Salzburger Nachrichten, 08.01.2014

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Salzburger Nachrichten
issue
08/01/2015
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Wo das
Geld
hinfließt
Bei den Subventionen gibt es enormes
Sparpotenzial. Der Förderbericht zeigt nicht
nur, dass die Fördersummen steigen, sondern
auch, wo das meiste Geld zu holen wäre.
MARIA ZIMMERMANN
rungen im Bereich Arbeit 821,3 Millionen Euro in die Hand genommen
Das österreichische Förderwesen ist ein weites Land. Subventioniert werden Rodelbahnenebenso wie Lederhosen und Vereine, die
Schuldner beraten oder Obdachlose
betreuen. Es gibt Förderungen für
Aus- und Fortbildung von Arbeitnehmern und für Seniorencafes, für
Eierspeisfeste, Solaranlagenund die
Verwendung von Mehrwegwindeln. Subventioniert werden der öffentliche Verkehr und Krankenhäuser. Wer was und wie viel insgesamt
hat. In den Bereich Wissenschaft
und Forschung flössen 608,6 Millionen Euro anDirektsubventionen.
Was die volkswirtschaftlicheGesamtrechnung angeht, ist der aktuelle Bericht ein "echtes Kuriosum",
wie Franz Schellhom von der liberalen Denkfabrik Agenda Austria
sagt. Demnach haben sich nämlich
die Förderungen an Unternehmen
in Österreich auf dem Papier mehr
als halbiert: "Allein 2013 sind sie um
10,6 Milliarden Euro (auf 8,8 Milliarden Euro, Anmerkung)gesunken
obwohl nicht ein Euro weniger
ausgezahlt worden ist." Grund ist
eine neue EU-Berechnung, die in
diesem Zusammenhang laut Schellhom weniger Transparenz bringt
statt mehr. Denn Förderungen an
die ÖBB und Krankenhäuser der
Länder und Gemeinden würden im
Zuge der Änderung nun zum Sektor
Staat gerechnet. Sie werden also
nicht mehr als öffentliche Subventionen oder Vermögenstransfers
verbucht, sondern als innerstaatliche Transfers. Und folglichwerden
sie auchim Bericht nicht mehr extra
ausgewiesen. Positiv an der Neuberechnung sei zwar, dass die Staatsschulden nun klarer dargestellt
würden. Er habe aber den Verdacht,
dass diese Transfers "irgendwo in
WIEN.
bekommt, bleibt dabei aber weitgehend unklar: Der Bund weiß nicht,
was die Länderund Gemeinden geben und umgekehrt. Auch die
-
Die meisten DirektSubventionen fließen
in die Landwirtschaft
Transparenzdatenbankkonnte bisher kaum Licht ins Dunkel bringen.
Insgesamtgeht es bei den Förderungen um enorme Summen und
ein ebensolches Einsparpotenzial,
Stichwort: Gegenfinanzierung für
die geplante Steuerreform. Allein
der soeben vorgelegte Förderbericht des Bundes für das Jahr 2013
weist 18,63 Milliarden Euro an direkten und indirekten Förderungen
und Subventionen aus. Zum Vergleich: 2012 waren es 14,2 Milliarden Euro. Konkret wurden 5,16 Milliarden Euro von den Ministerien
an direkten Förderungen ausbezahlt. Die indirekten Förderungen,
also der Steuerausfall durch abgabenrechtliche Ausnahmen, haben
sich im Jahr 2013 auf 13,46 Milliarden Euro belaufen, wovon rund8,97
Milliarden auf den Bund und der
Rest auf die Länder entfallen.
Einmal mehr stand bei den Direkt-Subventionen des Bundes2013
das Landwirtschaftsministerium
mit 1,74 Milliarden Euro für Land-,
Forst- und Wasserwirtschaft an der
Spitze das ist mehr als ein Drittel
aller Direktförderungen des Bundes
(2012: 1,7 Mrd. Euro). Die Summe
der Umweltförderungenbelief sich
auf zusätzlich 538.671.474Euro. Den
zweiten Platz nahm das Sozialministerium ein, das allein für Förde-
-
-
Einsparen bei den Förderungen
-
aber wo? Möglichkeiten zeigt der Förderungsbericht des Bundes auf.
der Statistik verschwinden werden
und man sich künftig die Zahlen
mühsam zusammenklaubenmuss",
sagt er. "Die Regierung scheint dieses Bild aber auch nicht zeigen zu
wollen. Wieso eigentlich nicht?",
fragt Schellhom. Einfacher und
transparent wäre es seiner Meinung
nach, sie im Förderbericht einfach
gesondert auszuweisen.
Grundsätzlichfehle es in Österreich an einem klaren Überblick,
der alle staatlichen Förderungen
(direkt wie indirekt)auflistet. Dass
in dem Bereich enormes Sparpotenzial liegt, steht für Schellhorn außer
Streit. Österreich gebe in dem Bereich "aberwitzig" viel Geld aus und
sei bei FörderungenEuropameister.
