Nationalrat, XXV. GP 1. Februar 2017 162. Sitzung / 1 15.49 Abgeordneter Ing. Hermann Schultes (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsident! Geschätzte Frau Staatssekretär! Wir wissen, dass Österreich mit seinem Wohlstand und seinen hohen Sozialleistungen, mit der Sicherheit, die wir bieten können, an der Spitze der Länder der Welt liegt. Wir wissen, dass wir das auf Dauer nur haben können, wenn wir selber dafür arbeiten und uns das selber erwirtschaften. Wir können das aber nur erwirtschaften, wenn wir immer vorne dabei sind: Die besten Betriebe, die innovativsten Ideen, die besten Patente; immer wieder müssen wir einen neuen Schritt tun, um vorne dabei zu sein, damit wir Produkte haben, die Menschen brauchen können, die sie dann auch gut bezahlen. Nur die, die Kaufkraft haben – in der ganzen Welt –, werden unseren Wohlstand sichern können. (Abg. Hübner: Aber da brauchen wir nicht CETA dazu!) Daher ist es selbstverständlich, dass wir den freien Handel, den geschützten, geregelten, guten Handel brauchen, und den brauchen wir mit allen Ländern der Welt. (Beifall Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Peter Wurm: ... Bauern!) Dieses Abkommen, das wir besprechen, ist zwischen Kanada und Europa gut verhandelt worden. Das sind zwei Wirtschaftseinheiten, die auf Augenhöhe miteinander reden können, auf hohem Niveau miteinander verhandeln, hohe Rechtssicherheit haben und ein gutes Ergebnis zustande gebracht haben. Das wäre abzuhaken, das ist auch schon oft genug geschehen. Die Fernsehzuschauer werden sich denken: Da wird so viel gestritten, da sind so viele dagegen und nur wenige dafür. Ich muss mich entschuldigen. Wir haben eben sechs Fraktionen im Parlament, zwei sind Regierungsfraktionen, die anderen vier leben davon, dass sie dagegen sind und Wirbel machen (Heftiger Widerspruch bei FPÖ, Grünen, NEOS und Team Stronach. – Abg. Loacker: Das nehmen Sie jetzt bitte zurück!), daher muss auch das Verhältnis für die Zuschauer so ausschauen, dass eben vier dagegen und zwei dafür sind. (Abg. Loacker: Die NEOS sind auch dafür!) – Die NEOS sind auch dafür? (Ruf: Es steht drei zu drei!) – Okay, Entschuldigung, es steht drei zu drei. (Zwischenrufe bei FPÖ, Grünen, NEOS und Team Stronach.) – Es ist aber wirklich so. Frau Gamon hat ja ganz entzückend argumentiert, ich muss das wieder erwähnen. Ich hätte jetzt noch ein Thema, das im Zusammenhang mit dieser Frage vielleicht interessant ist: Wenn wir über fairen Handel reden, dann reden wir über fairen Handel nicht nur mit irgendjemandem, sondern auch bei uns in Europa. Wir haben jetzt etwas Interessantes erlebt: Es hat ja auf europäischer Ebene eine Taskforce der Version vom 08. März 2017, 08:50 nach § 52(2) GOG autorisiert Nationalrat, XXV. GP 1. Februar 2017 162. Sitzung / 2 Europäischen Kommission gegeben, die den Handel in Europa geprüft hat. Die haben herausgefunden, dass in der Lebensmittelkette – von den Bauern bis zu den Konsumenten – sehr unfaire Verhältnisse herrschen, Machtverteilungen gegeben sind, die zu Machtmissbrauch führen können und geändert werden sollen. (Zwischenruf des Abg. Steinbichler.) Das Erstaunliche war dann die Frage: Gibt es das auch in Österreich? – Ja, in Österreich gibt es das auch. Es gibt bei uns wenige Handelsketten, die alles in der Hand haben, hohe Macht haben. (Anhaltende Zwischenrufe des Abg. Steinbichler.) Kann es sein, dass es da zu Missbrauch kommt? – Ja, das kann sein. In Österreich ist sogar eine Handelskette wegen unerlaubter Methoden beim Einkauf direkt bei den Produzenten verurteilt worden. Diese Strafe war eine ganz gewaltige: 30 Millionen €. Es sind dann noch 10 