Österreichische Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde (ÖGKJ) 47. Jahrestagung, 1.-3. Oktober 2009, Graz Presse-Information Neonatologie - Frühgeburten Univ.-Prof. Dr. Wilhelm Müller Tagungspräsident / Vorstand der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde Graz Leiter der Klinischen Abteilung für Neonatologie, Tel.: 0316 385 12605 __________________________________________________________________________ Was wird aus frühgeborenen Kindern? Fortschritte in der neonatalen und allgemeinpädiatrischen Intensivmedizin ermöglichen das Überleben von immer mehr extrem kleinen Frühgeborenen Machen die Erfolge der Neugeborenenmedizin ein lebenswertes selbständiges Leben im Erwachsenenalter möglich? Steigende Überlebensrate durch hohen technischen Standard Noch vor 20 Jahren grenzte es an ein Wunder, wenn ein Frühgeborenes mit 24 Schwangerschaftswochen überlebte. Die Säuglingssterblichkeit bei den extrem kleinen Frühgeborenen (<1000 Gramm) war in Österreich 1990 mit 58% noch sehr hoch. Heute ist durch den Fortschritt in der Geburtshilfe aber vor allem auch durch den Fortschritt in der neonatologischen Intensivmedizin ein gesundes „24-Wochen-Kind“ mit 500 Gramm Geburtsgewicht keine Seltenheit mehr. In Österreich überlebt ein Viertel der Frühgeborenen, die in der 24. Schwangerschaftswoche zur Welt kommen, aber schon drei Viertel jener, die in der 25. Schwangerschaftswoche geboren werden. Von der Geburt bis zur Entlassung Die Kaiserschnittentbindung ist für die sehr verletzlichen und unreifen Frühgeborenen die schonendste Art auf die Welt zu kommen. Nach der Geburt sind vor allem die Sicherung von Atmung und Kreislauf des Frühgeborenen wichtig. Bei insuffizienter Eigenatmung kann eine vorübergehende Maskenatmung bis hin zur Intubation und maschinellen Beatmung notwendig sein. Nach Sicherung der lebenswichtigen Funktionen wird das Frühgeborene im so genannten Inkubator gepflegt, da sehr kleine Frühgeborene noch nicht in der Lage sind, Körpertemperatur und Körperfeuchtigkeit zu halten. Das kontinuierliche Monitoring umfasst Herzfrequenz, Blutdruck, Sauerstoffpartialdruck und Körpertemperatur. Dabei gilt das Prinzip des „minimal handling“, das heißt, so wenig Technik wie möglich und so viel wie nötig. Die Darmfunktion eines Frühgeborenen ist bereits ab der 17. Schwangerschaftswoche vorhanden, daher können auch sehr kleine Frühgeborene bereits über eine Magensonde mit pasteurisierter Muttermilch ernährt werden. Auch bei den sehr kleinen Frühgeborenen, die Intensivtherapie benötigen, haben die Eltern die Möglichkeit, ihren Kindern vom ersten Lebenstag an durch die Kontaktaufnahme im __________________________________________________________________________________________ ZVR-Zahl: 048659200 DVR: 1010034 Für Rückfragen: Mag. Claudia Fabisch Österreichische Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde Geschäftsstelle für Öffentlichkeitsarbeit und Standesführung Auenbruggerplatz 30, A-8036 Graz Tel.: +43 (0) 316/385-12061, Fax: +43 (0) 316/385-13300 E-Mail: [email protected] Internet: www.docs4you.at Inkubator beizustehen. Hat das Frühgeborene sich stabilisiert, werden die Eltern so früh wie möglich in die Pflege eingebunden bzw. wird begonnen, das Frühgeborene für kurze Zeit aus dem Inkubator herauszunehmen und den Eltern auf die Brust zu legen (Känguruhen). Entscheidend: Beurteilung der Gehirnfunktion Auch das erfahrenste neonatale Team kann Gehirnblutungen und Langzeitschäden nicht sicher verhindern, daher ist für eine Langzeitprognose bei Frühgeborenen vor allem die Entwicklung des Gehirns ausschlaggebend. Zur Beurteilung der Entwicklung des Gehirns stehen hochauflösende Ultraschallgeräte zur Verfügung. Treten Blutungen auf, werden diese primär regelmäßig kontrolliert. Die Langzeitprognose hängt davon ab, inwieweit die Blutungen Gehirngewebe zerstört haben und ob es zum Auftreten eines posthämorraghischen Hydrozephalus (so genannter Wasserkopf) kommt. Bei massiver Zunahme einer Blutung ist auch einmal vom betreuenden Team eine Entscheidung gemeinsam mit den Eltern über die Fortsetzung der Intensivtherapie zu treffen. Neonatologie in Graz zählt zu den besten 25 Prozent der Welt Pro Jahr werden an der Univ.