Während die EU-Länder im Schnitt
zuletzt 2,3 Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts für Förderungen
und Subventionen ausgeben, sind
es in Österreich 5,4 Prozent. Durch
die neue EU-weite Berechnung
dürften sich diese Prozentzahlen
zwar ebenfalls verändern, aber
nicht die Fakten, sagt Schellhom.
Angesichts des heimischen Förderdschungels müsse die Regierung
beim Kürzen von Fördemngen und
Subventionen nach dem Rasenmäherprinzip
Vorgehen,
fordert
"Kürzen nach
dem Rasenmäherprinzip."
Franz Schellhorn,
Agenda Austria
Schellhom seit Langem. "So wie das
auch Schweden in den I990er-Jahren gemacht hat", fügt er hinzu. Unter anderem damit hat Schweden
damals seinen schwer defizitären
Staatshaushaltnachhaltigsaniert.
Bisher ist vonseitender Steuerreformverhandler nur nach außen gedrungen, dass Steuerausnahmen
abgeschafft werden könnten, also
bild sn/istock
eine indirekte Förderung (siehe Artikel unten). Die Regierung wartet
aber derzeit noch auf die Vorschläge der Aufgabenreformkommission, die bis Ende Jänner berichten
will, wo sie bei den Fördemngenansetzen würde.
Mit inhaltlichen Details hielt sich
der Vorsitzende der Kommission,
Verwaltungsgerichtshof-Präsident
Rudolf Thienel, bisher zurück. Anhand der hohen Fördersummen
sehe man aber schon, "wo das Geld
über den Tresen geht", hatte Thienel in einem APA-Interview jüngst
gemeint. Die Frage, was gefördert
werde, sie aber letztlich eine politische Entscheidung.
Fest steht, dass sowohl die SPÖ
und als auch die ÖVP einen Teil der
geplantenSteuerreform mit Förderkürzungen gegenfinanzierenwollen. Die ÖVP will 500 Mill. Euro im
Förderweseneinsparen, die SPÖ hat
sich mit konkreten Zahlen bisher
zurückgehalten.
Steuerausnahmen
Wo der Staat überall auf Einnahmenverzichtet
Steuerausnahmenstreichen,
tönt es immer lauter vonseiten
der Regierung, wenn es darum
geht, Geld für die geplante Steuerreform zu lukrieren. An erster
Stelle wird dabei der ermäßigte
Steuersatz bei der Mehrwertsteuer genannt. Denn der gilt
neben Arzneimitteln, Lebensmitteln sowie Gas und Strom
(daran soll offenbar nicht gerüttelt werden) auch für Bücher,
Zeitungen, Theaterkarten und
Schnittblumen. Statt der regulären 20 Prozent Mehrwertsteuer
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Aus- und Fortbildung investieren. Es gibt Ausnahmen für
den Verkauf von Eigenheimen, sofern sie der Hauptwohnsitz des Verkäufers sind, es gibt Ausnahmen
fürs Bausparen und für prämienbegünstigte Pensions- und ZusatzverSo sind etwa Spendenan Organi- sicherungen. In die Kategorieder
sationen,die bestimmte Transpa- Steuererleichterungen fallen aber
renzkriterien erfüllen ebenso von
auch der Kinderabsetzbetrag oder
der Steuer (für Private und für Be- die seit einigen Jahren mögliche
Absetzbarkeit der Kinderbetreuabsetzbar
wie
der
Kirchentriebe)
ungskosten.
beitrag bis zu einer bestimmten
Grenze. Es gibt einen Sonderausvon
Steuererleichterungen gibt es
werden nur zehn Prozent oder
gabenabzug für die Kosten
etwas mehr für den Ab-Hof-Ver- Steuerberatung, es gibt Steueraus- auch für Unternehmen und Konzerkauf von Wein verlangt. Inner- nahmen für Pendler, für Kosten, die ne: Darunter fällt etwa der investi-
-
halb der Regierung scheint sich bereits ein Kompromissdarüber abzuzeichnen,dass es einige dieser
steuerliche Ausnahmen künftig
nicht mehrgeben soll. Steuerausnahmen gibt es aber auch in vielen
anderen Bereichen:
tionsbedingte Gewinnfreibetrag
(um Investitionen zu fördern), einige steuerliche Erleichterungen bei
Betriebsgründungenoder Betriebsübertragungen, Steuerbefreiungenfür bestimmte Agrargemeinschaften und eine Steuerbefreiung bei Mitarbeiterbeteiligungen.Auch die von der SPÖ heftig
kritisierte Gruppenbesteuerung
(also wenn Verluste einer Unternehmensgruppe mit dem Gewinn
im Inland gegenverrechnet werden
können) fällt in diesen Bereich sie
soll die Standortattraktivitätfördern. Steuerprivilegiengibt es auch
-
für Privatstiftungen. Auch die will
die SPÖ abschaffen.
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