Millionen € dazugekommen. Das ist etwas, das wir in Österreich diskutieren müssen: Unlautere Methoden sind öffentlich geworden, der Richter hat entschieden, und dann hat sogar einer dieser Konzernbosse versucht, die Erhebungsbehörden unter Druck zu setzen, hat ein Verfahren von der Korruptionsstaatsanwaltschaft bekommen und hat dann in dem Verfahren im letzten Augenblick die Notbremse gezogen, ein Diversionsverfahren bekommen und darf jetzt Sozialarbeit leisten – das zum Thema faire Handelsverhältnisse. Jetzt frage ich Sie: Von wem würden Sie sich eine Expertise über unfaire Handelsverhältnisse erwarten, wenn wir über CETA diskutieren? – Von jemandem, der als Experte für unfaire Handelsverhältnisse verurteilt wurde, würde ich sagen. Es ist ganz klar, der sagt nicht: Aufpassen!, sondern er sagt: Schützt meinen Raum und beendet Verhandlungen, die die Handelsverhältnisse besser machen könnten! Weg mit CETA, denn dort wird ja geregelt, was fair sein könnte! (Abg. Pirklhuber: Ich glaube, das ist Marketing!) Da frage ich jetzt: Hallo, geht das nicht von der verkehrten Seite los? Hallo, wie war denn das möglich? Hat da jemand seine 140 Millionen € Werbebudget eingesetzt, um eine andere Geschichte wegzuräumen und als der Gute in Österreich dazustehen? Könnte das sein? Könnte es sein, dass wir in unserer Demokratie plötzlich Player haben, die gar nicht wirklich am Thema interessiert sind, sondern Marketing betreiben und selber nur ihr Geschäft machen wollen? Könnte es sein, dass da eine Allianz von NGOs und Konzernen entstanden ist, die uns wirklich an der Nase herumführen will? Könnte es sein, dass die sich bemühen, 500 000 Menschen einzuspannen? (Abg. Kitzmüller: Kann das sein?) Version vom 08. März 2017, 08:50 nach § 52(2) GOG autorisiert Nationalrat, XXV. GP 1. Februar 2017 162. Sitzung / 3 Ich sage Ihnen etwas: Jeder, der hingegangen ist, das zu unterschreiben, hat sich aufgemacht, seine Stimme zu erheben. Das muss man sehr ernst nehmen, aber man muss auch die ernst nehmen, die sich bemüht haben, die Menschen für ihre Ziele einzuspannen. Da müssen wir gemeinsam aufpassen, ob wir die Demokratie wirklich noch verteidigen. Ich sage das an einem wichtigen Tag, denn heute findet im britischen Parlament die Debatte über den Brexit statt. Die haben lange zugeschaut, wie mit falschen Argumenten, mit Lügen, mit einer Internetaktion, mit Facebook eine Entscheidung herbeimanipuliert wurde, wobei alle nachher gewusst haben, dass sie Dinge versprochen haben, die nie eintreffen werden. Jetzt haben die Parlamentarier das Problem, zu prüfen, ob sie der Regierung eine Mehrheitsentscheidung des Volkes als Auftrag geben. Dabei wissen sie aber selber, dass das nicht funktionieren wird. Das wird heute diskutiert. Ich habe mir die Diskussion durchgelesen. Die haben ein Problem. (Abg. Kogler: Wir haben drei Bindungen an die Regierung ...! Die sind alle verletzt!) Daher ersuche ich Sie alle: Nehmen Sie bitte den demokratischen Vorgang ernst, der da passiert, und reden Sie mit den Menschen ehrlich über das, was im Vertrag steht! Der Vertrag ist gut. Er ist gut für die Landwirtschaft, er ist gut für unsere Wirtschaft und vor allem für die Klein- und Mittelunternehmen, die Exportbetrieben zuliefern. (Abg. Kogler: Das ist ein Wahnsinn!) Er ist gut für unseren Wohlstand und die soziale Sicherheit. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der FPÖ. – Ruf bei der FPÖ: Bauernverräter!) 15.55 Präsidentin Doris Bures: Als Nächster ist Herr Abgeordneter Dr. Hübner zu Wort gemeldet. – Bitte. Version vom 08. März 2017, 08:50 nach § 52(2) GOG autorisiert
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