Pflege - Was muss sich ändern? Unter dieser Überschrift lud die Arbeitnehmerkammer Bremen am 19. Februar zu einer Veranstaltung ein, in der sie auch die Ergebnisse einer von ihnen in Auftrag gegebenen Studie 1 vorstellte. Der Studie nach, befindet sich die Pflege im Umbruch. Neue Versorgungsmodelle, neue Formen der Arbeitsteilung, neue Berufsbilder und Ausbildungsgänge sowie die zunehmende Ökonomisierung im Gesundheitswesens führen zu einem Strukturwandel in der Pflege. Das betrifft die Arbeitnehmer/-innen (Pflegekräfte) und die Arbeitgeber (Träger) gleichermaßen. Vom demographischen Wandel begleitet, ist das Arbeitsfeld Pflege mittlerweile zu einem gesellschaftlich relevanten Thema geworden. Der Bedarf an Pflegekräften ist jetzt schon nicht gedeckt und er wird sich mittelfristig noch steigern. Gegenwärtig besteht bereits ein akuter Fachkräftemangel und in vielen Häusern verstreichen 4 Monate, bevor eine offene Stellen wieder besetzt werden kann. Mit Blick auf die gegenwärtigen Arbeitsbedingungen, den geringen Gehältern, den wenigen Gestaltungsmöglichkeiten und Karrierechancen und viel zu niedrigen Wertschätzung ist der Pflegesektor kein besonders attraktiver Arbeitsplatz. Was also ist zu tun? Ulf Bendix und Irena Medjedovid vom Bremer Institut Arbeit und Wirtschaft haben dazu in ihrer Studie 40 Pflegekräfte befragt. Aus Sicht der Befragten ist die viel zu geringe Personalquote das eigentliche Kernproblem. Der Ausfall einer Fachkraft ist von den übrigen Mitarbeiter/-innen, oftmals kaum zu kompensieren. Funktionierende Ausfallkonzepte und verlässliche Rahmendienstpläne sind zwingende Voraussetzungen dafür, dass auch für die Pflegekräfte eine Work-Life Balance ermöglicht wird. Rund 50% der Pflegekräfte arbeiten in Teilzeit. 80% von den ca. 12 000 in Bremen tätigen Pflegekräfte sind Frauen. Sie sind es, die wenn der Träger an ihren „Helferidealismus “ appelliert, noch nach Dienstschluss oder an freien Tagen, die Ausfallslücken schließen oder vielerorts den „Laden“ überhaupt zusammen halten. Ein weiterer Punkt in der Befragung bezieht sich auf eine deutliche Verbesserung der Vergütung. Die wie viel Pflegekräfte hoffen, demnächst in einen offiziellen „Tarifvertrag Soziale Dienste“ münden wird. In der Podiumsrund wurde allerdings auch die Sorge geäußert, dass ein höherer Personalbedarf und eine höhere Vergütung bei den Trägern zu Kosteneinsparungen an anderer Stelle führen wird, z. B. durch den vermehrten Einsatz von Pflegehilfskräften. Eine heute examinierte Pflegekraft kann in der Regel auf eine dreijährige Ausbildung verweisen kann. Die für den Träger kostengünstigen Pflegehilfskräfte werden innerhalb eines sechswöchigen Kursen ausgebildet. Kritische Stimmen warnen davor, den Pflegenotstand mit Pflegehilfskräften beheben zu wollen, weil nicht nur die fachlich versierte Betreuung darunter leidet, sondern weil sich dadurch im Gesundheitswesen ein neues prekären Beschäftigungsfeld auftut. Damit muss auch die zukünftige Arbeitsteilung zwischen einer Fachkraft und einer Pflegehilfskraft geregelt werden. Weiterer Klärungsbedarf besteht in der Definition des Berufsbildes, den modifizierten Ausbildungsgängen und last but not least, den professionellen Weiterbildungsmöglichkeiten in der Pflege. 1 Gute Arbeit und Strukturwandel in der Pflege. Ulf Bendix, Irena Medjedovid, Institut für Arbeit und Wissenschaft, Bremen 2014, 79 Seiten Bezüglich der Ausbildungsgänge wird zurzeit diskutiert, die Krankenhaus-, Kinder- und Altenpflege in eine zweijährige gemeinsame Grundausbildung zusammenzufassen. Der Ausbildungsschwerpunkt (die Trennung der Pflegebereiche, auch mit einer bis dato unterschiedlichen Vergütung) sollte somit erst im dritten Ausbildungsjahr erfolgen. Die Herausforderungen an die Pflegeberufe sind bekannt, und es bleibt spannend zu sehen, in welcher Form der Strukturwandel vollzogen wird. Zum Ende der Veranstaltung wurden die Podiumsteilnehmerinnen gebeten, ein kurzes Statement abzugeben, was Pflege für sie bedeutet. „Pflege ist eine professionelle, psychosoziale Betreuungspraxis, in der es auch viel Zeit braucht“. „Pflege ist eine mit sehr viel Fachlichkeit beinhaltete Erziehungsarbeit“. „Pflege ist die Kenntnis von Diagnose und Therapie, die eine ganzheitliche Betrachtung des Menschen beinhaltet. Als Zuhörer habe ich folgende Gewissheit bekommen: Wer für sich oder seinen Angehörigen morgen eine gute Pflege wünschen, dem dürfen heute die Belange der Pflegebeschäftigten nicht gleichgültig sein. Der Strukturwandel in der Pflege darf und kann sich nicht, einseitig zu Lasten der Pflegebedürftigen und der Pflegebeschäftigten vollziehen, während große Holdingsgesellschaften ihren Aktionären weiterhin hohe Renditen offerieren. Rudolf Kossolapow
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