen zeigen und beharrlich ihre
Ziele verfolgen und sich nicht einschüchtern
lassen. Ob es dann zu vergleichbaren Ergebnissen führt? Wer weiß. Denn eines hat RRW, was
ganz bestimmt nicht jeder hat: den richtigen
Riecher! Maximilian Lange | [email protected]
VITA
Geboren wird R. Roger Weiss am 21.11.1943 in der Dreistadt Danzig/Zoppot/Gdingen (Westpreußen, heute
Polen) und wächst am Starnberger See auf. Nach der
Bundeswehr geht Weiss zur NCR und wird später Manager eines Gemeinschaftswarenhauses in München. 1976
wechselt er zum Hamburger Shoppingcenter-Betreiber
ECE, wodurch er nach Essen kommt und das Einkaufszentrum in Altenessen managt. 1980 macht sich Weiss mit
einem Partner selbstständig, doch nach einigen erfolgreichen Jahren trennen sich ihre Wege, woraufhin er 1987 die
mfi gründet. Weiss und Ehefrau Reydan haben drei Kinder,
leben mit Hauptwohnsitz in Essen und verbringen jeweils
mehrere Monate im Jahr in Neuseeland und der Türkei.
Revier MANAGER 07-08/13
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