-Klinik für Kinder- und Jugendheilkunde in Graz etwa 600 Neuund Frühgeborene stationär aufgenommen, zwei Drittel davon sind Intensivpatienten. Im Jahr 2008 wurden 385 Frühgeborene, die vor oder in der 37. Schwangerschaftswoche geboren wurden, betreut, von den 41 Frühgeborenen, die vor bzw. in der 28. Schwangerschaftswoche zur Welt kamen, starben sieben. Insgesamt gab es im Vorjahr 70 Frühgeborene, deren Geburtsgewicht unter 1500 Gramm lag. Was die Überlebensrate ohne bleibende Erkrankung und auch das Auftreten von Komplikationen betrifft, so zählt die Neonatologie in Graz weltweit zu den 25 besten Prozent der Welt. Dies wird in der Datenbank des „Vermont Oxford Network“ dokumentiert, das weltweit richtungsweisende Instrument zur Prüfung der Qualität neonatologischer Intensivmedizin. In der VONDatenbank vergleichen über 500 neonatologische Zentren der ganzen Welt ihre Daten von Frühgeborenen mit einem Geburtsgewicht zwischen 500 Gramm und 1500 Gramm. Frühgeborene als junge Erwachsene Die Frage, ob die Erfolge der Neugeborenenmedizin für Frühgeborene ein lebenswertes selbständiges Leben im Erwachsenenalter möglich machen, kann eindeutig mit „ja“ beantwortet werden. Über 90 Prozent aller Frühgeborenen, das heißt, Kinder, die zwischen der 28. und 36. Schwangerschaftswoche zur Welt kommen, führen als Erwachsene ein beschwerdefreies, normales Leben, ohne gesundheitliche Beeinträchtigungen. Kinder, die noch vor der 28. Schwangerschaftswoche geboren werden, das sind etwa 5 Prozent aller Frühgeborenen, haben ein höheres Sterblichkeitsrisiko und auch das Risiko einer Behinderung bzw. Erkrankung ist steigend. Von diesen 5 Prozent ist jedoch auch etwa die Hälfte gesund. Die verbleibenden wenigen Kinder sind jene mit einer neurologischen Behinderung. Diese kleinen Frühgeborenen stehen an der Grenze zur Lebensfähigkeit und __________________________________________________________________________________________ ZVR-Zahl: 048659200 DVR: 1010034 Für Rückfragen: Mag. Claudia Fabisch Österreichische Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde Geschäftsstelle für Öffentlichkeitsarbeit und Standesführung Auenbruggerplatz 30, A-8036 Graz Tel.: +43 (0) 316/385-12061, Fax: +43 (0) 316/385-13300 E-Mail: [email protected] Internet: www.docs4you.at es bedarf – gemeinsam mit den Eltern - eines sensiblen Abwägens über Für und Wider einer Fortsetzung der Intensivpflege. Zitat Univ.-Prof. Dr. Wilhelm Müller: „Mit all den heute zur Verfügung stehenden Maßnahmen ist der weite Weg von der Geburt bis zur Entlassung eines gesunden, gut entwickelten ehemaligen 500 Gramm leichten Frühgeborenen durchaus keine Seltenheit mehr, aber auch noch keine Selbstverständlichkeit.“ Foto: Univ.-Prof. Dr. Wilhelm Müller/ÖGKJ-Archiv Sämtliche Porträts der Referenten, Abbildungen und Tabellen zu den Pressetexten sind frei herunterzuladen von: www.docs4you.at Pressecorner __________________________________________________________________________________________ ZVR-Zahl: 048659200 DVR: 1010034 Für Rückfragen: Mag. Claudia Fabisch Österreichische Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde Geschäftsstelle für Öffentlichkeitsarbeit und Standesführung Auenbruggerplatz 30, A-8036 Graz Tel.: +43 (0) 316/385-12061, Fax: +43 (0) 316/385-13300 E-Mail: [email protected] Internet: www.docs4you.at
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