Was macht eigentlich - Essen

Was macht eigentlich ...
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„Ich habe die weltbeste Arbeit. Ich betreibe ein Forum - eine Art Marktplatz -, in dem
die Vertreter zweier sehr unterschiedlichen Welten zusammenkommen: Kinderwelt und
Erwachsenenwelt. Die Erwachsenen wollen wissen ‘was denken die Kinder, was wollen
sie?’ und möchten ihnen zeigen: es gibt Wege, um Probleme zu lösen und Ideen zu
verwirklichen. Und das sollen sie schon sehr früh lernen, damit sie später nicht nur
meckern, sondern produktiv ihre Bedürfnisse umsetzen, damit sie nicht zerstören,
sondern wachsen lassen. ...
... sagt Norbert Orzesek. Der Diplom Sozialpädagoge hat 1981 sein Anerkennungsjahr im
„Haus der Jugend“ geleistet und ist seitdem Mitarbeiter des Essener Jugendamtes. Bevor
er 1999 damit begann, das Kinderforum aufzubauen, arbeitete er im Bezirk I im Bereich
der Mobilen Kinder- und Jugendarbeit.
Grundlage seines nun zehnjährigen Engagements ist der aus einem Ratsbeschluss hervorgehende Wunsch, Kinder bei der Gestaltung
ihrer lebens- und liebenswerten Stadt mitbestimmen zu lassen. Oder wie Norbert Orzesek
es den Kindern erklärt:
„Wenn Ihr etwas verändert haben wollt, dann
müsst ihr das den Erwachsenen erzählen und
mit ihnen nach Lösungsmöglichkeiten suchen.“
Und so funktioniert das Kinderforum:
Die Kinder (9 - 14 Jahre) einer Essener Schulklasse
überlegen sich gemeinsam, welche Themen sie im
Rathaus ansprechen möchten, meistens ist es etwas,
das sie gerne verbessern würden, z.B. die Umgestaltung ihres Schulhofes oder neue Spielgeräte. NorNorbert Orzesek, Kinderforum
bert Orzesek hilft dabei und gibt Tipps, worauf sie
achten müssen. Dann kommen sie an einem Vormittag für 3 Stunden zusammen mit ihrer Lehrerin
oder ihrem Lehrer ins Rathaus. Dort treffen sie dann eine Ratsfrau oder einen Ratsherr und MitarbeiterInnen der Stadt (z.B. von der Feuerwehr, dem Sport- und Bäderamt oder Grün und Gruga).
Die einen erzählen über ihre Arbeit im Rat der Stadt Essen und wie „Politik und Demokratie funktionieren“, die anderen stellen ausgewählte kinderfreundliche „Produkte“ ihres Amtes vor. Gemeinsam werden die Wünsche und Anregungen der Kinder diskutiert, aber auch ihre Erfahrungen mit
dem vorgestellten „Produkt“. Ein Frühstück im Rathausrestaurant und eine Fahrt in die 22. Etage
mit Panoramablick über die Stadt runden das Forum ab.
Das selbst er manchmal nicht auf Anhieb versteht, was die Kinder meinen, erlebte Norbert Orzesek beim Vorbereitungsgespräch in einer 4. Klasse. Schnell war klar, dass neue
Spielgeräte auf den Schulhof sollten und er fragte „Was wollt ihr denn?“. „Wir wollen
eine Käsekiste.“ „Watt, was ist denn eine Käsekiste?“ „Kennst du nicht die Käsekiste aus
dem Fernsehen?“ „Nee!“. „Dann musst du dir das eben ankucken!“
Es half alles nichts, er schaute sich die Sendung an, dann wusste er: es ist eine große Kiste,
die sieht aus wie ein großer Schweizer Käse, da kann man reingehen, klettern, Geschichten erzählen, Geheimnisse weitergeben, rausgucken, sich verstecken, sich wohlfühlen.
Norbert Orzesek: „Ich sehe viele positive Ergebnisse. Vieles ist schon in Hinblick auf die
besonderen Lebensbedingungen von Kindern in unserer Stadt bedacht worden, von der
Stadtverwaltung, von den verantwortlichen Menschen - aber auf so eine Käsekiste war
noch keiner gekommen.“
Und wie ging es weiter? Die Kinder der Klasse entwarfen einen Fragebogen mit Käsekiste, Karussell, Rutsche, Wippe und befragten alle Kinder der Schule was für den Schulhof angeschafft werden sollte. Und als die Käsekiste „klar“ war, wurde im Kinderforum
zusammen mit „Politik und Verwaltung“ ein Weg für die Finanzierung gefunden - auch
durch einen Sponsorenlauf der Kinder.
„Mir gefällt, dass die Kinder im Forum lernen: ‘Einsetzen macht Sinn. Ich verstehe wie
meine Lebenswelt funktioniert und kann sie gestalten - jetzt und auch später, wenn ich
erwachsen bin. Ich muss mich aber auch an Grenzen und Gesetze halten.’ Und mir gefällt,
dass ich im Kinderforum mit vielen tollen Menschen aus Verwaltung und Politik zusammenarbeiten kann, die sich auch für die Kinder dieser Stadt einsetzen.“
Mitteilungsblatt Nr. 8 vom 22.09.2009
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